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Christina19

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.11.2024

Klassische japanische Wohlfühlliteratur mit kleinen Schwächen

Das kleine Café der zweiten Chancen
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Nach einem Unfall kehrt Himari aus dem englischen Internat in ihre Heimat Japan zurück. Am Rande eines Parks ihrer Stadt entdeckt sie ein ihr bis dahin unbekanntes, sehr besonderes Café: Hayari und Herr ...

Nach einem Unfall kehrt Himari aus dem englischen Internat in ihre Heimat Japan zurück. Am Rande eines Parks ihrer Stadt entdeckt sie ein ihr bis dahin unbekanntes, sehr besonderes Café: Hayari und Herr Higure, die das Lokal betreiben, können Menschen helfen, sich von jahrelangen Reuegefühlen zu befreien. Dazu kehren sie mit ihren Gästen an den Punkt in deren Leben zurück, den diese bedauern. Genau 4 Minuten und 33 Sekunden haben diese dann Zeit, einen Fehler zu beheben und damit ihre Zukunft zu ändern.
Himari besucht das Café regelmäßig. Sie schließt dabei nicht nur viele neue Bekanntschaften, sondern begleitet die Menschen auch bei ihren zweiten Chancen und lernt mit ihrem eigenen Schicksal umzugehen.

Shiori Ota erzählt in ihrem Roman in insgesamt vier Kapiteln von Menschen, deren Weg sie auf die eine oder andere Weise ins „Café der zweiten Chancen“ führt. Alle eint die Tatsache, dass sie eine Entscheidung, die sie in der Vergangenheit getroffen haben, bereuen. Während sie den Kaffee zubereiten, eröffnen Hayari und Herr Higure ihren Gästen die Möglichkeit einer kleinen Zeitreise.
Was an dieser Stelle nach einer stetigen Wiederholung des immer gleichen Schemas klingt, liest sich keineswegs eintönig: Die Autorin hat die unterschiedlichsten Figuren und Lebensentwürfe geschaffen, sodass sich die einzelnen Fälle deutlich voneinander unterscheiden. Auch die Art, wie die Figuren jeweils ihre zweite Chance nutzen und welches Schicksal sie in der Folge erwartet, geht weit auseinander.
Die Kapitel werden dank der Rahmenhandlung um Himari zusammengebracht. Ich mochte es sehr gerne, dass die kürzeren Erzählstränge dadurch in einen größeren Kontext gebracht werden. Das Ende des Romans kam für mich etwas überraschend und erscheint mir nach dem zuvor Erzählten ein wenig inkonsequent.
Die Geschichte ist ruhig erzählt und schafft eine sanfte Atmosphäre, die gut zum Inhalt passt. Die Ausdrucksweise hat dieses Gefühl an den meisten Stellen unterstrichen. Aufgefallen ist mir einzig die direkte Rede von Himari. Als Mittelschülerin ist sie etwa 12-14 Jahre alt, weshalb ich die Wortwahl in ihrem Fall an der einen oder anderen Stelle als etwas hochtrabend empfunden habe.
Trotz kleiner Schwächen habe ich „Das kleine Café der zweiten Chancen“ sehr gerne gelesen und kann es insbesondere Liebhabern japanische Wohlfühlliteratur empfehlen!

Veröffentlicht am 27.10.2024

Wenn aus Fremden eine Familie wird

Wohnverwandtschaften
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Nachdem sie sich von ihrem Lebensgefährten getrennt hat, sucht Constanze in Hamburg eine neue Bleibe. Sie kommt in einer WG unter, in der sie Jörg, Murat und Anke kennenlernt. Was zunächst als Übergangslösung ...

Nachdem sie sich von ihrem Lebensgefährten getrennt hat, sucht Constanze in Hamburg eine neue Bleibe. Sie kommt in einer WG unter, in der sie Jörg, Murat und Anke kennenlernt. Was zunächst als Übergangslösung gedacht ist, entpuppt sich als absoluter Glücksgriff. Obwohl die vier nicht unterschiedlicher sein könnten, wachsen sie zu einer Gemeinschaft zusammen, die stets füreinander da ist.

Mit „Wohnverwandtschaften“ hat Isabel Bogdan einen absolut lesenswerten Roman über eine besondere Wohngemeinschaft geschrieben. Die Figuren wirken zunächst wie eine bunt zusammengewürfelte Truppe: Da ist Constanze, die als Zahnärztin arbeitet, Anke, die als Schauspielerin mittleren Alters kaum mehr Rollen bekommt, Murat, der bei der Gartenarbeit und beim Kochen so richtig aufblüht, und Jörg, der mittlerweile Rentner und schon länger verwitwet ist. Alle stehen sie also an unterschiedlichen Punkten ihres Lebens und haben jeder für sich ihre ganz eigenen Probleme und Sorgen. Diese kann man dank der Erzählweise hautnah miterleben: Das Buch ist in kurze Kapitel gegliedert, die aus wechselnden Perspektiven erzählt sind. Während man anfangs beispielsweise Einblick in die Gedanken von Constanze erhält, schlüpft man schon kurze Zeit später in das Seelenleben von Jörg. Die Handlung wird somit aus Sicht aller vier WG-Mitglieder geschildert, sodass ich mich beim Lesen mit allen Figuren sehr vertraut gefühlt habe. Außergewöhnlich fand ich eingeschobene Kapitel, die wie Szenen aus einem Theaterstück anmuten. Diese bestehen fast ausschließlich aus wörtlicher Rede. Entsprechend nimmt man als Leser nicht die Perspektive einer der Figuren ein, sondern steht förmlich außerhalb des Geschehens und beobachtet dieses. Ich mag die Erzählweise von „Wohnverwandtschaften“ total gerne, da sie das Lesen sehr abwechslungsreich macht.
Inhaltlich beginnt der Roman sehr humorvoll und hat mich an der einen oder anderen Stelle schmunzeln lassen. Die Geschichte verläuft jedoch nach und nach in eine Richtung, die ich so nicht erwartet hatte. Die Themen, die im Roman anklingen, werden mit zunehmender Seitenzahl nämlich ernster. Während Murat, Anke, Constanze und Jörg aufeinander Acht geben und sich um jeden Einzelnen kümmern und sorgen, stellen sie fest, dass sie doch längst mehr sind als eine reine Zweck-WG.
Unbedingte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 19.10.2024

Wahrlich zauberhafte Illustrationen

Die Geschichte vom zauberbunten Garten
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In einer großen grauen Stadt lebt eine alte Frau. Sie pflegt dort einen üppigen, bunten Garten. Eines Tages beginnt sie, ihre farbenfrohen Blumen zu verschenken. Mit dem Postboten, der Friseurin, dem Schuljungen ...

In einer großen grauen Stadt lebt eine alte Frau. Sie pflegt dort einen üppigen, bunten Garten. Eines Tages beginnt sie, ihre farbenfrohen Blumen zu verschenken. Mit dem Postboten, der Friseurin, dem Schuljungen und weiteren Menschen verbreiten sich die Farben und es zieht Leben in die Stadt ein.

„Die Geschichte vom zauberbunten Garten“ stammt aus der Feder von Andrea Rübben. Sie beginnt mit „Es war einmal…“ und mutet nicht allein dadurch wie ein modernes Märchen an. Andrea Rübben entführt ihre Leser/innen und Zuhörer/innen in eine dunkle Stadt und einen zauberhaften, geradezu magischen Garten. Mit leicht verständlichen Sätzen eignet sich ihre kurze Geschichte auch schon für junge Kinder.
Stella Dreis hat dem Buch die passenden Illustrationen beigesteuert. Mit ihrem unverwechselbaren Stil schafft die preisgekrönte Illustratorin die unterschiedlichsten Orte und Stimmungen: Wir sehen die Stadt, die im grauen Nebelschleier verschwimmt und den Garten, der wie eine Oase in der großen Wüste wirkt. Besonders gelungen ist der zarte Einzug der Farben in die Welt. Zuerst breiten sie sich ganz vorsichtig aus, ehe sie das Grau vollends überdecken. Die Farben in Stella Dreis‘ Bildern kommen durch den weißen Rand, der diese umgibt, besonders zur Geltung. Ich habe diese Art der Gestaltung so in noch keinem anderen Bilderbuch sehen können, finde sie aber genau passend für dieses wahrlich bezaubernde Buch.
„Die Geschichte vom zauberbunten Garten“ zeigt, dass auch kleine Gesten Großes bewirken können. Sie regt dazu an, selbst Gutes zu tun und an die Kraft der eigenen Taten zu glauben, ganz nach Mahatma Gandhi: „Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.“

Veröffentlicht am 07.10.2024

Kolonialisierung, Sklaverei und starke Frauen

La Louisiane
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Als die „La Baleine“ Frankreich im Jahr 1720 in Richtung Louisiane verlässt, befinden sich 90 Frauen an Bord. Sie wurden unter den Bewohnern und Gefangenen einer psychiatrischen Anstalt in Paris ausgewählt, ...

Als die „La Baleine“ Frankreich im Jahr 1720 in Richtung Louisiane verlässt, befinden sich 90 Frauen an Bord. Sie wurden unter den Bewohnern und Gefangenen einer psychiatrischen Anstalt in Paris ausgewählt, um den Aufbau einer französischen Kolonie in Amerika zu unterstützen. Unter ihnen sind Charlotte, Étiennette, Pétronille und Geneviève. Während die Siedler versuchen, die Wildnis in dem fremden Land zu zähmen, bauen sich ihre Frauen auf dem neuen Kontinent unter widrigen Bedingungen ein neues Leben auf.

„La Louisiane“ ist mit all den Themen, die darin anklingen, ein sehr vielschichtiger Roman. Er berichtet von der Kolonialisierung und der damit einhergehenden Ungerechtigkeit, die die indigene Bevölkerung Nordamerikas erfahren hat. Neben der Besetzung und Aneignung großer Landflächen, die die Ureinwohner hinnehmen mussten, fanden sie sich auch mehrfach in gewaltsamen Auseinandersetzungen wieder. „La Louisiane“ gewährt außerdem einen Einblick in die Anfänge der Sklaverei und die Bedingungen, unter denen die afrikanischstämmigen Menschen arbeiten mussten. Vor allem aber berichtet Julia Malye von Frauen, ihren Aufgaben und ihrer Stellung in einer männlich geprägten Welt. Sie schreibt darüber, wie sie sich den Gegebenheiten ihrer Zeit oft unterordnen mussten, sich teils aber auch dagegen auflehnten, sich kleine und größere Freiheiten erkämpften, Homosexualität erkundeten und sich und ihre Familie selbst durchbrachten. Julia Malye erzählt von starken Persönlichkeiten im 18. Jahrhundert, die wir auf über 500 Seiten näher kennenlernen:
Die Französinnen Charlotte, Étiennette, Pétronille und Geneviève waren aus teils fragwürdigen Gründen in einer psychiatrischen Anstalt untergebracht und wurden von dort gegen ihren Willen nach Louisiane verschifft. In drei Abschnitten lässt uns die Autorin in ihrem Roman an den Leben dieser Frauen teilhaben. Jeder Leseabschnitt ist dabei wiederum in mehrere Kapitel gegliedert, in denen jeweils eine der Frauen im Mittelpunkt steht. Durch diesen stetigen Wechsel der Perspektive ist man nah dran am Leben aller Protagonistinnen. Ich mochte das sehr gerne, zumal es das Lesen abwechslungsreich machte. Die Kapitel bringen außerdem fortlaufend Zeitsprünge mit sich. Manchmal sind es einige Monate, manchmal mehrere Jahre, die zwischen ihnen liegen. Dadurch ist es möglich, Charlotte, Étiennette, Pétronille und Geneviève über einen längeren Zeitraum zu begleiten. Während der insgesamt 15 Jahre, die in der Geschichte beschrieben werden, ändert sich das Leben der Frauen grundlegend. Dem ersten Drittel des Buches konnte ich leicht folgen, doch vor allem im zweiten und dritten Abschnitt gibt es zahlreiche unvorhergesehene Ereignisse sowie viele Nebenfiguren. Dadurch hatte ich ab und an Mühe, den Überblick über die Geschehnisse und Zusammenhänge zu behalten.
Während die Hauptfiguren von der Autorin erdacht sind, liegen der Geschichte doch auch einige wahre Begebenheiten zugrunde. Die Anstalt „La Salpêtrière“ beispielsweise gab es tatsächlich und sie existiert bis heute als Krankenhaus in Paris. Die Überführung einiger Frauen auf einen fremden Kontinent ist ebenso wahr wie einige der Ereignisse, die in Louisiane geschildert werden. Diese Tatsache macht das Schicksal der (wenn auch fiktiven) Frauen noch ergreifender!
Empfehlenswert für Liebhaber historischer Romane.

Veröffentlicht am 02.10.2024

Bedrohte Tierarten müssen geschützt werden!

Mukiza
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Mukiza, das kleine Berggorillababy, erblickt eines Nachts im Bwindi Nationalpark in Uganda das Licht der Welt. Es ist Teil einer größeren Gruppe Berggorillas, zu denen auch seine Mutter Mugwere und sein ...

Mukiza, das kleine Berggorillababy, erblickt eines Nachts im Bwindi Nationalpark in Uganda das Licht der Welt. Es ist Teil einer größeren Gruppe Berggorillas, zu denen auch seine Mutter Mugwere und sein Vater Zeus zählen. Mukiza wächst zunächst ganz unbekümmert auf. Er spielt mit seinen Gefährten, wird immer mutiger und lernt schnell. Als er eines Tages auf Menschen trifft, bleibt die Begegnung nicht ohne Folgen. Auch in seiner Gruppe gibt es bald Tumulte, sodass Mukiza, mittlerweile ein ausgewachsener Silberrücken, sich behaupten muss.

Hannes Jaenicke schreibt in „Mukiza“ über das Leben eines Berggorillas. Das Tier gibt es tatsächlich und Teile der Geschichte sind ebenso passiert. Umso beeindruckender – an manchen Stellen aber auch umso trauriger – ist das, was der Schauspieler, Umweltschützer und Autor hier schildert:
Wir lernen das Leben dieser besonderen Tiere kennen und erfahren, wie sie in Gruppen zusammenleben, voneinander lernen und sich als Anführer durchsetzen. Gleichzeitig sehen wir aber auch, welchen Gefahren diese sowieso schon bedrohte Tierart ausgesetzt ist. Der Mensch zerstört nicht nur den Lebensraum der Berggorillas, sondern sorgt mit Fallen immer wieder auch dafür, dass sich Tiere verletzen und schlimmstenfalls verenden.
Die Geschichte wird unterstrichen von Illustrationen, die durchweg großformatig gestaltet sind. Diese stellen den Regenwald atmosphärisch dar und zeigen gekonnt die Gemeinschaft der Berggorillas auf. Besonders die Lichteffekte stechen ins Auge, sei es die Stimmung bei Sonnenuntergang oder die eines Gewitters bei Nacht.
Gut gefällt mit, dass sich der CalmeMara Verlag verpflichtet hat, 1 € pro Buch an die Berggorilla & Regenwald Direkthilfe e. V. zu spenden. Damit leistet man mit jedem Kauf automatisch einen Beitrag zum Schutz dieser besonderen Tiere. Ein schönes Buch, um schon Kinder für den Umwelt- und Tierschutz zu sensibilisieren!