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Christina19

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.08.2023

Eine besondere Hauptfigur, die sich zunehmend selbst akzeptiert

Mein schrecklich schönes Leben
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Von ihren Mitmenschen wird Cassandra immer als "seltsam", als "anders" beschrieben. Ihr fällt es schwer, Freundschaften zu knüpfen, ihre Beziehungen halten nur kurz, in ihren WGs eckt sie schnell an und ...

Von ihren Mitmenschen wird Cassandra immer als "seltsam", als "anders" beschrieben. Ihr fällt es schwer, Freundschaften zu knüpfen, ihre Beziehungen halten nur kurz, in ihren WGs eckt sie schnell an und Jobs kann sie nicht lange halten. Als ihr die Gabe zuteil wird, in der Zeit zurückzureisen, nutzt sie diese, um in der Vergangenheit Fehler zu korrigieren. Jede Änderung, die sie vornimmt, hat einen Einfluss auf den Verlauf der Dinge - teils treten die erwünschten positiven Effekte ein, teils lösen die Änderungen ungeahnte Folgen aus. Cassandra muss lernen, dass ihr auch alle Zeit der Welt nicht hilft, sich endlich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen und ihr Schicksal anzunehmen.

So "sonderbar", wie Cassandra ihrem Umfeld erscheint, wird sie auch dem Leser zunächst vorgestellt. Die Hauptfigur nimmt Emotionen als Farben wahr, kann sie nicht einordnen und weiß folglich nicht, wie sie angemessen darauf reagieren soll. Sie liebt klare Strukturen und hasst Veränderung. Eine besondere Vorliebe hegt sie für die griechische Mythologie, die sie scheinbar bis ins letzte Detail kennt. Die Gründe für diese Eigenheiten werden gegen Ende des Romans aufgelöst, was in meinen Augen jedoch nicht nötig ist, da das Verhalten der Protagonistin leicht eingeordnet werden kann. Der Roman gibt mit ihr einer Person aus dem neurodivergenten Spektrum eine Bühne und zeigt damit die Vielfalt der Menschen. Cassandra, die als Ich-Erzählerin auftritt, bleibt jedoch nicht eindimensional "merkwürdig", sondern wird durch eine Portion Humor, die an vielen Stellen durchblickt, sehr sympathisch und liebenswert dargestellt.
Mit den Zeitreisen, die die Protagonistin unternimmt, wird in der Geschichte außerdem aufgezeigt, dass auch kleine Veränderungen eine große Wirkung erzielen können - ganz dem Butterfly Effect folgend. Dennoch kann Cassandra sich bestimmter Ereignisse nicht entziehen und findet damit mehr und mehr zu sich.
Der Verlauf des Romans war für mich an keiner Stelle vorhersehbar und so kam auch das Ende überraschend.

Veröffentlicht am 17.08.2023

Abschied und Neuanfang

Eine vollständige Liste aller Dinge, die ich vergessen habe
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Die Kinder sind fast erwachsen und ihr Auszug steht bevor. Ihre Mutter, eine alleinerziehende Frau mittleren Alters, muss sich damit anfreunden, dass dies auch für sie einige Veränderungen bedeutet, allen ...

Die Kinder sind fast erwachsen und ihr Auszug steht bevor. Ihre Mutter, eine alleinerziehende Frau mittleren Alters, muss sich damit anfreunden, dass dies auch für sie einige Veränderungen bedeutet, allen voran der Auszug aus der nun viel zu großen Wohnung. Die anstehenden Veränderungen behagen ihr nicht und so beginnt sie, ihr bisheriges Leben zu reflektieren. Ihre Erinnerungen nehmen einen Großteil des Buches ein. Die Protagonistin merkt, wie lückenhaft ihr Gedächtnis ist und dass es sie manchmal auch trügt. Doch sie beginnt auch noch vorne zu blicken und sich mit dem neuen Lebensabschnitt vertraut zu machen.

Die Hauptfigur beschreibt ihre Erinnerungen in kurzen Kapiteln, die nicht in chronologischer Reihenfolge geordnet sind - als erzähle sie jeweils die Episode ihres Lebens, die ihr gerade einfällt. Diese ständigen Zeitsprünge und wechselnden Szenerien sorgten dafür, dass ich nur schwer in das Buch kam und einige Mühe beim Lesen hatte.
Die beschriebenen Erinnerungen bergen mitunter Kritik an der Herkunftsfamilie der Protagonistin sowie an den Erwartungen der Gesellschaft an Frauen bzw. Mütter. Generell erinnert sie viele Episoden ihres Lebens, die für sie sehr anstrengend waren oder in denen sie sich ungerecht behandelt fühlte. Das Buch erhält dadurch eine gedrückte, negative Grundstimmung.
Obwohl die Hauptfigur zunehmend ihre eigenen Bedürfnisse erkennt und Vorzüge des neuen Lebensabschnittes wahrnimmt, vermittelt auch das Ende des Romanes kaum ein positives Gefühl.

Veröffentlicht am 08.08.2023

Ein wahrer Schatz an Informationen

Superorgan Darm
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Das Buch "Superorgan Darm" hat mich restlos begeistert! Dr. med. Christian Thuile beschreibt darin den gesamten Verdauungsprozess angefangen beim Kauen der Nahrung über die Verarbeitung im Magen und Darm ...

Das Buch "Superorgan Darm" hat mich restlos begeistert! Dr. med. Christian Thuile beschreibt darin den gesamten Verdauungsprozess angefangen beim Kauen der Nahrung über die Verarbeitung im Magen und Darm bis zum Ausscheiden der Reste. Er geht auf die Bedeutung der Mitte für unsere Gesundheit ein, benennt Freunde sowie Feinde des Darms und erklärt Krankheiten. Gut gefallen mir an dieser Stelle die vorgestellten, zahlreichen Therapiemöglichkeiten, die oft natürlicher Art sind und weitgehend ohne Medikamentierung auskommen. Der Autor versäumt es jedoch nicht darauf hinzuweisen, dass Hausmittel ihre Grenzen haben und an mancher Stelle die Vorstellung bei einem Schulmediziner notwendig ist.
Die Ausführungen von Dr. med. Thuile sind logisch gegliedert und absolut verständlich geschrieben. Außerdem sind sie um Illustrationen ergänzt, die das Verstehen erleichtern. Das gesamte Buch ist sehr übersichtlich gestaltet, sodass man sich leicht darin orientieren kann.
Ich werde dieses Buch auch in den nächsten Jahren immer wieder zur Hand nehmen und kann es für jeden empfehlen, der sich für den Darm interessiert oder selbst Verdauungsbeschwerden hat.

Veröffentlicht am 07.08.2023

Ernste Themen gut aufgearbeitet

Wunder brauchen etwas länger
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Nell, die bei der Telefonseelsorge arbeitet, trifft eines Tages während ihrer Mittagspause auf den Iren Charlie. Die beiden sind sich auf Anhieb sympathisch und schnell entwickelt Nell für Charlie mehr ...

Nell, die bei der Telefonseelsorge arbeitet, trifft eines Tages während ihrer Mittagspause auf den Iren Charlie. Die beiden sind sich auf Anhieb sympathisch und schnell entwickelt Nell für Charlie mehr als nur freundschaftliche Gefühle. Obwohl sich beide ein paar Mal verabreden und sich einander annähern, zieht sich Charlie immer wieder zurück und blockt ab, denn er trägt ein großes Geheimnis mit sich herum, das ihn sehr belastet...

In dem Roman wagt sich die Autorin Hannah Sunderland an die Themen Trauer, Depression und Suizid heran. Sie beschreibt eine weitgehend authentische Handlung und arbeitet die Figuren sehr lebensnah heraus. Die Geschichte ist in Ich-Perspektive größtenteils aus der Sicht von Nell erzählt. Sie ist anfangs unterhaltsam und fesselnd, hat zwischendurch ihre Längen und wird dann wieder spannender. Vor allem die letzten Kapitel sind sehr dramatisch. Der Verlauf des Romans war für mich nicht vorhersehbar und daher immer wieder überraschend.
Die Gestaltung des Covers finde ich sehr gelungen.
Da das Buch mit Trauer, Depressionen und Suizidversuchen sehr ernste Themen behandelt, sollte beachtet werden, dass die Inhalte für Betroffene potentiell triggernd sein können.

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Veröffentlicht am 04.08.2023

Der beklemmende Alltag im 2. Weltkrieg - zwischen Angst und Widerstand

Zwischen den Sommern
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"Zwischen den Sommern" ist der zweite Band der Heimkehr-Trilogie von Alexa Hennig von Lange. Er erzählt von Isabell, die nach dem Tod ihrer Großmutter Klara Tonbänder findet, auf denen diese ihr Leben ...

"Zwischen den Sommern" ist der zweite Band der Heimkehr-Trilogie von Alexa Hennig von Lange. Er erzählt von Isabell, die nach dem Tod ihrer Großmutter Klara Tonbänder findet, auf denen diese ihr Leben rückblickend schildert: Klara lebte in der Zeit des Nationalsozialismus mit ihrem Mann Gustav in Sandersleben, wo sie ein Frauenbildungsheim leitete. Als die Lage immer gefährlicher wird, versucht sie zunächst ihre jüdische Ziehtochter Tolla in Sicherheit zu bringen, ehe Gustav nach Ausbruch des Krieges eingezogen wird. Auch während ihrer Arbeit im Heim spürt Klara die zunehmenden Einschränkungen durch die Nazis, die wiederkehrenden Sorgen und die tägliche Angst.

Die Handlung basiert auf den tatsächlich existierenden Tonaufnahmen der Großmutter der Autorin. Entsprechend lebensnah werden die Ereignisse erzählt. Die Berichte vom Kriegsausbruch, der Angst vor Gegenangriffen, die Nachrichten von gefallenen Angehörigen sind sehr beklemmend und führen einmal mehr vor Augen, was unsere Großeltern damals durchmachen mussten. Gleichzeitig führt der Roman dem Leser auch die Zerrissenheit der Menschen zwischen dem Widerstand gegen den Machtapparat und der Angst vor den drohenden Konsequenzen für sich selbst und die eigene Familie vor Augen. Ein Satz fiel mir in diesem Zusammenhang besonders auf: "Es müssen sich nur genügend Menschen zusammenfinden, die sich gemeinsam trauen, das Richtige zu tun." Insgesamt eine bedrückende Stimmung, die hier eindrücklich geschildert wird.
In meinen Augen ist dies ein Buch, das man unbedingt gelesen haben sollte - und das sich auch gut lesen lässt, wenn man den ersten Band "Die karierten Mädchen" nicht kennt.