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Veröffentlicht am 18.07.2022

"Lieb das Buch wie ein Crawdad"

Mama Melba
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Was für ein tolles Buch!
Ich muss zugeben, dass ich ganz schön skeptisch war: eine deutsche Autorin schreibt über die Südstaaten, die Sklaverei und den Bürgerkrieg? Die Skepsis war völlig unbegründet!
Wir ...

Was für ein tolles Buch!
Ich muss zugeben, dass ich ganz schön skeptisch war: eine deutsche Autorin schreibt über die Südstaaten, die Sklaverei und den Bürgerkrieg? Die Skepsis war völlig unbegründet!
Wir begleiten die blutjunge Melba Koch, ein naives Mädel aus dem Schwarzwald, auf ihrem Weg in die Staaten. In Louisana angekommen ist sie erst einmal auf sich gestellt. Durch ihre Neugierde und ihrem Talent zu kochen findet sie schnell Anschluss und auch eine Stellung als Küchenhilfe auf einer Plantage. Wo sie zum ersten Mal in ihrem Leben mit der Thematik Rassismus und Sklaverei konfrontiert wird.
Die Geschichte wird aus ihrer Sicht erzählt, in einfacher aber sehr einnehmender Sprache - so habe ich amerikanische Geschichte aus dieser Zeit noch nicht gelesen.
Melba ist ein liebenswerter pragmatischer Charakter, den man einfach mögen muss. Aber auch alle anderen wichtigen Charaktere sind so wunderbar ausgearbeitet, dass man sie lebendig vor sich sieht.

Das Buch selbst ist sehr eindringlich: Thematik, Schreibstil, Dramatik.... alles perfekt kombiniert mit viel Liebe zum Detail. Viele Fakten kannte ich aus anderen Büchern bzw. Dokumentationen, Vieles war mir völlig neu. Die Romanfiguren werden noch lange in meinem Herzen wohnen.

Dieser Roman belegt jetzt schon die Top 10 der tollsten Bücher, die ich in diesem Jahr gelesen habe

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Veröffentlicht am 17.07.2022

Kommunikation ist eine tolle Erfindung

Die Ewigkeit ist ein guter Ort
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Dieses Buch hat mich dezent aggressiv gemacht, nicht weil mich der Inhalt so gefesselt hätte, sondern weil es extrem konstruiert wirkt.
Die Protagonisten haben ein riesiges Problem, speziell die Hauptfigur: ...

Dieses Buch hat mich dezent aggressiv gemacht, nicht weil mich der Inhalt so gefesselt hätte, sondern weil es extrem konstruiert wirkt.
Die Protagonisten haben ein riesiges Problem, speziell die Hauptfigur: Null Kommunikation.
Es kann schon sein, dass die Autorin daraufhin weisen möchte, dass wir verlernt haben Probleme anzusprechen, über Gefühle generell zu sprechen, oder einfach miteinander zu sprechen. Aber in diesem Buch wirkt es allzu gewollt. Selbst der Papagei Gertrude möchte was sagen und kann nicht.

Als Agnostikerin (eine, die sich kaum Namen merken kann, geschweige denn Liedtexte oder Gedichte) hatte ich ja schon meine Probleme mit dem eigentlichen Problem der Hauptprotagonistin: sie ist Pastorin und kann sich von einem Tag auf den anderen an kein einziges Gebet mehr erinnern, ja sie kann noch nicht einmal aus der Bibel vorlesen.
Nun ja, ich erkenne vielleicht die Metapher dahinter.
Kurz und gut: dieses Buch konnte mich an keiner Stelle abholen. Es zog und zog sich dahin mit unsympathischen - teils psychopathischen - Protagonisten.
Auf der Suche nach sich selbst oder seiner inneren Mitte - da gibt es weit bessere Lektüre.

Nein, ich kenne niemanden dem ich dieses Buch empfehlen möchte.

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Veröffentlicht am 15.07.2022

Erzählung mit Sogwirkung

Das Geheimnis meiner Schwestern
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Vor einer Weile habe ich Eve Chases "Black Rabbit Hall" gelesen und war schon mehr als begeistert... "Das Geheimnis meiner Schwestern" hat es nun geschafft, dass Eve Chase zu einer meiner Lieblingsautorinnen ...

Vor einer Weile habe ich Eve Chases "Black Rabbit Hall" gelesen und war schon mehr als begeistert... "Das Geheimnis meiner Schwestern" hat es nun geschafft, dass Eve Chase zu einer meiner Lieblingsautorinnen geworden ist.
Sie versteht es Geschichten zu erzählen, alte Häuser vor dem inneren Auge des Lesers entstehen zu lassen und sie mit Leben zu füllen - in der Vergangenheit genauso wie im Heute.
Auch hier folgen wir wieder zwei Erzählungen:
Einmal die der vier Wilde Schwestern, die den Sommer 1959 auf Applecote Manor verbringen, dem Landgut ihrer Tante und Onkel, die vor einigen Jahren ihre einzige Tochter verloren haben.
Und die der Familie Tucker in der Jetztzeit, die der Hektik Londons und der Vergangenheit entfliehen wollen und das alte heruntergekommene Landgut Applecote Manor kaufen.
Beide Erzählungen haben eine ungeheure Sogwirkung, der man kaum entkommen kann, sie stecken voller unbehaglicher Momente und einer bedrohlichen Grundstimmung... man möchte manchmal beim Lesen die Hand vor die Augen legen und nur durch den Spalt zwischen den Fingern durchblinzeln. Beide Erzählungen greifen am Ende ineinander und der Kreis schließt sich... unkitschig und perfekt gelöst.
Eve Chase und ihre Settings plus Romanfiguren muss man einfach lieben!

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Veröffentlicht am 14.07.2022

Eine Jugend mitten im politischen Umbruch

Das Leben vor uns
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Moskau in den frühen 80er Jahren: Anja und Milka sind seit frühester Kindheit beste Freundinnen, sie gehen zusammen zur Schule und verbringen jede freie Zeit miteinander und selbst in den langen Sommerferien ...

Moskau in den frühen 80er Jahren: Anja und Milka sind seit frühester Kindheit beste Freundinnen, sie gehen zusammen zur Schule und verbringen jede freie Zeit miteinander und selbst in den langen Sommerferien fährt Milka mit Anja und ihrer Familie mit zur Datscha.
Wir begleiten Anja und Milka durch ihre Kindheit und ihre Teenagerzeit, die sich besonders durch die politischen Veränderungen in der Sowjetunion auszeichnet. Später gesellen sich die beiden Jungs Lopatin und Trifonow hinzu und wir werden Zeugen der ersten sexuellen Erfahrungen.
Und wir erleben die ältere Anja in Amerika, ihrer neuen Heimat… im Kopf und im Herzen immer noch alle Erinnerungen der alten Heimat.
Was schlicht und einfach klingt, ist im Roman eine intensive und großartige Erzählung. Das Buch ist mit Sicherheit keine leichte Lektüre für den Strandurlaub. Ohne alte Plattitüden bemühen zu wollen, kommt mir die „russische Seele“ in den Sinn, schwer und tragisch füllt sich Seite um Seite. Und dennoch spüren wir beim Lesen die Leichtigkeit der Kindheit in der Natur um die Datscha, die freche Lebenslust der Teenager… gar nicht so viel anders als bei uns damals im Westen. Man inhaliert die wunderbare Kultur der Russen, egal ob beim Essen oder beim Rezitieren alter russischer Literaten. Wir erfahren aber auch vom Elend während des Zweiten Weltkrieges, wenn Anjas Oma in Erinnerungen versinkt und wir erleben Anjas Eltern, die sich des öfteren in hitzigen politischen Debatten verlieren.
Der Roman ist gewaltig, schön und schrecklich. Ein absolut empfehlenswertes Buch, das man gelesen haben muss. Mit Sicherheit ein literarisches Highlight dieses Jahres.
Schade finde ich, dass sich der deutsche Verlag für eine sehr abweichende Betitelung entschieden hat. Das Original „The Orchard“ (der Obstgarten) ist eine Verbeugung vor Anton Tschechows „Der Kirschgarten“, der im Roman öfters zitiert und erwähnt wird.
Aus dem Englischen von Claudia Wenner.

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Veröffentlicht am 12.07.2022

Berührender Wohlfühlroman mit Tiefe

Der Geschichtenbäcker
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Letztes Jahr habe ich den Wohlfühlroman "Der Buchspazierer" mit Freuden gelesen und stand dem neuen Titel etwas skeptisch gegenüber. Würde dieses Buch genauso berührend sein, oder ein schwacher Abklatsch? ...

Letztes Jahr habe ich den Wohlfühlroman "Der Buchspazierer" mit Freuden gelesen und stand dem neuen Titel etwas skeptisch gegenüber. Würde dieses Buch genauso berührend sein, oder ein schwacher Abklatsch? Dann las ich auch die ersten nicht so positiven Rezensionen und die Skepsis wuchs. Doch völlig zu unrecht! "Der Geschichtenbäcker" hat meine Erwartungen nicht nur übertroffen, er gefällt mir sogar noch ein bißchen besser als "Der Buchspazierer".
Ich mag die Entwicklung von Sofie, ich mag die Nebencharaktere sehr und die einzelnen Geschichten um die Charaktere sind sehr berührend.
Auch wenn ich mich nicht mit einer Ballerina identifizieren kann und auch keinen blassen Schimmer vom Bäckerhandwerk habe - die Kernaussage ist es, die Allgemeingültigkeit hat. Veränderungen im Leben, im Alter, in Beziehungen... sie kommen und man muss sich ihnen stellen, mit den Veränderungen wachsen und sich mitunter neu erfinden und sich dennoch treu bleiben.
Carsten Henn ist sich treu geblieben: Der Geschichtenbäcker ist eine völlig andere Geschichte, aber der Schreibstil Henns ist unverkennbar.
Ein wunderbares Buch, in das man sich einkuscheln möchte!

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