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Veröffentlicht am 25.11.2021

Wiedersehen mit Magda Fuchs

Polizeiärztin Magda Fuchs – Das Leben, ein großer Rausch
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Dies ist eine nahtlose und passende Fortsetzung des ersten Romans um Polizeiärztin Magda Fuchs und den interessanten Personen um sie.
Die Zeit der 20er Jahre in Berlin wird detailliert eingefangen: die ...

Dies ist eine nahtlose und passende Fortsetzung des ersten Romans um Polizeiärztin Magda Fuchs und den interessanten Personen um sie.
Die Zeit der 20er Jahre in Berlin wird detailliert eingefangen: die Jeunesse Doree gibt sich dem Vergnügen und dem Kokain hin, die Armen kämpfen ums tägliche Überleben. Hinzu kommt die ungeheuerliche Inflation, das Erstarken verfassungsfeindlicher rechtsextremer Gruppierungen Straßenschlachten, ständig wechselnde Regierungen die nicht gerade zur Stabilisierung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lage beitragen. Neu war mir, dass sich in Berlin eine große Zahl galizischer jüdischer Flüchtlinge als Folge des Ersten Weltkrieges befand. Gerade nur geduldet, den Schikanen der Polizei und der faschistoiden Schlägertruppen ausgesetzt, ohne konkrete Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis, ist es kein Wunder, dass sie sich dem Schwarzmarkt widmen, der wiederum ein Dorn im Auge der Obrigkeit ist. Das schaukelt sich gegenseitig hoch.
Doch zurück zu Magda Fuchs und den anderen Frauen die wir aus dem ersten Roman kennen. Magda ist Polizeiärztin mit einem viel zu niedrigen Einkommen, eröffnet sie eine Praxis für Frauen- und Kinderheilkunde. Doch nicht lange kann sie die Praxis halten. Von ihrer Vermieterin und einigen Frauen bedrängt, weigert sie sich hartnäckig Schwangerschaften abzubrechen. Unter diesen Bedingungen kann sie die Praxis nicht weiterführen. Ihr Mann, der Polizeikommissar Kuno Mehring unterstützt sie und bestärkt sie in ihrer Ablehnung gegenüber Abtreibungen. Ihre Patientinnen sind entweder reiche Frauen die in ihre Praxis zur Konsultation kommen oder Prostituierte und Frauen aus den Armenvierteln die Magda im Gefängnis oder im St, Hedwig-Krankenhaus.
Celia ist vom Tod ihres ersten Mannes freigesprochen worden, es war ein Selbstmord. Sie kann nun Medizin studieren. Edgar, ihr Geliebter, ist schwerreich doch scheint er recht labil zu sein. Celia wird regelrecht in eine Verlobung dann Ehe mit ihm gedrängt.
Die junge Doris lebt nur für ihren Traum, Filmschauspielerin zu werden, nimmt dafür alles in Kauf.
Erika, die Journalistin und neuerdings auch Schriftstellerin, unterstützt Doris und interessiert sich auch für Magdas Arbeit als Polizeiärztin.
Ina, arbeitet sich in der Fürsorge komplett auf, sie versucht mit äußerst begrenzten Mitteln Familien in Not zu helfen. Kinder und Frauen sind die Leidtragenden, während sich die Männer der armen Klassen in Alkohol und Gewalt ertränken.
Über allen grassiert ein Serienmörder, der jungen Frauen – hauptsächlich Prostituierten en passant sozusagen, den Bauch aufschlitzt. Doris, die selbst Opfer des Serientäters wurde, erkennt die Person und Magda kann zur Festnahme beitragen. Dieser Krimi erscheint fast wie eine Nebenhandlung, so sehr nimmt uns das Schicksal der starken und selbstbestimmten Frauen gefangen. Was heute für uns eine Selbstverständlichkeit ist, war damals ein harter Kampf. Studium, Familie und Beruf vereinbaren – das war damals für Frauen keine Selbstverständlichkeit.
Der einfache und geradlinige Erzählstil, etwas zurückhaltend, wenn es um große Gefühle geht, macht das Buch noch attraktiver. Die Recherchen zum Berlin der 20er Jahre sind allumfassend und kommen rüber, ohne in eine Geschichtsvorlesung auszuarten. Einfach aber gekonnt in die Handlung eingebettet, merkt man erst hinterher wieviel Neues man über die Roaring Twenties in Berlin erfährt.

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Veröffentlicht am 21.11.2021

Interessanter Teenie Fantasy mit einigen Schwächen

Feuerblut - Der Schwur der Jagdlinge
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Ein großer gefährlicher Hund aus Stein, merkwürdige Reittiere, Jugendliche die Namen und Geschlecht aufgegeben haben und jetzt nur noch eine Zahl sind. Sie alle verfolgen in einer kalten verschneiten Landschaft ...

Ein großer gefährlicher Hund aus Stein, merkwürdige Reittiere, Jugendliche die Namen und Geschlecht aufgegeben haben und jetzt nur noch eine Zahl sind. Sie alle verfolgen in einer kalten verschneiten Landschaft eine andere Zahl, die von Kobolden entführt wurde. Wenn das nicht fantastische Gründe sind, das Buch zu lesen!
Auf ihrem wilden Ritt durch die zerklüftete und feindliche Landschaft kommen sich die Jugendlichen notgedrungen näher, meistern gemeinsam Gefahren und böse Kreaturen nur um letzten Endes wieder an ihrem Ausgangspunkt zu gelangen und um zu erkennen, dass ihr Heim durch Verrat von Feinden übernommen wurde.
Was mich aber am Buch gestört hat, ist dass es mich zu sehr an Tolkiens Ring-Trilogie erinnert hat. Während Tolkien aber seine Handlung breit angelegt hat, Abenteuer und Verschnaufspausen lösen sich ab, so dass die Ringgefährten und Leser zu Atem holen kommen, geht das bei Fowler nicht. „Atemlos durch die Nacht“ hetzen die drei Jagdlinge und der steinerne Hund und kaum sind sie einer Gefahr entkommen stürzt schon das nächste, größere und gefährlichere Unheil über sie ein. Ein Schlachtengetümmel nach dem anderen, pausenlos bis zum Schlusssatz. Etwas viel Gewalt für meinen Geschmack.
Der Schreibstil ist der Handlung perfekt angepasst: spannend, mitreißend bis zur letzten Seite. So habe ich das Buch auch in kürzester Zeit zu Ende gelesen. Aber der Nachgeschmack war schal.

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Veröffentlicht am 06.11.2021

Ein spannender Roman und zugleich ein interessantes Sachbuch

Die Begegnung. Eine Geschichte über den Weg zum selbstbestimmten Leben
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Im Allgemeinen kann ich mich für Ratgeber zum Leben nicht begeistern. Aber dieses Sachbuch verspricht anders zu sein. Die Leseprobe beginnt wie ein Roman. Keine Spur von erhobenem Zeigefinger, kein Moralisieren, ...

Im Allgemeinen kann ich mich für Ratgeber zum Leben nicht begeistern. Aber dieses Sachbuch verspricht anders zu sein. Die Leseprobe beginnt wie ein Roman. Keine Spur von erhobenem Zeigefinger, kein Moralisieren, kein überheblicher Ton, nach dem Motto: "ich bin perfekt, wer mir nicht folgt ist selber schuld und muss die Konsequenzen tragen." Also lasse ich dieses Buch gelten.
Es beginnt spannend, mit einem alten Mann (und ja, 94 ist alt) der in seine abgelegene Hütte hoch in den Bergen hinauf wandert. In der Nacht bricht ein Gewitter los und er hört und sieht wie jemand im Wald umherirrt. Es ist ein junger Bursche, den er in die Hütte ins Warme holt. Sie erzählen sich gegenseitig ihre Lebensgeschichte und wir können feststellen, sie verläuft ähnlich.
Man hat fast den Eindruck, es gibt bestimmte Gussformen, in die manche Menschen gepresst werden und – auch wenn diese Menschen uns auf den ersten Blick als unangepasst erscheinen – sie ihr Leben dann in die eigenen Hände nehmen und es auf eine erfüllende Weise meistern. Der alte Mann und der Jüngling sind etliche Generationen auseinander. Und doch verbindet sie so vieles. Beide hatten in ihrem Leben einen älteren Mentor, der ihnen den Weg gewiesen hat, sie unterstützt hat, ihnen still und unaufdringlich geholfen hat. Beide sind Meister im Kajakfahren gewesen, der ältere hat sogar eine Polumrundung gewagt und erfolgreich zu Ende geführt.
Ich betone, dieses ist ein Sachbuch. Aber es gibt keine lang- oder kurzatmigen Belehrungen, kein explizites Hinweisen auf den einzig wahren und richtigen Weg, den man gehen muss. Die Lehren, die wir und die zwei Männer ziehen können, so wir wollen, sind schon da. In Sätzen die komplett in der Handlung integriert sind, immanenter Teil davon. Man liest das Buch gerne und fühlt sich am Ende bereichert und nimmt sich vor, immer mal wieder darauf zurückzugreifen.

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Veröffentlicht am 31.10.2021

Ein Teenie-Buch, das auch Erwachsenen gefallen wird

Mädchenmeuterei
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Kirsten Fuchs hat uns hier die langersehnte Fortsetzung des 2015 erschienenen Romans „Mädchenmeute“ präsentiert. Und wie in „Mädchenmeute“ begeben sich dieselben Protagonistinnen auf eine abenteuerliche ...

Kirsten Fuchs hat uns hier die langersehnte Fortsetzung des 2015 erschienenen Romans „Mädchenmeute“ präsentiert. Und wie in „Mädchenmeute“ begeben sich dieselben Protagonistinnen auf eine abenteuerliche Reise übers Meer: Charlotte, Yvette, Freigunda und Antonia. Dieses Mal wollen sie die Fünfte im Bunde, Rabea, genannt Bea retten, die in Marokko in Schwierigkeiten zu stecken scheint. Das Schöne ist, dass die Mädchen nicht plötzlich von sechzehnjährigen Zicken zu sechzehnjährigen Superheldinnen mutieren. Sie zoffen und streiten sich, sooft es irgendetwas zu klären gibt, und das geschieht oft. Sie fallen sich gegenseitig ins Wort, lassen einander nicht ausreden, es kommt zu Unstimmigkeiten. Aber wenn es darauf ankommt, halten sie zusammen wie Pech und Schwefel. Denn eine Fahrt auf einem Containerschiff birgt manchen Zünd- und Gesprächsstoff. Dabei haben die Mädchen alle auch ihre persönlichen Probleme, die sie ja natürlich mit sich schleppen und erst in einer großen Aussprache den anderen davon berichten. Gar nicht so einfach, mit Mobbing fertig zu werden oder Verantwortung für jüngere Geschwister zu übernehmen.
Im Hafen in Marokko kommt es zum großen Showdown, holllywoodmäßig und effektvoll, spannend und mit einem Ausgang der so gar nicht zu Hollywood passt. Aber zum Buch.
Die Handlung wird von Charlotte erzählt, die Schüchterne unter den Vieren. Schüchtern, aber wenn es darauf ankommt, kann sie sich ganz gehörig den Erwachsenen gegenüber behaupten, so wie sie z.B. Francesca, der („Bild“?)-Reporterin heimleuchtet, als wegen ihr die ganze Expedition in Gefahr gerät.
Ich mag diesen Schreibstil, in Ich-Form, als ob man überall und die ganze Zeit mit der Erzählerin dabei sein würde. Es vermittelt einen sehr persönlichen Blickpunkt auf die Welt der Protagonistin, auf ihre Beziehungen zu den Freundinnen, zu den Mitgliedern der Schiffsmannschaft, zu Ihren Eltern, zu ihrem Hund, einfach auf ihr Leben und wie großartig Charlotte es meistert.

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Veröffentlicht am 23.10.2021

Jane Austen von einer neuen, sehr privaten Seite

Von ganzem Herzen ...
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In Zeiten in denen Briefe die einzige Kommunikationsmöglichkeit auf Entfernung war, wurden sehr gepflegte und ausführliche Briefe geschrieben. Der epistolare Stil war nie nachlässig. In der Eile ein paar ...

In Zeiten in denen Briefe die einzige Kommunikationsmöglichkeit auf Entfernung war, wurden sehr gepflegte und ausführliche Briefe geschrieben. Der epistolare Stil war nie nachlässig. In der Eile ein paar Zeilen hingeworfen, achtlos, ohne Form und Stil war undenkbar. Wäre auch mit Gänsekiel und Tintenfass nicht gegangen. Nun hat uns Penelope Hughes Hallett ein bezauberndes Buch vorgelegt. Jane Austens Briefe, aus ihrer Jungendzeit bis zu ihrem viel zu frühen Tod 1817, mit 41 Jahren, unterlegt mit zahlreichen Bildern der Zeit: die zwei Porträts die uns von Jane erhalten sind, die Häuser in denen sie gelebt hat, die Orte, die Stationen ihres Lebens waren, wie Steventon, Bath, Southampton, Chawton. Gestorben ist sie dann in Winchester, beerdigt in der Kathedrale von Winchester.
Das Buch selbst ist in Kapitel unterteilt, die ihren Aufenthalten in den oben aufgezählten Orten entsprechend. Die frühesten erhaltenen Briefe wurden in Steventon geschrieben. Sie zeugen von einer jugendlichen, charmanten, manchmal leicht (wirklich nur eine kleine Prise) boshaften Jane, wie der Brief vom 30. Januar 1801, wo sie sich über Dienstboten auslässt, die zwar untereinander Affären haben dürfen aber bloß keine Kinder!
Interessant in dieser Zeit ist auch Janes Beschäftigung mit Mode. Hauben werden immer wieder geändert um sie öfters tragen zu können, Hutschmuck der zwischen Blumen und Obst variiert, Kleider und Stoffe werden kommentiert. Das Ganze mit einer feinen Dosis Humor kombiniert, wie z:B. im Brief vom 2. Juni 1799, in dem Jane trocken erklärt, dass noch Früchte auf den Hüten fehlen würden, obwohl es sie beim Obst- und Gemüsehändler gäbe.
Die Bemerkung, dass eine Frau aus der Nachbarschaft nach einem Schrecken eine Totgeburt erlitten hat und der Schrecken darauf zurückzuführen sei, sie hätte ihren eigenen Mann angesehen, klingt brutal. Aber Totgeburten waren in jener Zeit etwas Alltägliches. Und vielleicht hat Jane mit solchen Bemerkungen selbst versucht sich abzuhärten, sollte jemand in ihrer Familie eine Totgeburt erleiden.
Später, in Bath, Southampton und Chawton werden die Briefe gelassener, freundlicher, sie zeigen eine reife Jane Austen, die ihre Familie über alles liebt, regen Anteil am Leben und Wohlergehen aller Familienmitglieder nimmt, Brüder, Schwester, Eltern, Neffen, Nichten und vor allem an Cassandra Austen, Janes ältere Schwester. Cassandra und Jane Austen haben nie geheiratet und standen sich Zeit ihres Lebens sehr nahe.
Jane Austens Briefe an Cassandra, an Ihre Brüder, Neffen und Nichten, an Freundinnen aber auch an bekannte Persönlichkeiten, wie den britischen Autor Sir Walter Scott lassen die Autorin lebendig werden vor unseren Augen. In der meisterhaften Übersetzung von Gisella M. Vorderobermeier kommen der pointierte Humor und die Herzenswärme Jane Austens wunderbar zur Geltung.
Immer wieder werden die Briefe mit Passagen aus den Werken von Jane Austen unterlegt, die beweisen, dass ihre Romane durchaus autobiografische Züge tragen aber auch Aspekte der damaligen Zeit darstellen.
Die zahlreichen Bilder (und doch – fast zu wenige) lassen das Buch noch schöner und lebendiger erscheinen. Es sind viele Damen und Herren in eleganter Kleidung abgebildet, aber auch Dienstboten und Zofen, Gärtner, Bauern, Briefträger, arme Leute. Bilder von Steventon, Ansichten von Bath und Chawton oder Cheltenham und Winchester, ein Buchladen in den ich mich auch gerne aufhalten würde, Ausstellungsräume, diverse Arten von Kutschen, Viehmärkte, Gärten und Parkanlagen, häusliche Szenen. Penelope Hughes-Hallett hat uns das Zeitalter von Jane Austen so nahe wie möglich gebracht.
Dieses Buch ist ein Muss für Jane Austen Fans aber auch für Geschichtsinteressierte der Regency-Zeit des britischen Empire.

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