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Veröffentlicht am 30.08.2020

Wie schnell eine Zivilisation verschwinden kann!

Das Dorf (Finsterzeit 1)
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Sind moralische Werte und Ideale nur getüncht auf uns? Wie schnell kann der Zivilisationslack abgekratzt werden, wenn es ums nackte Überleben geht?
Wie war es wohl damals, als das römische Reich zerfiel ...

Sind moralische Werte und Ideale nur getüncht auf uns? Wie schnell kann der Zivilisationslack abgekratzt werden, wenn es ums nackte Überleben geht?
Wie war es wohl damals, als das römische Reich zerfiel und keine Staatsmacht mehr den Einzelnen schützen konnte? Da taten sich Menschen zusammen, zu kleineren oder größeren Gruppen, Rotten, Banden und versuchten sich im Kampf ums Überleben durchzuschlagen, ohne Rücksicht auf Verluste. Genau so ergeht es in diesem Buch den Hauptfiguren. Manchen von ihnen gelingt es, sich ihre Menschlichkeit zu bewahren und andere zu retten, andere hinwieder werden zu Despoten und drücken ihre eigenen Regeln durch. Teilweise hat mich das Buch auch an „Der Werwolf“ von Hermann Löns erinnert.
Sandra Toth platziert ihren Roman in eine nicht zu entfernte Zukunft, als ein Blackout sämtliche Infrastruktur vernichtet. Die Menschen werden in das tiefste Mittelalter des ersten Jahrtausends zurück geschmissen. Interessant ist, wie sich da zwei unterschiedliche Strukturen herausbilden: Eine Gemeinschaft lebt demokratisch und friedlich zusammen, hilft anderen in der Not und besinnt sich auf seine Menschlichkeit. Die andere Gemeinschaft wird autokratisch von einem einzelnen Mann regiert, wer seine willkürlichen Regeln nicht befolgt, wird brutal niedergeschlagen. Der krasse Gegensatz zwischen diesen beiden Gemeinschaften beherrscht das Buch.
Der neue Ökothriller der in manchen Punkten an die Mad Max Filme erinnert, zeigt ein mögliches Szenario. Ein passendes Coverbild und treffender Titel unterstützen das Ganze.

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Veröffentlicht am 20.08.2020

KD Pratz und der kleinkarierte Kulturalltag

Ein Mann der Kunst
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Faszinierend, wie unsere Steuergelder verbraten werden. Dieses Mal nicht für Industriehallen die dann brach liegen oder ewige Flughafenbauten oder Autobahnen, die ins Nichts führen. Dieses Mal für den ...

Faszinierend, wie unsere Steuergelder verbraten werden. Dieses Mal nicht für Industriehallen die dann brach liegen oder ewige Flughafenbauten oder Autobahnen, die ins Nichts führen. Dieses Mal für den Bau eines Museumsgebäudes. Eigentlich etwas Positives. Für Kunst haben Regierungen nie viele Mittel übrig. Aber da überbieten sich zwei Staatsfunktionäre mit Millionen, die sie ja nicht aus eigener Tasche bezahlen müssen, einfach um gut da zu stehen und den anderen zu überbieten. Den Kuratoren und Förderverein des Museums Wendevogel kann es nur recht sein. Und weil der Neubau einem noch lebenden Künstler gewidmet sein soll und der Förderverein sich aber darüber nicht einig ist, wird eine Busfahrt zur Burg ebendieses Künstlers organisiert. KD Pratz, der Künstler, lebt zurückgezogen auf einer Burg am Rhein. Vom Künstlerzirkus und dem ganzen kleinkarierten Gehabe und Getue will er nichts wissen. Und ausgerechnet auf ihn trifft nun eine ganze Busladung solcher Kunstförderer und selbsternannter Kunstkenner. Herrlich. Was als „Bildungsbürgerbespaßung“ beginnt, endet mit einem sehr engagierten Künstler der hingebungsvoll alle Werke seiner letzten Jahre, die bisher noch nie jemand zu Gesicht bekommen hat, vernichtet. Und der gesamte Förderverein hilft ihm dabei.
Ich habe die Sprache in diesem Buch geliebt. Einerseits einfache, schlichte Narration, mit angenehm lesbaren Sätzen, andererseits die hoch gestochenen Diskurse der Förderverein Mitglieder oder des Kurators Michael Neuhuber. Begriffe wie „Neo-Brutalismus“ in der Architektur, der „abstrakt-skulpturale Charakter“ eines Baus. (Seite 130) oder „Gegenständlichkeit in der Moderne, Gegenständlichkeit nach der großen Unterbrechung durch die abstrakte Kunst“ (Seite 132) fallen locker und wirken gekünstelt und überheblich. Der Redner will nicht das Werk loben, sondern seine eigene Überlegenheit vor den anderen, die nicht eines solch geschraubten Wortschatzes mächtig sind. Ich habe diese Reden genossen. Sie erinnern mich sehr an einige Vernissagen, wo die Redner keinen einfachen Satz zusammenkriegten, lauter künstlerisches Geschwafel.

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Veröffentlicht am 13.08.2020

OJ & ER – ein Liebespaar das Romeo und Julia in nichts nachsteht

#ichwillihnberühren
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Dieses Buch löst Polarisierungen auf. Wer bis dato eine Aversion gegen gleichgeschlechtliche Liebe hatte und Vorurteile hegte, kann sie nach der Lektüre kaum aufrecht erhalten. Die Probleme die sich in ...

Dieses Buch löst Polarisierungen auf. Wer bis dato eine Aversion gegen gleichgeschlechtliche Liebe hatte und Vorurteile hegte, kann sie nach der Lektüre kaum aufrecht erhalten. Die Probleme die sich in der Anbahnung einer gleichgeschlechtlichen Beziehung auftun, der Zwiespalt, die Unsicherheit, die Angst vor Ablehnung, Blamage, Spott, die heimliche Liebe die nicht gezeigt werden darf und die doch mit aller Macht nach außen dringt, all das wird hier meisterhaft beschrieben. Zu keiner Zeit aufdringlich, vulgär oder stereotyp, ist der Stil alltagstauglich und eben wie er heutzutage in Chats gepflegt wird. Was ich toll fand, war das in den Chats keine Trolle zu Wort kamen. Überhaupt die Chats, die kann man insgesamt und in corpore als wichtige Nebencharaktere neben den zwei Hauptgestalten betrachten. Sei es der Chat mit der einen Freundin, oder der große Chat mit der Jodel-Community, beide sind voller Ratschläge, Tipps, stehen den jungen Männern zur Seite. Die vielen Emoticons die die Kommentare begleiteten fand ich passend. (Ich gestehe, ich verwende auch recht viele in meinen Chats). Und das Cover des Buches war einfach nur toll, all die Emoticons und Zeichen die unsere Interaktion mit Handy oder I-Phone begleiten waren alle da.

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Veröffentlicht am 13.08.2020

Tapfere Clara!

Das Geheimnis von Shadowbrook
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Beeindruckendes Buch. Eine junge Frau die eigentlich ihre ganze Kindheit im Haus ihrer Eltern verbracht hat wegen ihrer seltenen Behinderung, nimmt nach dem Tod der Mutter eine interessante und gut bezahlte ...

Beeindruckendes Buch. Eine junge Frau die eigentlich ihre ganze Kindheit im Haus ihrer Eltern verbracht hat wegen ihrer seltenen Behinderung, nimmt nach dem Tod der Mutter eine interessante und gut bezahlte Stelle an: sie soll ein Glashaus mit exotischen Pflanzen einrichten. In dem Gutshaus, das zum Glashaus gehört, soll es spuken, eine böse Frau hat da früher gelebt und nun, nach ihrem Tod, geistert sie anscheinend immer noch herum. Aber Clara, unsere kleine, tapfere und kluge Heldin mit der Glasknochenkrankheit ist nicht so leicht zu überzeugen. Lange zweifelt sie, ob dem auch wirklich so sei. Auch hat sie so ihre Bedenken, ob die Verstorbene wirklich derart böse und lasterhaft ungehemmt war, oder ob da nicht andere Interessen im Spiel sind. Letztlich lässt sie sich überzeugen, denn alle im Haus, der Hausbesitzer, die Wirtschafterin, die Hausmädchen, alle sind fest überzeugt, im Haus geht ein Geist rum, schmeißt die Bilder von den Wänden, bringt alle Blumen zum Verwelken, geht nächtens durch die Flure, dringt in die Zimmer ein, beschädigt und rüttelt an Türen. Es dauert lange, bis Clara dahinterkommt, was da gespielt wird, wer ihr Arbeitgeber ist, was für eine Bewandtnis es mit dem Geisterjäger hat, weshalb die Haushälterin das Haus verlässt. Das ist alles sehr spannend und dramatisch geschrieben, wie in einem echten Gothik Novel.
Was das Buch aber so interessant macht, ist wie Clara mit ihrer Behinderung umgeht. Wir schreiben immerhin das Jahr 1914, im Sommer vor Ausbruch des ersten Weltkrieges. Die medizinischen Kenntnisse über diesen seltenen Gendeffekt waren fast null, es ist ein Wunder, dass Clara überhaupt ihre Kindheit überlebt hat. Clara wurde daheim von ihrer Mutter Charlotte unterrichtet, weil draußen viel zu viele Gefahren für das Kind drohten. Aber auch daheim war sie nicht sicher. Heftig Niesen, mit dem Zeh gegen ein Möbelstück stoßen, mal kurz ans Treppengelände stoßen, Bewegungen die wir für uns gar nicht mehr wahrnehmen, endeten für Clara in Knochen- und Rippenbrüche. Trotzdem gelang es ihr immer wieder, sich aufzuraffen, sich nicht unterkriegen zu lassen. Das war ihre Kindheit. Ohne andere soziale Kontakte als Mutter, Stiefvater, Dienstboten. Auch Claras Herkunft ist rätselhaft. Und klärt sich später restlos auf.
Clara, die junge, zarte zerbrechliche Clara ist zäh und hartnäckig und gibt nicht auf, bis nicht alle Geheimnisse von Shadowbrook restlos aufgedeckt sind. Ihre Glasknochenkrankheit ist für sie eher ein Ansporn denn ein Hindernis ihr Elternhaus zu verlassen, die Welt zu erkunden, neue Menschen zu erkunden. Zuerst in Kew Gardens, danach in Shadowbrook. Während des ersten Weltkrieges verwandelt sie Shadowbrook in ein Sanatorium für Kriegsverletzte. Sie, die so schwer gezeichnete bringt das richtige Verständnis für die vom Krieg gezeichneten Menschen, hilft ihnen sich aufzurichten, das Leben zu meistern.

Ich finde Clara ist ein richtiger Held. Ohne Superkräfte, ohne Gewalt, macht sie die Welt ein Stückchen besser. Geduldig, in kleinen Schritten aber sehr präsent. Tapfere Klara!

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Veröffentlicht am 13.08.2020

Ich will auch solch ein Baumhaus

Das Licht in meiner Dämmerung
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Netter Liebesroman mit einem hollywoodreifen Auftakt: Eine junge Frau flieht mit verbundenen Händen durch einen dichten finstern Wald, verfolgt von zwei Verbrechern. Es gelingt ihr zu entkommen und bei ...

Netter Liebesroman mit einem hollywoodreifen Auftakt: Eine junge Frau flieht mit verbundenen Händen durch einen dichten finstern Wald, verfolgt von zwei Verbrechern. Es gelingt ihr zu entkommen und bei Ethan McConnor einem einsamen Förstermeister, Unterschlupf zu finden. Die zwei kommen sich langsam näher, bis die Verbrecher wiederauftauchen und es zum großen Showdown kommt. Erneut hollywoodreife Action am Ende derer die Verbrecher besiegt und gefesselt auf den Sheriff warten und Ethan und Eleonore in den Sonnenuntergang reiten. Das wäre ganz kurz und sehr vereinfacht das Buch erzählt. Aber das wäre nicht gerecht, denn die Art und Weise wie sich die zwei Protagonisten näherkommen, wie sie lernen ihre Ängste und Zweifel zu besiegen und einander zu vertrauen, das macht das Buch eigentlich so anziehend. Aber was mich am Allermeisten fasziniert hat, ist das Baumhaus in dem Ethan wohnt. Es ist ein Schloss von einem Baumhaus, der Maibach unter den Baumhäusern: Es hat Küche, Wohnzimmer mit Kamin, Küche und Bad mit fließend Wasser und Toilette, Schlafzimmer und ein Lesezimmer. Und alles in 7 m Höhe. Ich würde sofort da einziehen. Vor allem: Einen Fahrstuhl gibt es auch!!!

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