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Veröffentlicht am 28.02.2021

Eine Erfolgsgeschichte unter der Lupe

Die Winnetou-Trilogie
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Karl Mays berühmtester Roman mit dem der Indianerhäuptling bis heute Kultstatus gewann wird hier von Helmut Schmiedt genau unter die Lupe genommen – sachlich, respektvoll, und von unterschiedlichen Seiten. ...

Karl Mays berühmtester Roman mit dem der Indianerhäuptling bis heute Kultstatus gewann wird hier von Helmut Schmiedt genau unter die Lupe genommen – sachlich, respektvoll, und von unterschiedlichen Seiten. Sekundärliteratur von 1888 bis 2017 wird herangezogen, um auch die Rezeptionsgeschichte im Spiegel der Zeit mit einzubeziehen. Mit großer Detailkenntnisse nimmt Helmut Schmiedt die Trilogie vor und geht auch auf den nachgereichten vierten Winnetou-Band ein, der so anders und doch so konsequent die Geschichte noch einmal aufnimmt.

Die Biografie Karl Mays wird noch einmal umrissen und aufgezeigt wie sie einen nicht unwesentlichen Einfluss auf das Werk hat – wobei hier nicht nur bekannte Erkenntnisse wiederholt werden. Sehr interessant fand ich auch die ausführliche Auseinandersetzung mit dem ewigen Streitpunkt, wenn es um Karl May geht: Wie kam es zu der Legende, dass er diese Abenteuer selbst erlebt hat und warum wird es ihm bis heute zum Vorwurf gemacht? Gerade dieses Kapitel fand ich sehr spannend, da mich das Naserümpfen von Karl May-Gegnern und gerne als gehässiges Totschlagargument eingesetzte Faktum immer wieder nervt. Helmut Schmiedt setzt sich sachlich damit auseinander und zeigt überraschende Dinge auf. Jetzt bin ich sehr neugierig mich mit dem Genre „Der deutsche Amerikaroman des 19. Jahrhunderts“ auseinanderzusetzen. Da gibt es wohl noch einige Entdeckungen zu machen.

Nicht nur bekannte Themen werden hier in einem neuen Licht beleichtet. Erzählstrategien, Text- und Rezeptionsgeschichte, Figurenkonzeption, Karl May- und Winnetou-Rezeption im 20. und 21. Jahrhundert und so vieles mehr.

Ich habe dieses Buch verschlungen. Eine großartige Auseinandersetzung mit Karl Mays-Werk im Allgemeinen und der Winnetou-Trilogie im Besonderen. Im Fokus stehen selbstverständlich die drei Winnetou-Bände. Sehr detailliert wird das Werk auseinandergenommen, ohne es dem interessierten Leser zu verderben. Im Gegenteil. Man möchte es sofort noch einmal lesen. Es sollte allerdings schon bekannt sein bevor man zu dieser literaturwissenschaftlichen Auseinandersetzung greift. Man kann die Argumente dann besser nachvollziehen, findet sich hier besser zurecht und vor allem wird man dann nicht gespoilert.

Wer Hintergrundinformationen zu Mays Werk zu schätzen weiß und interessiert ist an Text- und Editionsgeschichte, sollte unbedingt zu diesem Buch greifen. Winnetou verträgt es, dass man bei ihm auch mal kritisch hinschaut.

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Veröffentlicht am 28.02.2021

Poirot im Urlaub

Das Böse unter der Sonne
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Die englische Sommerfrische auf der Schmugglerinsel scheint so gar nicht zum anspruchsvollen Hercule Poirot zu passen. Die gesichtslosen Menschen, die wie aufgebahrt am Strand liegen, bringen den Meisterdetektiv ...

Die englische Sommerfrische auf der Schmugglerinsel scheint so gar nicht zum anspruchsvollen Hercule Poirot zu passen. Die gesichtslosen Menschen, die wie aufgebahrt am Strand liegen, bringen den Meisterdetektiv auf düstere Gedanken. Die anderen Hotelgäste mit echter englischer, plappernder und doch nichtssagender Touristenmentalität, bleiben ihm fremd – bis ein Mord die Urlaubsstimmung erschüttert.

Ein wunderbarer Fall für Poirot, der wieder mit der ganz besonderen Stimmung zu fesseln weiß, die Agatha Christie für ihre Krimis aufbaut: ein wenig altmodische Gemütlichkeit, das unwillkürliche Gefühl von Bedrohung, dass einen frösteln lässt und der Reiz eines intellektuellen Rätsels. Jeder Charakter ist sorgfältig ausgearbeitet so kurz und unwichtig sein Auftritt auch sein mag. Das macht es dem Leser wieder schwer mit zu raten, denn Verdachtsmomente gibt es mehr als genug – von offensichtlichen bis zu völlig überraschenden.

Poirot ist hier angenehm zurückhaltend. Seine Selbstbeweihräucherung oder hingebungsvolle Bewunderung durch einen Ich-Erzähler finden sich hier nicht. Seine sympathischen Züge treten in den Vordergrund und er agiert als kompetenter Detektiv, der immer einen Schritt weiterdenkt als die Polizei. Genau das erwarte ich von ihm.

Trotz aller Vorzüge fehlte mir in diesem Buch das gewisse Etwas. Dazu kommt, dass ich den Schluss wieder einmal nicht ganz rund finde. Er macht Sinn. Es bleiben keine Fragen offen, aber er wirkt trotzdem etwas abwegig. So gibt es von mir nur 4 Sterne.

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Veröffentlicht am 28.02.2021

Mehr Mut sich von der Vorlage zu lösen

Skorpion und Klapperschlange
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Als Old Shatterhand und Winnetou dem völlig unbedarften Jeff Robinson begegnen, der auf der Suche nach dem Mörder seines Bruders ist, ist ihnen schnell klar, dass der junge Mann ohne ihre Begleitung im ...

Als Old Shatterhand und Winnetou dem völlig unbedarften Jeff Robinson begegnen, der auf der Suche nach dem Mörder seines Bruders ist, ist ihnen schnell klar, dass der junge Mann ohne ihre Begleitung im Wilden Westen scheitern wird. Ihr Weg führt sie nach Fort Worth, gerade als dort die Nachricht eintrifft, dass die Postkutsche mit der Tochter des Majors im Llano Estacado von Indianern überfallen wurde. Die beiden Westmänner brechen sofort zu einer Rettungsmission auf.

Ich kann einfach kaum einem Buch aus dem Karl-May-Verlag widerstehen und so musste ich natürlich auch zu diesem hier greifen. Vollmundig wird hier ein neues Karl May-Abenteuer versprochen mit all den Helden, die man aus dem großen Werk kennt von Winnetou und Old Shatterhand bis zu Bloody Fox und dem Missouri-Blenter. Schade ist, dass sich das Buch ein bisschen liest wie eine abgehakte Strichliste. Als hätte jemand dem dem Autor eine To-Do-List gegeben, auf der all das steht, was unbedingt im Roman auftauchen muss, von Charakteren bis zu Schreibelementen. So wirkt das ganze etwas unmotiviert. Jeff Robinson bleibt blass und bestenfalls albern, ein Siedlertreck, der nur für eine etwas gezwungene Liebesgeschichte vorhanden ist und Bloody Fox ist nur dabei, weil es im Llano Estacado spielt – im Übrigen so wenig präsent, dass es keinen Unterschied gemacht hätte, wenn er nicht dabei gewesen wäre.

Am Schlimmsten fand ich die Imitation von Karl Mays Sachinformationen. Während diese Abschnitte bei May zugegebenermaßen durchaus ausufernd sein können, bleiben sie doch meist eng an die erzählte Geschichte, ihre Motivation und Botschaft gebunden. Hier wirkt Old Shatterhand wie ein debiler Schwätzer mit der Aufmerksamkeitsspanne eines 2jährigen im Süßigkeitenladen. Dass Winnetou außerdem auf diesen knapp 300 Seiten mehr Dialoganteil hat als in zwei 500 Seiten-Romanen des Originals, lässt auch meine Lieblingsfigur sehr zweidimensional bleiben. Das permanente „Mein Blutsbruder dies und mein Blutsbruder das“ hilft auch nicht. Das liest sich gespreizt und unglaubwürdig.

Ich vergebe 3 ½ Sterne für diesen Abenteuerroman, der bei allen Schwächen eine durchaus solide Grundidee hat, spannend ist mit witzigen Elementen und den Leser auch mitnimmt. Mehr Mut zu einem eigenen Schreibstil hätte diesem Buch gut getan. Neue Geschichten mit den bekannten May-Helden lassen sich auch heute noch erzählen, doch sollte man davon Abstand nehmen wirklich alles am Vorbild auszurichten. Außerdem sollte in 300 Seiten nicht mehr untergebracht werden als sie auch fassen können. So wirken die beiden Trapper, die noch auftauchen ziemlich deplatziert. Sie haben mit keinem Element des Abenteuers zu tun und sind keinerlei Bereicherung. Wirklich schade, dass so viel Potential verschenkt wurde.

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Veröffentlicht am 28.02.2021

Des Lebens müde

Ich habe mein Leben für 10.000 Yen pro Jahr verkauft
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Kusunoki hat das Leben satt. Im Studium kommt er nicht weiter, er ist pleite, einsam – ohne Plan oder Hoffnung für die Zukunft. Als er gezwungen ist für das reine Überleben die letzten Dinge zu verkaufen, ...

Kusunoki hat das Leben satt. Im Studium kommt er nicht weiter, er ist pleite, einsam – ohne Plan oder Hoffnung für die Zukunft. Als er gezwungen ist für das reine Überleben die letzten Dinge zu verkaufen, die ihm wirklich etwas bedeuten, ist er mit seiner Existenz fertig. Da erfährt er von einer Firma, die Lebenszeit kauft. Nach anfänglichen Zweifeln wird er doch neugierig. Wie viel wird sein Leben wohl wert sein? Doch nichts läuft wie es soll. Die letzten drei Monate seines Lebens behält er, um vielleicht doch noch etwas zu erreichen. An seiner Seite Miyagi, die ihn – unsichtbar für andere – als Wächterin begleitet.

Ein packendes Buch über den Wert des Lebens. Was ist wirklich wichtig? Zeit, Erfolg, Geld? Auf ergreifende Art wird hier subtil jede Möglichkeit durchgespielt. Mit Kusunoki – ein Charakter mit dem man nur langsam warm wird – erlebt man die Höhen und Tiefen des Lebens. Situationen, die jawohl jeder in der einen oder anderen Art schon mal erlebt hat. Das Gefühl von verpassten Chancen, großen Gelegenheiten, Wege, die man nicht eingeschlagen hat und Fehlentscheidungen, die in einem noch lange nachklingen – genau wie wunderbare Erlebnisse, die viel zu wenig verinnerlicht werden können. Der Sinn und der Wert des Lebens finden hier eine berührende Antwort, die den Leser noch lange nachdenken lässt.

Ein ungewöhnliches Buch mit einem komplizierten Protagonisten, das ungewöhnliche Antworten gibt und nachdenklich werden lässt.

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Veröffentlicht am 28.02.2021

Ein Abenteuer nach Motiven von Karl May

Die Tramps vom Kansas River
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Ein Besuch bei den Osagen wird für Old Shatterhand und Winnetou zu einer rasanten Jagd auf eine Bande Tramps, die weder vor Raub noch Mord zurückschrecken. Bei einem vereitelten Postkutschenüberfall treffen ...

Ein Besuch bei den Osagen wird für Old Shatterhand und Winnetou zu einer rasanten Jagd auf eine Bande Tramps, die weder vor Raub noch Mord zurückschrecken. Bei einem vereitelten Postkutschenüberfall treffen die Freunde auf die beiden Snuffels und zwei Engländerinnen, die ihren verschollenen Bruder suchen. Selbstverständlich sagen die Westmänner ihre Unterstützung zu.

Nachdem ich vom ersten Buch Reinhard Marheineckes so enttäuscht war, bin ich mit sehr gemischten Gefühlen an dieses Abenteuer herangegangen – und wurde positiv überrascht. Das Buch hat einen eigenen Stil und eine eigene Atmosphäre. Es ist Karl May und doch merkt man, dass die andere Autorschaft – nicht negativ, sondern einfach nur als Tatsache. Das sorgt dafür, dass die Geschichte flüssig geschrieben und in sich rund ist.

Das Abenteuer ist spannend, das Personal nicht überladen und die Dialoge machen Spaß. Manchmal wird mir noch zu oft vom Blutsbruder gesprochen, da stolper ich beim Lesen immer mal; es liest sich dann sehr gespreizt – auch im Original wurde Winnetou von seinem Freund durchaus mit Namen angesprochen. Aber das sind Kleinigkeiten, die nicht weiter ins Gewicht fallen. Das Buch bietet alles, was ich von einem Roman nach Motiven Karl Mays erwarte: Spannung, Witz, originelle Charaktere und große Schurken.

Ein schöner Abenteuerroman für jeden Karl May-Fan.

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