Dies ist eine Rezension für den Fantasy-Roman "Roter Mond" von Benjamin Percy, der im April diesen Jahres im Blanvalet-Verlag erschienen ist. Die Hauptcharaktere des Romans sind der Jugendliche Patrick Gamble und Clarie Forrester, eine Lykanerin.
"Sie leben unter uns. Sie sind unsere Nachbarn, unsere Mütter, unsere Geliebten. Doch sie verwandeln sich und kämpfen gegen uns."
Die amerikanische Gesellschaft besteht aus zwei Rassen: Menschen und die sogenannten Lykaner (eine Art Werwolf). Gesetze regeln das Zusammenleben der beiden Rassen, doch zur Zeit herrschen Unruhen aufgrund der ungerechten Behandlung von Lykanern. Thema des Buchs scheint die Nacht des Roten Mondes zu sein, die wohl alles verändern wird. Was genau passiert bleibt allerdings in dieser Leseprobe ein Rätsel.
Im ersten Kapitel wird Patrick Gamble vorgestellt. Scheinbar steht ihm ein "besonderes" Ereignis bevor. Der Leser erfährt, dass Patrick schon seit vielen Nächten nicht gut geschlafen hat und er vor irgendetwas große Angst hat. Im Nachhinein kommt ans Licht, dass sein Vater in den Krieg eingezogen wird und Patrick nun 12 Monate bei seiner Mutter leben soll. Zu ihr reist der junge Mann mit dem Flugzeug. Am Flughafen wird der äußerst seltsam wirkende, nervöse Attentäter vorgestellt. Eben dieser Mann verwandelt sich nach dem Start des Fliegers in einen Lykaner und ermordet alle Flugpassagiere bis auf Patrick und die Piloten, die in ihrem Cockpit vor dem Massaker geschützt sind.
Im zweiten Kapitel lernt der Leser Claire Forrester kennen. Sie ist eine Lykanerin, die mit ihren Eltern in einer abgeschiedenen Gegend wohnt. Der Autor stellt hier klar heraus, dass das "Lykaner sein" auch negative Seiten hat. Er schreibt, dass Claires sich durch ihre "Doppelnatur" wie "geteilt, aufgespalten in zwei Hälften" fühlt. Das Mädchen würde sehr gerne weit weg von zu Hause an einem College studieren und dabei möglichst weit weg sein von ihren monströsen Verwandten. Die Familie erfährt, dass es zu mehreren Anschlägen auf die Menschen gekommen ist, die von Lykanern verübt wurden. Claires Vater überreicht ihr einen Brief mit der kryptishen Aussage, sie solle diesen Brief öffnen, falls etwas passiert. Schon steht die Regierung vor der Tür. Schwerbewaffnet, bereit die Familie umzubringen.
Im dritten und letzten Kapitel der Leseprobe wird ganz kurz eine weitere Person vorgestellt: Miriam. Sie hat ein mulmiges Gefühl, da sie in direkter Waldnähe wohnt.
Stil & Sprache:
Der Autor bedient sich während des gesamten Romans des Präsens. Er schreibt in einer einfachen, aber sehr bildlichen Sprache. Hauptsatz wird an Hauptsatz gereiht - Schachtelsätze sucht man vergebens. Ich schreibe dies völlig wertfrei, denn der Schreibstil tut der Spannung des Buches keinesfalls einen Abbruch. Im Gegenteil: So bauen sich nach und nach die verschiedenen Charaktere und Schauplätze vor dem geistigen Auge auf. Benjamin Percy benutzt sehr viele Adjektive und Vergleiche.
Hier ein Beispiel, in dem er Claires Zimmer beschreibt: "Der Tisch passt nicht zum Rest der Einrichtung. Nicht zu dem weißen Himmelbett mit den vielen Stofftieren darauf, nicht zu der weißen Kommode mit den aufgemalten Weinreben, nicht zu der chaotischen Ansammlung von Schminksachen und Parfümfläschchen oder dem klapprigen Bücherregal, dessen Bretter sich unter dem Gewicht der Fantasyromane, Fabel- und Märchensammlungen durchbiegen."
Mit einfachen Mitteln gelingt es dem Autor gezielte Gefühle in den Lesern zu wecken: Die Vermutung, dass mit dem Mann am Flughafen etwas nicht stimmt oder die Zerrissenheit von Claire. All das spürt der Leser sofort.
Fazit:
Bei all dem Lob vermute ich dennoch, dass das Lesen des Buchs aufgrund des Schreibstils auf Dauer anstrengend wird. Bücher über Werwölfe gibt es nun wirklich in Hülle und Fülle auf dem Büchermarkt, aber Benjamin Percy schafft es meiner Meinung nach, eine völlig neue Welt zu erschaffen, in der es ganz normal scheint, dass Menschen neben Werwölfen leben. Ich persönlich habe mich von der Leseprobe gut unterhalten gefühlt, allerdings denke ich, dass das Buch nicht für Jedermann geeignet ist. Bei mir im Kopf bleibt allerdings die Frage, was denn nun in der Nacht des roten Mondes passieren wird, da "die Welt [dann] für immer ihr Antlitz verändern wird." Neugierig bin ich auch darauf, wie die Schicksale der vorgestellten Charaktere zusammenhängen. Dieses Gefühl habe ich nämlich stets beim Lesen.