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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 13.08.2020

OJ & ER – ein Liebespaar das Romeo und Julia in nichts nachsteht

#ichwillihnberühren
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Dieses Buch löst Polarisierungen auf. Wer bis dato eine Aversion gegen gleichgeschlechtliche Liebe hatte und Vorurteile hegte, kann sie nach der Lektüre kaum aufrecht erhalten. Die Probleme die sich in ...

Dieses Buch löst Polarisierungen auf. Wer bis dato eine Aversion gegen gleichgeschlechtliche Liebe hatte und Vorurteile hegte, kann sie nach der Lektüre kaum aufrecht erhalten. Die Probleme die sich in der Anbahnung einer gleichgeschlechtlichen Beziehung auftun, der Zwiespalt, die Unsicherheit, die Angst vor Ablehnung, Blamage, Spott, die heimliche Liebe die nicht gezeigt werden darf und die doch mit aller Macht nach außen dringt, all das wird hier meisterhaft beschrieben. Zu keiner Zeit aufdringlich, vulgär oder stereotyp, ist der Stil alltagstauglich und eben wie er heutzutage in Chats gepflegt wird. Was ich toll fand, war das in den Chats keine Trolle zu Wort kamen. Überhaupt die Chats, die kann man insgesamt und in corpore als wichtige Nebencharaktere neben den zwei Hauptgestalten betrachten. Sei es der Chat mit der einen Freundin, oder der große Chat mit der Jodel-Community, beide sind voller Ratschläge, Tipps, stehen den jungen Männern zur Seite. Die vielen Emoticons die die Kommentare begleiteten fand ich passend. (Ich gestehe, ich verwende auch recht viele in meinen Chats). Und das Cover des Buches war einfach nur toll, all die Emoticons und Zeichen die unsere Interaktion mit Handy oder I-Phone begleiten waren alle da.

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Veröffentlicht am 13.08.2020

Tapfere Clara!

Das Geheimnis von Shadowbrook
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Beeindruckendes Buch. Eine junge Frau die eigentlich ihre ganze Kindheit im Haus ihrer Eltern verbracht hat wegen ihrer seltenen Behinderung, nimmt nach dem Tod der Mutter eine interessante und gut bezahlte ...

Beeindruckendes Buch. Eine junge Frau die eigentlich ihre ganze Kindheit im Haus ihrer Eltern verbracht hat wegen ihrer seltenen Behinderung, nimmt nach dem Tod der Mutter eine interessante und gut bezahlte Stelle an: sie soll ein Glashaus mit exotischen Pflanzen einrichten. In dem Gutshaus, das zum Glashaus gehört, soll es spuken, eine böse Frau hat da früher gelebt und nun, nach ihrem Tod, geistert sie anscheinend immer noch herum. Aber Clara, unsere kleine, tapfere und kluge Heldin mit der Glasknochenkrankheit ist nicht so leicht zu überzeugen. Lange zweifelt sie, ob dem auch wirklich so sei. Auch hat sie so ihre Bedenken, ob die Verstorbene wirklich derart böse und lasterhaft ungehemmt war, oder ob da nicht andere Interessen im Spiel sind. Letztlich lässt sie sich überzeugen, denn alle im Haus, der Hausbesitzer, die Wirtschafterin, die Hausmädchen, alle sind fest überzeugt, im Haus geht ein Geist rum, schmeißt die Bilder von den Wänden, bringt alle Blumen zum Verwelken, geht nächtens durch die Flure, dringt in die Zimmer ein, beschädigt und rüttelt an Türen. Es dauert lange, bis Clara dahinterkommt, was da gespielt wird, wer ihr Arbeitgeber ist, was für eine Bewandtnis es mit dem Geisterjäger hat, weshalb die Haushälterin das Haus verlässt. Das ist alles sehr spannend und dramatisch geschrieben, wie in einem echten Gothik Novel.
Was das Buch aber so interessant macht, ist wie Clara mit ihrer Behinderung umgeht. Wir schreiben immerhin das Jahr 1914, im Sommer vor Ausbruch des ersten Weltkrieges. Die medizinischen Kenntnisse über diesen seltenen Gendeffekt waren fast null, es ist ein Wunder, dass Clara überhaupt ihre Kindheit überlebt hat. Clara wurde daheim von ihrer Mutter Charlotte unterrichtet, weil draußen viel zu viele Gefahren für das Kind drohten. Aber auch daheim war sie nicht sicher. Heftig Niesen, mit dem Zeh gegen ein Möbelstück stoßen, mal kurz ans Treppengelände stoßen, Bewegungen die wir für uns gar nicht mehr wahrnehmen, endeten für Clara in Knochen- und Rippenbrüche. Trotzdem gelang es ihr immer wieder, sich aufzuraffen, sich nicht unterkriegen zu lassen. Das war ihre Kindheit. Ohne andere soziale Kontakte als Mutter, Stiefvater, Dienstboten. Auch Claras Herkunft ist rätselhaft. Und klärt sich später restlos auf.
Clara, die junge, zarte zerbrechliche Clara ist zäh und hartnäckig und gibt nicht auf, bis nicht alle Geheimnisse von Shadowbrook restlos aufgedeckt sind. Ihre Glasknochenkrankheit ist für sie eher ein Ansporn denn ein Hindernis ihr Elternhaus zu verlassen, die Welt zu erkunden, neue Menschen zu erkunden. Zuerst in Kew Gardens, danach in Shadowbrook. Während des ersten Weltkrieges verwandelt sie Shadowbrook in ein Sanatorium für Kriegsverletzte. Sie, die so schwer gezeichnete bringt das richtige Verständnis für die vom Krieg gezeichneten Menschen, hilft ihnen sich aufzurichten, das Leben zu meistern.

Ich finde Clara ist ein richtiger Held. Ohne Superkräfte, ohne Gewalt, macht sie die Welt ein Stückchen besser. Geduldig, in kleinen Schritten aber sehr präsent. Tapfere Klara!

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Veröffentlicht am 13.08.2020

Ich will auch solch ein Baumhaus

Das Licht in meiner Dämmerung
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Netter Liebesroman mit einem hollywoodreifen Auftakt: Eine junge Frau flieht mit verbundenen Händen durch einen dichten finstern Wald, verfolgt von zwei Verbrechern. Es gelingt ihr zu entkommen und bei ...

Netter Liebesroman mit einem hollywoodreifen Auftakt: Eine junge Frau flieht mit verbundenen Händen durch einen dichten finstern Wald, verfolgt von zwei Verbrechern. Es gelingt ihr zu entkommen und bei Ethan McConnor einem einsamen Förstermeister, Unterschlupf zu finden. Die zwei kommen sich langsam näher, bis die Verbrecher wiederauftauchen und es zum großen Showdown kommt. Erneut hollywoodreife Action am Ende derer die Verbrecher besiegt und gefesselt auf den Sheriff warten und Ethan und Eleonore in den Sonnenuntergang reiten. Das wäre ganz kurz und sehr vereinfacht das Buch erzählt. Aber das wäre nicht gerecht, denn die Art und Weise wie sich die zwei Protagonisten näherkommen, wie sie lernen ihre Ängste und Zweifel zu besiegen und einander zu vertrauen, das macht das Buch eigentlich so anziehend. Aber was mich am Allermeisten fasziniert hat, ist das Baumhaus in dem Ethan wohnt. Es ist ein Schloss von einem Baumhaus, der Maibach unter den Baumhäusern: Es hat Küche, Wohnzimmer mit Kamin, Küche und Bad mit fließend Wasser und Toilette, Schlafzimmer und ein Lesezimmer. Und alles in 7 m Höhe. Ich würde sofort da einziehen. Vor allem: Einen Fahrstuhl gibt es auch!!!

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Veröffentlicht am 13.08.2020

Beklemmend und anklagend

Guten Morgen, Genosse Elefant
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Zuerst dachte ich es handelt sich um eine Beschreibung der stalinistischen Ära aus der Perspektive eines „tumben Tors“, eines Kindes das unschuldig mitten ins Machtzentrum Sowjetrusslands der fünfziger ...

Zuerst dachte ich es handelt sich um eine Beschreibung der stalinistischen Ära aus der Perspektive eines „tumben Tors“, eines Kindes das unschuldig mitten ins Machtzentrum Sowjetrusslands der fünfziger Jahre geworfen wird. Aber es ist viel mehr als das. Das Buch zeigt die ganze Schonungslosigkeit eines menschenverachtenden Regimes auf, in der sich die Potentaten gegenseitig verraten und zerfleischen, eines Regimes das selbst vor Kindern nicht halt macht. Sie werden gefoltert, verstümmelt, in den Kerker geworfen. Ein Regime dem Menschenleben nichts gelten, ganze Berufs- und Völkergruppen werden in den Gulag gesperrt oder hingerichtet, Hungersnot wird mit einem Achselzucken abgetan, solange der eigene Tisch reich gedeckt ist und der Wodka fließt.
Einziger Lichtblick: der stählerne Vater des Vaterlandes, die Sonne der Sowjetvölker, der Gärtner menschlichen Glücks, der Architekt der Freude, überlebt all seine Schlaganfälle und wird aber von „Bruhah“ (Beria) heimlich auf die Straße geworfen, wo er unter Pennern und Alkoholikern seine letzten Tage fristet, von einstiger Macht und Rache träumend. Wer liegt aber einbalsamiert im Sarg? Es ist einer der Doppelgänger Stalins, die nur ihres Aussehens wegen ein Leben im Verborgenen führen müssen und bei diversen öffentlichen Auftritten Stalins in Erscheinung treten. Bruhah (Beria) der sadistische Leiter des sowjetischen Geheimdienstes lässt es sich nicht nehmen, Juri, den etwas einfältig wirkenden aber hoch intelligenten Jungen persönlich die Nase zu brechen, einen Finger abzuschneiden, ihn in einer Zelle in der Lubjanka ohne Nahrung und Wasser fast verrotten zu lassen. Kleine Genugtuung: wenige Monate nach Stalins Tod wird Beria auch verhaftet und der Prozess gemacht. Onkel Kruschka im Buch ist in Wahrheit Stalins Nachfolger, Nikita Chruschtschow, der die von Beria begonnene Entstalinisierung massiv vorantrieb.
Auch die anderen im Buch genannten Potentaten gab es wirklich, gehörten zu Stalins Dunstkreis und haben Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen.
Der einzige der Machthaber, der Juri vor Beria in Schutz nimmt nach Stalins Tod, ist Bulgirow, im echten Leben Nikolai Bulganin, späterer Ministerpräsident der UdSSR.
Der Titel des Buches ergibt sich aus einem Vergleich den Juri zwischen Stalin und Genossen Schango zieht, dem boshaften Elefant des Moskauer Zoos. „Wie der andere Genosse Elefant ist er jemand, der sich an seiner Rache freut“ (S. 238).
Das Titelbild ist zweideutig: ist es nur der rote Sowjetstern oder ist es auch gleichzeitig eine abgewandelte Halsgeige, das mittelalterliche Folterinstrument? Das Buch hinterlässt einen bitteren Geschmack. Juri überlebt. Aber wie? Er steht nun ganz alleine da. Er weiß nun, dass seine Mutter tot ist. In der Lubjanka lag er eine Zeitlang in einer Zelle, in der Nachbarzelle lag sein Vater. Sie verständigten sich durch Klopfzeichen, bis der Vater eines Tages zu schwach war, noch zu klopfen. Juri aber glaubt, sein Vater wurde fort gebracht und nun hofft er und wartet auf seine Rückkehr. Eine Rückkehr die immer unwahrscheinlicher wird.
Die Sprache ist zauberhaft: naiv, humorvoll aber durch ihre Bildhaftigkeit und unerwarteten Redewendungen stimmt sie uns nachdenklich, lässt uns oft erst im Nachhinein das ganze Ausmaß der erzählten Begebenheiten gewahr werden.
Doch trotz der Bitterkeit, das Buch ist faszinierend, es ist schön, es ist bittersüß. Und es ist vor allem sehr lesenswert, auch wenn man sich mit der Geschichte des stalinistischen Russland nicht auskennt.

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Veröffentlicht am 13.08.2020

Atemberaubender Psychothriller

Tagebuch meines Verschwindens
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Dabei ist es ein Thriller der leisen Art. Ort des Geschehens ist nicht die Welt und touristisch anziehende Orte, wie in einem James Bond oder Jason Bourne Film, sondern ein kleines, halb verlassenes Provinzkaff ...

Dabei ist es ein Thriller der leisen Art. Ort des Geschehens ist nicht die Welt und touristisch anziehende Orte, wie in einem James Bond oder Jason Bourne Film, sondern ein kleines, halb verlassenes Provinzkaff Ormberg.
Die Polizisten die den Fall aufklären sind keine glamourösen Ermittler oder CSI-Spezialisten sondern eine der Demenz verfallende Polizistin, eine junge Polizistin die ihrem biederen engstirnigen Verlobten den Laufpass gibt, ein dicker Polizist der Wert auf sein Äußeres legt, ein Polizist der seine Scheu und Bewunderung für die junge Kollegin hinter dummen Aufreißersprüchen versteckt. Es wäre schön, noch andere Fälle von diesem Team lösen zu lassen, gell Frau Grebe?
In diesem Buch fließt das Blut nicht in Strömen, es explodieren weder Brücken noch Autos, es sterben insgesamt „nur“ 3 Menschen, und das in einem Zeitraum von mehreren Jahren. Die Täter sind nicht Superschurken, die die Welt erobern wollen, sondern Bürger, die, wenn sie nicht gerade ihre Mitmenschen umbringen, den anderen hilfsbereit und freundlich entgegenkommen. Und doch ist das Buch so spannend, dass man es kaum aus der Hand legen mag.

Immer wieder taucht das Flüchtlingsheim in Ormberg im Roman auf. In den Neunzigern war es ein Heim für Kriegsflüchtlinge aus Ex-Jugoslawien, nun, in der Gegenwart sind es muslimische Flüchtlinge aus Syrien. Damals wie jetzt sehen sich die Flüchtlinge den Schikanen der ansässigen Bevölkerung ausgesetzt. In den Augen vieler Ormberger sind sie schuld an der Tristesse und Misere, dabei waren die Fabriken lange bevor die Flüchtlinge ankamen, schon geschlossen, in Billiglohnländer abgewandert. Aber es ist doch so einfach einen Sündenbock für die eigene Trostlosigkeit zu finden. Und dann vergisst so mancher, dass er aus eigenem Verschulden lange vor der Fabrikschließung entlassen wurde; oder weil keine Arbeit im Ort ist, wird eine Bohrinsel im Atlantik erfunden, wo der Vater arbeitet, dabei sitzt der im Gefängnis wegen Pädophilie. Wenn man genauer hinsieht, entdeckt man überall in Ormberg Zeichen und Spuren des Zerfalls, der Gewalt, die alle bedroht. Sanas Mutter hat einen Freund, der schonmal wegen Gewalt verurteilt war. Bloß Margareta und ihr Sohn, Magnus, der harmlose Dorftrottel Magnus, helfen und leben für die Gemeinschaft. Margareta verteilt Elchfleisch, setzt sich für Verbesserung der Straßen und der öffentlichen Beleuchtung ein, auch für das Flüchtlingsheim.
Ich frage mich, ob Ormberg nicht überall ist? Überall dort wo Unzufriedenheit, Neid, Existenzangst, Missgunst vergessen lassen, wie gut es uns geht. Uns vergessen lassen, dass wir ein Dach über dem Kopf haben, jeden Abend satt zu Bett gehen, wir nicht verfolgt, getötet oder deportiert werden wegen unseres Glaubens, unserer Hautfarbe.
Ein paar Worte über die Aufmachung des Buches: spannendes Titelbild, der Zusammenhang zwischen Bild, Titel und Buchinhalt erschließt sich im Verlauf. Das Klappeninnenbild unterstreicht die Abgeschiedenheit und Verlorenheit Ormbergs, irgendwo in und hinter dichten dunklen Fichtenwäldern.

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