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Veröffentlicht am 17.10.2021

Ein märchenhaftes Hörbuch

Schneewittchen und Rosenrot
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Ein Mädchen, weiß wie Schnee, rot wie Blut und schwarz wie Ebenholz, verfolgt von der neidischen, mörderischen Stiefmutter, muss flüchten und findet Unterschlupf in einer kleinen Hütte im Wald. Doch die ...

Ein Mädchen, weiß wie Schnee, rot wie Blut und schwarz wie Ebenholz, verfolgt von der neidischen, mörderischen Stiefmutter, muss flüchten und findet Unterschlupf in einer kleinen Hütte im Wald. Doch die Angriffe auf das wunderschöne Kind gehen weiter und es beginnt ein Kampf auf Leben Tod.

Wir alle kennen und lieben das Märchen von Schneewittchen und den sieben Zwergen seit unserer Kindheit und wer die Fassung der Brüder Grimm nicht kennt, hat doch zumindest die bekannte Disneyfigur mit den tiefschwarzen Haaren und dem blau-gelben Kleid vor Augen. Motive romantischer Liebe, Eifersucht, Neid und Hass sind die Themen des beliebten deutschen Märchens. Aber kaum einer weiß, wie viele ähnliche Motive des bekannte Märchen in Volks- und Kunstmärchen auf der ganzen Welt existieren. So muss die flüchtende Schönheit nicht immer nur bei den 7 Zwergen Schutz finden, es können durchaus auch einmal 12 Monate, in Enten verwandelte Brüder oder Drachen sein.

Das Hörbuch bietet eine faszinierende Sammlung dieser teilweise noch nie ins Deutsche übersetzen Märchen, die u.a. thematische Beziehungen zu Schneewittchen und Schneeweißchen und Rosenrot enthalten und entführt die Zuhörer und Zuhörerinnen in eine Welt voller Magie, Bosheit und Intrigen.

Als Märchenfan hat mir das Hörbuch sehr gut gefallen, die meisten Geschichten kannte ich noch nicht (es werden allerdings zusätzlich auch berühmte Märchen aus der grimmschen Sammlung erzählt) und ich war überrascht, wie viele thematische Bezüge die Übersetzungen zu zahlreichen sehr bekannten, deutschen Märchen aufzeigen. Es macht wirklich Freude, die vertrauten Motive einmal in neuem Gewand und anderem Zusammenhang kennenzulernen.

Meiner Ansicht nach ist das Hörbuch eher für ältere Kinder/Jugendliche oder Erwachsene geeignet, da manche Märchen doch ziemlich brutal sind (wie das nun mal bei allen nicht „entschärften“ Märchen, die nicht explizit für Kinder überarbeitet sind, der Fall ist).

Die Stimme des Vorlesers ist angenehm tief, so wie das meiner Meinung nach hervorragend für einen Märchenerzähler passt. Mich hat allerdings manchmal die Einteilung der kurzen Pausen während einzelner Sätze beim Vorlesen irritiert, aber sehr schön fand ich, wie er den einzelnen Figuren durch veränderte Stimmen Leben eingehaucht hat.

Zu Beginn und am Ende wird jedes Märchen durch dezente Hintergrundmusik untermalt, welche eine schöne Atmosphäre herstellt.

Insgesamt kann ich das Hörbuch großen und nicht mehr ganz so kleinen Märchenfans sehr empfehlen.

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Veröffentlicht am 13.10.2021

Magische Reise in die Welt der Drachen

Das Zeitalter der Drachen
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Die Magie ist aus der Welt verschwunden und nur die Erinnerung daran lebt in kleinen, magischen Gegenständen weiter. Die Völker der Menschen, Zwerge und Elfen leiden unter der Herrschaft der Drachen, die ...

Die Magie ist aus der Welt verschwunden und nur die Erinnerung daran lebt in kleinen, magischen Gegenständen weiter. Die Völker der Menschen, Zwerge und Elfen leiden unter der Herrschaft der Drachen, die ihren Appetit mit denjenigen Wesen stillen, die von Geisterschatten befallen werden. Wer die Symptome an sich bemerkt, weiß, dass er den Bestien geopfert wird, wenn er nicht riskieren möchte, dass das ganze Dorf von den Flammen der Drachen vernichtet und seine Einwohner verstümmelt oder verschlungen werden. Als die junge Halbzwergin Nireka eines Tages die Zeichen an sich bemerkt, entscheidet sie sich zur Flucht und lernt dabei einen neu erwachten Drachen kennen. Gemeinsam beschließen sie, die Welt zu verändern und kommen dabei dem Geheimnis der mächtigen Wesen auf die Spur.

Jenny-Mai Nuyen ist längst eine der bekanntesten Autorinnen im Fantasy-Gernre, die seit Jahren mit ihren Romanen die Leserinnen in fantastische Welten entführt. Auch mit ihrem neuen Werk „Das Zeitalter der Drachen“ gelingt es ihr wieder, einen in den Bann zu ziehen und mit auf einen rasanten Flug durch bunte Welten, brennende Dörfer, geheimnisvolle Orte und gewaltige Kämpfe zu nehmen. Präzise und liebevoll zeichnet sie zwei außergewöhnliche Frauenfiguren, die es gemeinsam wagen, das Schicksal ihrer Welt durch ihre eigene Stärke, ihren Mut und unbändigen Willen, in die Hand zu nehmen und zu verändern, was nicht veränderbar erscheint.
Die Autorin zeigt, dass es sich auch dann lohnt zu kämpfen, wenn man eigentlich von den Mächtigen zu etwas ganz anderem bestimmt ist und wenn die ungeschriebenen Gesetze der Welt gegen einen arbeiten.
Besonders gut hat mir beim Lesen die Charakterentwicklung der Figuren gefallen, die niemals zu kurz kommt, obwohl die Geschichte von Anfang bis Ende temporeich, actiongeladen und voller Spannung erzählt ist. Der Autorin gelingt es, eine Welt zu entwickeln, die ich so in einem Fantasy-Roman noch nicht gesehen habe. Ihre Drachen sind zwar vordergründig in bekanntem Muster feuerspeiende Bestien, deren Anblick allein schon das Blut in den Adern gefrieren lässt, aber gleichzeitig auch viel mehr als das. Die geheimnisvolle Geschichte ihrer Entstehung und ihre weitere Entwicklung ist ungewöhnlich, neu und bewegend. Auch die Beschreibungen der Magie sind Jenny-Mai Nuyen großartig gelungen. Man hat beim Lesen das Gefühl, das Wirken der Zauber selbst mitzuerleben und selbst ein Teil dieser magischen Welt zu werden. Letztendlich führt Jenny-Mai Nuyen den Leser
innen auch vor Augen, dass die Grenzen zwischen richtig und falsch nicht immer klar zu bestimmen sind und dass es nicht nur eine Wahrheit gibt, wenn es um die Trennung von Gut und Böse geht.
Wer sich also für wirkliche gute Fantasy mit originellen Ideen, tollen Charakteren, starken Frauen, spannenden Geschichten und einem Hauch Romantik interessiert, der sollte auf jeden Fall zu dem neuen Roman der Autorin greifen.

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Veröffentlicht am 08.10.2021

Wunderbares Buch, das Mut macht

Das Gedächtnis des Baumes
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Ein Mensch kann auch verloren gehen, bevor er stirbt. Diese schmerzvolle Erfahrung muss der 10-jährige Jan machen, als sein geliebter Großvater an Demenz erkrankt und mehr und mehr Erinnerungen verliert. ...

Ein Mensch kann auch verloren gehen, bevor er stirbt. Diese schmerzvolle Erfahrung muss der 10-jährige Jan machen, als sein geliebter Großvater an Demenz erkrankt und mehr und mehr Erinnerungen verliert. Der Sprachlosigkeit der Erwachsenen steht ein Ich-Erzähler gegenüber, der intuitiv erfasst, dass er nun einen geliebten Menschen Stück für Stück verlieren wird und der mit unglaublicher Sensibilität seinen Großvater auf dessen Weg in das Vergessen begleitet. Der alte Mann verwendet im Gegenzug seine ganze ihm verbleibende Energie und Kraft dafür, um für seinen Enkel da zu sein und ihm den Abschied leichter zu machen. Zur Hilfe nimmt er dafür seine tiefe Liebe für Bäume, die auf einem Geheimnis seiner Jugend beruht. So lernt auch Jan nach und nach, loszulassen und das Gedächtnis der Bäume zu verstehen.
Das Buch hat ein sehr interessantes Cover und die Falten des Mannes erinnern wirklich an die Rinde einer knorrigen Eiche, die schon sehr viel erlebt hat, genau wie der Großvater, der nun sein altes Leben langsam vergisst.
Der Autorin gelingt es mit einer unglaublichen Empathie die Geschichte eines an Demenz erkrankten, alten Mannes aus der Perspektive eines Jungen zu erzählen. Sie geht dabei feinfühlig auf die einzelnen Nuancen der Empfindungen der ganzen Familie und des Großvaters ein und es gelingt ihr, in kurzen, übersichtlichen Kapiteln eine bildgewaltige Darstellung eines Abschieds aufs Raten. Das Buch berührt die Leser und gibt gleichzeitig voller Liebe die Hoffnung, dass nichts verloren geht, solange man den geliebten Menschen in Erinnerung behält.
Dieses Buch ist ein ganz besonderes Kleinod und ich werde definitiv mehr Bücher von dieser wunderbaren, katalanischen Autorin lesen.

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Veröffentlicht am 03.10.2021

Woyzeck - einmal ganz anders

Woyzeck verstanden! Lektürehilfe frei nach Georg Büchner
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Ich muss zugeben, dass ich zunächst sehr skeptisch war, als ich erfuhr, dass es jemand „gewagt“ hat, aus diesem Text eine erzählende Lektüre zu machen, die verspricht, dass das Drama von jedem verstanden ...



Ich muss zugeben, dass ich zunächst sehr skeptisch war, als ich erfuhr, dass es jemand „gewagt“ hat, aus diesem Text eine erzählende Lektüre zu machen, die verspricht, dass das Drama von jedem verstanden werden kann. Also machte ich mich ans Werk, diesen berühmten Klassiker, dem wohl kaum ein Schüler oder eine Schülerin entgehen kann, in seinem neuen Gewand zu lesen.

Wie das Original handelt natürlich auch diese Umsetzung von dem armen Soldaten Franz Woyzeck, der versucht, seine Geliebte und sein uneheliches Kind zu unterstützen, indem er entwürdigende Tätigkeiten ausübt und sich demütigen lässt, was ihn letztendlich in den Wahnsinn treibt und eine Tragödie verursacht.

Das Cover des dünnen Taschenbuchs ist sehr ansprechend und zeigt Szenen aus dem Drama; in dem gezeichneten Franz Woyzeck erkennt man Klaus Kinski in einer seiner Paraderollen.

Latona gelingt es überzeugend, das komplexe Werk in einfache Sprache zu übersetzen, ohne den Inhalt zu verändern und ohne entscheidende Details wegzulassen.

Als erschwerend erweist sich hierbei natürlich, dass es sich bei dem Original um ein Dramenfragment handelt, welches in keiner vollständigen Fassung vorliegt und sich demnach, je nachdem, welche Ausgabe man wählt, erheblich voneinander unterscheiden kann.

Dies kann es für den Lesenden der Neubearbeitung erschweren, der für den Unterricht gewählten Fassung zu folgen.

Latona weist allerdings sowohl im Vorwort als auch im Nachwort ausdrücklich darauf hin, dass es diese unterschiedlichen Fassungen gibt, erklärt, an welcher sie sich orientiert, und betont, dass das Lesen des Originalwerks natürlich auf keinen Fall durch ihre neue Umsetzung entfallen könne. Und diesen wichtigen Hinweis muss man als Schüler bzw. Schülerinnen auch unbedingt berücksichtigen, um letztendlich in einer Klausur gut abschneiden zu können. Zumal sich diese Fassung nicht unbedingt an der in Schulen am häufigsten gewählten Ausgaben orientiert.

Man bemerkt, dass sich Latona sehr intensiv mit dem Woyzeck-Stoff auseinandergesetzt hat und dass es sich hier durchaus um eine Umsetzung handelt, die professionell verfasst ist.

Was solch einer Neuerzählung natürlich fehlen muss, ist das Flair und der Charme des Originals. Büchners Drama lebt besonders auch durch die Sprache der einzelnen Protagonisten, die Sprachlosigkeit Woyzecks und die verkürzten Satzstrukturen. Da eine Umformung, die leichter verständlich sein soll, so etwas natürlich nicht detailliert übernehmen kann, bemüht sich die Autorin immer wieder durch gezielte Hinweise, auf solche Phänomene aufmerksam zu machen.

Wenn man den Original-Woyzeck wirklich parallel liest, stellt dies natürlich überhaupt kein Problem dar, wenn man darauf natürlich verzichtet, kann man nicht davon ausgehen, das Drama in all seinen Facetten erfasst zu haben, was ohnehin schwierig ist.

Sehr gut gefallen haben mir die Anmerkungen, die die Autorin an wichtigen Stellen immer wieder einfließen lässt, damit einzelne Passagen besser zu verstehen sind. Hierdurch liefert sie bereits wichtige Interpretationsansätze, die auf jeden Fall bei der Lektüre des Originals sehr hilfreich sind. Wenn man also wirklich bereit dazu ist, das Original parallel zu lesen, ist „Woyzeck – verstanden“ uneingeschränkt zu empfehlen.

Es kann auch für solche Menschen interessant sein, die sich mit der Originalsprache des Klassikers schwer tun, sich aber dennoch für den Inhalt interessieren, sich aber nicht an das ursprüngliche Drama herantrauen.

Wenn ihr also Probleme damit habt, den Klassiker zu verstehen, oder einen Lehrer beziehungsweise eine Lehrerin, der oder die nicht besonders gut erklären kann, oder wenn ihr prinzipiell eher an Naturwissenschaften interessiert seid als an der Interpretation literarischer Werke, kauft euch diese gelungene Lektürehilfe und verwendet sie parallel zum Originaltext. Aber denkt daran: Wer der Reihenfolge des im Unterricht behandelten Werks nicht folgt und sich allein auf die Lektürehilfe verlässt, kann am Ende ganz schön hereinfallen, obwohl er mit Sicherheit den Inhalt des Dramas verstanden hat.

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