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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Hebt sich für mich nicht über den Durchschnitt heraus

Portugiesisches Erbe
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Luis Sellanos Erstlings-Krimi ist eine Geschichte, die sich nahtlos in die derzeit wie Pilze aus dem Boden sprießenden Regionalkrimis aus besonders sehenswerten Regionen Europas einreiht. Zunächst einmal: ...

Luis Sellanos Erstlings-Krimi ist eine Geschichte, die sich nahtlos in die derzeit wie Pilze aus dem Boden sprießenden Regionalkrimis aus besonders sehenswerten Regionen Europas einreiht. Zunächst einmal: Luis Sellano ist ein Künstlername – wie so oft verbirgt sich auch hinter diesem Pseudonym ein deutscher (in diesem Fall süddeutscher) Autor, der von Portugal so begeistert ist, dass er seinen Kriminalroman dort ansiedelte.

Um die Beziehung zu Deutschland zu wahren, hat das Buch eine deutsche Hauptfigur (Henrik Falkner). Der weiß gar nicht so recht, wie ihm geschieht, als er ein Haus in Lissbon erbt – von einem Onkel, den er nie getroffen hat, der aber scheinbar einiges von ihm weiß und absolutes Vertrauen in ihn, den ehemaligen Polizisten, setzt. Schon diese Konstellation war für mich leider unglaubwürdig.

Ansonsten ist das Buch gut erzählt und es geht um interessante Vermisstenfälle aus der Vergangenheit, die ausschließlich autistische Kinder betreffen. Trotzdem konnte mich das Buch nicht so richtig „abholen“ – weder konnte ich viel Mitreißendes an Henrik entdecken noch haben mich die Schilderungen der Stadt Lissabon mitnehmen können. Das Einzige was ich sicher weiß: Stockfisch ist definitiv nichts für mich. Der Stil war zwar angenehm und schnell zu lesen, aber abgesehen vom Grundthema des Falles wird es leider kein Buch sein, das mir lange in Erinnerung bleibt.

Wer aber eine Affinität zu Portugal und speziell Lissabon hat und Krimis ála Bannalec mag, sollte ruhig mal reinlesen – vielleicht ist es für diese Leser wirklich eine gute Wahl. Und diese Leser wird es dann auch freuen, dass das Ende bereits ein eindeutiges Signal enthält, dass es weitere Bände geben wird.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Unaufgeregter, hochinteressanter Roman über zwei Frauen, die ihrer Zeit weit voraus waren

Zwei bemerkenswerte Frauen
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Gerade bin ich mit dem Lesen des Buches fertig geworden und am liebsten würde ich sofort einen Flug nach England buchen und dann in Lyme Regis auf Fossiliensuche gehen! Das Buch hat mich wirklich für dieses ...

Gerade bin ich mit dem Lesen des Buches fertig geworden und am liebsten würde ich sofort einen Flug nach England buchen und dann in Lyme Regis auf Fossiliensuche gehen! Das Buch hat mich wirklich für dieses „verknöcherte“ Thema erwärmt und ich fand es total interessant, über die Anfänge der Paläontologie zu lesen, ohne mich dabei belehrt zu fühlen.

Eingebettet in einen herrlich unaufgeregten historischen Roman begleitet man die junge Mary Anning aus armen Verhältnissen und die 20 Jahre ältere Elizabeth Philpot aus besseren Londoner Kreisen durch ihre Lebensgeschichten, die eng miteinander verknüpft sind, aber in denen ihre Freundschaft immer wieder auf die Probe gestellt wird. Die Frauen verbindet die Liebe zu Fossilien. Bei der gut gebildeten Elizabeth standen von Anfang an wissenschaftliche Motive im Vordergrund. Mary liebt einfach ihre „Kuris“ (Kuriositäten), die allerdings Mittel zum Zweck waren, weil sie ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf der versteinerten Schmuckstücke an Sommergäste verdienen musste. Zudem sind beide Außenseiterinnen, die von den Einwohnern der Kleinstadt Lyme Regis misstrauisch beäugt werden.

In dem Roman spiegelt sich zudem das Frauenbild des frühen 19. Jahrhunderts – so durfte Elizabeth trotz ihrer gesellschaftlichen Stellung zum Beispiel kaum den Fuß über die Schwelle der Londoner „Geologischen Gesellschaft“, einer Vereinigung von Wissenschaftlern, setzen. Mary Anning wurde erst spät die Ehre zuteil, dass sie als Finderin der in Museen ausgestellten Saurierskelette tatsächlich öffentlich genannt wurde.

Etwas schwierig fand ich beim Lesen, dass Mary und Elizabeth jeweils aus der Ich-Perspektive erzählen, aber die Kapitelüberschriften nicht kennzeichnen, wer gerade spricht. Das hat man mitunter erst nach 1-2 Seiten durch die Zusammenhänge mitbekommen.

Der Roman scheint aber exzellent recherchiert zu sein und besonders hervorzuheben ist auch, dass es mal kein typisch opulent erzählter Historienschmöker ist, sondern einfach eine dahinfließende Geschichte, in der die Sache (die Fossilien) absolut im Vordergrund stehen. Da trägt Elizabeth einfach ein Kleid und kein „Ensemble aus feinstem Stoff, der in Wogen an ihr hinunterfiel und von einem schimmernden Seidenband in der Taille gehalten wurde“. Auf solche Dinge kommt es hier nicht an und Tracy Chevalier spart zu Recht an dieser Art von Ausschmückungen.

Wer sich ernsthaft für die Lebensgeschichten dieser außergewöhnlichen Damen und ihren schweren Weg in die Kreise angesehener (männlicher) Wissenschaftler interessiert, der kommt an diesem Buch nicht vorbei. Und es lohnt sich wirklich!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ich kann es nur wiederholen: dieser Papst ist nicht zu (s)toppen!

O sole mio!
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Im vierten Band um Papst Petrus, seinen Privatsekretär Francesco und seine Pressesprecherin Giulia bin ich mit Seiner Heiligkeit an die Amalfiküste gereist. Inkognito, versteht sich, denn wenn die Öffentlichkeit ...

Im vierten Band um Papst Petrus, seinen Privatsekretär Francesco und seine Pressesprecherin Giulia bin ich mit Seiner Heiligkeit an die Amalfiküste gereist. Inkognito, versteht sich, denn wenn die Öffentlichkeit wüsste, wo der Papst den Sommer verbringt, würde ja über dem kleinen Fischerdorf ein Blitzlichtgewitter niedergehen, das seinesgleichen sucht. Nicht aber, wenn ein unbekannter Padre die Urlaubsvertretung des Dorfpfarrers Giuseppe übernimmt. Dann spielen die Dorfbewohner ahnungslos Boccia mit dem Pontifex und eine lebenslustige Haushälterin bringt ihm das Schwimmen bei. Soviel zur Urlaubsidylle.

Denn ganz kann der Papst auch im Urlaub nicht alle Fünfe grade sein lassen. Nach dem Tod eines alten Hoteliers fängt er (mal wieder) an zu ermitteln. Und er tut das mit soviel Verschmitztheit, Cleverness und Charme, dass man ihn unheimlich gern dabei begleitet. Für einen Hauch von Glamour sorgen die mit der Geschichte geschickt verwobenen Ereignisse aus dem Sommer 1962, als Jackie Kennedy an der Amalfiküste Urlaub machte und ihr eine Affäre mit dem reichen Fiat-Erben Gianni Agnelli nachgesagt wurde. Was passierte damals wirklich und gibt es tatsächlich das wertvolle "Kennedy-Collier"?

Mit Papst Petrus haben Jan Chorin und Johanna Alba eine Romanfigur erschaffen, die einzigartig und rundum sympathisch ist. Ich habe schon vor einiger Zeit mein Leserherz an Petrus verloren und war auch bei diesem neuen Band wieder begeistert von ihm und den liebevoll gezeichneten Nebenfiguren.

Natürlich sind die Romane mit einem Augenzwinkern zu betrachten - denn kein Mensch kann ernsthaft glauben, dass sich Geschichten um den tatsächlichen Papst so oder ähnlich abspielen könnten. Wenn man das im Hinterkopf behält, kann man sich fallen lassen in eine wunderbar amüsante Krimikomödie, die Spannung und Urlaubsfeeling vereint. Bestes Lesefutter für den Sommerurlaub!!!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Schrille Diva in einem aberwitzigen Plot – mag vielleicht nicht jeder…

Glitzer, Glamour, Wasserleiche
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…zumal der Krimi, den das Buch eigentlich darstellen soll, etwas zu kurz kommt. Es gibt viel Glitzer, viel Glamour und vor allem viel Pauline Miller, denn die lässt den Leser an ausnahmslos allem teilnehmen, ...

…zumal der Krimi, den das Buch eigentlich darstellen soll, etwas zu kurz kommt. Es gibt viel Glitzer, viel Glamour und vor allem viel Pauline Miller, denn die lässt den Leser an ausnahmslos allem teilnehmen, was sie bewegt (und das sind meist Themen, die sie selbst betreffen). Sei es die taggenaue Berechnung des letzten Beischlafs oder die Gemeinsamkeiten mit Karl Lagerfeld. Pauline erzählt einem einfach alles. Aus meiner Sicht ist da aber leider viel dabei, was ich nicht wirklich wissen muss.

Klar, die Figur der Pauline ist genau so angelegt. Quirlig, laut, etwas schrill und immer auf sich selbst bedacht. Das muss man mögen. Sonst wird man mit ihr nicht warm. Ich bin etwas zweigeteilt, was das angeht. Denn einerseits muss man anerkennen, dass der Schreibstil dieses Buches definitiv 5 Sterne verdient hat. Erfrischend, witzig bis aberwitzig und mit vielen Pointen. Dennoch war mir Pauline nach relativ kurzer Zeit schon zuviel. Sie war mir eben zu quirlig, zu schrill und zu sehr auf sich selbst bedacht.

Dazu kommt, dass ich mir mehr Krimi gewünscht hätte. Statt dessen hat die im Titel groß angekündigte Wasserleiche gerade mal zwei kurze Auftritte (einmal als sie untergeht und einmal, als sie wieder auftaucht) und wird ansonsten leider überlagert von einer schier endlosen Jagd nach Paulines abhanden gekommenen Schoßhündchen Radames. Und selbst die beginnt erst ungefähr nach einem Drittel bis der Hälfte des Buches. Vorher: viel Pauline, viel Diva, wenig Handlung.

Wer nach einem witzigen Buch sucht, das sich „mal schnell wegliest“ und wer nicht zuviel Wert auf die angekündigte Kriminalgeschichte legt, der ist bei diesem Roman richtig und wird ihn sicherlich mögen. Wer befürchtet, dass ihn eine Diva in Reinkultur überfordern könnte – Finger weg.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Das Buch über zweite Chancen…

Die Liebe ist ein schlechter Verlierer
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Viel Wirbel wurde bei der Veröffentlichung um dieses Buch gemacht und ich wollte wissen, ob es diesen Hype auch wert ist. Grundsätzlich: Ja. Mit ein paar Einschränkungen.

Katie Marsh erzählt die Geschichte ...

Viel Wirbel wurde bei der Veröffentlichung um dieses Buch gemacht und ich wollte wissen, ob es diesen Hype auch wert ist. Grundsätzlich: Ja. Mit ein paar Einschränkungen.

Katie Marsh erzählt die Geschichte von Tom und Hannah – er ein ständig Überstunden machender Anwalt in einer großen Londoner Kanzlei, sie die unzufriedene junge Ehefrau, die sich fragt: kann das schon alles in unserer Beziehung gewesen sein? Die Antwort erhält Hannah erst, als Tom eines Nachts mit nur 32 Jahren einen Schlaganfall erleidet und zunächst halbseitig gelähmt ist.

Nun müssen beide kämpfen – Hannah steckt plötzlich in der Rolle der treusorgenden Ehefrau, obwohl sie gerade den schweren Entschluss gefasst hatte, sich von Tom zu trennen. Und Tom stößt plötzlich an seine körperlichen Grenzen und muss hart arbeiten, um mit kleinen Schritten ins Leben zurückzufinden. Das schweißt das fremdelnde Paar wieder zusammen und die Liebe erlebt eine neue Blüte.

Zum Glück erzählt die Autorin halbwegs unsentimental von den schwierigen Monaten nach Toms Schlaganfall. Ich fand die Erzählweise mitunter schon grenzwertig nah an der Rührseligkeit, aber gerade die Szenen, in denen Tom in der Öffentlichkeit mit seiner neuen Situation umgehen muss, waren gut „aus dem Leben gegriffen“. Das liegt wahrscheinlich daran, dass Katie Marsh selbst mit Schlaganfallpatienten arbeitet und daher weiß, wovon sie spricht. Das waren für mich die Highlights des Buches, während die Schilderung der wiederauflebenden Beziehung zwischen Hannah und Tom mir ein wenig zu gefühlsbetont war.

Das Buch eröffnet aber einen guten Blick auf die (Beziehungs-)Welt nach einem Schicksalsschlag und gibt Impulse, nicht nur die offensichtlichen negativen Seiten zu sehen, sondern auch die Möglichkeit für zweite Chancen… und das hat die Autorin wirklich ziemlich gut hinbekommen.