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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.04.2022

Ich liebe Zweite Chance Romane! Leider nicht diesen.

Sehnsucht nach Rose Cottage (Herzklopfen in Schottland)
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Ok. Titel, Coverbild und Klappentext lassen keinen Zweifel aufkommen: dies Buch ist für uns Mädels geschrieben. Und das Beste: irgendwann, nach der Einleitung wechselt der Schauplatz nach Schottland. Mädels: ...

Ok. Titel, Coverbild und Klappentext lassen keinen Zweifel aufkommen: dies Buch ist für uns Mädels geschrieben. Und das Beste: irgendwann, nach der Einleitung wechselt der Schauplatz nach Schottland. Mädels: eine neue Chance auf einen süßen hühnenhaften Highlander mit rauher Schale und zarten Kern. Gell, jetzt werden wir alle zu Sassenachs mutieren?
Schade nur, dass das Buch keine echte Spannung aufkommen lässt. Die böse Konkurrentin aus der Kindheit taucht nicht mehr auf, das Geständnis, sie hätte ihn mit einer anderen am Leuchtturm gesehen wirkt nicht überzeugend, die Begründung, warum sie so lange Jahre sich nicht um die Tante gekümmert hat, wirkt schal und ebenso wenig überzeugend. Sogar der Grund, warum sie die Verlobung in Berlin aufgelöst hat, ist an den Haaren herbeigezogen.
Am Ende löst sich das Buch in einen sirupartigen Friede Freude Eierkuchenbrei auf. Die Sprache ist Schwiegermuttergerecht, leichte triviale Entgleisungen, kataphorische Textverweise verpuffen wirkungslos weil sie zwar spätere Spannung versprechen, letztendlich aber deren Auflösung den Erwartungen nicht entspricht. Schade.
Zwei Sternchen für das süße Titelbild und für den Klappentext. Wer den verfasst hat, hätte auch das Buch schreiben sollen.

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Veröffentlicht am 19.04.2022

Spannendes Wiedersehen mit John Alderney

Die andere Schwester
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Das Autorenduo setzt die spannende Serie um John Alderney fort. Sein alter Widersacher aus den Staaten hat ihn in Schweden ausfindig gemacht, Trevor, sein ehemaliger Freund und Kollege taucht unerwartet ...

Das Autorenduo setzt die spannende Serie um John Alderney fort. Sein alter Widersacher aus den Staaten hat ihn in Schweden ausfindig gemacht, Trevor, sein ehemaliger Freund und Kollege taucht unerwartet in Karlstadt auf und gesteht ihm, dass er die nigerianische Mafia auf den Fersen hat. Wenn John Alderney ihm nicht hilft, wird Ganiru aus dem Gefängnis in Baltimore heraus sie beide und seine Familie in den Staaten töten lassen. Aber dies ist nur die eine Seite des Krimis. Andererseits muss John im Fall einer jungen ermordeten Geschäftsfrau ermitteln. Bald taucht noch ein zweiter Toter auf. Und noch einer. John hat alle Hände voll zu tun zwischen seinen Ermittlungen und der Flucht vor den Killern Ganirus. Hinzu kommt noch seine junge Nichte die bei einer gar nicht so netten Pflegefamilie untergebracht wurde.
Fesselnd geschrieben und mit glaubwürdigen Charakteren, fiebern wir mit Alicia, der Schwester mit den Narben im Gesicht und mit John, der seinem ehemaligen Freund nicht mehr trauen darf und es dennoch tut, mit. Alicia und Stella, die zwei Schwestern verbindet eine Hassliebe seit ihrer Kindheit. Stella ist manipulativ und berechnend, sie weiß, dass sie ohne Alicias Kenntnisse und Fähigkeiten im IT-Bereich nie ihre Dating-App aufziehen könnte. Ihr grausamer Tod setzt eine Kettenreaktion im Gang, die es letztendlich John Alderney ermöglicht, seine Verwicklungen mit Ganirus Auftragskillern mit Stellas Tod zu verbinden und das Ganze in Einklang zu bringen. Spannend konstruiert erscheint die Lösung des Falls plausibel aus dem einfachen Grund: damit ist allen Seiten gedient. Dass die Wahrheit zurechtgebogen werden musste, nehmen wir hin, einfach weil Alicia und John uns sympathisch sind und wir finden, sie sind mit ihren Schicksalen schon genug gestraft. Dass John sich am Ende um seine kleine Nichte kümmert, lässt ihn in unseren Augen noch achtenswerter erscheinen. Genaugenommen hat er aus Notwehr getötet, wie eigentlich Alicia auch. Und damit müssen die beiden leben und wir auch.

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Veröffentlicht am 26.03.2022

Die Frau spricht mir aus der Seele

Einatmen, ausrasten
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Das blühende Leben mit all seinen Hochs und Tiefs schlägt uns aus diesem Buch entgegen. Ich habe mich gleich angesprochen gefühlt. Vom Titel allemal und, nach der Lektüre, verstehe ich auch das schräge ...

Das blühende Leben mit all seinen Hochs und Tiefs schlägt uns aus diesem Buch entgegen. Ich habe mich gleich angesprochen gefühlt. Vom Titel allemal und, nach der Lektüre, verstehe ich auch das schräge Titelbild besser. Manche Szenen sind mir ans Herz gewachsen, so z. B., wenn Eliza das Lamm von der Autobahn rettet und der Fahrer vom anderen Auto sie als „Crazy Lady“ betitelt.
Seien wir doch ehrlich, Mädels. Sobald wir den 50 Geburtstag passiert haben, werden wir unsichtbar. Kein Mann dreht den Kopf mehr nach uns um, kein Bauarbeiter pfeift uns hinterher, und einen Sitzplatz in der U-Bahn kriegen wir auch nicht, entweder weil wir eben uninteressant sind oder noch nicht alt genug, nach Meinung der Männer.
Und Eliza Finch packt das Leben bei den Hörnern. Sie lässt sich nicht unterkriegen. Sie kämpft für die Menschen, die sie liebt, für die Dinge, die ihr wichtig sind. Sie kapert das Boot ihres Mannes, um es vor dem Verkauf zu retten, weil das Boot für ihren Mann Paddy sein ein und alles ist. Eliza setzt sich für ihren autistischen Sohn ein, hilft ihrer Tochter in Herzensangelegenheiten, kämpft dabei gegen die schlimmen Nebenerscheinungen ihres Alters, wehrt sich gegen die Unsichtbarkeit, ist weiterhin attraktiv und sexy. Am Ende des Buches besteht sie alle Krisen, findet Lösungen, um die Probleme ihrer Kinder zu lösen und vor allem: sie findet sich selbst wieder attraktiv und zeigt es auch. Auch das vorher etwas angespannte Verhältnis zu Paddy normalisiert sich, sie finden zu ihrer Liebe zurück.
Der humorvolle Stil, die verbalen Schlagabtausche genannt Dialoge, zwischen den Familienmitgliedern, die abstrusen Abenteuer in denen Eliza wider Willen hineingerät, all dies lassen die Lektüre zu einem wahren Vergnügen werden und täuschen nicht über das ernste Thema hinweg. Denn ja, für uns Frauen ist das Klimakterium ein sehr ernstes Thema.
Dies ist ein Trostbuch für alle Frauen ab 49. Und für die jüngeren ist das Buch ein Ratschlag: Bloß keine Angst vor den Wechseljahren. Die kommen eh, ob wir es wollen oder nicht. Hauptsache wir leiden nicht daran, sondern segeln erhobenen Hauptes durch sie hindurch.

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Veröffentlicht am 26.03.2022

Typische Chick-Lit zum Entspannen

The Way We Fall - Edinburgh-Reihe, Band 1
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An sich ganz netter Liebesroman: ein Bestsellerautor und eine Kellnerin finden zusammen. Jeder von den beiden hat sein Päckchen an Problemen zu tragen und vielleicht lassen sich diese separaten Lasten ...

An sich ganz netter Liebesroman: ein Bestsellerautor und eine Kellnerin finden zusammen. Jeder von den beiden hat sein Päckchen an Problemen zu tragen und vielleicht lassen sich diese separaten Lasten gemeinsam besser tragen. Leider gibt es die üblichen trivialen Entgleisungen wie das "markante Männergesicht" die das Lesevergnügen schmälern. Aber das Titelbild passt zu einem Liebesroman.
Wie gesagt, nett, aber… weshalb die vielen Wiederholungen? Liebe Frau Schäfer, ich hatte es beim ersten Mal schon kapiert, Amelia hat ihr eigenes Leben ganz im Dienst ihrer Schwester Maisie gestellt, nach dem Tod der Eltern. Spätestens beim zweiten Mal haben es garantiert auch die letzten und „dümmsten“ Leserinnen begriffen. Für wen also die 3., 4., 5., 6., usw. Wiederholung? Genauso mit Maisies Weigerung zu sprechen. Oder nehmen wir Jasper, gutaussehend, erfolgreich und voller Schuldgefühle. Tja, da hätten wirklich maximal 3 Wiederholungen gereicht. Als Frauen lesen wir gerne öfters, wenn ein gutaussehender junger Mann die Szene betritt. Aber dermaßen repetitiv? Irgendwann hat ihn garantiert jede Frau über. Ist nicht Jaspers Schuld, sondern der Autorin. Weniger ist oft mehr, Frau Schäfer. Und strafft die Handlung, gibt ihr mehr Schwung.
Wer aber in diesem Roman leider nur eine Nebenrolle spielt, ist Charlotte, die Tante von Maisie und Amelia. Die Frau hat sofort nach dem Tod der Schwester die beiden Waisenmädchen liebevoll bei sich aufgenommen, sie großgezogen, hat es ihnen an nichts fehlen lassen, sich um sie gekümmert. Wir erfahren nicht, wie es ihr ergangen ist. Von kinderlos auf zweifache Mutter in eiem Augenblick, hat sie ihr ganzes Leben auf Amelia und Maisie eingestellt. Aber wo bleibt Charlottes Leben? Was hat sie gefühlt? Gibt es keinen Mann in ihrem Leben? Da hätte ich gerne etwas mehr über sie erfahren.
Fazit: nette aber über Längen strapazierende Lektüre.

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Veröffentlicht am 26.03.2022

Vielschichtig und mit feiner Feder geschrieben

Der große Fehler
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Interessant geschriebener Roman. Zuerst beschreibt Jonathan Lee genau und detailgetreu was Andrew Green getan hat, an jenem Freitag, den 13. November 1903, bis er erschossen wurde. Wir erfahren sogar, ...

Interessant geschriebener Roman. Zuerst beschreibt Jonathan Lee genau und detailgetreu was Andrew Green getan hat, an jenem Freitag, den 13. November 1903, bis er erschossen wurde. Wir erfahren sogar, dass er seinen Kaffee aus exakt 36 Kaffeebohnen gebrüht haben will, was seine Haushälterin für ihn kochen will. Danach schwenkt der Fokus auf seine Kindheit auf einer Farm außerhalb New Yorks. Eine Kindheit und erste Jugendzeit in der so vieles unausgesprochen bleibt. Diese wechselnden Perspektiven, aus Andrews Sicht, aus den Erzählungen von Mrs.Bray, der Haushälterin und den Ermittlungen von Inspector McClusky werden zum Schluss Andrew Greens Leben, Bild und Werk vor unseren Augen entstehen lassen. Und auch den Mord an Andrew Green unspektakulär und der Wahrheit entsprechend aufklären.
Wenn wir das Buch als Krimi betrachten, ist es ein „Raskolnikow“ Krimi oder Inspector Columbo Krimi. Will sagen, wir kennen das Opfer, wir kennen den Täter, wir müssen nur noch erfahren, weshalb die Tat geschah.
Wenn wir das Buch als historischen Roman betrachten, ist es eine hoch interessante Abhandlung über New York, wie Brooklyn ein Teil von New York wurde, wie der Central Park zustande kam, wie und mit welchen Geldern (Achtung, Spoiler: korrupte Gelder) die Brooklyn Bridge gebaut wurde.
Betrachten wir das Buch als einen biographischen Roman: Die agierenden Personen im Buch sind reale, historisch attestierte Personen. Die Homosexualität der beiden Freunde Andrew und Samuel wird sehr diskret und wie nur am Rand behandelt, obwohl sie das Leben der beiden bestimmt hat, mit der ständigen Angst der Entdeckung, der Verdrängung der Gefühle, die nie und unter keinen Umständen offenbart werden dürfen, oftmals auch in der Abgeschiedenheit ihrer Privaträume.
„Der große Fehler“ – worin besteht er denn eigentlich? Ist es ein Fehler einen Menschen zu lieben, mit einer Liebe die die gesellschaftlichen Konventionen der Zeit nicht erlauben? Dann ist es aber nicht der Fehler des Individuums, sondern ein kollektiver Fehler der Gesellschaft. Ist der Tod an Andrew H. Green ein Fehler? Ja, auf jeden Fall, Mord ist immer ein Fehler, nur in diesem Fall ist der Fehler banal und brutal und sinnlos zugleich: Cornelius Williams hält Andrew Green für einen anderen und erschießt ihn. Eine Verkettung von Zufällen führt zur Verwechslung und zur Bluttat.
Das Buch wird von einem feinen, tiefsinnigen, oftmals hintergründigen Humor durchwebt, ab und zu werden ein paar Szenen von geradezu grotesker Intensität erzählt, wie z.B. die Szene in der der angetrunkene Zoopfleger seine Elefantendame Topsy durch die Straßen New Yorks reitet und Topsy mit dem Kopf in der Tür der Polizeiwache steckenbleibt während sich die Polizisten innerhalb des Gebäudes in die Zelllen in Sicherheit bringen. Unübertroffen ist auch die Begründung, mit der Mrs. Bray eine Gehaltserhöhung argumentiert und gewinnt.
Wahrscheinlich ist die Episode mit Topsy auch die ultima ratio für das Titelbild des Buches. Auf jeden Fall passend.

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