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Veröffentlicht am 14.05.2017

Der Weg zu sich selbst...

Vergessene Kinder
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Vergessene Kinder
Luna Darko

„Ja, es ist mir egal, dass ihr mich nicht kennt. Ja, vielleicht ist auch irgendwas bei mir kaputt, weil ich mich nicht für euch und eure Leben interessiere, aber wieso sollte ...

Vergessene Kinder
Luna Darko

„Ja, es ist mir egal, dass ihr mich nicht kennt. Ja, vielleicht ist auch irgendwas bei mir kaputt, weil ich mich nicht für euch und eure Leben interessiere, aber wieso sollte ich es vorheucheln, nur damit es euch besser geht?“
- Seite 39

Pia möchte keine 18.Jahre alt werden… Sie möchte nicht erwachsen sein… So steht ihr Entschluss sich das Leben zu nehmen und ihrem besten Freund Momo zu folgen eigentlich schon fest, als sie Tom kennen lernt, der so anders ist als alle anderen, die sich bloß an Oberflächlichkeiten klammern…
Sie beginnen zu reden und Pia hat zum ersten Mal in ihrem Leben das Gefühl, sich nicht verstellen zu müssen… sie selbst sein zu können…

Aber wer ist sie überhaupt…?
Hat sie sich vielleicht schon längst selbst verloren…?

„Niemand weiß, wer ich wirklich bin, ich selbst am wenigsten.“
- Seite 81

Meine Meinung:
Luna Darko schafft hier kein Buch und keine einfache Geschichte, sondern ein Kunstwerk in Buchform… Die Geschichte an sich - voller Abgründen und Schönheit - wird immer wieder von Zeichnungen, Fotos, Bildern, Songs und handschriftlichen Notizen unterbrochen… Die Starrheit und Gradlinigkeit eines normalen Buches werden durchbrochen.

Die Geschichte an sich überzeugt durch Schwermut, außergewöhnliche und doch wahre Gedanken… Man verliert sich niemals ganz… es braucht nur die richtigen Menschen, die richtige Situation um sich selbst wieder zu finden… um die Freiheit des Lebens wieder schmecken zu können.

Während des Lesens lernen wir sowohl Pias als auch Toms Gedanken kennen. Wir springen zwischen Toms und Pias Köpfen hin und her und landen zwischen durch sogar in Pias Tagebuch.

Man kann schwer beschreiben, welchen Eindruck dieses Kunstwerk in einem hinterlässt… Man erfährt einiges über sich selbst und über die eigene Umwelt. Man beginnt über manche Dinge nachzudenken, die man bisher als normal hingenommen hat… Aber was ist eigentlich normal…?

Dieses Buch ist der Weg zu sich selbst… zumindest für Pia… und Tom…

„Um einen anderen Menschen lieben zu können, muss man sich selbst erst lieben lernen. So sagt man doch, nicht? Aber was, wenn man sich nicht ausstehen kann? Oder was, wenn man nicht mal weiß, ob man sich selbst mag, weil man überhaupt keine Ahnung hat, wer man ist, oder wie man herausfinden soll, wer man ist?
>>Kennst du das, wenn man in sich hineinhören will, aber keine Stimme da ist?<<“
- Seite 112

Veröffentlicht am 14.05.2017

Ein wichtiger Stein im Weg gegen das Vergessen

Der Fotograf von Auschwitz
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„Warum?“
Mit diesen Worten begannen, seit seiner Ankunft in Auschwitz, fast alle Fragen von Wilhelm Brasse.
„Warum werden Menschen hier so gedemütigt?“
„Warum werden sie geschlagen?“
„Warum greift niemand ...

„Warum?“
Mit diesen Worten begannen, seit seiner Ankunft in Auschwitz, fast alle Fragen von Wilhelm Brasse.
„Warum werden Menschen hier so gedemütigt?“
„Warum werden sie geschlagen?“
„Warum greift niemand ein?“
„Warum macht man uns zu Opfern?“
(S.17)

Wilhelm Brasse, geboren am 3. Dezember 1917 in Żywiec, überlebte das Konzentrationslager Auschwitz aufgrund seines Berufes. Der aus Polen stammende junge Mann war gelernter Fotograf und hatte umfassende Deutschkenntnisse. Und so arbeitete er vier Jahre lang im Erkennungsdienstes des Lagers.
Dabei sah Brasse nicht nur in die Gesichter der abgemagerten und meist auch völlig hoffnungslosen Lagerinsassen, sondern er kam auch in Kontakt mit hochrangigen SS-Größen. Zu registrieren, dass diese Menschen Leute systematisch dem Tode übergeben, und dennoch lächelnd und ungezwungen plaudernd durch die Gegend laufen konnten, war für Brasse unbegreiflich.

Immer wieder bekam der junge Mann Dinge zu sehen, die ihn verzweifeln ließen. Doch er hatte gar nicht großartig die Zeit, um zu verzweifeln, denn der Hungernde denkt nur ans Essen. Und Hunger den hatte Wilhelm oft genug.
Oft sah er den Satz, mit dem Auschwitz ihn 1940 begrüßte, bestätigt: „Die einzige Möglichkeit, dem Konzentrationslager zu entkommen, ist die durch den Schornstein!“ (S.29)
Doch schlimmer als die hungernden Gesichter, die er fotografieren musste, waren die Bilder, die die Mediziner von ihm verlangten.
Mengele, Wirths und Entress verlangten von Brasse, dass er ihre grausamen Experimente dokumentierte. Hunger-Experimente, Sterilisationen und Operationen musste Wilhelm Brasse mit seiner Kamera festhalten.
Da war es kein Wunder, dass er später, als das Grauen beendet war, die Bilder dennoch nicht aus seinem Kopf verbannen konnte, und den Beruf des Fotografen aufgab. Wilhelm Brasse fasste nie wieder eine Kamera an.

„Mit meinem Beitrag möchte ich aufzeigen, was passiert ist, damit sich so etwas Schreckliches nicht noch einmal wiederholt.“
(S.161)

Wilhelm Brasse starb am 23.Oktober 2012 in seiner Heimatstadt Żywiec, kaum 50 Kilometer von Auschwitz entfernt.

Bis zu seinem Tod hielt er immer wieder Vorträge in Auschwitz für deutsche Personengruppen. Dann begann er von dem Glück zu reden. Dem Glück Freunde getroffen bzw. gefunden zu haben. Dem Glück Aufseher gehabt zu haben, die ihn nicht permanent geschlagen haben. All das sah Wilhelm Brasse als eine Anhäufung von glücklichen Zufällen an.
Und bis zu seinem Tod hat er immer wieder betont, er würde die Deutschen nicht hassen. „Schon gar nicht die in der heutigen Zeit, nur weil sich damals ein Führer zu einem Verführer der Massen entpuppt hat.“ (S.161)

Reiner Engelmann hat aus Gesprächen mit Wilhelm Brasse dessen Leben nach erzählt. Die Geschichte des Häftlings Nr. 3444 zeigt deutlich die zwei Gesichter der treuen Nazis. Als KZ-Insasse musste man vor jedem Aufseher Angst haben und war sich der Gefahr nur allzu bewusst. Gerade deshalb ist es noch bewundernswerter, dass Brasse 1945 die Anordnung, die Fotos zu verbrennen, um Beweismaterial zu vernichten, missachtete. Durch Wilhelm Brasse lernt der Leser die verschiedenen Persönlichkeiten des Lageralltags kennen. Von hochrangigen SS-Männern bis hin zu Kapos und sogar zu Widerstandskämpfern, die sich einschleusten und denen später die Flucht gelang. Umso trauriger ist es zu erfahren, dass deren Bemühungen nichts gebracht haben.

Das Buch ist ergänzt durch Kurzbiographien der betreffenden SS-Männer wie Boger, Aumeier und Höß. Sowie mit meinem Glossar zu wichtigen Begriffen, die man zwar oft schon mal gehört hat, aber oft nicht genau zu ordnen kann.

Oft hat man Punkte bei Tätern, an denen man denkt, sie wären doch noch menschlich, aber kann man das nach solchen Taten noch glauben:
„Einmal kam ein Transport mit vielen Kindern aus Litauen in Birkenau an. Dr. Mengele hatte einen Rahmen in der Höhe von 1,40m anfertigen lassen und ihn an der Rampe aufgestellt. Die Kinder wies er an, hindurchzugehen. Alle diejenigen, die ohne anzustoßen den Rahmen passieren konnten, waren für die Gaskammer bestimmt und wurden noch am selben Tag ermordet.“

Veröffentlicht am 14.05.2017

Einfach abschalten

Dschungel-Inspirationen
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„Mit diesen Ausmalbildern sind die Alltagssorgen schnell vergessen! Tanken Sie Energie beim Kolorieren der wunderschönen Urwaltmotive. Holen Sie sich Buntstifte oder Filzstifte und legen Sie los. Durch ...

„Mit diesen Ausmalbildern sind die Alltagssorgen schnell vergessen! Tanken Sie Energie beim Kolorieren der wunderschönen Urwaltmotive. Holen Sie sich Buntstifte oder Filzstifte und legen Sie los. Durch die bunten Farben werden die Bilder lebendig, gleichzeitig werden Sie durch das kreative Gestalten ruhiger. Gönnen Sie sich eine Auszeit von 5 bis 10 Minuten Ausmalen pro Tag, um im Alltag entspannter zu sein!“

Mit diesen Aussagen wirbt „Dschungel-Inspirationen“ für sich. Und ich muss sagen mir gefällt das kleine Ausmalbüchlein wirklich gut!
Wieso? Erklär ich euch gerne:

Auf 70 Seiten können wir unserer Kreativität farblich freien Lauf lassen!
Es gibt Bilder mit vielen kleinen Flächen, bei denen man sich wirklich konzentrieren muss, um nicht über den Rand zu malen – was zumindest mich jedes Mal stört, wenn mir sowas passiert.
Auf den malbegeisterten Käufer warten aber auch Bilder mit Papageien, Schlangen, Fischen und großen Blättern.
Für ein angenehmes Malgefühl sorgt der perforierte Block zum heraustrennen der Bilder!
Etwas skeptisch war ich, als ich meine Filzstifte auspackte. Die Seiten des Buches sind schließlich beidseitig bedruckt. Da kam dann schnell die Angst hoch, dass die Farben durchdrücken könnten…
Doch nichts! Das Papier ist relativ dick und lässt die Farbe nicht auf das rückseitige Bild durch.

Klar sind nicht alle Bilder immer nach meinem Geschmack und manche Motive sind auch nichts großartig Besonderes und natürlich kann man auf der anderen Seite auch sagen, schade, dass es nur so wenige Bilder sind. Aber ganz ehrlich Leute, dafür dürft ihr den Preis auch nicht vergessen! Es sind wirklich schöne Bilder dabei und um zu Entspannen und kleine Kunstwerke zu erschaffen, ist das Buch wirklich großartig! Und das für etwas weniger als fünf Euro!

Veröffentlicht am 14.05.2017

Sie wartet... und er wird kommen...

Sonnenschein
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Kennt ihr nicht auch dieses ganz besondere Gefühl, wenn man dringend auf etwas wartet?
Meist ist es schon eine Qual nur ein paar Stunden warten zu müssen!
Und jetzt stellt euch vor ihr wartet für mehrere ...

Kennt ihr nicht auch dieses ganz besondere Gefühl, wenn man dringend auf etwas wartet?
Meist ist es schon eine Qual nur ein paar Stunden warten zu müssen!
Und jetzt stellt euch vor ihr wartet für mehrere Jahre. Aber ihr wartet nicht auf irgendetwas, ihr wartet auf einen geliebten Menschen, der spurlos verschwand.

Zweiundsechzig Jahre lang hat sie auf ihn gewartet.
Er wird kommen.
(S. 5)

Haya Tedeschi wartet seit 62 Jahren in Gorizia auf die Rückkehr ihres Sohnes. Nur wenige Monate war der kleine Junge alt, als er spurlos aus dem Kinderwagen verschwand.
Der Grund: Haya ist Jüdin und hatte während des 2.Weltkriegs ein Verhältnis mit einem deutschen, einem arischen, Wehrmachtssoldaten. Dies blieb nicht ohne Folgen...
Jetzt im Jahre 2006 sitzt Haya in ihrem Schaukelstuhl am Fenster und lässt die Vergangenheit Revue passieren. Von den Geschehnissen des ersten Weltkrieges, über den zweiten Weltkrieg, bis hin zu den noch heute spürbaren Folgen des Nationalsozialismus.

Auch wenn Hayas Geschichte und die ihres Sohnes nicht geschehen ist, wäre es durchaus möglich... Die Aktionen und Taten der Nationalsozialisten machten vor nichts und niemandem Halt. Im Rahmen des Lebensbornplans war es durchaus üblich, dass Kinder einfach so ihren richtigen Familien entrissen und falls notwendig umerzogen wurden, damit sie dann, in arischen Verhältnissen untergebracht, zu aufrechten Nationalsozialisten werden sollten. Heute gibt es viele dieser Kinder, die entweder nichts von ihrer wahren Herkunft wissen oder sich mit dem Wissen herumschlagen, dass ihr Vater ein Verbrecher ist oder war.

In diesem Buch kämpft hat sich Haya, immer auf der Suche nach ihrem Sohn, durch das Ausmaß des gesamten Holocaust in Italien gekämpft. Eine Spur auf den Verbleib ihres Sohnes hat sie dabei leider nicht gefunden, dafür fielen ihr aber Listen der Opfer in die Hände. Auch Zeugenaussagen und Täterporträts hat sie studiert, nur um immer wieder am selben Punkt stehen zu bleiben...

Sie recherchiert sich durch die Gräueltaten der Aktion T4. Insgesamt wurden hierbei mehr als 70.000 Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen in den Jahren 1940 und 1941 systematisch ermordet.
In Treblinka kommt sie in Berührung mit wirklichen Monstern, allen voran Kurt Franz... Der Mann, in den Haya sich damals verliebte... Von dem sie einen Sohn hat... hatte...

Wie alt sind sie?
Ich bin gestorben.
Erkennen sie die Person auf diesem Bild?
Ich würde selbst im Grabe erschaudern, wenn jemand den Namen Kurt Franz
erwähnt.

All diese Stationen und noch mehr bereisen wir zusammen mit Haya. Doch mitten drin stockt uns dann der Atem... Haya zieht eine Liste aus dem kleinen roten Korb zu ihren Füßen heraus. Es folgt eine Seite mit nur einem Satz:

hinter jedem Namen verbirgt sich eine Geschichte

Auf den nachfolgenden 70 Seiten sind die Namen der ca. 9.000 deportierten und vielfach auch ermordeten italienischen Juden aufgeführt. Die sich bei diesem Anblick aufbauenden Gefühle sind nicht zu beschreiben...

Haya erzählt von dem roten Kreuz, das ihr helfen sollte bei der Suche nach ihrem Sohn, doch bisher ist nichts geschehen.
Und gerade als man registriert, wie wenig Seiten noch verbleiben, tritt ein Mann in diese Geschichte. Ein Mann namens Hans Traube, der vor kurzem erst erfahren hat, dass sein ganzes Leben nicht sein Leben ist. Und dieser Mann befindet sich nun im Zug nach Gorizia auf der Suche nach seinen Wurzeln...
Und Haya wartet...

Nehmt dieses Buch auf keinen Fall auf die leichte Schulter. Es wird euch einiges abfordern. Ich habe geweint, geschrien und mir ist auch das ein oder andere Mal schlecht geworden. Ihr müsst euch auch durch eine Menge Text wühlen, der nicht immer sofort zu verstehen ist. Und wenn euch die Bedeutung klar geworden ist, werdet ihr das Buch vermutlich erst einmal zu klappen müssen...
Dasa Drndics Werk ist nichts, das man einfach so nebenbei lesen kann.
Unterschätzt es bitte nicht, aber es lohnt sich wirklich sehr.

Veröffentlicht am 14.05.2017

„Raum“ ist für uns, wie eine Parallelwelt!

Raum
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Für Jack ist der Raum, in dem er mit seiner Ma lebt, die ganze Welt.
Dinge, wie Hunde, Eis, Bäume und Autos gibt es nur im Fernseher. Aber alles was im Fernseher ist, ist nicht in echt.
Als Jack fünf ...

Für Jack ist der Raum, in dem er mit seiner Ma lebt, die ganze Welt.
Dinge, wie Hunde, Eis, Bäume und Autos gibt es nur im Fernseher. Aber alles was im Fernseher ist, ist nicht in echt.
Als Jack fünf Jahre alt wird, glaubt er alles zu können und zu verstehen, schließlich ist er ja schon fünf!
Nach und nach fängt seine Ma an ihm Dinge zu erzählen, über das Draußen. Bis zu diesem Punkt war für Jack das Draußen nur das Weltall.
Jack soll verstehen, dass es noch andere Jungen gibt, mit denen er spielen könnte, wenn sie nur endlich aus Raum raus könnten.
Für Jack ist das nur schwer zu begreifen, doch als er ein Flugzeug in dem Oberlicht von Raum sieht, beginnt er allmählich seine Ma zu glauben.
Old Nick, den mochte Jack ohnehin noch nie, doch als seine Ma ihm erzählt, dass er sie entführt hat und sie dadurch ganz traurig war, bis Jack in ihrem Bäuchlein gewachsen ist, mag Jack ihn noch weniger.
Zusammen beginnen die beiden an einem gefährlichen Fluchtplan zu arbeiten, bei dem Jacks ganzer Mut gefragt ist und das obwohl er immer noch nicht genau weiß, ob er seiner Ma glauben soll und eigentlich lieber in Raum bleiben würde...

Emma Donoghue schafft mit "Raum" einen Roman zu zwei der schlimmsten Themen der Welt.
Dadurch das Jack als Protagonist eingesetzt wurde, wird dem Roman in bestimmten Teilen die Schwere genommen, in anderen dafür teilweise verstärkt. Wir können uns heute meist gar nicht vorstellen, wie es ist ohne genug zu essen und ohne viel Platz zum Spielen groß zu werden.
Die kindliche Denk- bzw. Sprechweise macht es dem Leser leichter bestimmte Zusammenhänge zu verstehen.

Selbst nach dem Lesen lässt einen dieses Buch einfach nicht los.