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Veröffentlicht am 21.03.2021

Eine außergewöhnliche Frau

Die Frau von Montparnasse
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Die Heiratsaussichten für Simone sind düster. Ihr Vater hat das Familienvermögen durchgebracht, sie selbst ist viel zu klug, um attraktiv zu sein und weigert sich auch es zu verstecken – gut, dass sie ...

Die Heiratsaussichten für Simone sind düster. Ihr Vater hat das Familienvermögen durchgebracht, sie selbst ist viel zu klug, um attraktiv zu sein und weigert sich auch es zu verstecken – gut, dass sie sowieso vom hergebrachten Rollenmuster nichts hält. Simone de Beauvoir will ihren eigenen Weg gehen, jenseits aller Konventionen. Sie will Schreiben und nach ihrem eigenen Kopf leben. Unverhofft findet sie einen Mann, der sie in ihren Plänen bestärkt, sie liebt wie sie ist und genau wie sie von Konventionen nichts hält: Paul Sartre.

Eine atemberaubende Romanbiografie zu einer bis heute unterschätzten Frau. Simone de Beauvoir wird auch heute noch gerne nur als die Frau an Paul Sartres Seite gesehen. Dieses beeindruckende Buch beschäftigt sich mit Simone als Frau, die mit so viel Stärke ihren eigenen Weg gegangen ist und damit den Weg frei gemacht hat für diejenigen, die nach ihr kamen. Berufstätig, alleinlebend, unverheiratet, mit Liebhabern und Liebhaberinnen liiert – von den goldenen 20ern über den Zweiten Weltkrieg bis in die 50er. Quantensprünge, an denen Simone nicht unbeteiligt war. Paul Sartre war der Fixpunkt in ihrem Leben, wenn auch nicht das Zentrum.

Dieses Buch zeichnet das Porträt einer beeindruckenden Frau. Fasziniert folgt man ihren Spuren, fragt sich, ob sie mit ihrem Leben glücklich war – selbstgewählt, aber nicht unproblematisch. Man bekommt sofort Lust, nach einem ihrer Bücher zu greifen, sobald man dieses hier zugeschlagen hat. Der Roman umfasst „nur“ knapp 30 Jahre, doch die sind in so vieler Hinsicht überbordend, dass man sich fühlt wenigstens zwei Leben gelebt zu haben.

Ein tolles Buch!

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Veröffentlicht am 21.03.2021

Ein Internat voller Pferde

Reitinternat Blossom Hill, Stürmischer Start
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Rosalie ist hellauf begeistert als sie ein Stipendium für das angesehene Reitinternat Blossom Hill bekommt. Reiten ist ihr Leben und die komplizierte Stute Princess Valentine erobert sofort ihr Herz. Doch ...

Rosalie ist hellauf begeistert als sie ein Stipendium für das angesehene Reitinternat Blossom Hill bekommt. Reiten ist ihr Leben und die komplizierte Stute Princess Valentine erobert sofort ihr Herz. Doch ihre Zimmergenossin Carmen vergällt allen das Leben und Rosalie weiß nicht so recht wie sie mit ihr klar kommen soll. Es wäre viel einfacher, wenn sie nicht den Verdacht hätte, dass hinter Carmens Verhalten viel mehr steckt.

Ein toller Start zu einer neuen Pferde- und Internatserie. Pferde, Freundinnen und viele bunte Erlebnisse, listige Streiche und interessante Charaktere machen das Buch zu der perfekten Lektüre für kleine und große Pferdefans. Der Schreibstil ist großartig. Man lebt sofort mit den Charakteren mit. Besonders schön finde ich, dass hier nicht ein Mädchen im Mittelpunkt steht, dass sich gegen das Internat auflehnt und bis zum Fremdschämen gegen alles trotzt. Im Gegenteil. Rosalie lädt sofort dazu ein, sich mit ihr zu identifizieren. Man staunt mit ihr, man fühlt mit ihr. Carmen ist auch nicht überzeichnet in ihrem Verhalten. Mit ihr wird man ebenfalls schnell warm und man kann es nicht erwarten mehr zu erfahren.

Ich denke, es gibt noch ein bisschen Luft nach oben, da mich doch sehr vieles an Dolly von Enid Blyton erinnert hat. Das ist auch positiv gemeint, denn die ganze Atmosphäre der Geschichte ist genauso traumhaft und magisch wie in den Möwenfels-Büchern. Es lässt einen nicht los und man möchte sofort zum nächsten Buch greifen. Für Fans von Enid Blyton, Pferdebüchern und Schulgeschichten.

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Veröffentlicht am 28.02.2021

Die Kontrolle über unser Denken

Payback
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Das Informationszeitalter hat uns überwältigt. Gerne wird selbstgefällig betont, dass die „Alten“ einfach den Anschluss verloren haben und nicht mal mit einem Mobiltelefon umgehen können. Gerne werden ...

Das Informationszeitalter hat uns überwältigt. Gerne wird selbstgefällig betont, dass die „Alten“ einfach den Anschluss verloren haben und nicht mal mit einem Mobiltelefon umgehen können. Gerne werden diejenigen als altmodische Hinterwäldler verlacht, die dem Internet kritisch gegenüberstehen und von Facebook und Multitasking nichts halten. Frank Schirrmacher zeigt auf wie falsch die beiden Ansichten sind und was die Informationsflut wirklich mit unserem Denken und Handeln anrichtet – ja, wie es die Kontrolle über unser Leben entreißt. Es geht ihm bei Weitem nicht um Verteufelung eines neuen Mediums. Es geht nicht um die Abschaffung von Computer und Internet. Es geht um eine kritische und sachlich fundierte Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und Gefahren der Informationsflut.

Zwei Drittel des Buches beschäftigen sich mit der Geschichte und den bisher zu spürenden Konsequenzen und Erkenntnissen der Entwicklung des Computers. Gänsehaut und Aha-Momente sind garantiert. Obwohl das Buch mittlerweile über 12 Jahre alt ist, hat es an Aktualität nichts eingebüßt. Im Gegenteil. Manche Vorhersage hat sich bereits erfüllt, manche Erkenntnis ist mittlerweile gefestigt. Das Buch macht bewusst wie blauäugig wir trotz alles Wissens immer noch mit dem Computer umgehen und wie selbstgefällig wir heute noch über Menschen hinweggehen, die nicht jeden Trend mitmachen, obwohl sie genau betrachtet sogar recht haben.

Manche Sätze des Buches zergehen geradezu auf der Zunge: Multitasking ist der zum Scheitern verurteilte Versuch des Menschen, selbst zum Computer zu werden." Manche Sätze des Buches zergehen geradezu auf der Zunge. Ich bin gespannt, welche Lösungsstrategien aufgezeigt werden.

Ganze Abschnitte möchte man auswendig lernen. Erst im letzten Drittel geht es allerdings um Bewältigungsstrategien. Was muss ich ändern? Wie gehe ich bewusst mit dem Medium um? Hier hätte mir allerdings mehr Input gewünscht. Ich hatte das Gefühl auch hier mit zu vielen Geschichten drumherum versorgt zu werden, statt mich darauf zu konzentrieren worauf ich jetzt tatsächlich achten muss.

Im Gegensatz zu anderen Büchern über Technik und Computer gerät dieses hier nicht so schnell in Gefahr zu veralten. Im Gegenteil. Das Thema bleibt aktuell. Ein fesselndes Plädoyer für einen neuen Blick auf und bewussten Umgang mit dem Computer und Internet. In den wesentlichen Punkten zeitlos.

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Veröffentlicht am 28.02.2021

Eine Erfolgsgeschichte unter der Lupe

Die Winnetou-Trilogie
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Karl Mays berühmtester Roman mit dem der Indianerhäuptling bis heute Kultstatus gewann wird hier von Helmut Schmiedt genau unter die Lupe genommen – sachlich, respektvoll, und von unterschiedlichen Seiten. ...

Karl Mays berühmtester Roman mit dem der Indianerhäuptling bis heute Kultstatus gewann wird hier von Helmut Schmiedt genau unter die Lupe genommen – sachlich, respektvoll, und von unterschiedlichen Seiten. Sekundärliteratur von 1888 bis 2017 wird herangezogen, um auch die Rezeptionsgeschichte im Spiegel der Zeit mit einzubeziehen. Mit großer Detailkenntnisse nimmt Helmut Schmiedt die Trilogie vor und geht auch auf den nachgereichten vierten Winnetou-Band ein, der so anders und doch so konsequent die Geschichte noch einmal aufnimmt.

Die Biografie Karl Mays wird noch einmal umrissen und aufgezeigt wie sie einen nicht unwesentlichen Einfluss auf das Werk hat – wobei hier nicht nur bekannte Erkenntnisse wiederholt werden. Sehr interessant fand ich auch die ausführliche Auseinandersetzung mit dem ewigen Streitpunkt, wenn es um Karl May geht: Wie kam es zu der Legende, dass er diese Abenteuer selbst erlebt hat und warum wird es ihm bis heute zum Vorwurf gemacht? Gerade dieses Kapitel fand ich sehr spannend, da mich das Naserümpfen von Karl May-Gegnern und gerne als gehässiges Totschlagargument eingesetzte Faktum immer wieder nervt. Helmut Schmiedt setzt sich sachlich damit auseinander und zeigt überraschende Dinge auf. Jetzt bin ich sehr neugierig mich mit dem Genre „Der deutsche Amerikaroman des 19. Jahrhunderts“ auseinanderzusetzen. Da gibt es wohl noch einige Entdeckungen zu machen.

Nicht nur bekannte Themen werden hier in einem neuen Licht beleichtet. Erzählstrategien, Text- und Rezeptionsgeschichte, Figurenkonzeption, Karl May- und Winnetou-Rezeption im 20. und 21. Jahrhundert und so vieles mehr.

Ich habe dieses Buch verschlungen. Eine großartige Auseinandersetzung mit Karl Mays-Werk im Allgemeinen und der Winnetou-Trilogie im Besonderen. Im Fokus stehen selbstverständlich die drei Winnetou-Bände. Sehr detailliert wird das Werk auseinandergenommen, ohne es dem interessierten Leser zu verderben. Im Gegenteil. Man möchte es sofort noch einmal lesen. Es sollte allerdings schon bekannt sein bevor man zu dieser literaturwissenschaftlichen Auseinandersetzung greift. Man kann die Argumente dann besser nachvollziehen, findet sich hier besser zurecht und vor allem wird man dann nicht gespoilert.

Wer Hintergrundinformationen zu Mays Werk zu schätzen weiß und interessiert ist an Text- und Editionsgeschichte, sollte unbedingt zu diesem Buch greifen. Winnetou verträgt es, dass man bei ihm auch mal kritisch hinschaut.

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Veröffentlicht am 28.02.2021

Poirot im Urlaub

Das Böse unter der Sonne
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Die englische Sommerfrische auf der Schmugglerinsel scheint so gar nicht zum anspruchsvollen Hercule Poirot zu passen. Die gesichtslosen Menschen, die wie aufgebahrt am Strand liegen, bringen den Meisterdetektiv ...

Die englische Sommerfrische auf der Schmugglerinsel scheint so gar nicht zum anspruchsvollen Hercule Poirot zu passen. Die gesichtslosen Menschen, die wie aufgebahrt am Strand liegen, bringen den Meisterdetektiv auf düstere Gedanken. Die anderen Hotelgäste mit echter englischer, plappernder und doch nichtssagender Touristenmentalität, bleiben ihm fremd – bis ein Mord die Urlaubsstimmung erschüttert.

Ein wunderbarer Fall für Poirot, der wieder mit der ganz besonderen Stimmung zu fesseln weiß, die Agatha Christie für ihre Krimis aufbaut: ein wenig altmodische Gemütlichkeit, das unwillkürliche Gefühl von Bedrohung, dass einen frösteln lässt und der Reiz eines intellektuellen Rätsels. Jeder Charakter ist sorgfältig ausgearbeitet so kurz und unwichtig sein Auftritt auch sein mag. Das macht es dem Leser wieder schwer mit zu raten, denn Verdachtsmomente gibt es mehr als genug – von offensichtlichen bis zu völlig überraschenden.

Poirot ist hier angenehm zurückhaltend. Seine Selbstbeweihräucherung oder hingebungsvolle Bewunderung durch einen Ich-Erzähler finden sich hier nicht. Seine sympathischen Züge treten in den Vordergrund und er agiert als kompetenter Detektiv, der immer einen Schritt weiterdenkt als die Polizei. Genau das erwarte ich von ihm.

Trotz aller Vorzüge fehlte mir in diesem Buch das gewisse Etwas. Dazu kommt, dass ich den Schluss wieder einmal nicht ganz rund finde. Er macht Sinn. Es bleiben keine Fragen offen, aber er wirkt trotzdem etwas abwegig. So gibt es von mir nur 4 Sterne.

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