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Veröffentlicht am 07.12.2023

Ein bisschen von allem - das macht das Buch zu etwas sehr Besonderem!

Die Bibliothek im Nebel
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St. Petersburg, Côte d’Azur, Leipzig, eine Bibliothek im Nebel. 1917, 1928, 1957. Artur, Mara, Liette, Grigori, russische Geheimdienstler, Okkultisten, Verleger.....

Viele Orte, mehrere Zeitebenen und ...

St. Petersburg, Côte d’Azur, Leipzig, eine Bibliothek im Nebel. 1917, 1928, 1957. Artur, Mara, Liette, Grigori, russische Geheimdienstler, Okkultisten, Verleger.....

Viele Orte, mehrere Zeitebenen und unzählige Personen. Krimi, Historischer Roman, Liebesgeschichte. Ein bisschen von allem eben. Das alles findet man in "Die Bibliothek im Nebel" von Kai Meyer. Ihn kennt man eigentlich eher aus der Fantasywelt, aber nun entführt er uns in das reale Treiben des vergangenen Jahrhunderts.

In sehr bildgewaltiger Sprache erzählt der Autor die Geschichten verschiedener Familien. Von Anfang an ist klar, dass die verschiedenen Geschichten irgendwie zusammenhängen. Doch bis zu diesem Punkt vergeht einige Zeit. Dabei lernen wir die verschiedenen Protagonisten gut kennen. Manche besser, andere bleiben bis zum Ende undurchsichtig (wohl gewollt).

Die verschiedenen Zeitebenen machen die Geschichte komplex - erfährt der Leser doch immer wieder einzelne Aspekte, die ggf. später noch einmal relevant werden oder sich zuvor ganz anders dargestellt haben. Dem Autor merkt man an, dass er die Geschichte genauestens durchgeplant hat. Dennoch bleibt zum Ende hin einiges offen, was mich persönlich etwas gestört hat.

Ein Thema, was sich durch das ganze Buche zieht, ist die Liebe zu Büchern. Der Titel lässt es schon vermuten, Bücher spielen eine große Rolle im Buch. Dabei merkt man insbesondere Artur an, wie sehr er die Bücher liebt. Zudem erfährt der Leser einiges über das Graphische Viertel in Leipzig. Bei Interesse an diesem Thema bietet es sich an, dass ebenfalls von Kai Meyer geschriebene Buch "Die Bücher, der Junge und die Nacht" zu lesen. Zwischen diesem Buch und "Die Bibliothek im Nebel" gibt es einige Bezüge, die Bücher können aber problemlos getrennt gelesen werden.

Insgesamt ist "Die Bibliothek im Nebel" schon aufgrund seiner Einzigartigkeit lesenswert! Egal in welchem Genre man sonst unterwegs ist, in diesem Buch findet jede*r etwas für sich!

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Veröffentlicht am 15.04.2023

Bleibt etwas hinter Band 1 zurück - trotzdem schönes Lesevergnügen!

Die Kinder von Schönbrunn (Die Schönbrunn-Saga 2)
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Nachdem Gretas Ehemann nicht aus dem ersten Weltkrieg zurückgekehrt ist, kümmert sich Greta um ihre 6-jährige Tochter Gisela und den Haushalt ihrer Schwester Emma und deren Ehemann Julius. Bei einem Spaziergang ...

Nachdem Gretas Ehemann nicht aus dem ersten Weltkrieg zurückgekehrt ist, kümmert sich Greta um ihre 6-jährige Tochter Gisela und den Haushalt ihrer Schwester Emma und deren Ehemann Julius. Bei einem Spaziergang im Garten von Schloss Schönbrunn trifft sie zufällig auf eine Informationsveranstaltung zu einer Erzieherausbildung. Etwas zweifelnd meldet sich Greta für den Einstellungstest an.... Könnte das ihre Möglichkeit heraus aus der Trauer um Gustav und herein in eine blühende Zukunft sein?

"Die Kinder von Schönbrunn" von Beate Maly spielt etwa 6 Jahre nach dem ersten Band "Die Frauen von Schönbrunn". Anders als im ersten Teil spielt nun Emmas Schwester Greta die Hauptrolle. Beide Teile lassen sich meiner Meinung nach auch gut als Einzelbände lesen, da sie inhaltlich jeweils abgeschlossene Geschichten erzählen.

Wie schon Band eins liest sich auch dieses Buches sehr schnell und flüssig.

Neben einigen bekannten Personen (Emma, Julius, Frau Winter...) treffen wir auf viele neue Persönlichkeiten. Vom charmanten Kinderheimleiter über die fröhliche Künstlerin bis zu trauernden Heimkindern aus schwierigen Verhältnissen. Obwohl es viele Nebencharaktere gibt, hat Beate Maly es geschafft, ihnen allen Leben einzuhauchen und niemanden blass zurückzulassen. Vor allem gefällt mir, wie sie verschiedene Handlungsstränge zusammengebracht hat. Zudem entwickeln sich die meisten Charaktere sehr stark im Laufe des Buches.

Stellenweise fehlte mir jedoch die Tiefe und auch etwas "Problematisches". Einige Entwicklungen wirkten zu einfach bzw. gingen mir zu schnell. Natürlich freue ich mich für Greta, aber teilweise lief es mir einfach zu gut. Auch das Ende konnte mich leider nicht überzeugen. Es lässt vieles offen und kommt allgemein einfach zu plötzlich.

Gut hat mir - wie schon in Band eins - die historische Einordnung gefallen. Man erfährt viel über Pädagogik, Politik und das allgemeine Leben kurz nach dem ersten Weltkrieg.

Alles in Allem bleibt Band 2 in meinen Augen dennoch hinter Band 1 zurück. Dennoch freue ich mich auf einen dritten Teil. Diesmal vielleicht abwechselnd aus Emmas und Gretas Perspektive erzählt?

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Veröffentlicht am 12.04.2021

Der Hype ist leider nicht gerechtfertigt...

Mädchen, Frau etc. - Booker Prize 2019
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"... ich weiß, dass es auf dem Arbeitsmarkt hart für mich wird, aber weißt du was, Yazz? ich bin kein Opfer, behandle mich niemals wie ein Opfer, meine Mutter hat mich nicht zum Opfer erzogen." (S. ...

"... ich weiß, dass es auf dem Arbeitsmarkt hart für mich wird, aber weißt du was, Yazz? ich bin kein Opfer, behandle mich niemals wie ein Opfer, meine Mutter hat mich nicht zum Opfer erzogen." (S. 76)


Bernardine Evaristo wollte mit "Mädchen, Frau etc." ein Buch schaffen, das anders ist. Anders als alles bisher dagewesene. In gewisser Weise hat sie das auch geschafft. Beginnend bei einer Vielzahl schwarzer Frauen unterschiedlicher sexueller Orientierungen & Altersklassen über Transpersonen bis zu einem Schreibstil, den sie Fusion Fiction nennt.

Evaristo schreibt versartig, ohne Satzzeichen außer einem Punkt am Ende jeden Kapitels. Anfangs tat ich mich schwer, aber irgendwann fällt es nicht mehr auf. Viele Sätze entwickeln dadurch eine gewisse Doppeldeutigkeit - das ist wohl gewollt, um dem Leser die Möglichkeit zu geben, die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.
Allerdings frage ich mich immer noch, ob es dazu diesen fetzenartigen Erzählstil tatsächlich benötigt hätte. Bei einem normalen Sprachstil hätte man auf den vielen Seiten zumindest mehr Inhalt unterbringen können.

Womit wir beim nächsten "Problem" wären. Evaristo versucht in dem Buch unglaublich viele unterschiedliche Themen anzusprechen, von der Diskriminierung schwarzer Frauen/Personen im Allgemeinen über Gewalt & Unterdrückung in der Ehe bis zu Homo-/Transphobie und Bildungsperspektiven. Das ist zu viel für ca. 500 Seiten. Dadurch kommen die Geschichten der zwölf (vorgestellten, es gibt noch viele weitere handelnde) Frauen zu kurz. Jeder Frau sind ca. 40 Seiten gewidmet, auf denen im Schnelldurchlauf das gesamte Leben (und manchmal noch das der besten Freundin oder des Partners) abgehandelt wird. Leider wirken die meisten Geschichten stark überzeichnet und teilweise sehr klischeehaft. Schade. Die Idee gefiel mir sehr gut, aber ich denke, es wäre besser gewesen, nur sechs oder gar drei Frauen zu Wort kommen zu lassen…

Alle Frauen sind in irgendeiner Art und Weise miteinander verbunden, sei es durch Freundschaft, Familie, ein Arbeitsverhältnis oder Schule & Uni. Das gefiel mir sehr gut, manche Situationen konnte man so aus dem Blickwinkel verschiedener Personen betrachten.

Weniger gelungen fand ich allerdings das Theaterstück vom Amma als „roter Faden“, der sich durch das gesamte Buch zieht. Ehrlich gesagt hatten die Kapitel quasi keinen Mehrwert. Insbesondere vom Ende war ich daher sehr enttäuscht. Die vielen Seiten hätte man problemlos weglassen und für die Frauen verwenden können.

Alles in Allem kann ich leider nur sagen, dass ich von der Idee – also mehrere Frauen, deren Leben zusammenhängen, zu porträtieren – immer noch begeistert bin, aber die Umsetzung mich leider etwas enttäuscht hat. Vielfach blieben Fragen offen, manches wird nur angedeutet, anderes bekommt zu viel Raum. Den Hype halte ich leider für übertrieben.

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Veröffentlicht am 13.09.2018

Wie Pferde heilen können....

NALA - Der magische Steinkreis
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In „NALA – Der magische Steinkreis“ erzählt die Autorin Gabriela Proksch Bernabé die Geschichte der dreizehnjährigen Nala. Das schüchterne Mädchen verbringt ihre Sommerferien mit einigen anderen Jugendlichen ...

In „NALA – Der magische Steinkreis“ erzählt die Autorin Gabriela Proksch Bernabé die Geschichte der dreizehnjährigen Nala. Das schüchterne Mädchen verbringt ihre Sommerferien mit einigen anderen Jugendlichen auf dem Arabergestüt „Au Grand Chêne“ in Südfrankreich. Doch auch dort wird Nala schnell zur Außenseiterin und findet nur schwer Anschluss an die anderen.

Aber nicht nur Nala ist eine Außenseiterin – auch die weiße Araberstute Lilou, die erst vor kurzem auf den Hof gekommen ist, wird von den anderen Pferden gemieden. Schnell zeigt sich, dass die beiden ein unsichtbares Band zu verbinden scheint.

Nach einem Unfall sucht Nala Zuflucht im nahen Wald und entdeckt dort einen magischen Steinkreis, der sie eine Traumwelt zu der Schamanin Blaue Feder bringt. Von ihr lernt Nala alles über die Sprache der Pferde…..

Ich habe viele verschiedene Kinderbücher (sowohl Sachbücher, als auch Romane) zum Thema „Pferd“ gelesen. Aber keines davon ist annährend vergleichbar mit „NALA“.

„NALA“ dagegen zeigt dem Leser, dass das, was die Pferde für uns tun, eben nicht so selbstverständlich für sie ist, wie wir vielleicht denken. Daher ist „NALA“ keinesfalls nur ein Roman – gleichzeitig ist es auch eine Art Sachbuch mit genauen (aber auch kindgerechten) Beschreibungen für Übungen aus dem Horsemanship. Einige Kleinigkeiten rund um die Themen Dominanz und Herdenverhalten sehe ich (da ich aus der Clicker-Szene komme) etwas anders, das tut aber der Tatsache, dass es sich hierbei um ein außergewöhnliches und absolut empfehlenswertes Buch handelt, keinen Abbruch.

Das gesamte Buch (inkl. der Übungen!) ist illustriert mit wunderschönen und liebevollen Zeichnungen von Claudia Martina Rauber.

Besonders gut hat mir der Aspekt der Persönlichkeitsentwicklung gefallen. Denn Nala wächst im Laufe des Buches über sich selbst hinaus. Von dem anfangs schüchternen und verschlossenen Mädchen ist bald nichts mehr zu spüren. Einen bedeutenden Anteil an Nalas „Heilung“ hat dabei die Stute Lilou.

Zusammengefasst möchte ich „NALA – Der magische Steinkreis“ jedem Pferdemenschen, ganz egal ob jung oder alt, ans Herz legen. Die Altersempfehlung liegt bei 11 bis 99 Jahren und ich denke sogar, dass auch jüngere Kinder das Buch vielleicht schon gemeinsam mit ihren Eltern lesen können.

Genauso ist das Buch aber auch für Nichtreiter geeignet, denn das Buch regt dazu an, sich selbst und die Menschen in der eigenen Umgebung noch einmal aus einem ganz anderen Licht zu betrachten. Falls Verständnisprobleme auftreten sollten, sind diverse Pferdebegriffe am Ende des Buches aufgeführt und erklärt.

Veröffentlicht am 17.06.2018

Wer ist schuld?

Schuld
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>>"Doch...wenn du nicht das sagst oder tust, was du für richtig hältst, bekommst du auch Probleme: nämlich mit dir selbst. Mit deinem Spiegelbild, verstehst du?"

>>"Doch...wenn du nicht das sagst oder tust, was du für richtig hältst, bekommst du auch Probleme: nämlich mit dir selbst. Mit deinem Spiegelbild, verstehst du?"<< (S. 43)

"Schuld" ist das dritte DDR-Jugendbuch der Autorin Grit Poppe.
Vor rund 2 Jahren hatte ich das Glück die Autorin bei einer Lesung von "Weggesperrt" inkl. Zeitzeugengespräch erleben zu dürfen. Eine Erfahrung, die ich nie mehr missen möchte. Denn das Leben in der DDR ist etwas, was ich, erst einige Jahre nach der Wende geboren, mir kaum vorstellen kann.

Umso mehr freue ich mich, dass es Bücher gibt, die die Umstände dieser Zeit zeigen. Aber bitte nicht nur die guten, sondern vor allem auch die schlechten Seiten.
"Schuld" ist genau so ein Buch. Ohne Scheu erzählt Grit Poppe die Geschichte des jungen Liebespaares Jana & Jakob. Sie ist die Tochter systemtreuer Eltern, die niemals den Sozialismus anzweifeln würden, er der Sohn zweier Ausreiseantragsteller oder auch Staatsfeinde. Ihre Liebe ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Doch auch als Jakob in das Jugengefängnis muss, gibt Jana nicht auf und versucht Jakob zu helfen, obwohl sie weiß, dass jeder ihrer Schritte überwacht wird...

Die Geschichte wird abwechselnd aus Janas und aus Jakobs Sicht erzählt. Dabei hat mich insbesondere Jakobs tief berührt und geschockt, denn das Leben im Jugendknast ist natürlich alles andere, als schön...
Janas Erzählungen werden begleitet von der großen Frage: "Wer ist eigentlich schuld?". Sie? Ihre Eltern? Jakob? Das System?
Janas Entwicklung ist auf jeder Seite spürbar. Vom jungen und naiven Mädchen, entwickelt sich sich langsam zu einer kritischen und selbstdenkenden jungen Erwachsenen.

Zusammengefasst kann ich "Schuld" jedem Menschen weiterempfehlen, der Interesse an dem Leben in der DDR hat. Die schonungslose Geschichte von Jana und Jakob hat mich tief berührt und zum Nachdenken angeregt.
Ich werde in Zukunft definitiv auch noch die anderen DDR-Bücher der Autorin lesen....