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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.10.2021

Silvester

Steine schmeißen
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Meine Meinung

"Marie nennt sich auf Tinder selbst humorvoll. .... Marie ist immer randvoll mit Humor, so voll, dass nicht mehr viel anderes hineinpasst, zumindest nichts, was dick oder trauig machen ...

Meine Meinung

"Marie nennt sich auf Tinder selbst humorvoll. .... Marie ist immer randvoll mit Humor, so voll, dass nicht mehr viel anderes hineinpasst, zumindest nichts, was dick oder trauig machen könnte. An den Tagen, an denen sie viel moderiert, nimmt sie Noopept und Phenylpiracetam, und Aniracetam in den Tagen danach. Man muss nicht viel beachten, sagt Marie. Nur jeden Tag eine Konter-Banane und das Kokstaxi nicht vor Donnerstag rufen." (ZITAT)


Sie sind Anfang zwanzig, studieren, machen Kunst, modererien, probieren sich aus, nehmen Aufputschmittel zum Durchhalten, Beruhigungsmittel zum Runterkommen oder Antidepressiva gegen die Angst. Sie betrügen, haben Geheimnisse voreinander. Manche kennen sich schon einige Ewigkeit.

Die Geschichte spielt im schönen Wien. Es spielt sich unmittelbar vor und an Silver ab. In der Silvesternacht selbst haben Anna und ihre Freunde geplant, das alte Jahr zusammen zu verabschieden - rituell.

Dazu sollen sie ihre Tiefpunkte auf therapeutische Steine schreiben und später in die Donau werfen. Die Idee dahinter ist gut, der Plan geht jedoch nicht auf, weil sich mit Drogen und Feuerwerk doch nicht alles betäuben lässt. Nach und nach brechen Lügen, Geheimnisse und Wut aus den Protagonisten hervor.

Ich liebe diesen poetischen und fesselnden verträumten Schreibstil von Fritz. Die Geschichte ist so anders, bedeutungsschwer und fesselnd, ebenso die Protagonisten. Jeder für sich. Jeder mit seiner eigenen Geschichte.

Das Cover ist großartig und ein wirklicher Eyecatcher!

"Beim Kaffee hatten wir die Bilder betrachtet, die schon gerahmt im Regal standen, und ich hatte mich gefragt, wann die Gegenwart so nichtssagend geworden war, dass die Vergangenheit anfing, aufzuholen, ob ich recht hatte, wenn ich sagte, dass er kalt geworden war seit dem Umzug, oder ob er sich nur nicht mehr bewegte, weil er Angst hatte, mit mir zu verschmelzen. Was meinst du, fragte er noch mal, wie weit müssten wir fahren?" (ZITAT)

Sophia Fritz, geb. 1997, ist derzeit Studentin an der Hochschule für Fernsehen und Film in München, Hauptstudium „Drehbuch“. Bereits diverse Stipendien und Preise für Literatur, v.a. Kurzgeschichten.



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Veröffentlicht am 25.10.2021

Die Zeit heilt alle Wunden. Das Gewissen nicht.

Das Geheimnis
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Meine Meinung und Inhalt

"Es gelang Ulla nicht, auf sie zuzugehen, sich in ihre Arme zu werfen und ihr Gesicht in ihrem Pullover zu vergraben. ....und zu wissen, dass alls gut war. Dass Mama sie liebte ...

Meine Meinung und Inhalt

"Es gelang Ulla nicht, auf sie zuzugehen, sich in ihre Arme zu werfen und ihr Gesicht in ihrem Pullover zu vergraben. ....und zu wissen, dass alls gut war. Dass Mama sie liebte und natürlich bei sich haben wollte....Dieser kalte Blick hielt sie ab. Ullas Mund wurde trocken. Angst kroch in ihr hoch. Sie brachte keinen Ton heraus." (ZITAT)

Das Cover von Sandberg's neustem Werk konnte sofort mein Interesse wecken. Mich konnte dieses Buch absolut überzeugen. Die Kapitel waren abwechselnd zwischen früher (1975) und dem Heute (2020) aus Sicht der Protagonisten geschildert. Eine tragisch und zugleich aufwühlende Geschichte, teils etwas langatmig, was dem Buch und dem Lesefluss aber nicht schadet.

Ich bin ein Fan von Sandberg's Schreibstil und werde immer gut mit ihren Romanen unterhalten. Charakteristisch für die Bücher von Ellen Sandberg ist, dass es immer ein dunkles Geheimnis in der Vergangenheit gibt, welches die Gegenwart beeinflusst und bestimmt - ähnlich wie bei dem Roman „Die Schweigende“.


München, 2020. Ulla ist eine starke Frau, obwohl sie es nie leicht hatte. Ihre Mutter Helga verließ sie als Neunjährige. Warum weiß sie bis heute nicht.

Helga ist der dunkle Fleck auf Ullas innerer Landkarte.

Erst als das Leben sie auf den Moarhof am Chiemsee zurückführt, entdeckt sie, dass dort Antworten auf sie warten – auf Fragen, die sie jahrelang verdrängt hat.


Moosleitn am Chiemsee, 1975. Helga lebt in einer Kommune auf einem idyllisch gelegenen Bauernhof. Als Künstlerin ist sie für ihre düsteren Werke bekannt, deren wahre Bedeutung sich niemandem erschließen. Denn nur sie weiß, welche Erinnerungen sie quälen. Und dass sie als junge Frau eine Entscheidung treffen musste, die sie sich bis heute nicht vergeben kann.


Ellen Sandberg ist das Pseudonym einer deutschen Autorin, die 1957 in München geboren wurde. In der bayerischen Landeshauptstadt studiert sie nach ihrem Fachabitur Grafikdesign und arbeitet im Anschluss als Artdirectorin bei verschiedenen Werbeagenturen. Jedoch entschließt sie sich schon bald für den Weg der Selbstständigkeit und gründet ihr eigenes Designstudio. 2007 wird aus ihrem Hobby, dem Schreiben, jedoch auch ein Beruf, als ein großer Publikumsverlag sie anfragt. 2008 veröffentlicht Sandberg unter ihrem Realnamen ihren ersten Kriminalroman. Ihre Bücher werden zu Spiegel-Bestsellern, sodass Sandberg sich fortan vollständig auf das Schreiben konzentriert. Sie erweitert ihr Spektrum und beginnt, neben Kriminalromanen auch erste Bücher für Jugendliche und junge Erwachsene zu schreiben. 2017 erscheint mit „Die Vergessenen“ das erste Buch unter dem Pseudonym Ellen Sandberg. Für ihre Werke wurde die Autorin bereits mit dem Krimipreis „Herzogenrather Handschelle“ ausgezeichnet. Sie lebt mit ihrer Familie heute in der Nähe von München.

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Veröffentlicht am 22.10.2021

Es war einmal ein Baum

Das Gedächtnis des Baumes
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Meine Meinung und Inhalt

Doch kaum sind Mama oder Oma im Raum, lastet die Stille so schwer, dass ich ganz tief Luft holen muss, um nicht zu ersticken. Wenn keiner der drei ein Wort sagt, schnürt sich ...

Meine Meinung und Inhalt

Doch kaum sind Mama oder Oma im Raum, lastet die Stille so schwer, dass ich ganz tief Luft holen muss, um nicht zu ersticken. Wenn keiner der drei ein Wort sagt, schnürt sich mir der Hals zu. Sobald sie mich dann geräuschvoll nach Luft schnappen hören, nehmen sie mit einem gezwungenen Lächeln die Tätigkeit wieder auf, die sie zuvor unterbrochen haben. Aber zu Füßen von Opas Sessel ist es ganz egal, wie laut ich bin, denn die Stille bleibt. Opas Atem geht ruhig, als würde er das Ticken wirklich nicht vermissen." (ZITAT)

»Darf ich mich freuen?« fragt Jan seine Eltern, nachdem er erfahren hat, dass die Großeltern demnächst bei ihnen wohnen werden. Er weiß zwar nicht warum, aber intuitiv spürt er das Unheilvolle in dieser Nachricht. Der Einzug der Großeltern verändert den Alltag der Familie. Plötzlich erhält Gesagtes und selbst das Schweigen eine ganz neue Bedeutung.

Jan und sein Großvater Joan verbringen viel Zeit miteinander. Auf gemeinsamen Spaziergängen bleiben sie oft an Bäumen stehen und der Großvater erzählt von einer Trauerweide, der er als Kind all seine Geheimnisse anvertraut hat. Nach und nach jedoch verändern sich die Gespräche der beiden; der Großvater antwortet nicht mehr auf Fragen und gibt Antworten auf Fragen, die Jan gar nicht gestellt hat. Der Junge erlebt mit, wie der Großvater sein Gedächtnis verliert. Die Trauerweide wird in Jans Fantasie immer mehr zum Anker für das, was bleibt.

Die Kapitel sind aufgeteilt in "Die neue Situation", "Der Buchstabe, der mir fehlt" und "Es war einmal ein Baum". Für mich sind Cover, Titel und die einzelnen Kapitelunterteilungen sehr passend und gelungen gewählt.

Feinfühlig tastet sich Vallès an das nicht ganz einfachen Thema Demenz und schafft es so den Leser auf eine sprachlich großartige, poetische, bewegende und emphatische Reise mitzunehmen. Das Buch, mit seiner nicht einfachen Thematik, konnte mich berühren und bekommt eine klare Leseempfehlung!

Tina Vallès ist 1976 geboren und studierte katalanische Philologie in Barcelona. Sie ist eine mit Preisen ausgezeichnete Autorin, Übersetzerin sowie Mitherausgeberin der digitalen Kurzgeschichten-Zeitschrift Paper de Vidre.Sie hat neben mehreren Romanen auch Kinderbücher veröffentlicht. La Memoira de l’arbre wurde 2017 mit dem Anagram Award ausgezeichnet und in acht Sprachen übersetzt. In Frankreich war das Buch 2020 shortlisted für den Jean Monnet-Preis. Von der spanischen Presse wird Tina Vallès als die »Meisterin der kleinen Form« gefeiert.

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Veröffentlicht am 15.10.2021

Luciana B.

Der langsame Tod der Luciana B
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Meine Meinung und Inhalt

"Manchmal, selten, wird man im Leben der fatalen Abzweigung gewahr, die eine winzige Handlung birgt. Dass hinter einer trivialen Entscheidung der eigene Untergang lauern kann." ...

Meine Meinung und Inhalt

"Manchmal, selten, wird man im Leben der fatalen Abzweigung gewahr, die eine winzige Handlung birgt. Dass hinter einer trivialen Entscheidung der eigene Untergang lauern kann." (ZITAT)

Das Cover ist schön und sehr passend gewählt und gefällt mir gut. Leider konnte mich die Handlung und der Schreibstil nur mäßig überzeugen.

Trotz der vorhandenen Spannungsbögen und Überraschungen konnte ich keine klare Linie im Geschriebenen finden. Das Buch hat einen literarischen und philosophischen Anspruch, ist meiner Meinung nach jedoch mit der Bezeichnung Krimi falsch gewählt.


Luciana B. ist eine schöne und intelligente Studentin. Nebenbei arbeitet sie als Sekretärin bei dem berühmten Krimiautor Kloster. Als dieser ihr eindeutige Avancen macht, zeigt Luciana ihn an und zerstört damit seine Ehe.

Als dann innerhalb weniger Jahre ihr Verlobter auf rätselhafte Weise ertrinkt, ihre Eltern an einer Pilzvergiftung sterben und ihr Bruder brutal ermordet wird, steht für Luciana fest: Hinter all ihrem Unglück steht Kloster, der ihr nie verziehen hat und sich grausam rächt.


Guillermo Martínez wurde 1962 in Bahía Blanca geboren und lebt in Buenos Aires. Er ist promovierter Mathematiker und verbrachte zwei Jahre seiner Doktorandenzeit an der Universität in Oxford. Für Die Oxford-Morde erhielt er als erster Argentinier den Planeta, den wichtigsten Preis für spanischsprachige Literatur. Der Roman wurde zu einem weltweiten Erfolg, in über vierzig Sprachen übersetzt und mit Elijah Wood und John Hurt fürs Kino verfilmt. Seitdem hat Guillermo Martínez mehrere hochgelobte Romane, Essays und Kurzgeschichten verfasst.

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Veröffentlicht am 14.10.2021

Diese Frauen

Diese Frauen
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Meine Meinung und Inhalt

Spannungsgeladene Handlung gepaart mit feministischem Weckruf trifft auf Großstadtflair!

"Durchgeschnittene Kehle. Tüte über dem Kopf. Sie ist nicht für den Strich oder den ...

Meine Meinung und Inhalt

Spannungsgeladene Handlung gepaart mit feministischem Weckruf trifft auf Großstadtflair!

"Durchgeschnittene Kehle. Tüte über dem Kopf. Sie ist nicht für den Strich oder den Club gekleidet. Tatsächlich sieht es eher so aus, als ob sie sich mit ihren Shorts und dem übergroßen Lakers-Hoodie auf einen Abend daheim eingestellt gehabt hätte. " (ZITAT)

Pochoda erzählt die Geschichten von sechs, durch eine Mordserie miteinander verbundenen, Frauen. Durch die verschiedenen Perspektiven, aus denen die Autorin erzählt, zeigt sie unterschiedliche Lebensentwürfe und Schicksale. Die Autorin hat einen wirklich wortgewaltigen, kraftvollen, aber auch teilweise vulgären Schreibstil, der mir gut gefallen hat und zur Handlung passt.

Das LAPD interessiert sich nicht besonders für die Toten, die immerzu als diese Frauen bezeichnet werden.

Diese Frauen an den Straßenecken ... diese Frauen in den Bars ... diese Frauen, die nicht aufhören, Fragen zu stellen ... diese Frauen, die bekommen haben, was sie verdienen.

Detective Esmerelda Perry folgt die der Spur des Killers und wird von der Autorin als starke authentische Ermittlerin dargestellt. Sie selbstwird aufgrund ihrer Kleinwüchsigkeit von den männlichen Kollegen und auch Zeugen nicht wertgeschätzt. Als Leser hat man auch das Bedürfnis selbst eingreifen zu wollen.

"Sie kann unmöglich die Einzige sein, die eine Verbindung sieht. Aber da ist noch mehr.Es gibt nicht nur diese aktuellen Mor-de, sondern auch die davor, insbesondere den an der Tochter von Dorian Williams. Entweder spielt Essies Kopf ihr Streiche - was man ihr mehr als einmal gesagt hat –, oder es handelt sich eben nicht um Zufälle, sondern um ein Muster." (ZITAT)

Kurzum, ein wirklich tolles Buch, das meine Leseempfehlung erhält.

Ivy Pochoda,geboren 1977, ist Schriftstellerin und lebt in Los Angeles. Sie wuchs in Brooklyn auf, studierte in Harvard und war professionelle Squashspielerin. Bei ars vivendi erschien bereits ihr Roman Wonder Valley (2019).


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