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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.10.2023

Eine tolle Geschichte über eine Jugend in den Nullerjahren

Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne
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Katha ist vierzehn und nicht wie andere Teenies in erster Linie mit sich selbst beschäftigt, sondern kümmert sich in erster Linie um alle anderen. Eckt nicht an, macht keinen Ärger. Sie liebt ihre kleine ...

Katha ist vierzehn und nicht wie andere Teenies in erster Linie mit sich selbst beschäftigt, sondern kümmert sich in erster Linie um alle anderen. Eckt nicht an, macht keinen Ärger. Sie liebt ihre kleine Schwester Nadine über alles und kocht nicht nur für sie, sondern sorgt auchdafür, dass sie sich aufgehoben fühlt. Die Ehe ihrer Eltern ging in die Brüche und die Mutter zieht mit Katha und Nadine in eine neue Stadt. Sie ist erreicht ihre Töchter emotional kaum und ist mit der Bewältigung der Trennung und der Arbeit ausgelastet. Der Vater interessiert sich wenig bis gar nicht für seine Töchter.

Während Katha mit ihrer Chamäleonfähigkeit schnell Zugang zu einer neuen Clique findet, tut Nadine sich schwer.

Kathas Clique trifft sich oft bei Sofie und ihrer Mutter Lica zuhause. Lica ist wie eine große Schwester für die Mädchen, hört zu, behandelt sie nicht von oben herab und baut Vertrauen auf.

Es gibt viele Episoden aus dem Leben der Mädchen: ein toter Hamster, Freibadbesuche, erste Erfahrungen mit Jungs, die neue Freundin des Vaters.
Manche sind unterhaltsam, manche sprechen auch sehr ernste Probleme an.
Die Mischung hat mir sehr gut gefallen.

Ich hab mich sehr an meine Jugend in den 00er Jahren erinnert, der Zeitgeist ist perfekt eingefangen. Der Schreibstil ist richtig toll, jugendlich leicht, aber auch mit tiefgründigen Passagen durchzogen.

Eine schreckliche Entwicklung bringt Katha dazu, sich mehr auf sich selbst zu konzentrieren.

Ich habe das Buch in mehreren Stücken gelesen, die Geschichte hat für mich keine Sogwirkung erzeugt. Für mich lebt sie eher von den Charakteren, der Sprache und meinen aufkommenden Erinnerungen.

Aus diesen Gründen eine Leseempfehlung, vor allem für alle, die in den 00er Jahren ihre Jugend oder Kindheit durchlebt haben.

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  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.10.2023

Packende Lebensgeschichten in der DDR

Wellenkinder
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Es ist die Geschichte von Jan, Oda und Margit, eingebettet in das jeweilige Zeitgeschehen. Die Figuren verbindet ein enges Band, welches erst im Laufe der Erzählung nach und nach zum Vorschein kommt.

Jan ...

Es ist die Geschichte von Jan, Oda und Margit, eingebettet in das jeweilige Zeitgeschehen. Die Figuren verbindet ein enges Band, welches erst im Laufe der Erzählung nach und nach zum Vorschein kommt.

Jan ist spät Vater geworden, hat mit Ende vierzig einen 4jährigen Sohn und lebt in Berlin. In der Beziehung zu seiner Frau gibt es Schwierigkeiten, sie wohnen getrennt.
Die Geschichte nimmt ihren Anfang als sein Vater, zu welchem er nach dem Verschwinden der Mutter keinen Kontakt mehr hatte, starke gesundheitliche Probleme bekommt. Jan reist in seine alte Heimat nach Rügen, um nach ihm zu schauen. Außerdem tauchen nach Jahrzehnten neue Hinweise zum Verbleib seiner Mutter auf.

Oda versucht in den 1970er Jahren zusammen mit ihrem Freund aus der DDR zu fliehen. Die Flucht scheitert. In der Haft merkt sie, dass sie schwanger ist.

Margit muss als Kind während des zweiten Weltkriegs fliehen und nimmt sich auf der Flucht einem kleinen Jungen an.

Mir hat der Roman sehr gut gefallen. Die verschiedenen Blickwinkel haben die Protagonisten:innen nahbar gemacht. Gleichzeitig gab es bis zum Schluss die Spannung, wie die verschiedenen Lebensgeschichten zusammenhängen.

Die Schicksale der beiden Frauen machen betroffen und mich hat es emotional mitgenommen. Der Schreibstil ist gut zu lesen.

Für mein Empfinden hat sich das Ende etwas zu dramatisch zugespitzt. Dies hatte ich nach dem ruhigen Beginn so nicht erwartet und war für mein Gefühl etwas zu viel.
Grundsätzlich müssen Charaktere nicht durchgehend sympathisch sein, aber Jans Frau wurde als schwierig und unempathisch dargestellt. Sodass ich nicht nachvollziehen konnte, warum er noch so an ihr hängt. Die Protagonisten sind aber authentisch und menschlich beschrieben.

Insgesamt eine Leseempfehlung von mir.

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Veröffentlicht am 16.09.2023

Entstaubte Liebesgeschichte

Psyche und Eros
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Die Liebe zwischen den Menschen ist etwas Unbegreifliches für den Eros, welcher nichts weniger als der Gott der (körperlichen) Liebe ist. Eines Tages trifft ihn durch sein eigenes Missgeschick ein Fluch, ...

Die Liebe zwischen den Menschen ist etwas Unbegreifliches für den Eros, welcher nichts weniger als der Gott der (körperlichen) Liebe ist. Eines Tages trifft ihn durch sein eigenes Missgeschick ein Fluch, welcher sein Verlangen auf die junge, sterbliche Prinzessin Psyche anfacht. Doch ist es Liebe?

Psyche wächst als einziges Kind in der Königsfamilie von Mykene auf. Ein Orakel prophezeite ihrem Vater, dass sie einst ein Ungeheuer besiegen wird, das sogar die Götter fürchten. Ihr Vater setzt sich für sie ein und sorgt dafür, dass sie zu einer mutigen Kämpferin ausgebildet wird.
Das Ungeheuer lässt auf sich warten. Stattdessen tritt Eros in ihr Leben.

Die Liebesgeschichte baut sich zart auf und lässt beide über sich hinaus wachsen.
Mir gefällt gut, dass neben den Protagonisten noch viele weitere Götter eingebunden werden und man zu Beginn durch Eros Lebensgeschichte einen Einblick in die griechische Mythologie enthält, in der ich nicht sehr bewandert bin.
Die Autorin gibt der Sage eine aktuelle, weibliche Note. Es wird immer abwechselnd aus der Sicht von Psyche und Eros erzählt.

Der Schreibstil ist leicht zu lesen. Teilweise ist es etwas plakativ beschrieben.

Die Entwicklung von Psyche lässt sich als Coming of Age Geschichte lesen und es hat mir gefallen, wie sie sich von einer ungestümen, noch sehr kindlichen jungen Frau zu einer verantwortungsbewussten und einfühlsamen Erwachsenen weiterentwickelt. Sie ist mir im Verlauf sehr sympathisch geworden, wo ich anfangs leichte Schwierigkeiten hatte.

Gleichzeitig spielt auch Freundschaft eine Rolle und die Geschichte ohne ganz anders ausgegangen.

Insgesamt mochte ich die Mischung aus entstaubter Mythologie und Liebesgeschichte. Der Spannungsaufbau hat mir etwas gefehlt. Eine Empfehlung für Fans von griechischen Sagen, vielleicht eher für einen etwas jüngeren Leserkreis.

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Veröffentlicht am 01.09.2023

Kein Psychothriller

Eine glückliche Familie
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Beth ist glücklich in ihrem Leben: sie hat zwei Kinder, eine gute Beziehung zu ihrem Exmann, eine enge Bindung zu ihrem Vater, mag ihren Job und hat liebe Freundinnen und Nachbarinnen.

Was ihr fehlt, ...

Beth ist glücklich in ihrem Leben: sie hat zwei Kinder, eine gute Beziehung zu ihrem Exmann, eine enge Bindung zu ihrem Vater, mag ihren Job und hat liebe Freundinnen und Nachbarinnen.

Was ihr fehlt, ist ihre Mutter: sie hat sie und ihren Vater plötzlich verlassen, als Beth zehn Jahre alt war. Dieses Gefühl von Zurückweisung belastet ihre Jugend und lässt sie Dinge tun, die sie ihr Leben lang bereut.

Um so schöner für Beth, dass eines Tages ihre Mutter überraschend vor der Tür steht. Die Wiedersehensfreude überwiegt und Beth lädt ihre Mutter direkt ein, bei sich einzuziehen. Die Kinder lieben ihre neue Großmutter und Beth gewinnt sogar noch eine Halbschwester. Eine glückliche Familie! Jedenfalls kurzzeitig. Irgendjemand scheint es nicht gut mit Beth zu meinen.

Die Idee finde ich super, allerdings hatte ich mir mehr Spannung erhofft, die nicht wirklich aufkommt. Der Verlauf war sehr vorhersehbar. Das Ende finde ich leider auch konstruiert.

Die Protagonistin wirkte naiv und es war leider schnell klar, wer mit wem spielt. Man möchte Beth zwischendurch immer mal zurufen, nochmal nachzudenken.

Das Geheimnis von Beth wird uns relativ früh aufgedeckt, sodass man auch hier nichts mehr zum Mitfiebern hat.

Gefallen hat mir die Perspektivwahl: es wird aus der Sicht von Beth geschildert und so ist man sich nie ganz sicher, ob man sich auf ihre Wahrnehmung verlassen kann.
Grundsätzlich lässt sich das Buch leicht lesen. Die Gedanken von Beth wiederholen sich aber manchmal, was ich für ein Buch, welches Spannung erzeugen möchte, eher schwierig finde. So habe ich manche Seiten nur quer gelesen.

Leider trifft für mich die Bezeichnung “Psychothriller“ nicht auf das Buch zu. Vielleicht ist für Leser:innen passend, die gerne selbst miträtseln und einen Schritt weiter als die Protagonistin sind.

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Veröffentlicht am 29.08.2023

Bewegend

Simone
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Jahrzehnte nach dem Suizid ihrer Freundin Simone versucht Anja Reich sie zu verstehen. Sie führt Gespräche mit ihren Eltern, ihrem Bruder und alten Freunden, außerdem darf sie Simones Tagebücher lesen. ...

Jahrzehnte nach dem Suizid ihrer Freundin Simone versucht Anja Reich sie zu verstehen. Sie führt Gespräche mit ihren Eltern, ihrem Bruder und alten Freunden, außerdem darf sie Simones Tagebücher lesen. Und so setzt sich Stück für Stück Simones Leben und auch ihre Gefühlswelt zusammen.
Kurz vor ihrem Tod rief Simone Anja noch an, aber sie hatte keine Zeit. Und so hat die Auseinandersetzung auch eine sehr persönliche Note.

Es ist die Lebensgeschichte von Simone, aber auch ihren Eltern. Simone ist eine vielschichtige Persönlichkeit, voller verschiedener
Sie steht gerne im Mittelpunkt und sucht die  Aufmerksamkeit ihres Umfelds. Dann kann sie aber auch sehr schweigsam und in sich gekehrt sein. Ihre Eltern, erfolgreiche Ärzte als Vorbild, ist sie als Jugendliche fleißig und lernt viel. Darüber hinaus interessiert sie sich für Mode und weiß Bescheid, wann man auf welcher Party tanzen muss. Sie reagiert eifersüchtig auf die erste Freundin ihres Bruders, aber nicht auf die zweite, Anja. Mit ihr baut sie eine Freundschaft auf, die auch nach der Trennung Bestand hat.

Die Wende, für viele eine Möglichkeit von Freiheit, beflügelt Simone nicht. Sie bringt viele Änderungen ihrer Lebensumstände mit, die Simone nicht einfach bewältigt.

Ab und zu lässt Anja Reich Gedanken von Experten einfließen, die aus der Ferne natürlich keine Diagnose stelle können, aber auf verschiedene mögliche Krankheitsbilder eingehen.

Anja Reich beschreibt Simones Leben und ihre Beziehungen zur Familie, zu Freunden und zu ihren Liebesbekanntschaften ohne anzuklagen. Sie ist respektvoll, gleichzeitig schonungslos und stellt auch unangenehme Situationen dar.
Sie hat ein sehr feines Gespür für die Menschen und bringt Simones Umfeld dazu, ehrlich zu berichten. Sie gibt ihnen die Möglichkeit, die Beziehung zu Simone selbstkritisch zu reflektieren. Dabei ist sie viel mehr als eine reine Journalistin, sondern stellt die gleichen Fragen sich selbst. Hätte sie anders handeln können, hätte sie Anzeichen erkennen müssen?

Dadurch ist das Buch sehr persönlich und durchgehend bewegend. Für alle Beteiligten war es mit Sicherheit sehr schwierig, sich mit Simones Tod nochmal so tief auseinandersetzen und vor der Offenheit habe ich großen Respekt.

Es ist sehr emotional zu lesen und ich empfehle es sehr. Man muss auf die Auseinandersetzung mit psychischen Erkrankungen und Suizidgedanken vorbereitet sein.

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