Horror und Gesellschaftskritik
Southern Gothic - Das Grauen wohnt nebenanPatricia Campbells scheinbar perfektes Leben wird auf den Kopf gestellt, als der gutaussehende Neffe ihrer Nachbarin in ihr Leben tritt. James Harris ist viel gereist, belesen und geradezu gefährlich anziehend. ...
Patricia Campbells scheinbar perfektes Leben wird auf den Kopf gestellt, als der gutaussehende Neffe ihrer Nachbarin in ihr Leben tritt. James Harris ist viel gereist, belesen und geradezu gefährlich anziehend. Doch irgendetwas stimmt ganz und gar nicht mit ihm. Zusammen mit ihren Freundinnen aus dem True-Crime-Buchclub nimmt Patricia den Fremden genauer unter die Lupe - und muss schon bald feststellen, dass James Harris eine sehr viel gefährlichere Sorte Monster ist, als gedacht...
"Das Grauen wohnt nebenan", so lautet der Untertitel des Romans, der schwer in ein Genre einzuordnen ist, finde ich. Das Ganze spielt in den Neunzigerjahren in einem Vorort von New Orleans und verbreitet ein gewisses Südstaatenflair.
Patricia Campbell ist Hausfrau und Mutter zweier Kinder im Teenageralter. Während ihr Mann als Psychiater ein Workaholic ist, schmeißt sie den Haushalt, kümmert sich um die Kinder und alles was eben so anfällt. Dann ist da noch Miss Mary, ihre Schwiegermutter, die aufgrund ihrer Demenz nicht mehr allein leben kann.
Patricias einziger Lichtblick ist ihr Buchclub...der kein Buchclub ist, wie immer wieder betont wird. Zusammen mit ihren Freundinnen liest sie jeden Monat ein neues Buch und kann so ihre Leidenschaft für True Crime und Serienkiller ausleben.
Eines Abends wird Patricia beim Müll rausbringen von ihrer älteren Nachbarin attackiert. Kurz darauf taucht deren Neffe James Harris auf, von dem Patricia zunächst beeindruckt ist, weil sie endlich jemanden hat, mit sie sich unterhalten kann. Aber immer öfter hat sie den Eindruck, er ist mehr Ted Bundy als Brad Pitt. Oder geht ihre Phantasie mit ihr durch? Und wieso verschwinden im ärmeren Viertel der Stadt seit James' Auftauchen immer mehr Kinder? Eines Nachts sieht sie allerdings etwas, das James Harris als etwas viel Gefährlicheres enttarnt. Aber wie wird man ein Monster los, das man freiwillig in sein Haus gelassen hat?
Das Cover zeigt eine Frau mit einem Holzpflock, was auf einen Vampirroman hindeutet. In den Augen des Autors ist ein Vampir der Prototyp eines Serienkillers. Der moderne Dracula trägt Jeans und T-Shirt statt Umhang. Er hat keine Familie, keine Kinder, keine Freunde, keine Wurzeln. Er zieht von Stadt zu Stadt ohne Bindungen. Wie ein Ted Bundy.
"Southern Gothic" ist aber noch mehr. Die Geschichte hat Horror- und Thriller-Elemente, ist aber auch gesellschaftskritisch und deswegen für mich nicht ganz so einfach in ein Genre einzuordnen.
Der Autor schreibt im Vorwort, dass er mit diesem Buch auch ein Plädoyer für Mütter schreiben wollte und das ist ihm gut gelungen, finde ich. Patricia und Ihre Freundinnen sind viel mehr als nur Hausfrauen, die ihren Kindern in einer gewissen Altersphase eigentlich nur peinlich sind. Sie ehren ihre Männer und sorgen für ihre Kinder und kommen dabei selbst oft zu kurz.
Aber durch ihre Beschäftigung mit True Crime werden sie eben auch misstrauisch und besonders Patricia ist sich sicher, dass mit James Harris etwas nicht stimmt. Nur was? Vampire gibt es schließlich nicht...oder?
Durch den relativ normalen Alltag der Frauen wirkt die gesamte Handlung sehr realistisch und lebensecht. Trotz der Ereignisse in der Nachbarschaft müssen Patricia und ihre Freundinnen alles "am Laufen" halten. Wenn sie nicht mehr funktionieren, funktioniert gar nichts mehr.
Der Schreibstil hat mir jedenfalls gut gefallen und nach und nach wird auch die Spannung immer weiter aufgebaut. Es gibt brutale und fast schon ekelige Momente, aber ab und zu kann man auch schmunzeln.
Sicher ist "Southern Gothic" nicht für jeden das Richtige und vor allen darf man keinen typischen Vampirroman erwarten, mit dem der Markt vor einigen Jahren überschwemmt wurde. Mich hat die Geschichte auf jeden Fall gut unterhalten.