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Veröffentlicht am 26.09.2020

Eine interessante Autobiographie

Der Alpen-Pfad
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Als Lucy Maud Montgomery von ihrem Verleger um eine Autobiografie gebeten wurde war sie überrascht und hatte keine Ahnung, wie ihr langweiliges Leben auch nur einen Leser interessieren könnte. Sie mag ...

Als Lucy Maud Montgomery von ihrem Verleger um eine Autobiografie gebeten wurde war sie überrascht und hatte keine Ahnung, wie ihr langweiliges Leben auch nur einen Leser interessieren könnte. Sie mag keine aufregende Kindheit gehabt haben, aber gerade der Blick aus dem 21. Jahrhundert auf die Welt des 19. Jahrhunderts gibt der Lektüre heute noch mal eine Extraportion Flair. Doch auch für zeitgenössische Leser enthüllte sich in diesem schmalen Büchlein, wo Lucy Maud Montgomery die ganz besondere Atmosphäre für ihre Geschichten hernahm. Nur diese behütete und fast romantisch anmutende Kindheit auf dem ländlichen, dörflichen Prince-Edward-Island ermöglichte „Anne auf Green Gables“ und all die anderen traumhaften Werke, die uns diese besondere Autorin schenkte. Einige der komischen Szenen, die unvergessen geblieben sind, hat die Autorin selbst erlebt – wie den Rheuma-Kuchen – oder selbst ausgeheckt – so den Geisterwald, der so mit Spukgestalten bevölkert wurde, dass Anne sich nicht mehr hinein traute.

So kurz die Autobiografie auch ist, sie gibt dem Leser doch tiefe Einblicke in die Geschichte von Lucy Maud Montgomerys Werk und die Kindheit in einer Zeit, die uns heute so weit weg erscheint. Dass die Autobiografie die gleiche Atmosphäre und den wunderbaren Erzählstil hat wie ihre erzählenden Werke muss kaum noch hervorgehoben werden.

Das einzige, was mich ein bisschen gestört hat, waren die ausufernden Tagebucheinträge, die das letzte Drittel des Buches ausmachen. Einerseits interessant, andererseits hätte ich gerne mehr über ihr Leben nach ihrer Hochzeitsreise erfahren.

Wer das Werk von Lucy Maud Montgomery liebt sollte sich die Autobiografie nicht entgehen lassen! Weder der merkwürdig anmutende Titel – der im Buch seiner Erklärung findet – noch der geringe Umfang darf den Leser abschrecken. Eine großartige Ergänzung ist ein Bildanhang von Andy Schindler. Durchgehend in Farbe werden hier Fotos von allen Orten präsentiert, die für die Biografie relevant sind. Gebäude und Landschaften, Zimmer im Farmhaus „Green Gables“ und vieles mehr.

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Veröffentlicht am 26.09.2020

Zu überdreht und polarisiert

Valerie kocht
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Nell ist nicht begeistert nach Hause zurückzukehren, doch ihre Mutter liegt im Sterben. Die letzten Monate will sie nicht missen und dabei vielleicht sogar die Wahrheit über ihre Herkunft erfahren. Ihr ...

Nell ist nicht begeistert nach Hause zurückzukehren, doch ihre Mutter liegt im Sterben. Die letzten Monate will sie nicht missen und dabei vielleicht sogar die Wahrheit über ihre Herkunft erfahren. Ihr ganzes Leben lang hat ihre Mutter Valerie die abenteuerlichsten Geschichten erzählt, von einer Zeugung unter einem Kirschbaum, der reife Früchte regnen ließ bis hin zu Wachstumshilfen durch längeres Backen im Ofen- Spaghettipflanzen und bellende Rollmöpse begleiten ihre Kindheit. Nicht ein vernünftiges Wort bekommt Nell aus ihrer Mutter heraus und zieht sich deswegen auf einen Hyperrationalismus zurück. Mit der Rückkehr zu ihrer Mutter bricht die ganze phantastische Welt wieder über Nell herein und erschwert die Suche nach der Wahrheit.

Die Idee ist toll! Zu Beginn faszinieren die farbenprächtigen Phantasien noch, doch die verbissene Ernsthaftigkeit mit der sie verkauft werden und die ebenso aufgeputschte Hyperrationalität, haben mich abgestoßen. Es wird so polarisiert erzählt, dass ich nur genervt war und mir der Spaß an den Geschichten verloren ging. Gerade Nells Freund lässt die rationale Welt herzlos und eiskalt erscheinen – gerade dass er Nell nicht rät die Leiden ihrer Mutter zum Besten aller zu beenden. Doch er bereitet bereits die Beerdigung, finanziellen Regelungen und den Hausverkauf vor, bevor Nell auch nur bei ihrer Mutter angekommen.
Valeries hartnäckigen Phantastereien sind allerdings auch nicht besser. Es gibt kein vernünftiges Wort, keine klare Aussage. Es wird keine Frage eindeutig beantwortet. Als Leser steht man diesen krassen Gegensätzen genauso hilflos gegenüber wie Nell.

Wider Erwarten war ein Teil des Schlusses noch ganz nett, deswegen schafft das Buch es noch mal auf 2 ½ Sterne. Ansonsten erfüllte der aber noch mal jedes Klischee, das man von dieser Art Buch erwartet. Die Hauptgeschichte bleibt allerdings dünn und wenig originell. Sehr schade, denn ich habe mir sehr viel mehr Witz versprochen. Es war einfach nicht mein Buch.

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Veröffentlicht am 26.09.2020

Eine ambivalente Frau

Witwe im Wahn
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Das schönste Mädchen Wiens, eine antisemitische, egozentrische Vettel oder doch große Muse unvergessener Künstler – wer war Alma Mahler-Werfel? Oliver Hilmes begibt sich auf eine Spurensuche. Bekannte ...

Das schönste Mädchen Wiens, eine antisemitische, egozentrische Vettel oder doch große Muse unvergessener Künstler – wer war Alma Mahler-Werfel? Oliver Hilmes begibt sich auf eine Spurensuche. Bekannte Biografien, Interviews und bisher nicht einzusehende Briefe, Tagebücher und Nachlässe hat er durchforstet, um das Geheimnis dieser nicht greifbaren Frau zu lüften. In dieser Biografie wird entlarvt wie Alma Mahler-Werfel Zeit ihres Lebens versucht hat, sich selbst Bedeutung und Größe zu verleihen. Ein Meisterwerk an Selbstinszenierung, sodass bis heute fraglich bleibt, inwieweit sie tatsächlich als Inspiration für Gustav Mahler, Oskar Kokoschka, Franz Werfel oder Klaus Gropius gesehen werden kann. Die realistische Darstellung von Oliver Hilmes, in Zitaten aus ihren eigenen Tagebüchern und Briefen sowie in Darstellungen der Literaten und Künstler, mit denen sie zu tun hatte, entlarven sie als eine wenig sympathische Frau, die nichts als sich selbst gelten ließ.
Sympathie oder Interesse keimt für dieses egozentrische, streitsüchtige und bornierte Weibsbild nicht auf. Das Einzigartige, was mich an diesem Buch fesselte war das Zeitpanorama: eine Frau, aufgewachsen in einer Zeit, in der es für Mädchen nicht einmal angesagt war die Schule zu besuchen – gestorben 1964! Ein Leben mit mehreren geschichtlichen Quantensprüngen.

Fast surreal erscheint es wie eine unsympathische und durch und durch banale Frau in Künstlerkreisen verkehrte, Literatursalons organisierte und doch immer wie ein Fremdkörper wirkt. Die Begeisterung für Alma Mahler-Werfel und ihre erotische Wirkung, die mehrfach durch Briefe und Zitate belegt sind, blieb mir in dieser Biografie völlig unverständlich. Sie scheint nur als lebendiger Mensch gewirkt zu haben. Im Nachhinein bleibt vieles unverständlich und für mich bleibt der Eindruck eines zänkischen Weibes, das sich wichtigmacht.

Trotzdem zeichnet dieses Buch ein faszinierendes Bild einer Frau, die sich ihren eigenen Mythos geschaffen hat. Interessant, wenn auch ihre Wirkung auf Kunst und Zeitgeschehen nichtig ist.

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Veröffentlicht am 26.09.2020

Ein Traumpaar in Independence

Rocky Mountain Heart
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Mia ist dem True Warrior-Mitglied Jason von der ersten Minute an verfallen, doch der hat nicht vor, es noch einmal mit einer Frau zu riskieren. Seine Ex Christelle macht ihm noch jetzt das Leben zur Hölle ...

Mia ist dem True Warrior-Mitglied Jason von der ersten Minute an verfallen, doch der hat nicht vor, es noch einmal mit einer Frau zu riskieren. Seine Ex Christelle macht ihm noch jetzt das Leben zur Hölle und enthält ihm seine Kinder Aria und Conrad vor, wann immer sie kann. Er fürchtet um das Wohl seiner Kinder, doch seine Anwältin hat ihm unmissverständlich klar gemacht, dass er keine Chance auf auch nur ein geteiltes Sorgerecht hat, wenn sich an seinen Lebensumständen nichts ändert. Da macht ihm Mia ein Angebot, das ihm die Sprache verschlägt.

Zum mittlerweile neunzehnten Mal kehre ich nach Independence zurück und es ist jedes Mal als käme ich nach Hause. Ich freue mich auf alle schönen Plätze, alle sympathischen Charaktere und kenne auch alle Schwächen. Weiterhin finde ich den Schreibstil etwas gewöhnungsbedürftig. Er ist mir zu holprig und es wird mir viel zu viel Wert auf das Sexualleben der Charaktere gelegt anstatt die Beziehungen sorgfältig zu entwickeln. Trotz dieser Mankos, die normalerweise reichen würden mir ein Buch zu verderben, kann ich es nicht erwarten einen neuen Band zur Hand zu nehmen. Das liegt an den Charakteren, die sofort mein Herz erobert haben. Die Disney-Sisters, Klatschbasen vom Dienst aber liebenswert, der Sheriff Jake, der für seine Stadt alles tun würde, die True Warriors – eine Motorradgang, die als persönliche Schutz- und Einsatztruppe der Stadt agiert und natürlich die süßen Tiere, die immer eine große Rollen spielen, ob Hund, Katze, Papagei – oder auch das Stadtmaskottchen Merline, die Elchkuh. Dazu kommen die wunderbaren neuen Protagonisten, die Independence wachsen und gedeihen lassen.

Eine wunderbare neue Liebesgeschichte in den Rocky Mountains aufgepeppt mit einem spannenden Kriminalelement.

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Veröffentlicht am 25.09.2020

Ein lebendiger Traum

Der freie Vogel fliegt, Band 6
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Die Schule ist vorbei, die Zukunft steht Xiaolu und ihrer Freundin Xiaoyue offen. Angedeutet wird wie Xiaolus weiterer Weg aussieht. Von der passiven, einsamen Figure wird sie zu einer aktiven jungen Frau, ...

Die Schule ist vorbei, die Zukunft steht Xiaolu und ihrer Freundin Xiaoyue offen. Angedeutet wird wie Xiaolus weiterer Weg aussieht. Von der passiven, einsamen Figure wird sie zu einer aktiven jungen Frau, die sich ihren Traum erfüllt. Und nicht nur einen: Endlich steht sie selbst in Barcelona und kann die Kunstwerke Gaudís selbst bewundern. Noch einmal durchlebt sie in Gedanken ihre Kindheit, ihre Kämpfe und ist dabei in die goldene Sonne der Gegenwart getaucht, die zeigt, dass alles möglich ist.

Ein phantastischer Abschluss eines beeindruckenden Graphic Novels, der mir den Atem geraubt hat. Noch einmal lässt Jidi in traumhaften Bildern die Welt und die Träume Xiaolus für den Leser lebendig werden. Mit dem Kapitel zu Barcelona findet die Geschichte ein großartiges Finale. Damit begnügt sich Jidi allerdings nicht. Der irritierende rote Faden, Han Che, der merkwürdige Junge, der Xiaolu so inspirierte und der doch wie ein Geist immer an ihr vorbeizog war Initiator des ersten Kapitels und mit ihm schließt die Reihe. Unerwartet und fast surreal, wird die Welt hier noch mal auf den Kopf gestellt, ohne unrealistisch zu werden. Perfekt abgerundet und genial abgeschlossen!

Der sechste und leider letzte Band dieser ungewöhnlichen Reihe über das Erwachsenwerden. Er schildert zwar den typischen Alltag chinesischer Schüler, mit allem Druck, den Erwartungshaltungen und Prüfungsmarathons und doch werden hier auch allgemeingültige Gefühlswelten von Teenagern thematisiert: Zukunftsängste, Einsamkeit, Überforderung mit dem Alltag, Freunde und die Auflösung der bekannten, geschützten Schulwelt und damit verbunden der Abschied von Freundschaften, die so ewig anmuteten. Jeder muss weitergehen, für sich allein und für Neues offen sein.

Eine überwältigende Geschichte, bei der jede Seite etwas Besonderes ist!

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