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Veröffentlicht am 11.07.2019

ein gelungenes Wiedersehen

Der Atlas der besonderen Kinder
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Als großer Riggs-Fan war ich damals sehr traurig, als ich das Finale seiner Trilogie in Händen hielt. Folglich war ich weder bereit, noch gewillt, es zu lesen!
Ihr könnt euch sicher vorstellen, was für ...

Als großer Riggs-Fan war ich damals sehr traurig, als ich das Finale seiner Trilogie in Händen hielt. Folglich war ich weder bereit, noch gewillt, es zu lesen!
Ihr könnt euch sicher vorstellen, was für ein riesiger Stein mir vom Herzen fiel, als ich hörte, dass die Reihe nun doch weitergeht.
Da habe ich mich natürlich pronto an Band 3 gemacht und dementsprechend gut vorbereitet war ich auf das, was der „Atlas der besonderen Kinder“ für mich bereit hielt, denn es war natürlich alles noch wunderbar präsent :)

Nachdem -zumindest der Großteil davon- die Wights und Hollows besiegt wurden und die Kinder quasi geheilt, werden sie in Band 4 natürlich zuallerallererst mit der heutigen Zeit konfrontiert. Dieser Aspekt hat mir sehr gut gefallen, häufig habe ich mich schmunzelnd dabei ertappt, dass selbst mir manche Dinge etwas suspekt sind. Wie muss es da erst jemandem gehen, der an die 100 Jahre in einer Zeitschleife gelebt hat!
Sei es der TV, der laut und bunt für Beschallung sorgt, riesige Einkaufszentren oder gar die Cremeauswahl in der Drogerie! Die Kinder begegnen hierbei der totalen Reizüberflutung und müssen natürlich zeitgleich aufpassen, nicht durch antiquiertes Verhalten aufzufallen. Gar nicht so einfach, wie man sich vielleicht denken kann ;)

Eigentlich wäre ja nun die Zeit dafür, sich zu erholen und sich quasi unter „normalen“ Bedingungen kennenzulernen, was sich die Kinder und natürlich Emma und Jacob definitiv verdient hätten. Nur... dann wären wir ja nicht bei den besonderen Kindern, oder? Und dementsprechend schnell ist es auch schon vorbei mit der Ruhe und es geht wie immer um Alles.
Mit viel Liebe zum Detail, Spannung und Einfallsreichtum entführt uns Ransom Riggs in das bunte Leben der Besonderen - Skurrilität und Staunen vorprogrammiert!
Aber auch alltägliche Themen wie Liebe, Freundschaft und deren Vergänglichkeit werden thematisiert, genauso ernste wie Rassismus, Vorurteile, Gewalt und vieles mehr. Dieser bunte Strauß ist es, der die Kinder für mich persönlich immer wieder zu etwas Besonderem werden lässt. Denn Riggs kann in meinen Augen viel, aber eben nicht „gewöhnlich“ ;)

Und so verlasse ich nun zum vierten Mal die Welt der Kinder, dieses Mal mit einem weinenden und einem lachenden Auge.
Das weinende, weil mir zum ersten Mal eine Handhabe nicht so ganz gefallen hat. Ca. im letzten Viertel wird eine Zwischengeschichte eingebaut, die mir etwas zu hoppladihopp kam und auch wieder ging. Das war mir ein bisschen holprig und erschien auf den ersten Blick einfach etwas übertrieben, oder zumindest die Einleitung in diese Sequenz. Effektiv handelt es sich bei dem Ganzen wohl um eine Einführung oder Überleitung zu dem, was da noch kommen mag, also kann ich es wohl verknusen, auch, wenn ich es mir anders gewünscht hätte.
Aber das führt mich unweigerlich zum lachenden Auge: das Ende lässt mich auf ein baldiges Wiedersehen hoffen... Und das wiederum ist doch der HAMMER!!!

Für mich ist Band 4 sowohl ein gelungenes Wiedersehen mit den Kindern -auch wenn hier noch Fragen offen bleiben- als auch eine gekonnte Weiterentwicklung der Geschichte und der Charaktere, die viel Platz für weitere Abenteuer einräumt. Ich bin gespannt!

Veröffentlicht am 08.07.2019

Ein gelungenes Buch, jedoch anders als erwartet

Der Exorzismus der Gretchen Lang
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Seit Kindertagen sind Gretchen und Abby beste Freundinnen. Zuerst noch Außenseiter, machen sie nach und nach ihren Weg und finden weitere Mädchen, die später ihre Welt ergänzen. Bis zu dem einen Tag, an ...

Seit Kindertagen sind Gretchen und Abby beste Freundinnen. Zuerst noch Außenseiter, machen sie nach und nach ihren Weg und finden weitere Mädchen, die später ihre Welt ergänzen. Bis zu dem einen Tag, an dem etwas Unvorstellbares geschieht - und nichts mehr so sein wird, wie es war.

Die Geschichte beginnt in den 80ern, in denen die beiden sich finden. Umgeben von Madonna, E.T., Max Headroom und dem Halleyschen Kometen hat es der Autor geschafft, dass ich mich absolut wieder in meine Kindheit zurückversetzt fühlte. Mit dem Kennen- und Liebenlernen der beiden entführt er den Leser tief in ein wirklich tolles und durchdachtes Szenario, in dem sich viele, die zu der Zeit jung waren, vermutlich pudelwohl fühlen werden.

Und auch die zwei, bzw. später dann vier Mädchen, haben mir beim Lesen viel Spaß gemacht. Zwar habe ich den angepriesenen dunklen Humor etwas vermisst, oder zumindest traf der des Autors nicht mein humoristisches Empfinden, dennoch schreibt er durchgehend angenehm, flüssig und bildhaft. Das hat mir sehr gut gefallen. Vor allem in den Psychoszenen bleibt er seiner Linie treu und "verwöhnt" uns mit blutigen, schmerzhaften und recht detaillierten Infos, die mir beim Lesen ab und an das Zwerchfell zusammengezogen haben. Auch dieser Teil ist sehr gekonnt, er schafft es das Böse perfekt in Szene zu setzen!

Leider kommt jetzt jedoch noch ein "Aber" von mir... Die Themen des Buches und die Umsetzung vieler Details werden einem Horrorthriller absolut gerecht, also quasi Horror at its best ;) Jedoch fehlte mir davon in Summe einfach ein bisschen etwas. Wir erleben zusammen mit den Mädchen deren Kindheit/Jugend und begegnen hierbei so manchem Schrecken, dem sich ein Kind traurigerweise nicht selten ausgesetzt findet -wie ein gewalttätiges Elternhaus, Liebeskummer, usw. Hierbei erleben wir Schmerz, Liebe und Freundschaft - ohja, vor allem Freundschaft über alle Grenzen hinaus - was das Buch zwar zu einem tollen Buch macht, mich jedoch mit einem halbierten Gefühl zurück lässt.
Einerseits empfand ich es als zu wenig Horror für ein Horrorthriller, denn der läuft -abgesehen von kleineren Kernszenen und dem Showdown- in weiten Teilen eher am Rande. Aber andererseits war es dann doch zuviel Horror für einen Roman.

Hmmm, ihr seht, ich bin zwiegespalten... Stil und Ideenreichtum konnten mich echt überzeugen und leiern mir 5 Sterne aus dem Ärmel, für kleine Längen und zu wenig Genretreue würde ich 3 Sterne geben. Macht summa summarum 4 Sterne für einen gelungenen Horrorthriller/Roman-Zwitter, dem zwar eine konsequentere Gangart in eine der beiden Richtungen gut gestanden hätte, der aber dennoch beim Lesen Spaß gemacht hat.

Veröffentlicht am 02.07.2019

ich liebe, liebe, LIEBE es!

Das Labyrinth des Fauns
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Obwohl ich bereits seit Jahren sowohl die Reckless- als auch die Tintenreihe im Schrank stehen habe, muss ich zu meiner Schande gestehen, dass ich zuvor noch kein Buch von Cornelia Funke gelesen habe. ...

Obwohl ich bereits seit Jahren sowohl die Reckless- als auch die Tintenreihe im Schrank stehen habe, muss ich zu meiner Schande gestehen, dass ich zuvor noch kein Buch von Cornelia Funke gelesen habe. Natürlich nicht, weil ich nicht möchte, aber irgendwie fehlt immer die Zeit. Ihr kennt das ja...
Als ich jedoch erfuhr, dass sie sich diesem Projekt, also das Buch zum Film "Pan´s Labyrinth" zu schreiben, widmet, war ich sofort Feuer und Flamme. Ich liebe den Film von Guillermo del Toro, somit musste ich natürlich sehen, was Frau Funke daraus macht - und ob ich bald die anderen Bücher nachholen muss ;)

Sie selbst sagt über das Buch, dass sie an der Geschichte nichts geändert, sondern nur Zwischenspiele eingefügt habe. Ja, diese Zwischenkapitel gab es natürlich zuvor so nicht, aber nein, sie hat die Geschichte, zumindest für mich, doch sehr verändert! Denn diese Interludes machen die Geschichte noch runder, noch lesenswerter und alles in allem einfach noch besser! Der Kern bleibt im Wesentlichen unberührt, aber das Drumherum ist einfach nur gelungen, Hut ab!

Auf die Geschichte selbst möchte ich nicht so sehr eingehen. Viele von euch werden den Film vermutlich kennen und allen anderen muss ich sagen: unbedingt nachholen! Am besten inklusive diesem Buch! Ich habe selten eine Geschichte gesehen/gelesen, die mich so bewegt hat, wie die der kleinen Ofelia in ihrem dunklen, dunklen Märchen.
Und genauso würde ich das Ganze vermutlich für die, die die Story eben nicht kennen bezeichnen - als Geschichte über Licht und Schatten, die in Aufmachung und Stil zwar märchenhaft anmutet, jedoch durch die vorherrschende Dunkelheit und gelegentlich Brutalität vielleicht doch eher etwas für älteres Publikum ist.
Unterstützt wird diese "Klassifizierung" noch durch die vorherrschende Stimmung. Das Buch ist, abgesehen von kleinen Hoffnungsschimmern, düster, melancholisch und voller böser Vorahnung. Natürlich lockern die oben erwähnten Zwischenspiele das Ganze etwas auf, aber selbst diese sind zumeist eher traurig/schön. Genauso wie die enthaltenen Illustrationen. Sie passen perfekt und untermalen die Atmosphäre noch zusätzlich.

Cornelia Funke hat es mit ihrem bild- und sprachgewaltigen sowie zauberhaften Meisterwerk voller Magie, Schmerz, Liebe und Tod geschafft, mich komplett in diese Welt eintauchen zu lassen. Es war mir nicht mehr möglich, das Buch aus der Hand zu legen. Sie hat Unmengen an Herzblut in dieses Projekt investiert und das spürt man! Für mich ein klares Highlight!

Veröffentlicht am 30.06.2019

eine bewegende Lektüre

Schamlos
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Drei Bloggerinnen, Feministinnen aber auch Muslima haben sich zusammengetan und ein doch sehr offenes Buch geschrieben.
„Passt nicht“ denkt ihr? Stimmt wohl auch. Zumindest theoretisch. Praktisch verhält ...

Drei Bloggerinnen, Feministinnen aber auch Muslima haben sich zusammengetan und ein doch sehr offenes Buch geschrieben.
„Passt nicht“ denkt ihr? Stimmt wohl auch. Zumindest theoretisch. Praktisch verhält es sich eher so, dass die drei Frauen zwar komplett unterschiedliche Charaktere aufweisen, aber auch eine Sache absolut nicht wollen – nämlich die Verurteilung ihrer Religion oder die Loslösung von ihren Familien.
Viele denken, dass „Schamlos“ vermutlich die für eher westliche Menschen schlimmen Dinge wie Ehrenmorde, Genitalverstümmelung, Zwangsehen und Jungfrauenprobe thematisiert, das ist jedoch eher bedingt so.
Nein, es geht auch um die kleinen Dinge, die sogenannte „negative soziale Kontrolle“. Um Menschen, die muslimischen Frauen vermitteln, dass sie Schande über ihre Familie bringen, wenn sie ihre Meinung kundtun, man ihren Hals sehen kann oder sie in der Öffentlichkeit eine Banane essen.
Darum, dass Frauen, die nicht jungfräulich in die Ehe gehen, nichts wert sind und Gewalt in der Ehe normal sei… Glaubt mir wenn ich euch sage, dass manche Stellen im Buch dermaßen wütend machen, dass es einem die Tränen in die Augen treibt!

Ich bewundere diese Frauen für das was sie tun und das aus vielen Gründen.
Zum einen, weil sie den Mut haben, für andere einzustehen. Jede, die eine Geschichte zu erzählen hat, kann dies tun und sie werden für sie da sein, in jeder benötigten Form. Selbst wenn die Quelle anonym bleiben will, verwenden sie diese Geschichten um wachzurütteln, aufzuklären und so vielleicht eine Besserung herbeizuführen.
Zum anderen, weil man ihre eigene Entwicklung nachvollziehen kann sowie die Tatsache, dass sie erst in die Frauen hineinwachsen mussten, die sie heute sind. Besonders tragisch ist dieser Punkt für mich, wenn ich dann lesen muss, dass man zwar versucht aus alten Mustern auszubrechen, man WEIß, dass man sich für bestimmte Dinge nicht schämen muss, aber sich dennoch bis heute nicht traut, einen Bikini zu tragen, weil die eingebläute Scham doch so tief sitzt… Oder einfach auch gar nicht schwimmen kann, weil der Schwimmunterricht komplett bekleidet eher noch mehr Scham und Isolation hervorruft als sowieso schon…
Aber am meisten bewundere ich sie, weil sie ein Leben zwischen den Stühlen führen – und dies bewusst gewählt haben. Während andere Muslime sie als schamlos, Nestbeschmutzer oder ähnliches sehen, stempeln andere sie als Wichtigtuer ab und begegnen ihnen mit Rassismus und Vorurteilen.

Für mich war „Schamlos“ eine bewegende Lektüre, von der ich mir wünsche, dass mehr Menschen sie lesen. Es ist so traurig und schön zu gleich, von den Wünschen und Träumen dieser Frauen zu lesen, die eigentlich nichts anderes wollen, als ein bisschen Toleranz und Akzeptanz. Sie möchten einfach nur Dinge, die für viele von uns alltäglich sind - wie sich selbst einen Mann aussuchen, sich verlieben dürfen, sich nicht verstecken müssen und vor allem das Recht auf eine freie Meinung zu haben. Und das nicht für sich, sondern für alle Frauen.
Ein redegewandtes und intelligentes Buch, das Mut machen soll und hoffentlich auch wird!

Veröffentlicht am 20.06.2019

stellenweise etwas vorhersehbar, aber dennoch ein interessanter Einstieg

Abgeschlagen
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Eine zerstückelte Leiche und ein nackter, toter Obdachloser… Klingt nach dem perfekten Einstieg für Paul Herzfeld, oder? Zusammen mit der italienischen Rechtsmedizinerin Lucia Tattoli und dem Oberkommissar ...

Eine zerstückelte Leiche und ein nackter, toter Obdachloser… Klingt nach dem perfekten Einstieg für Paul Herzfeld, oder? Zusammen mit der italienischen Rechtsmedizinerin Lucia Tattoli und dem Oberkommissar Michael Tomforde entsteht ein sehr kompetentes und funktionierendes Team, auch, wenn die interne Kommunikation wohl noch ausbaufähig ist.

Aber beginnen wir mit dem Stil und der gewählten Schreibart, die Michael Tsokos verwendet. Wir bekommen die Geschichte in knackig kurzen Kapiteln kredenzt die immer aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt werden. Das erzeugt beim Lesen natürlich eine ganz eigene Spannung und gefällt mir im Krimi-/Thrillerberich immer besonders gut. So bleibt die Geschichte in Bewegung und man liest vor Neugier Kapitel um Kapitel gebannt weiter.
Zusätzlich zu Geschehnissen und Hintergründen bringt das dem Leser normalerweise auch die Protagonisten näher, in diesem Fall jedoch empfand ich diese auch nach Beendigung des Buches relativ oberflächlich – auch wenn Herzfeld ab und an versucht, sich in unsere Leserherzen zu witzeln. Aber es wird ja eine Fortsetzung angekündigt, vielleicht dürfen wir ihm da etwas näher kommen, ich würde mich freuen.

Ein weiter Aspekt der mir gut gefallen hat, ist der Detailreichtum, mit dem Tsokos die Verletzungen beschreibt und grausame Bilder zeichnet. Er lässt dabei relativ wenig Platz für Interpretationen, indem er die blutigen oder grausamen Bestandteile recht unverblümt in die Geschichte einfließen lässt. Ich könnte mir vorstellen, dass das manchem Leser zu viel an Information sein könnte, ich fand’s jedoch spitze und ja, gelernt habe ich auch was. Scheinbar gibt es nach jahrelangem Thrillergenuss doch noch menschliche Abgründe, denen ich noch nicht begegnet bin ;)

Leider gab es jedoch auch Punkte, die mir nicht so gut gefallen haben.
Zum einen war die Geschichte für mich relativ vorhersehbar, so haben mir in Summe einfach die Überraschungen gefehlt. Wir sehen zum Beispiel ab und an das bekannte Klischee eines Menschen, der etwas weiß, es den anderen aber erst später erzählen will. Hat ja noch Zeit… Ähm nein! Jeder weiß mittlerweile, dass das in der Thrillerwelt einem Todesurteil gleich kommt. Und so auch hier, mehr möchte ich an dieser Stelle nicht sagen. Darüber hinaus war mir relativ schnell klar, wer die oder der Böse ist. Fand ich schade.
Zum anderen begegnen uns relativ häufig Stereotypen. Sei es der überhebliche, besserwisserische und ambitionierte Chef oder die vernachlässigte Freundin, die ihren Mann nie sieht, aber immer wieder verschnupft ein Auge zudrückt.
Diese beiden Aspekte empfand ich persönlich in Summe einfach etwas klischeehaft, tut mir leid.

Nichtsdestotrotz hat mir „Abgeschlagen“ ein paar interessante Lesestunden bereitet und einen Blick in menschliche Abgründe sowie Perversion beschert. Stil und Ideen konnten überzeugen und neugierig auf die Fortsetzung machen. Ich freue mich darauf.