Einzigartig, wirkt nach
Die nicht sterbenDie Autorin erschafft im Buch eine unglaubliche Atmosphäre, die den Leser völlig in seinen Bann zu ziehen vermag. Es entstehen Bilder vor den Augen des Lesers, man kann die flirrende Luft fast riechen. ...
Die Autorin erschafft im Buch eine unglaubliche Atmosphäre, die den Leser völlig in seinen Bann zu ziehen vermag. Es entstehen Bilder vor den Augen des Lesers, man kann die flirrende Luft fast riechen. So gleiten die Seiten mit der Erzählung dahin wie in einem fiebrigen Traum, den auch unsere Protagonistin zu haben scheint. Oder sind ihre Erlebnisse etwa echt? Es verschwimmen Realität mit der Erwartungshaltung der Bevölkerung, mit alten Mythen und realen Schrecken sowie mit der Erwartung des Lesers. Und dies schafft Dana Grigorcea auf ganz poetische Art und Weise, sodass man auf wundervolle Art völlig eingelullt ist von der Geschichte. Man lässt sich treiben im Erzählfluss und staunt über die Dinge, die passieren - oder eben nicht.
Diverse Zeitschienen verschwimmen in der Erzählung gekonnt zu einem großen Ganzen, bei dem der Leser auch auf der Hut sein muss. Unsere Protagonistin spricht den Leser oft direkt an um ihre Erzählung mit vermeintlichem Wahrheitsgehalt zu untermauern, sodass man auch schnell eine Bindung zu ihr und ihren Erlebnissen aufbaut. Bei diversen Szenen musste ich gegruselt kurz die Luft anhalten, aber auch brutale Szenen werden mit gekonnter Sprache beschrieben, sodass hier die Autorin nie ihren ganz speziellen Ton verliert.
Dabei zeigt die Autorin auch einen gekonnten Blick in die Vergangenheit, welcher für mich, die den kalten Krieg und den Zerfall der Sowjetunion nicht bewusst erlebt hat, ungewohnt und dadurch umso faszinierender war. Man sieht den Zerfall und die Armut, die Rückständigkeit gemixt mit grandiosen Landschaften und dem historischen Erbe der Region sowie dem Versuch, aus all dem nochmal was zu machen. All dies hat etwas unglaublich romantisches, das Setting war für mich einzigartig und wirkte auch lange nach.
Gut gelungen ist dieser Mix aus Tradition und Moderne, aus Rückwärtsgewandtheit und Fortschrittssehnsucht. Gekonnt eingebaut sind unterschwellige Kritik etwa an der heutigen Sensationsgier von Selfiesüchtigen, die immer auf der Suche nach dem perfekten Shot ihre Umgebung gar nicht mehr richtig wahrnehmen können.
Während des Lesens wusste ich nicht recht wohin mit meinen Gedanken, wollte ich doch die Geschichte fassen und einordnen. Durch den Erzählfluss gefangen habe ich das Buch recht schnell am Stück runterlesen können, hat es doch einen ordentlichen Sog erzeugt, der mich gefesselt hat. Einerseits neugierig, andererseits skeptisch, folgte ich der Handlung bis zu einem Ende, dass mich überrascht und überrumpelt aber auch mit meiner Erwartungshaltung vollkommen versöhnt hat. "Die nicht sterben" hat einige Tage in mir nachgewirkt und je länger ich darüber nachgedacht habe, umso besser hat es mir gefallen.
Ich bin froh, dass ich das Buch lesen durfte, es hat meine Erwartung vollkommen erfüllt wenn nicht gar übertroffen. Absolute Leseempfehlung meinerseits!