Zuerst einmal das Titelbild: zum Dahinträumen schön: das Licht, das Meer, die Boote im Vorder- und die Stadt im Hintergrund. Einfach nur schön.
Nach einem grauenvollen Prolog wissen wir, dies wird spannend. ...
Zuerst einmal das Titelbild: zum Dahinträumen schön: das Licht, das Meer, die Boote im Vorder- und die Stadt im Hintergrund. Einfach nur schön.
Nach einem grauenvollen Prolog wissen wir, dies wird spannend. Vielleicht liegt es daran, dass immer, wenn Kinder die Opfer jeglicher Art von Gewalt sind, etwas in uns nach Rache und Sühne schreit. Und ohne dass wir wissen, wie die Fälle zusammenhängen, der gefundenen Leichen von Kindern und die ermordeten Männer, ahnen wir etwas. Der Prolog ist so eindringlich und beeindruckend geschrieben, dass wir die Vorstellung, dass jemand Rache nimmt, akzeptieren wenn nicht gar gutheißen können. Die ermordeten Männer haben keine Gemeinsamkeiten, keine Berührungspunkte, sie sind geachtete Mitglieder der Gesellschaft, üben ganz unterschiedliche Berufe aus: Schneider, Apotheker, Gärtnereibesitzer. Der Vierte ist Priester, allseits beliebt, soll zum Bischof ernannt werden, ist uns aber von seinem ersten Auftreten im Roman an unsympathisch. Er liebt den Luxus, entwendet Kirchengelder um seine Residenz verschwenderisch zu renovieren. Wer dabei an Franz-Peter Tebartz -van Elst, den Bischof von Limburg denkt, darf das gerne tun. Das Odeur von Limburger Käse haftet beiden Bischöfen an, dem realen als auch der Romangestalt.
Remy Eyssen ist ein alter Fuchs im Geschäft. Ganz bewusst legt er falsche Fährten, lässt uns einen anderen der Kindermorde verdächtigen als falsche Fährte. Er baut auch andere Episoden ein, um zu zeigen, dass Leon Ritter, der Gerichtsmediziner und seine Freundin, Isabelle Moreau auch ein Privatleben haben, so das heftige Intermezzo das Isabelles Tochter, Lilou mit einem viel älteren Mann hat, oder die Boule-Partien die Leon Ritter sich mit Einheimischen und Touristen liefert. Wunderbar auch die Beschreibung der Atmosphäre von Le Lavandou und Umgebung.
Irgendwann werde ich mein altes Schulfranzösisch zusammenkratzen und in den Midi fahren, die Krimis von Eyssen als Reiseführer.
Stefanie Neeb hat ein interessantes Thema für Ihren Roman gewählt. Die Dementoren bei Harry Potter saugen ihren Opfern den Lebenswillen und alle positiven Gefühle durch einen Kuss aus. Die Partem-Anhänger ...
Stefanie Neeb hat ein interessantes Thema für Ihren Roman gewählt. Die Dementoren bei Harry Potter saugen ihren Opfern den Lebenswillen und alle positiven Gefühle durch einen Kuss aus. Die Partem-Anhänger küssen zwar ihre Opfer nicht, hinterlassen aber anscheinend ähnliche Ergebnisse. Ihre Opfer werden auch nicht mehr ihres Lebens froh.
Die entleerten Menschen erinnern mich an die Opfer der Herren von der Zeitsparkasse, aus Michael Endes „Momo“. Keine Liebe mehr, keine Freude und Freunde, keinen Blick mehr für die schönen Dinge des Lebens. Ob Xenia hier die Rolle der Momo übernehmen wird?
Damit wären wir bei einer der zentralen Gestalten des Buches. Xenia. Xenia scheint ein besonderer Mensch zu sein. Durch ihre besondere Gabe wird sie zur Gefahr für Partem. Aber wieso hört sie solch unangenehme bis schreckliche Geräusche bei Berührung mit anderen Menschen? Ob das mit dieser Eigenschaft zusammenhängt? Wieso ist das Verhältnis zu ihrer Mutter so schlecht? Einerseits beutet Ihre Mutter sie emotional und physisch voll aus, Xenia muss ihre Mutter zu deren Terminen begleiten, sie muss ihrer Mutter jederzeit zur Verfügung stehen, doch wenn sie dann da ist, scheint ihre Mutter sie nicht mehr zu brauchen, kein Interesse an ihr zu haben. Kriegt ihre Mutter womöglich mehr mit von Xenias Problemen? Versucht die Mutter deswegen Xenia möglichst ans Haus zu binden?
Xenia verliebt sich in Jael, dem Anführer der Partem-Gang. Bei Jael hört sie nichts, wenn sie sich berühren. Für Xenia ist dies wie eine willkommene Pause im Sturm ihres Lebens.
Felix ist Xenias bester Freund. Sie ergänzen sich in allen Bereichen, wissen was der andere denkt, usw. Aber als er sich in Chrystal verliebt, gerät er in große Gefahr.
Jael und Chrystal sind die hervorstechendsten Gestalten des Partem vor Ort. Einerseits erkennt Jael Xenias Begabung und müsste sie sofort an Partem ausliefern, damit sie einen qualvollen Tod stirbt. Andererseits fühlt er sich in ihrer Nähe so lebendig wie noch nie, hat Gefühle, kann sie auch zulassen, er wird menschlich. Leider hegen die anderen Partem-Mitglieder den Verdacht, dass Xenia etwas Besonderes ist.
Chrystal ist eine höchst interessante Figur. Sie ist Mitglied der Partem-Gang, ohne aber die Fähigkeit zu besitzen, die positiven Gefühle anderer Menschen auszusaugen. Trotzdem ist sie Teil der Truppe. Ob sie von Partem eingesetzt wurde oder von den Feinden von Partem?
Einen Großteil des Romans nimmt die Party ein, die die Partem-Mitglieder für ihre Mitschüler veranstalten. Diese Party scheint mir ein zentraler Part des Buches zu sein. Es gibt ein „Vor der Party“, dann ein „Während der Party“ und abschließend die „Nachwehen“ der Party. Teilweise musste ich an „La Boum“ denken, wo diese Party genauso im Mittelpunkt war. Zuerst einmal die Frage, wer da alles eingeladen wurde, ok, in Partem wird da jemand ziemlich brutal auch wieder ausgeladen, aber die Party wird schnell zum Schulgespräch. Nach dem Motto „Everybody who’s a Somebody“ wird da eingeladen.
Kommen wir zu den Vorbereitungen zur Party: Besprechungen, wer welche Aufgaben übernehmen soll und was für Gegenstände entwendet werden dürfen, dann Getränke, getrennt für die Gäste und für die Partem-Gang, Security, Handy-Abgabe. Letzteres wohl damit keine Fotos von der Party in den sozialen Medien auftauchen können. Interessant auch die Vorgabe, wer einmal die Party verlässt, darf nicht wieder rein. Es gibt sogar Shuttle-Fahrer um die Partygäste anschließend wieder nach Hause zu fahren. It’s a rich man’s world, Baby!
Trotz aller Vorbereitungen und Besprechungen geht einiges schief auf der Party. Unschickliche Kleidungsstücke gehen verloren, Trennungen von bis dahin festen Liebespaaren, ein unerwünschter Gast taucht auf, ein Partem-Mitglied gibt Felix nicht vom Wasser des Vergessens zu trinken, und sehr aufschlussreiche Gespräche zwischen Partem-Mitgliedern und „Normalos“, oder soll ich sie „Muggel“ Nennen?
Die Nachwehen der Party sind auch interessant. Zuerst einmal melden gleich zwei Partem-Teilnehmer ein „Protectio“ auf zwei „Normalos“ an, was ziemliche Spannungen innerhalb der Gruppe bringt.
Am nächsten Tag stellt sich heraus: Die die vergessen sollten, haben noch ihr Gedächtnis, vollumfänglich und unbeschädigt, die die vergessen haben, kommen trotzdem nicht klar damit, und das ist erst der Sonntag. Was wird wohl in der Schule am Montag alles los sein?
Könnten die jungen Partem-Mitglieder um Jael ihrerseits auch Partem-Opfer sein, und deswegen Partem hörig? Diese Theorie hat etwas, das muss man erst sinken lassen. Es klingt immer mal was durch, bei Jael und Chrystal, dass ihre Kindheit nicht gerade glücklich war und dass sie traumatisierende Erlebnisse hatten. Womöglich sind Akrom, Geno und Rafael auch ähnlich geprägt worden. Das würde auch bedeuten, dass Partem seine Mitglieder nach diesen Kriterien auswählt und erpresst.
Es tauchen interessante Details auf, einige werden aufgeklärt. So z.B. erfahren wir, weshalb die Spielkarte für Fini, Felix‘ kleine Schwester so von Bedeutung ist. Aber was hat es mit der Spieluhr auf sich? Wieso ist die Melodie für Xenia so unangenehm? Woran wird sie erinnert? An ihren unbekannten Vater? Oder ist das der Gegenstand, der Ihrer Mutter gestohlen wurde, als womöglich die Mutter entleert wurde? Aber bei den anderen Menschen waren es unbedeutende Dinge, die man nicht vermisst und leicht ersetzen kann: Kugelschreiber, Kaugummi, eine Spielkarte, Haargummis, Lippenstift, usw. Eine Spieluhr ist doch etwas Besonderes, oder? Könnte Xenias Mutter überhaupt entleert worden sein, so abweisend und schrill, wie sie sich verhält? Das könnte die Erklärung sein, wieso Xenias Mutter dermaßen Ego-Zentriert ist, das exakte Gegenteil von Felix und Finis Mutter.
Der dritte Teil des Buches hat mich schwer enttäuscht. Ich habe atemlos mitgefiebert, und dann war da das plötzliche abrupte Ende. Ein Cliffhanger reinsten Wassers. Das finde ich aber sowas von fies!!! Kein einziger der Handlungsstränge gelangt irgendwie auch nur zu einem klitzekleinen Ende. Weder wissen wir ob Jael Xenia die entwendete Spielkarte zurückbringt oder sie doch Partem meldet, noch wissen wir wie es Chrystal ergeht, findet sie zu Felix zurück oder wieso sie zu Partem muss, wir wissen gar nix! Wenigstens einen kleinen Brocken hätte uns Stefanie Neeb da hinwerfen können. Bis Januar 22 zu warten, wird lang. Und womöglich wird das noch nicht die Auflösung sein, sondern es kommt dann irgendwann 2023 …? Ach, Frau Neeb, musste das sein?
Carolin Sophie Göbel macht einen Klasse Job bei diesem Hörbuch, ihre Stimme verleiht allen Personen einen eigenen Charakter. Unglaublich wie sie die Sprache modulieren und flektieren kann, die ganze Bandbreite und Koloratur ihrer Stimme erweckt das Buch zum Leben.
Julia Schnetzer nimmt uns mit auf eine faszinierende Reise durch die Weltmeere. Ob riesige Wale, leuchtende Haie, winzige Wasserinsekten oder Aquaviren, sie erzählt faszinierend, manchmal durchsetzt mit ...
Julia Schnetzer nimmt uns mit auf eine faszinierende Reise durch die Weltmeere. Ob riesige Wale, leuchtende Haie, winzige Wasserinsekten oder Aquaviren, sie erzählt faszinierend, manchmal durchsetzt mit flapsigen Bemerkungen, aber immer voll Hochachtung vor dem Meer und seinen Bewohnern. Sie spricht das Thema des Plastikmülls in den Weltmeeren offen und sehr detailliert an, weist auf die vielen Tiere hin, die durch den Müll sterben und geht auch auf den Mikroplastik ein, der in die Nahrungskette der Meerestiere und dadurch letztendlich auch auf unseren Tellern gelangen kann.
Die Meeresbiologin erklärt Zusammenhänge im Lebensraum Ozean, weist aber auch auf viele ungelöste Fragen hin.
Das Buch ist faszinierend, sehr informativ. Manche Schulbuchverfasser könnten sich an diesem Buch ein Beispiel nehmen, wie man Wissen fundiert und interessant gestalten kann. Spannend und emotional, das sind Adjektive, die man selten mit einem Sachbuch in Verbindung bringt. Und doch vereint dieses Buch diese Eigenschaften.
Das Einzige, was ich schade finde: ich vermisse Unterwasseraufnahmen, die in einem solch wunderbaren Buch eigentlich zu erwarten wären. Es gibt zwar durchaus anschauliche Zeichnungen und Skizzen, aber ein paar Fotos hätten die Botschaft des Buches weitergetragen: Lasst uns die Weltmeere und ihre Bewohner schützen. Stoppt die Meeresverschmutzung, die Überfischung und Zerstörung des Meeresbodens um Bodenschätze abzuschöpfen.
Thomas Bento hat einen gut gemachten Krimi geliefert, der Lust auf eine Fortsetzung macht. Die agierenden Personen sind klar definiert, ihre Motivation für einen Mord ist nachvollziehbar. Der Reihe nach ...
Thomas Bento hat einen gut gemachten Krimi geliefert, der Lust auf eine Fortsetzung macht. Die agierenden Personen sind klar definiert, ihre Motivation für einen Mord ist nachvollziehbar. Der Reihe nach rücken die Mitglieder der inhomogenen Reisegruppe als Tatverdächtige in den Vordergrund um dann wieder aus dem Fokus zu verschwinden. Die falschen Fährten, denen Comissario Torres und seine selbsternannte Assistentin Laura akribisch nachgehen sind interessant und wirken nicht wie aufgesetzt, nur um die Handlung zu verlängern. Zur eigentlichen Handlung: das arme Mordopfer hat seinen Tod mehr als verdient. Ziemlich bald weinen wir ihm keine Tränen mehr nach.
Achtung, Spoiler! Etwas zwiespältig empfand ich das Verhältnis zwischen Laura und dem Kommissar. Einerseits ist da eine gewisse Attraktion zwischen ihnen, es knistert direkt. Aber keiner will dem so richtig nachgeben. Laura, weil sie sich nicht sicher ist, ob das nicht nur geschehen würde um sich an Matthias zu rächen, den sie in Flagranti erwischt hat. Maurice Torres hat zwei Jahre zuvor seine Frau verloren und kann ihren Verlust nicht verwinden. Jetzt tut er sich schwer Gefühle für eine andere Frau zuzulassen.
Kommen wir zur wahren Hauptgestalt des Krimis: die Insel Madeira. Sie wird so schön beschrieben, Land, Flora und Leute, dass ich mich am liebsten in den ersten Flieger nach Madeira setzen würde. Jetzt habe ich Fernweh nach einer wunderschönen Insel mit höflichen, herzenswarmen und freundlichen Menschen und einer hervorragenden Küche.
Der Schreibstil ist angenehm flüssig, ab und zu mit einer gehörigen Prise Humor gewürzt, man denke an den Vortrag über die Magie der Steine denen sich Laura ausgesetzt sieht. Ab und zu leider eine leichte Abdrift ins Triviale, ich sage nur "markantes Kinn" aber das tut dem Krimi keinen allzu "markanten" Abbruch.
Stellt Euch vor, ihr seid jung, verbringt einige Zeit auf einer griechischen Insel, umgeben von anderen jungen Leuten, und Jahre später stellt ihr fest, diese jungen Leute sind Menschen die dieses Jahrzehnt ...
Stellt Euch vor, ihr seid jung, verbringt einige Zeit auf einer griechischen Insel, umgeben von anderen jungen Leuten, und Jahre später stellt ihr fest, diese jungen Leute sind Menschen die dieses Jahrzehnt geprägt haben, sie sind Schriftsteller, Dichter, Fotografen, Maler, Liedermacher. Sie kommen von überall her, Australien, England, Norwegen, Kanada. Sie bilden eine Gemeinschaft auf dieser Insel, die Expats, sie lieben sich, sie streiten sich, sie schreiben, dichten, singen, trinken, malen, ab und zu kiffen sie. Aber vor allem: sie sind jung, haben sich von der Generation ihrer Eltern und vom Krieg losgelöst, denn es ist der Anfang eines neuen Jahrzehnts, wir schreiben das Jahr 1960. Die Männer beginnen die Haare länger zu tragen, die Frauen trauen sich gegen Väter oder Ehemänner aufzulehnen, sie merken, sie haben ein Recht auf ein eigenes Leben, eigenes Schaffen. Das Leben auf Hydra, unweit von Piräus ist nicht leicht für die Expats. Und doch ist es sehr fruchtbar für ihr künstlerisches Schaffen.
Da sind einmal die Australier George Johnston und seine Frau Charmian Clift. Sie sind Schriftsteller, Bohémiens, führen auf Hydra ein offenes Haus, beherbergen viele andere Expats, unter anderem auch Erica, die junge Engländerin, aus deren Sicht das eine Jahr auf Hydra beschrieben wird. Sie erlebt wie die Ehe zwischen dem norwegischen Schriftsteller Axel Jensen und Marianne Ihlen zerbricht, wie die Liebe zwischen Marianne Ihlen und Leonard Cohen ihren Anfang nimmt. Erica lernt Gregory Corso, einen amerikanischen Dichter und Freund von Leonard Cohen kennen, den Fotografen James Burkes, den amerikanischen Schriftsteller Gordon Merrick, den Neuseeländer Redmond „Bim“ Wallis“ und noch einige andere.
Das Leben auf Hydra ist nicht einfach damals, 1960, kein fließendes Wasser, kein elektrischer Strom, die Insel selbst ist steinig und felsig, die Treppen bestimmen das Straßenbild.
Polly Samson lässt uns am Leben dieser Künstler teilhaben, zeigt sie in all ihrer Jugend, mit ihren Sorgen, Nöten, Ängsten, aber auch mit ihrer unglaublichen Lebensfreude und Lebensbejahung. Die Zeit auf Hydra wird für die Künstlerkolonie zu einer formativen Zeit, hier und jetzt wird der Grundstein gelegt für ihr späteres künstlerisches Schaffen und Wirken, auch wenn einige von Ihnen schon vorher, ihre Frühwerke veröffentlicht sehen.
Manchmal liest sich das Buch wie ein Tagebuch, dann wieder wie ein Roman über die Liebe all der Expats, ihrer Dramen, ihre offenen oder unterschwelligen Streitigkeiten. Es muss schön und berauschend damals, auf Hydra gewesen sein.