Leider ein irreführender Titel!
Hochsensibel ist das neue StarkIch wollte mich schon immer mal ein wenig mehr mit dem Thema Hochsensibilität auseinandersetzen, denn ich finde, dass hochsensible Menschen nicht ausreichend geschätzt werden in unserer heutigen Zeit. ...
Ich wollte mich schon immer mal ein wenig mehr mit dem Thema Hochsensibilität auseinandersetzen, denn ich finde, dass hochsensible Menschen nicht ausreichend geschätzt werden in unserer heutigen Zeit. Alles ist auf Leistung, Druck und Erfolg ausgerichtet, sodass Menschen mit sensiblerem Gemüt es unheimlich schwer haben, sich zu behaupten. Aber wieso sollen sie sich eigentlich behaupten? Wäre die Welt vielleicht nicht eine viel bessere, wenn man Druck raus nimmt und mehr auf die eigenen Gefühle hören würde? Da fand ich es sehr passend, als ich auf der letzten Frankfurter Buchmesse auf das Buch "Hochsensibel ist das neue Stark" von Anita Moorjani gestoßen bin. Leider stellte sich beim Lesen heraus, dass die Autorin mehr über Empathen als über hochsensible Menschen schreibt. Außerdem ist viel Spiritualität im Spiel. Hier bin ich gar nicht so abgeneigt, ich glaube dass sich vieles auf einer anderen Ebene abspielt und gerade unsere Gesundheit auch viel mit der eigenen Einstellung zu tun hat und das unterdrücken der eigenen Persönlichkeit zu Krankheiten führen kann. Allerdings konnte ich in dem Buch nicht wirklich handfeste Anhaltspunkte finden, wie man als hochsensibler Mensch oder gar Empath sein Leben umkrempeln kann. Auch konnte mich die Autorin nicht ans Buch fesseln, weshalb ich nun auf Seite 168 das Buch abgebrochen habe.
Die Autorin:
Anita Moorjani wurde in Singapur geboren und lebte die meiste Zeit ihres Lebens in Hongkong. 2002 wurde bei ihr Krebs diagnostiziert, vier Jahre später hatte sie ein Nahtoderlebnis. Daraufhin bildete sich ihr Krebs auf wundersame Weise zurück. Anita Moorjani ist eine internationale Rednerin auf Kongressen zu den Themen Nahtoderfahrung, Sterben, Tod und Spiritualität. Sie ist verheiratet und lebt inzwischen in den USA.
Inhalt:
„Hochsensible und sehr empathische Menschen spüren die Emotionen ihrer Mitmenschen besonders stark – oft zu ihrem eigenen Nachteil, wenn sie sich von Gefühlen überschwemmen lassen und darüber die eigenen seelischen Bedürfnisse aus dem Blick verlieren. Die Bereitschaft anderen zu helfen, kostet sie mehr Energie als ihnen zur Verfügung steht. Anita Moorjani, Autorin des Bestsellers »Heilung im Licht« und selbst hochsensibel, beleuchtet emotionale Durchlässigkeit aus einer neuen Perspektive: als Leitplanke auf dem Weg zu einem authentischen Selbst und als wichtige Ressource in einer unfreundlichen Welt. Mantras und Meditationen helfen dabei, die innere Herzensstimme zu schulen und sich abzugrenzen. Mit Selbsttest: »Wie empathisch bin ich?«“ (Klappentext)
Kritik und Fazit:
Das Cover fiel mir mit den bunten und fröhlichen Farben sofort ins Auge. Es spiegelt somit sicherlich die Vielschichtigkeit der Menschen wider und erweckt einen äußerst positiven Eindruck. Wie bereits erwähnt, war für mich die Wahl des Titels äußerst irreführend, denn die Autoren grenzt gleich zu Beginn zwischen hochsensiblen Menschen und Empathen ab und legt dann ganz klar den Schwerpunkt auf Empathen. Leider weist auch der Klappentext nicht darauf hin.
Einerseits gibt die Autorin wertvolle Tipps, wie beispielsweise Oasen bzw. Tage der Ruhe zu verschaffen. Aber können jene freien Zeiten komplett ohne Medien wirklich die Lösung sein, um mit dem Alltag klarzukommen? Und wie gut lässt sich das in der heutigen Zeit wirklich umsetzen? Da bin ich etwas zwiegespalten.
Das Buch ist, wie bereits erwähnt, spirituell angehaucht, und die Nahtoderfahrung der Autorin spielt immer wieder eine große Rolle. Manchmal zu groß, denn sie wird immer wieder aufgerollt und als Auslöser für die Wandlung der Autorin dargestellt. Gleichzeitig weist die Autorin aber auch immer wieder darauf hin, dass es nicht eines Nahtods bedarf, um sich zu verändern. Außerdem sind die negative Energien, welche Empathen von anderen in sich aufsaugen und daran dann erkranken immer wieder Thema. Irgendwann konnte ich es ehrlich gesagt nicht mehr hören, auch der innere Mystiker ging mir langsam aber sicher auf die Nerven. So positiv das Cover daherkommt, so anstrengend fand ich irgendwann die Lektüre. Zu viele Beispiele stören den Lesefluss und bringen einen nicht wirklich voran.
Außerdem vergaß ich irgend wann sehr schnell, was ich beim letzten Mal, als ich das Buch in der Hand hatte, gelesen habe und musste immer wieder mal zurückblättern und nochmals quer lesen. So sollte das aber nicht sein. Man könnte die von mir gelesenen 168 Seiten ganz knapp zusammenfassen, da sich vieles wiederholt und nur hier und da kleine Änderungen angebracht werden, man aber im Grund beim gleichen Lösungsansatz herauskommt: Denke an dich selbst und es wird dir besser gehen, dann hast du auch mehr Stärke, um wieder geben zu können.
Ganz ausgestiegen bin ich dann, als die Autorin eine Art Checkliste anlegt, an welcher man sich im Falle einer Erkrankung orientieren sollte. Diese sieht wie folgt aus:
1. Finde deinen inneren Mystiker. Glaube an deine Intuition.
2. Wenn es dir selbst gut geht, kannst du auch geben (Selbstliebe).
3. Trenne dich von Menschen, die dir nicht gut tun, die dich ausnutzen.
4. Gehe zum Arzt.
Ich finde es ist ein fataler Fehler, zu raten, erst zum Arzt zu gehen, wenn man bei Punkt 4 angelangt ist. Ganz offensichtlich hat die Autorin viele schlechte Erfahrung mit Ärzten gemacht, wohl auch fragwürdigen Behandlungsmethoden zugestimmt. Aber man muss doch auch sagen, dass niemand sie gezwungen hat, beispielsweise Tabletten zu schlucken. Viel besser wäre es hier wohl gewesen, wenn die Autorin diese Schritte parallel zueinander empfehlen würde. Gerade für labile Menschen, die sich schnell von etwas überzeugen lassen, könnte dieser Rat fatale Folgen haben. Gleichzeitig ist ja auch die Frage, wie lang diese einzelnen Etappen vor dem Arztbesuch ausgeführt werden sollen. Eine Woche, ein Monat, ein Jahr? Dieser Rat ist meines Erachtens also viel zu leichtsinnig gegeben.
"Hochsensibel ist das neue Stark" hörte sich wie ein vielversprechendes Buch über Hochsensibilität an, welches Rat gibt, sein Leben zu verändern und somit zu verbessern. Für mich konnte die Autorin leider nichts davon einhalten. Vielmehr deprimierte mich das Lesen des Buches irgendwann mehr, als dass es mir Hoffnung machte. Das Buch ist zudem leider mit Erfahrungsberichten überladen, sodass die Aufmerksamkeit beim Leser schnell sinkt. Ich kann es daher nicht empfehlen, erst Recht nicht, wenn man sich mit dem Thema Hochsensibilität auseinandersetzen möchte und rate sogar aufgrund der oben erwähnten Arzt-Problematik davon ab.