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Veröffentlicht am 13.11.2021

Mehr als nur ein Kinderbuch

Mission Kolomoro oder: Opa in der Plastiktüte
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Das neueste Werk der Autorin Julia Blesken überzeugt auf ganzer Linie. Schon das Cover ist sehr ansprechend und zeigt uns eine bunte Gruppe von Kindern und "Haustieren", die es offenbar sehr eilig hat, ...

Das neueste Werk der Autorin Julia Blesken überzeugt auf ganzer Linie. Schon das Cover ist sehr ansprechend und zeigt uns eine bunte Gruppe von Kindern und "Haustieren", die es offenbar sehr eilig hat, ihre "Mission Kolomoro" auszuführen.

Im Buch selbst werden uns noch mehr der witzigen Zeichnungen begegnen.

Die Geschichte beginnt temporeich und bleibt auch so bis zur letzten Seite.

Eine Gruppe von Kindern mit sehr unterschiedlichen Problemen trifft vor einem Supermarkt zufällig auf die gleichaltrige Jennifer, die die Asche ihres Großvaters nach Kolomoro bringen möchte, um dessen letzten Wunsch zu erfüllen, doch leider hat sie keine Ahnung, wo dieser Ort liegt. Die Kinder beschließen, mehr oder weniger freiwillig, ihr zu helfen und geraten bald schon in das größte Abenteuer ihres Lebens.

Der Autorin gelingt es, die 6 verschiedenen Charaktere der Kinder detailliert und so liebevoll auszuarbeiten, dass man schon nach wenigen Seiten den Eindruck hat, sie sehr gut zu kennen oder zu ihrer verrückten Truppe zu gehören. Sie "würfelt" die Kinder hierbei bunt zusammen und erschafft Figuren mit unglaublichem Identifikationspotential. Hier treffen Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen, unterschiedlichen familiären Hintergründen, aus wohlhabenden und ärmeren Familien zusammen und all das spielt für die Entwicklung ihrer Freundschaft nicht die geringste Rolle.

Auch an gesellschaftskritischen oder anderen ernsten Themen spart die Autorin nicht, doch dies geschieht nicht mit erhobenem Zeigefinger und niemals mit Wehmut. Armut, Verlust, Lebensmittelverschwendung, Vernachlässigung, Ausgrenzung und Obdachlosigkeit begegnen der Truppe auf ihrer Reise und Julia Blesken betrachten all dies mit ehrlichen Augen aus der Sicht der Kinder, die in diesem Fall die logischste ist. Darüber hinaus ist das Buch auch noch extrem originell und mit unglaublich viel Humor geschrieben. Und nicht zu guter Letzt gibt es auch noch einen Schuss Magie.

So macht Lesen Spaß.

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Veröffentlicht am 09.11.2021

Dieser Autor rockt!

Rock Me, Dostojewski!
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Fjodor Michailowitsch Dostojewskij ist einer der bekanntesten Schriftsteller der Weltliteratur und sein 200. Gebrtstag wäre in wenigen Tagen. Dass sein Werk noch immer topaktuell und auch in unseren Tagen ...

Fjodor Michailowitsch Dostojewskij ist einer der bekanntesten Schriftsteller der Weltliteratur und sein 200. Gebrtstag wäre in wenigen Tagen. Dass sein Werk noch immer topaktuell und auch in unseren Tagen mehr als nur lesenswert ist, beweisen uns die beiden Autoren Markus Spieker und David Bühne mit ihrer neuen, ganz besonderen Biografie über das russische Genie.

Schon das Cover begeistert: Dostojewskijs Gesicht, umrahmt von leuchtendem Gold auf dunklem Hintergrund strahlt den Lesern und Leserinnen entgegen und gemeinsam mit dem leuchtenden Titel „Rock me Dostojewskij“ lässt es uns schon erahnen: Hier wartet ein ganz besonderes Buch auf uns.

Den beiden Autoren gelingt es mit einer ungewöhnlichen Mischung aus Lebensbeschreibung und Zitaten aus seinen Briefen, Erinnerungen und Werken, den bekannten Schriftsteller von neuem zum Leben zu erwecken und allen zu zeigen: Wer Dostojewskij nicht liest, ist selbst Schuld.

Schon im Vorwort bemerkt man, wie tief die Liebe und Verehrung der Verfasser geht. Sie „arbeiten“ sich nicht, wie das sonst häufig bei Biografien der Fall ist, an einzelnen Lebensstationen ab, sondern wählen sich Aspekte und Charaktereigenschaften des Literaten aus, die Dostojewskij zu diesem einzigartigen Mann gemacht haben, was dazu führt, dass wir am Ende ein so allumfassendes Bild des Mannes vor uns stehen haben, als sei er ein sehr guter Freund gewesen. Spieker und Bühne zeigen uns, wie viel mehr Dostojewskij war als ein begnadeter Autor. Seiner Zeit weit voraus galt er vielen als Prophet, er setzte sich für die Unterdrückten und Schwachen ein, war Tierschützer, Kinderfreund, Feminist und Kritiker sozialer Missstände. Nach schwersten Schicksalsschlägen gelang es ihm dennoch an seinem Glauben festzuhalten und seinem Gegenüber als Mitmensch mit Güte und einem offenen Ohr entgegenzutreten.

Wer Dostojewskijs Werke kennt, wird diese bereichernde Biografie lieben und wer sie noch nicht kennt, wird sie danach lesen wollen. Ich vergebe für diesen unterhaltenden und ganz besonderen Einblick in das Leben des großen Russen die volle Punktzahl.

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Veröffentlicht am 05.11.2021

Topaktuell und unglaublich spannend

Shelter
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Das Thema „Verschwörungstheorien“ beschäftigt die Welt seit Beginn der Corona-Pandemie mehr als jemals zuvor. Voller Unglauben stellen wir fest, wie viele Menschen sich von den absurdesten Behauptungen ...

Das Thema „Verschwörungstheorien“ beschäftigt die Welt seit Beginn der Corona-Pandemie mehr als jemals zuvor. Voller Unglauben stellen wir fest, wie viele Menschen sich von den absurdesten Behauptungen innerhalb kürzester Zeit überzeugen lassen und sich zu radikalen Leugnern wissenschaftlicher Beweise entwickeln. Wie schnell so etwas gehen kann, zeigt uns Ursula Poznaski in ihrem neuen Roman „Shelter“ aus dem Loewe-Verlag.
Eine Gruppe Jugendlicher kommt nach einer Party auf eine verrückte Idee. Wie wäre es, eine eigene, absurde Verschwörungstheorie zu entwickeln und zu beobachten, ob jemand darauf herei
nfällt?
Das anfänglich als Spaß gedachte Experiment gerät schnell außer Kontrolle und entwickelt sich zu einer ernstzunehmenden Gefahr für seine „Erfinder“, denn so schnell lässt sich der Wahnsinn nicht mehr aus der Welt schaffen.
Das Cover ist geheimnisvoll, faszinierend und sofort ansprechend, ähnlich wie eine unglaubliche Behauptung, die sich verselbstständigt und mehr und mehr Raum im Denken der Menschen einnimmt.
Der Autorin gelingt es von der ersten bis zur letzten Seite spannend aufzuzeigen, welche Gefahren durch die Verbreitung solcher Theorien sehr schnell entstehen können und wie leicht es möglich ist, auf selbsternannte Gurus hereinzufallen, die sich als Weltenretter ausgeben. Der Roman zeigt auf, wie leicht es inzwischen durch Medien wie dem Internet geworden ist, abstruse Thesen schnell über die ganze Welt zu verbreiten und leichtgläubige Menschen zu erreichen, die dazu bereit sind, gedankenlos ihren Verstand auszuschalten. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, wie absurd die Versprechen der Anführer solcher Bewegungen sind, keine Behauptung ist zu unsinnig, um nicht wenigstens von einigen Menschen geglaubt zu werden.
Der Roman wird hierdurch topaktuell und kann auch dazu dienen, Leserinnen und Leser vor solchen Phänomenen zu warnen und sogar in Zukunft zu schützen, denn Vorgehensweisen der Anhänger werden enttarnt und kritisch unter die Lupe genommen.
Auch wenn sich das Werk in erster Linie an Jugendliche ab einem Alter von 14 Jahren richtet, ist er auch für Erwachsene sehr gut geeignet und spannend zu lesen. Die Handlung ist fesselnd und stringent, nicht immer würde man als älterer, erfahrenerer Mensch so handeln wie die jugendlichen Protagonisten, doch die Autorin erklärt alles, was vielleicht unlogisch erscheinen könnte.
Ich empfehle diesen Roman und vergebe 5 von 5 Sternen.

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Veröffentlicht am 01.11.2021

Was für ein Buch!

The Stranger Times
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Dieses Buch ist eines meiner persönlichen Jahreshighlights!

Es ist sehr schwer „The Stranger Times“ in irgendeine bestimmte Kategorie einzuordnen, der Roman hat nämlich unheimlich viele verschiedene ...

Dieses Buch ist eines meiner persönlichen Jahreshighlights!

Es ist sehr schwer „The Stranger Times“ in irgendeine bestimmte Kategorie einzuordnen, der Roman hat nämlich unheimlich viele verschiedene Elemente. Er ist vielleicht am ehesten als eine Mischung aus Krimi-, Grusel- und Fantasyroman zu beschreiben, aber das trifft es alles nicht richtig.

Die junge Hauptprotagonistin ist vom Leben schwer gebeutelt, nachdem sich ihr Mann als ziemlich betrügerische Niete erwiesen hat. Ehemals wohlhabend ist sie nun darauf angewiesen, selbstständig für ihr Auskommen zu sorgen, was gar nicht so einfach ist, wenn man keine qualifizierte Ausbildung für irgendetwas hat.
So ist sie gezwungen, einen Job bei einer extrem merkwürdigen Zeitung anzunehmen, die sich darauf spezialisiert hat, über unerklärliche Phänomene zu berichten (die Beschreibungen einiger dieser Ereignisse sind urkomisch). Offenbar ist aber nicht alles davon Unsinn und es wird sehr schnell gefährlich für alle Beteiligten.

Die ganze Geschichte ist sehr liebevoll ausgearbeitet, an keiner Stelle langatmig und ich habe den Roman am Stück verschlungen. Von den Haupt- bis zu den Nebencharakteren sind die Figuren großartig ausgearbeitet und versprühen einen Charme, der mich wirklich beeindruckt und amüsiert hat.
An vielen Stellen habe ich richtig gelacht, der schwarze britische Humor ist einfach großartig.
Der Roman ist sprachlich sehr ansprechend, an keiner Stelle flach und ich hoffe so sehr, dass es eine Fortsetzung geben wird, denn diese bietet sich meiner Meinung nach nicht nur an, sondern drängt sich geradezu auf. Ich würde mir eine ganze mehrteilige Fortsetzungsreihe wünschen, denn ich bin so schnell in dieser Geschichte versunken, dass ich wirklich traurig war, als der Roman schon zu Ende war und so ist es mir lange nicht mehr bei einem Buch gegangen.

The „Stranger Times“ ist ein Buch mit unglaublich viel Potential dafür, eine der besten Fantasyreihen seit Langem zu werden. Bitte mehr davon!!!

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Veröffentlicht am 01.11.2021

Die Liebe ist bunt

Felix Ever After
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Menschen sind nicht immer gleich, sie unterscheiden sich in ihren Vorlieben und ihrem Charakter, im Äußeren und in ihrer Geschlechtsidentität, sie sind alle individuell, doch jede/r von ihnen hat das Recht ...

Menschen sind nicht immer gleich, sie unterscheiden sich in ihren Vorlieben und ihrem Charakter, im Äußeren und in ihrer Geschlechtsidentität, sie sind alle individuell, doch jede/r von ihnen hat das Recht auf Liebe und Akzeptanz. Dies verdeutlicht der neue Jugendroman des Autors Kacen Callender auf einfühlsame und außergewöhnlich originelle Weise und beim Lesen bemerkt man sofort: Dieses Buch brauchen wir in unserer Zeit unbedingt.

Das Cover des Buches hat mich sofort in seinen Bann gezogen, denn es erinnert an Portraits der Künstlerin Frieda Kahlo, erst beim näheren Betrachten bemerkt man die interessanten Details der Zeichnung.
Eine androgyne Person mit männlichem Oberkörper, aber sehr weichen und feinen Gesichtszügen blickt einem entgegen, die umgeben von Blüten ist, welche sich auf dem Oberarm in Tatoos zu verwandeln scheinen.
Der Titel verrät noch nichts über die Handlung, macht aber neugierig.

Callender schreibt durchgängig in flüssig, ansprechendem Schreibstil, man befindet sich sofort zu Beginn mitten im Leben zweier Jugendlicher und ihrer zunächst alltäglicher Sorgen und Freuden.
Die beiden Jungen eignen sich als Identifikationsfiguren für die Jugendlichen Leser*innen, sie haben Probleme, die vielen nicht fremd sein dürfen, besonders die Hauptfigur Felix steht einem von Anfang an sehr nahe.
Er leidet darunter, dass seine Mutter sang und klanglos verschwunden ist, scheint unglücklich verliebt, besucht eine private Kunstschule, die er sich eigentlich gar nicht leisten kann, und hat Konflikte mit einem Gleichaltrigen, mit dem er irgendwann einmal befreundet gewesen zu sein scheint. Seinem Vater fehlt in entscheidenden Momenten das Verständnis für seinen Sohn und sein Wunsch, ein Elitecollege zu besuchen ist unter anderem durch den Geldmangel der Familie gefährdet.
Erst schrittweise erfährt man, dass Felixˋ Probleme und Sorgen weit über diejenigen eines „gewöhnlichen“ Teenagers hinausgehen und hier nimmt die Handlung sehr schnell an Fahrt auf und zieht die Leser/innen in ihren Bann.
Felix wurde nämlich nicht in dem biologischen Geschlecht geboren, dem er sich zugehörig fühlt und lebt erst seit kurzer Zeit nach seiner Hormontherapie und der Geschlechtsangleichung als der, der er wirklich ist. Zumindest versucht er es, denn offenbar gibt es in seiner unmittelbaren Nähe einen Menschen, der es sich zum Ziel gesetzt hat, den Jungen in seiner Identität anzugreifen. Der Unbekannte hängt Fotos von Felix alter Identität auf und macht seinen Deadname in der Schule publik. Felix dürstet nach Rache und lernt auf seinem Weg zu diesem Ziel sich selbst, das Leben, die Freundschaft und die Liebe besser kennen.

Sehr einfühlsam gelingt es Kacen Callender darzustellen, wie verletzend es für einen Jugendlichen ist, wenn man ihm nach der Angleichung eine alte Geschlechterrolle zuweist, die mit der eigenen Identität nicht übereinstimmt, auch wenn nicht immer eine böse Absicht dahinter steckt.
Begeisternd ist, wie Callender die Queer-Thematik in dem Roman umsetzt, sodass er sowohl Menschen dieser Community, als auch alle anderen anspricht.
So ist die Thematik der Transsexualität und Toleranz zwar zentral, aber trotzdem wirkt sie überhaupt nicht so, als wolle man die Leser/innen mit erhobenem Zeigefinger belehren. Im Gegenteil. Die Jugendlichen sind nämlich so erfrischend „ganz normale Teenager“ mit all den Problemen des Erwachsen-Werdens: Verständnislose Eltern, Wünsche und Träume von einer besseren Zukunft, Sehnsucht nach der großen Liebe, der Druck einen guten Abschluss zu machen...
Das alles bewegt die Jugendlichen, ganz gleich, welche Geschlechtsidentität sie besitzen. Und weil Kacen Callender das so gut gelingt, zeigt they uns schon im ersten Teil, dass Liebe bzw. sich zu verlieben keine Grenzen hat.
Die jugendlichen Charaktere überzeugen dabei durchgängig in ihren Selbstzweifeln und Selbstreflexionen, jeder noch so kleine Nebencharakter ist perfekt ausgearbeitet und steht plastisch vor den Leser/innen.
Der Roman ist eine beeindruckende Hommage an die wahre Liebe, die eben keine Grenzen kennt und zu jedem kommen kann, der es zulässt.
Ich kann das Werk wirklich sehr empfehlen.

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