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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.09.2017

Die dubiose Witwe

Jezebels Tochter
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Als der Kaufmann Wagner stirbt übernimmt seine Witwe sein Geschäft und seine fortschrittlichen Ideen. Während am Londoner Hauptsitz des Geschäftes Frauen bereits arbeiten ist der Handelspartner in Deutschland ...

Als der Kaufmann Wagner stirbt übernimmt seine Witwe sein Geschäft und seine fortschrittlichen Ideen. Während am Londoner Hauptsitz des Geschäftes Frauen bereits arbeiten ist der Handelspartner in Deutschland nicht ohne weiteres von der Idee zu überzeugen. David Glenney, Mrs. Wagners Neffe, reist nach Frankfurt a.M. um ihre Interessen zu vertreten und Erfahrungen zu sammeln. Fritz, der von seinem Vater nach London geschickt wurde, um seine nicht standesgemäße Geliebte zu vergessen, beauftragt David nach dem Mädchen zu forschen. Der Zufall bringt David mit dem Mädchen zusammen, doch auf deren Mutter lastet ein grauenhafter Verdacht. Unaufhaltsam verweben sich die Schicksale zu einem verhängnisvollen Geschick.
Während der Lektüre kommt manchmal der Verdacht auf, dass er seiner Kategorisierung als Kriminalroman nicht gerecht wird. Wenn auch immer wieder Zweifel aufkommen, ob das Offensichtlich tatsächlich der Wahrheit entspricht, glaubt man doch von Anfang an alles durchschaut zu haben. Erst nach und nach wird einem klar wie perfide der Autor arbeitet und wie komplex die Geschichte ist. Die Kriminalgeschichte ist wie ein hübscher kleiner Mantel, der die wahre Geschichte verbirgt. Wilkie Collins zeichnet ein meisterliches Bild des 19. Jahrhunderts. Die Gesellschaft, insbesondere die Rolle der Frau, porträtiert er exzellent. Doch auch der gesamte Umbruch, der sich im 19. Jahrhundert vollzog und herkömmliche Rollen zwischen Ständen und Geschlechtern für immer veränderte ist ein großes Thema. Wissenschaft und Magie, Vorurteile und Wirklichkeit, Wilkie Collins gab sich nicht mit einem Thema zufrieden. Mag die Kriminalhandlung ihrem Genre vielleicht nicht ganzgerecht werden, dieses Buch lohnt sich trotzdem auf jeden Fall!

Veröffentlicht am 03.09.2017

Ein interessantes Sammelsurium

Schacht und Hütte
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Der vorliegende 72. Band von Karl Mays Gesammelten Werken stellt das bunte Frühwerk aus Mays Redaktionszeiten zusammen. Ein kurzes Vorwort gibt einen Überblick über die Sammlung und klärt ein paar Hintergründe. ...

Der vorliegende 72. Band von Karl Mays Gesammelten Werken stellt das bunte Frühwerk aus Mays Redaktionszeiten zusammen. Ein kurzes Vorwort gibt einen Überblick über die Sammlung und klärt ein paar Hintergründe. Jedem Teil des Buches sind weitere kurze Einführungen dieser Art vorangestellt. Sie sind kurz genug, um den Leser nicht zu langweilen und geben trotzdem ein paar Anhaltspunkte für den Interessierten zu weiterer Recherche.
Der Band umfasst eine Kurzgeschichte „Das Gewissen“ mit den typischen May-Elementen, von Tugend und Armut, Reichtum und Bosheit, Schuld und Glauben. Unterhaltsam und doch sind viele seiner späteren Motive bereits vorgezeichnet.
Darauf folgt die Kriminalerzählung „Wanda“. Sie ist umfangreicher und spannend. Fragwürdig bleibt hier, dass sie von Verlagsseite „im Sinne Karl Mays“ geglättet wurde. Mir bis heute unverständlich, warum der Karl-May-Verlag den Lesern diese Bearbeitungen zumutet, statt im Original zu bleiben und mit einem Kommentar zu versehen, in dem Varianten, Hintergründe, Vermutungen und ähnliches dem Interessierten zur Verfügung stehen. In diesem Fall ist es nicht so relevant, bei anderen Werken werden Inhalte und damit der Lesespaß extrem beeinträchtigt.
Mit „Die Fastnachtsnarren“ liegt eine hübsche, unterhaltsame Humoreske vor. Auch wenn sie nicht lang ist, sind die Charaktere lebendig und die ganze Szenerie steht dem Leser sofort vor Augen.
Der umfangreiche zweite Teil des Buches beinhaltet Mays „Gesammelte Aufsätze“ und „Geographische Predigten“. Erstere waren Bestandteil der Zeitschrift „Schacht und Hütte“ die May als ernsthaftes Blatt zur Unterhaltung und Belehrung von Bergarbeitern herausgeben wollte und die von seinem Verleger zu einem durchschnittlichen Unterhaltungsblatt runterreduziert wurde. Die Aufsätze sind aber ganz Mays erstem Ansatz verpflichtet, sehr gut recherchiert, ernsthaft und sachlich. Sie sind nicht in Abenteuergeschichten verpackt wie später seine Erzählungen für die Jugend, sondern als reine Information gedacht, dabei durchaus umfangreich und für den Laien geschrieben ohne anspruchslos zu werden.
Die „Geographischen Predigten“ haben einen eher philosophischen Ton. Das Gedankengut findet man in der einen oder anderen Form auch in seinen Romanen und Erzählungen wieder. Hier ist es gebündelt als ernsthafte Betrachtung und gibt einen guten Einblick in Mays Denken und Fühlen.
Mein Fazit: Eine hochinteressante Zusammenstellung, wobei man sich bewusst sein sollte hier keinen zusammenhängenden Abenteuerroman vorzufinden. Wer May ausschließlich für seine Abenteuer schätzt, wird nach den „Fastnachtsnarren“ keinen weiteren Spaß an diesem Buch haben. Mir gefielen die Predigten und Aufsätze allerdings genauso gut. Ein wunderbarer Einblick in Mays Denken und Fühlen, seine Zeit und die Vorstufen seines Werks. Je mehr ich von ihm und über ihn lese desto mehr finde ich in seinen Werken und entdecke immer wieder neue Seiten an bekannten Abenteuern. Eine klare Leseempfehlung, nicht nur für Fans!

Veröffentlicht am 03.09.2017

Literatur verduckt

Entenhausener Weltbibliothek 01
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So hat man die bekannten deutschen Klassiker noch nicht gesehen: Donald hat so skurrile Begegnungen mit einem Baron von M…, dass Tick, Trick und Track sich genötigt fühlen, die gefährliche Münchhausen-Lektüre ...

So hat man die bekannten deutschen Klassiker noch nicht gesehen: Donald hat so skurrile Begegnungen mit einem Baron von M…, dass Tick, Trick und Track sich genötigt fühlen, die gefährliche Münchhausen-Lektüre zu entsorgen. Ein Opernabend beschert Donald sein ganz eigenes Mozart-Erlebnis. Als Befreier des Kantons Uri hat Donald Tell dann eine eher ungewöhnliche Rolle wie es bei seiner typischen Tollpatschigkeit nicht anders zu erwarten ist. Auch vor Kafka machten die Zeichner nicht halte und Donald, Dagobert und Klaas Klever erleben ihre eigene Verwandlung. Auch im Epos Tristald und Daisolde läuft nicht alles wie man es erwartet. Der Höhepunkt dieses Sammelbandes ist aber die Geschichte „Der magische Ring“. Diese außergewöhnlich gelungene Nibelungeninterpretation mit Entenhausener-Besetzung gehört für mich zum Besten, was je für die Disney-Helden konzipiert wurde!
Für mich liegt hier ein rundum gelungener Hardcover-Sammelband vor, der exquisit mit einem umfassenden allgemeinen Vorwort ausgestattet wurde sowie jeder Geschichte noch mal ein spezielles Vorwort voranstellt. Diese geben einen faszinierenden Einblick in die Hintergründe der Geschichten. Sowohl die Vorlagen als auch die Geschichte der Zeichner und des Comics werden hier kurz vorgestellt. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass nur drei der Geschichten aus Lustigen Taschenbüchern stammen. Eine weitere ist aus „Die Panzerknacker & Co“, eine andere aus „Onkel Dagobert“ und „Tristald und Daisolde“ ist sogar eine Erstveröffentlichung in deutscher Sprache!
Ich liebe gerade die Entenhausener-Literaturadaptionen, so war dieses Buch für mich eine besondere Entdeckung. Schade bleibt, dass die Landkarte in „Die Verwandlung des Gregor Ducksa“ die Landkarte den heutigen Gegebenheiten angepasst wurde. Ich verstehe, warum, doch wie im Vorwort hervorgehoben wurde, beruhte ein Reiz der Geschichte darauf, dass drei Tage nach der Entstehung der Geschichte die Tschecheslowakei aufgelöst wurde, die Grenzeinzeichnung also nicht mehr aktuell war. Ein interessantes Detail, das durch die angepasste Zeichnung nur noch im Vorwort zu finden ist.
Jedem Literaturliebhaber und natürlich jedem Fan von Entenhausen sei dieses Buch ans Herz gelegt! Gerade die umfangreiche Geschichte „Der magische Ring“ ist ein einzigartiges Erlebnis!

Veröffentlicht am 03.09.2017

Mystery and Crime

Die Frau in Weiß
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Als Walter Hartright die Stelle als Zeichenlehrer antritt, die ihm ein Freund verschaffte, ist er sofort von der Tochter des Hauses, Laura Fairlie, verzaubert. Zutiefst getroffen, dass sie bereits verlobt ...

Als Walter Hartright die Stelle als Zeichenlehrer antritt, die ihm ein Freund verschaffte, ist er sofort von der Tochter des Hauses, Laura Fairlie, verzaubert. Zutiefst getroffen, dass sie bereits verlobt ist, verlässt er England und sucht auf Reisen das Mädchen zu vergessen. Laura indessen reicht ihre Hand dem ihr bestimmten Mann und ein Albtraum beginnt.
Die Geschichte, mit der Collins Ruhm begann, vermag es auch heute noch den Leser zu fesseln. Subtile Andeutungen bauen eine düstere, bedrückende Atmosphäre auf, die ohne viel Action den Leser fesselt. Die Erwartung des unausweichlichen Grauens hält einen in Atem. Stets auf dem Sprung, hinter jedem Wort, jedem sich bewegenden Vorhang das Verhängnis vermutend erlebt man die stilvolle Unterhaltung des 19. Jahrhunderts. Wilkie Collins hat eine intelligente und ausfeilte Geschichte vorgelegt, die sehr viel mehr als ein Krimi ist. Aus unterschiedlichen Perspektiven lässt er den Leser erleben, was geschieht und bei allen Details, allen umfassenden Berichten bleibt er doch völlig im Dunkeln, was der Kern der Sache ist bis es Collins gefällt den Schleier zu lüften. Ein außergewöhnliches Buch, das großartige Unterhaltung bietet. Mystery und Krimi, Romantik und Gesellschaftskritik – lebendige Charaktere führen durch ein Kaleidoskop von Zufällen und Plänen, Schicksal und handfester Befreiung. Ein zeitloses Meisterwerk, dem man den etwas überraschenden Schluss gerne verzeiht.
Eine klare Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 03.09.2017

Willkommen in der Zauberschneiderei!

Die Zauberschneiderei (1). Leni und der Wunderfaden
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Leni ist von ihrem Umzug in die große Stadt nicht begeistert. Anders als ihre groß Schwester, die sich auf den neuen Trubel freut, lässt sie viel in dem kleinen Dorf zurück. Doch gleich am ersten Tag fällt ...

Leni ist von ihrem Umzug in die große Stadt nicht begeistert. Anders als ihre groß Schwester, die sich auf den neuen Trubel freut, lässt sie viel in dem kleinen Dorf zurück. Doch gleich am ersten Tag fällt ihr der Flyer für die Eröffnung der Zauberschneiderei in die Hände und als begeisterte Näherin schaut sie gleich vorbei. Die Besitzerin Ariane bietet sogar Kindernähkurse an, aber irgendjemand will die Eröffnung verhindern. Steckt hinter der Zauberschneiderei mehr Magie als Leni sich vorstellen kann?
Ein zauberhaftes Kinderbuch, das hinter dem traumhaften Cover eine wirklich magische Geschichte verbirgt. Reich illustriert und auch im Innenteil wunderbar gelayoutet findet sich das perfekte Zusammenspiel aus Fantasy, Neuanfang, Toleranz, neuen Freundschaften und Handarbeiten. Die originelle Idee wird mit ein paar bekannten Motiven und ganz realen, oft nicht so einfachen Alltagssituationen kombiniert. Der schwierige Neuanfang in einer völlig anderen Umgebung, das Gefühl anders zu sein und außerhalb zu stehen, doch ohne dabei die Rolle des einzelgängerischen Sonderlings einzunehmen. Leni ist einfach die Neue, die ihren Platz in einer ihr unbekannten Gemeinschaft einnehmen muss. Die Geschichte kombiniert viele Motive, die zusammen mit den lebendigen Charakteren eine farbenprächtige Geschichte erzählen, die Lust auf mehr macht.
Ein toller Auftakt zur Kinderbuchreihe „Die Zauberschneiderei“. Die beigefügte kleine Nähanleitung macht Lust sofort selbst Nadel und Faden in die Hand zu nehmen und sich auszuprobieren.