Emotionale Achterbahnfahrt
Das verschlossene ZimmerSPOILER
Krakau 1939: Die Stadt bereitet sich auf den Krieg vor, doch Marie Karski ist etwas anderes wichtiger: Herauszufinden, wer ihre Mutter war. Ihr Vater beantwortet keine ihrer Fragen und auch sonst ...
SPOILER
Krakau 1939: Die Stadt bereitet sich auf den Krieg vor, doch Marie Karski ist etwas anderes wichtiger: Herauszufinden, wer ihre Mutter war. Ihr Vater beantwortet keine ihrer Fragen und auch sonst kann sie an keine Informationen gelangen. Als einzigen Ausweg sieht Marie einen Einbruch in das verschlossene Schlafzimmer ihres Vaters. Ein bewegender Roman über Familie, eine ambitionierte Frau, Antisemitismus und medizinische Entwicklungen.
Ich war sehr gespannt auf “Das verschlossene Zimmer” und die ersten Kapitel haben mich dann auch wirklich überzeugt, auch wenn das Ende für mich eher unrealistisch rüberkam. Und auch der Mittelteil hat sich manchmal gezogen. Trotzdem hat mir die Geschichte im Großen und Ganzen gut gefallen. Die Darstellung der Vorkriegsstimmung in Krakau ist der Autorin, meiner Meinung nach, sehr gut gelungen. Die Namen, das Essen und der historische Kontext besonders im Bereich der Medizin sind authentisch. Auch die Schwierigkeiten, denen Marie begegnet als sie sich für ein Medizinstudium bewerben will, sind realistisch dargestellt. Zwei Szenen bleiben mir dabei besonders in Erinnerung: Das Abendessen mit dem Direktor, der direkt nicht mehr begeistert ist, als er erfährt, dass es sich bei Dominik Karskis Nachkommen um eine Tochter handelt sowie der Test, den Marie ablegen muss. Durch die Beschreibung von Maries Konversion und der folgenden Hochzeit konnte ich einiges über das Judentum und alltäglichen Antisemitismus lernen. Der Schreibstil insgesamt konnte mich überzeugen. Emotionen wurden gut übermittelt und auch das Erzähltempo war sehr angenehm. Die Geschehnisse haben mich nicht überrannt, aber es war größtenteils nicht zu langweilig. Nur bei einigen Kapiteln im Mittelteil haben mir Ereignisse gefehlt. Aber dann wurde glücklicherweise die zweite Perspektive von Helena eingesetzt, was die Geschichte wieder lebendiger gemacht hat. Die Zeitsprünge kombiniert mit einem Perspektivenwechsel sind wirklich gut gelungen. Mit jedem Kapitel habe ich mehr auf die Auflösung des Geheimnisses hingefiebert. Leider muss ich sagen, dass mich das Ende dann eher weniger zufrieden gestellt hat. Zwar waren mir bereits im Laufe einige Logikfehler untergekommen, wie beispielsweise Maries Ahnungslosigkeit über den Antisemitismus um sie herum, und zu Ende gab es dann noch mehr Dinge, die mir unlogisch erschienen. Beispielsweise ist es sehr unrealistisch, dass jemand, der noch nie eine Waffe in der Hand hatte, direkt mehrere perfekte Schüsse abliefert. Zudem kann ich immer noch nicht ganz nachvollziehen, wie Helena die ganze Zeit vorgeben konnte, ein Mann zu sein, ohne das es irgendjemandem aufgefallen ist. Entweder bereits in der Universität oder dann später bei der Arbeit im Krankenhaus. Im Laufe der Geschichte wird dann zwar auch einer seiner Kollegen misstrauisch, allerdings passiert dies nach vielen Jahren, in denen Helena Dominik ist. Die Nebenfiguren wie dieser Kollege sind sehr stark geschrieben mit vielen kleinen Einzelheiten über die Person, was mir sehr gut gefällt.
Obwohl einige unrealistische Ideen in die Geschichte eingebaut sind, hat mir die Geschichte sehr gut gefallen. Der Roman hat mich gefesselt und durch viele emotionale Höhen und Tiefen geleitet.