Viel mehr erwartet
Infinity Son (Bd. 1)Von Adam Silvera habe ich schon einige Bücher gelesen, die mich fast alle überzeugen konnten. Vor allem die Tiefgründigkeit und Vielfalt der Themen und Charaktere habe ich immer sehr geschätzt. Mit diesem ...
Von Adam Silvera habe ich schon einige Bücher gelesen, die mich fast alle überzeugen konnten. Vor allem die Tiefgründigkeit und Vielfalt der Themen und Charaktere habe ich immer sehr geschätzt. Mit diesem Buch wagt der Autor sich nun ins Fantasy-Genre und ich war gespannt, welche Geschichte er hier erzählen würde.
Der Schreibstil des Autors ist flüssig und ließ sich gut lesen. Erzählt wurde die Geschichte aus vielen verschiedenen Sichten, den Hauptpart übernamen aber Emil und Brighton. Es brachte gute Abwechslung rein, dass man auch bei anderen dabei war, aber oft empfand ich die kurzen Kapitel als nicht so zielführend und hätte eigentlich auch auf sie verzichten können. Generell war ich auch immer ein Beobachter der Geschichte, habe mich überhaupt nicht in die Handlung gezogen gefühlt (auch das kenne ich anders vom Autor).
Generell ist mir der Einstieg in die Geschichte ein bisschen schwer gefallen. Mich stört es nicht, wenn man einfach reingeworfen wird und gleich etwas Action erlebt. Aber mich stört es, wenn die Welt und die verschiedenen Gruppierungen einfach nicht vernünftig erklärt werden. Ich war dankbar über das Glossar, weil ich mir dort erstmal einen Überblick über Celestials, Spellwalker, Specter und Gleamkraft-Anwender und ihre jeweiligen Ziele verschaffen konnte. Gut, dass es da war, aber so sollte es nicht sein - es sollte in der Handlung erklärt sein.
Generell war ich von der Handlung enttäuscht. Es wurden einige Themen nur oberflächlich angedeutet, aus denen man hätte eine ganze Menge machen können. Das fängt tatsächlich auch bei den Motiven der einzelnen Gruppierungen und Charaktere an und hört am Ende bei den zwischenmenschlichen Themen auf. Das bin ich vom Autor wahrlich anders gewöhnt. Auch die Wendungen haben mich meistens nicht überzeugen können - waren sie doch alle recht erwartbar, wenn man viel in dem Genre unterwegs ist. Es fehlte eindeutig an Kniffs und Tricks und vor allem an Überraschungen. Es wirkte einfach so Standard, was ich von dem Autor nicht erwartet hatte.
Schwer habe ich mich hier auch mit der Definition von Gut und Böse getan. Zum einen weil die Motive nicht so ganz klar waren und der einzelne gerne mal andere hatte als die Gruppe. Die "Bösen" wirkten stellenweise recht blass und einseitig. Die "Guten" dagegen waren aus unerfindlichen Gründen eigentlich immer die Verlierer - sie wurden ziemlich naiv dargestellt, was ich echt unnötig fand. Es wirkte einfach überhaupt nicht auf Augenhöhe.
Die Protagonisten haben es mir ein bisschen schwer gemacht. Ich mochte die Dynamik zwischen den Zwillingen, die war wirklich sehr gut gemacht. Emil wirkte auf mich aber leider nicht authentisch - ich verstehe seine Angst, aber so klein muss man ihn auch nicht machen. Und Brighton ... der wirkte leider wie ein wandelndes Klischee und hat sich auch genauso verhalten. Eine Entwicklung habe ich bei ihm nicht sehen können und das fand ich schade, weil seine Figur viele Möglichkeiten hergegeben hat.
Und die anderen Charaktere? viele waren zu blass und sind mit ihren Geschichten in der Handlung kaum zum Tragen gekommen. Das bezieht sich jetzt sowohl auf "die Bösen" als auch "die Guten". Da man mehr bei "den Guten" ist, kann man über sie zwar mehr sagen, aber blieb dennoch vieles im Dunkeln. Auch habe ich mich gefragt, welches Alter die Charaktere haben (bei den Zwillingen weiß man es, bei den anderen nicht). Vermutlich sollten sie so um die 20 sein (reine Schätzung), verhielten sich aber so oft einfach nur wie kleine, unreife Kinder, die noch nie in ihrem Leben etwas entscheiden mussten. Was witzig ist, wenn die Gruppierungen schon jahrelang existieren. Es hat das Lesen irgendwann anstrengend gemacht.
Überraschenderweise hat die Handlung keine bzw. nur am Rande eine Liebesgeschichte. Das hatte ich anders erwartet und war durchaus positiv überrascht. Es war nicht nötig, eine einzubauen und die wenigen Momente, die man zum Ende hin hatte, haben auch gereicht. Der Rest wird sich dann ergeben.
Das Ende ... nun, wie auch schon der Rest der Handlung war auch das zu erwarten gewesen. Sowohl vom Showdown an sich, als auch von den Entscheidungen der Charaktere her. Schade, da hätte ich mir mehr Kreativität gewünscht, war aber nicht überrascht, dass es so gekommen ist.
Tja ... viel Kritik an der Stelle und trotzdem hält sich hartnäckig eine gewisse Neugierde, wie es im nächsten Band weitergehen wird. Ich möchte doch gerne wissen, wie die Geschichte ihren Ausgang nimmt und wo sie noch hinführen wird. Auch wenn ich gleichzeitig weiß, dass ich keine Erwartungen daran habe werde, denn da hat Band 1 mir doch viele Hoffnungen genommen.
Mein Fazit
Ich hatte schon so meine Erwartungen an die erste Fantasy-Geschichte des Autors - die sich leider aber nicht halten konnten. Schon der Einstieg ist mir schwer gefallen, da das Weltenkonzept und die verschiedenen Parteien einfach überhaupt nicht erklärt wurden und ich nur dank Glossar durchgesehen habe. Generell waren die Handlung und die Charakterentwicklungen sehr erwartbar, es fehlte an Kniffs, Tricks und vor allem an Tiefe. Was man von anderen Büchern des Autors durchaus gewohnt ist, fehlte hier komplett. Auch die Charaktere konnten mich nur so semi überzeugen, sie verhielten sich zu oft kindlich und naiv. Trotz Kritik hält sich am Ende aber eine gewisse Neugierde, wie die Geschichte weitergehen wird und so werde ich Band 2 wohl doch noch lesen.