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Veröffentlicht am 17.12.2022

Krimi mit Schwachstellen

Was wir verbergen
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„Was wir verbergen“ ist der zweite Band von Arttu Tuominens Krimiserie, die in sich abgeschlossen ist.
Finnland wird von einem religiösen Fanatiker heimgesucht, der sich selbst „Der Gesandte“ nennt und ...

„Was wir verbergen“ ist der zweite Band von Arttu Tuominens Krimiserie, die in sich abgeschlossen ist.
Finnland wird von einem religiösen Fanatiker heimgesucht, der sich selbst „Der Gesandte“ nennt und vorgibt, im Namen Gottes die Welt von Homosexuellen zu reinigen. Nach einem sehr brutalen Anschlag auf einen Nachtclub sendet der Täter mehrere Videobotschaften und versetzt die Polizei in Daueralarmbereitschaft.
Die Bevölkerung ist gespalten, es kommt zu gewalttätigen Ausschreitungen. Die Stimmung unter den Bürgern bekommt fast genauso viel Raum, wie der Attentäter selbst. Einerseits ist es erschreckend, dass ganz Europa mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hat. Die homophoben Aussagen mit denen die Menschen gegeneinander aufgewiegelt werden, könnten genauso in Deutschland fallen. Das Buch ist thematisch also sehr aktuell. Mir war es teilweise zu dicht an der Realität. Wenn ich Demonstrationen, Hass und Ausschreitungen sehen will, muss ich nur den Fernseher einschalten. In einem Buch, welches ich zur Entspannung lese, brauche ich eigentlich keine Fortsetzung der Nachrichten.
Sehr fesselnd fand ich die Kapitel aus Sicht des Gesandten, leider waren sie viel zu kurz.
Überwiegend geht es um die Ratlosigkeit der Polizei, die Stimmung in Internetforen und auf der Straße sowie eine Gang von Neonazis. Einiges hat mit dem eigentlichen Fall zwar nichts zu tun, aber füllt es füllt die Seiten.
Die beiden Hauptermittler die Kommissare Paloviita und Oksman. Während ich Paloviita im Verlauf der Geschichte ganz gut kennenlernen konnte, blieb Oksmann eher blass für mich. Es kam mir teilweise so vor, als wenn der Autor unbedingt einen queeren Charakter einbauen wollte und dann nichts mit ihm anzufangen wusste. Ich finde auch, dass seine Identitätskrise und die Angst, unfreiwillig geoutet zu werden, genügt hätten. Warum musste er zusätzlich auch noch eine Zwangsstörung und eine Sozialphobie verpasst bekommen, dass fand ich zu viel auf einmal. Hinzu kommt Oksmanns sehr unleidliche Art, durch die es schwer fällt, Sympathien für ihn zu entwickeln, dies gelang mir so richtig erst im Epilog.
Oft habe ich in „Was wir verbergen“ Spannung vermisst. Gegen Ende macht der Autor in dieser Hinsicht alles wieder wett, denn die letzten Kapitel sind wirklich richtig fesselnd.
Trotzdem bin ich mit der Auflösung eher unzufrieden. Nachdem die Polizei lange im Dunkeln getappt ist, konnte spontan alles aufgelöst werden, da Oksmann ein paar „Eingebungen“ hatte. Das war mir etwas zu sehr an den Haaren herbeigezogen. Auch gab es für mich keine zufriedenstellende Erklärung der Tätermotivation. „Schwere Kindheit“ finde ich als Begründung zu ausgelutscht und vereinfacht.
Das Haus des Täters ist eine komplette Müllhalde. Hierzu gibt es weder eine Erklärung, noch hat es irgendeine Relevanz. Scheinbar sollten nur ein paar „Ekel-Schocker“ kreiert werden.
Für mich war „Was wir verbergen“ nicht richtig ausgegoren. Das Buch war okay, aber es gibt zur Zeit deutlich bessere neue Krimis, so dass ich diese Reihe nicht weiterverfolgen werde.

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Veröffentlicht am 17.12.2022

Kurzweiliges Melodrama

Gut Erlensee - Margaretas Traum
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Die Großfamilie Lamprecht muss mit vielen Veränderungen zurechtkommen. Einst waren sie gutsituierte Bürger, doch nun steht das Familienunternehmen kurz vor dem Bankrott und der Gutshof wirft kaum genug ...

Die Großfamilie Lamprecht muss mit vielen Veränderungen zurechtkommen. Einst waren sie gutsituierte Bürger, doch nun steht das Familienunternehmen kurz vor dem Bankrott und der Gutshof wirft kaum genug zum Überleben ab.
Während die vier Kinder und die Großmutter allesamt sehr fortschrittliche Menschen sind, hängen die Eltern an den Normen des frühen 19, Jahrhunderts.
Wohlstand, Ansehen und Etikette sind alles, was für sie zählt. Frauen gehören an die Seite eines Mannes. So sind permanente Streitigkeiten zwischen den Generationen vorprogrammiert. Im ersten Teil der „Gut Erlensee“ Saga liegt der Fokus auf Margareta, die auch namensgebend für den Untertitel „Margaretas Traum“ ist.
Während des Krieges hat sie in der Druckerei gearbeitet und kann sich nicht daran gewöhnen, dass ihr Vater in ihr nur ein Dummchen sieht, das in der Firma nicht mehr willkommen ist. Schlimmer noch, um die Druckerei zu retten, erwarten ihre Eltern, dass sie den wohlhabenden Egon Rapp heiratet, dabei hat sie sich längst in den mittellosen Konrad verliebt.
Die Gefühlswelt der Protagonisten erlebt ein Extrem nach dem anderen. Liebe, Verlust, Zerrissenheit, Hoffnungslosigkeit... die Dialoge tropfen dabei manches Mal geradezu von Dramatik und genau diese Übertreibungen sorgen dafür, dass „Gut Erlensee“ zu einem kurzweiligen Schmöker wird, der mich richtig gut unterhalten hat.
Von den schrecklichen Eltern einmal abgesehen, sind die Charaktere sehr sympathisch. Alle Geschwister haben unterschiedliche Wesenszüge. Gregor hat mit seinen Kriegstraumata zu kämpfen. Margareta ist die Verantwortungsbewusste, Marilla die Optimistin und das Nesthäckchen Clara ist einfach nur ein Sonnenschein. Auch die Großmutter mit ihrer unkomplizierten, zupackenden Art, muss man einfach mögen.
Margaretas Kampf und ihre Zerrissenheit war für mich sehr nachvollziehbar. Einerseits möchte sie ihr Leben nach ihren Wünschen gestalten, andererseits fühlt sie sich verpflichtet, ihrer Familie zu neuem Wohlstand zu verhelfen und dafür eine arrangierte Ehe einzugehen.
Die Autorin spart nicht damit, ihren Protagonisten Steine in den Weg zu legen. Natürlich hofft und ahnt man, dass am Ende alles auf die eine oder andere Art gut wird. Auf dem Weg zum Ziel bieten sich verschiedene Optionen und es ist nicht eindeutig, wie es ausgehen wird, dadurch bleibt der Roman spannend.
Mir hat das Buch gut gefallen und ich freue mich auf weitere Abenteuer von Gut Erlensee.

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Veröffentlicht am 10.12.2022

Tragödie in Schweden

Kalt und still
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Schon das Wort Polarkreiskrimi prädestiniert „Kalt und still“ um in der vierten Jahreszeit gelesen zu werden. Bei der Beschreibung von Temperaturen um minus 20 Grad und mehr, erscheint einem der deutsche ...

Schon das Wort Polarkreiskrimi prädestiniert „Kalt und still“ um in der vierten Jahreszeit gelesen zu werden. Bei der Beschreibung von Temperaturen um minus 20 Grad und mehr, erscheint einem der deutsche Winter plötzlich ziemlich harmlos.
Der Krimi trägt den Untertitel „Der erste Fall für Hanna Ahlander“, dabei ist Hanna zunächst einmal ein Charakter von vielen. In kurzen Kapiteln springt die Handlung zwischen unterschiedlichen Personen hin und her.
Da sind neben Hanna, die Teenager Amanda und Ebba, Amandas Eltern und der Polizist Daniel. Trotz der Vielzahl der Personen und den unterschiedlichen Problemen ist die Handlung zu keiner Zeit verwirrend und ich konnte mühelos den Überblick behalten.
Hanna trägt einige Päckchen mit sich herum. Vom Freund betrogen und von der Arbeitsstelle herausgemobbt, treibt sie ohne Ziel durch die Gegend. Sie ist ein Mensch, der auf mich sehr liebenswert und gewissenhaft wirkt und man ärgert sich, dass ihr so viel Unrecht widerfährt. Manchmal möchte man sie wegen ihrer kopflosen Alleingänge allerdings auch schütteln.
Generell fiel es mir leicht, die Charaktere zu mögen. Die Stimmung in dem kleinen Polizeirevier ist familiär und freundschaftlich. Man fühlt sich dort wohl, obwohl gerade ein Verbrechen passiert ist. Viveca Sten bietet genau die richtige Mischung aus Einblicken ins Privatleben und Ermittlungsarbeit um die Protagonisten kennenzulernen und Sympathien zu entwickeln.
Der Mord selbst ist unblutig und dennoch von einer schockierenden Brutalität. Alles an diesem Fall ist mysteriös und man muss einfach immer weiter lesen.
Die Autorin lässt in 500 Seiten keinen Moment der Langeweile aufkommen. Zum Schluss geht der Krimi richtig unter die Haut, da die Verkettung von Tragödien sehr betroffen macht. Ich fand „Kalt und still“ sehr gelungen und hoffe, dass weitere Bände in Deutschland erscheinen.

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Veröffentlicht am 03.12.2022

Völlig irre und spannend

Totenfrau
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Kurz bevor die Verfilmung von „Totenfrau“ startet, wollte ich noch den ersten Band lesen. Da ich bereits Aichners Bronski Reihe kenne, hatte ich eine ungefähre Ahnung, was mich hier in Sachen Schreibstil ...

Kurz bevor die Verfilmung von „Totenfrau“ startet, wollte ich noch den ersten Band lesen. Da ich bereits Aichners Bronski Reihe kenne, hatte ich eine ungefähre Ahnung, was mich hier in Sachen Schreibstil erwartet. Kurze Sätze und Dialoge wie Pingpong Bälle, lassen den Leser nur so durch die Seiten fliegen. Es beeindruckt mich, wie man sich einerseits so nüchtern und gleichzeitig so spannend ausdrücken kann.
Leichen pflastern den Weg von Brünhilde Blum. Nicht nur, weil sie Bestatterin ist, denn seit dem Mord an ihrem Mann Mark ist sie als Racheengel unterwegs. Mark war einem schrecklichen Verbrechen auf der Spur und nun tritt Blum in seine Fußstapfen.
Mir gefällt, wie Bernhard Aichner die Geschichte aufbaut. Zunächst ist nur von „unaussprechlichen Taten“ die Rede, so schlimm, dass keiner sie glauben kann. Man ist als Leser fast froh, dass es nicht näher ausgeführt wird. Doch mit dem Fortschreiten der Handlung legt Aichner stückchenweise Details des Verbrechens offen.
Auch spart er nicht damit, die Vorgehensweise eines Bestatters und Blums Rache zu beschreiben.
Stellenweise ist das Buch wirklich ekelhaft und so realistisch, dass man meint, die beschriebenen Gerüche selber wahrnehmen zu können.
Trotzdem kommt man von dem Buch überhaupt nicht mehr los. Dabei ist es völlig egal, wie übertrieben und unrealistisch all das klingt.
Blum ist eine Antiheldin. Ihre Methoden sind skrupellos und man fragt sich mehr als einmal, wie ein Mensch, der so eine liebevolle Ehe geführt hat und so einen herzlichen Umgang mit seiner Familie pflegt, aus dem Stegreif zu solchen Bluttaten fähig ist. Trotzdem sympathisiert man mit ihr und kann ihre Wut nachvollziehen, ihre Opfer haben es im Grunde nicht besser verdient. Auch Karl, Reza und die Kinder sind Menschen, die man ins Herz schließt.
Mich hat „Totenfrau“ sehr gefesselt. Der Abschluss ist rund und es bräuchte nicht unbedingt eine Fortsetzung. Da es zwei weitere Bände gibt, bin ich aber natürlich neugierig, wie es mit Blum weitergeht.

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Veröffentlicht am 03.12.2022

Gute Mischung aus Krimi, historischem Roman und Liebesgeschichte

Die Hafenärztin. Ein Leben für das Recht auf Liebe (Hafenärztin 3)
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„Die Hafenärztin – Ein Leben für das Recht auf Liebe“ ist der mittlerweile dritte Band von Henrike Engels Saga. Je weitere die Reihe voranschreitet, desto unpassender finde ich den Titel „Die Hafenärztin“. ...

„Die Hafenärztin – Ein Leben für das Recht auf Liebe“ ist der mittlerweile dritte Band von Henrike Engels Saga. Je weitere die Reihe voranschreitet, desto unpassender finde ich den Titel „Die Hafenärztin“. Ärztin Anne, Lehrerinnenanwärterin Helene und Kommissar Berthold Rheydt sind drei gleichberechtigte Charaktere, aus deren Sicht abwechselnd erzählt wird. Die Protagonisten wachsen einem definitiv mit jedem Band mehr ans Herz. Ich weiß noch, wie ich Bertholds Kapitel zu Beginn der Serie als langweilig empfand. Mittlerweile ist insbesondere sein Handlungsstrang spannend, was sicherlich auch daran liegt, dass er für sein Hobby Fußball kaum noch Zeit hat. Wenn er nicht gerade Verbrecher jagt, kreisen seine Gedanken um Helene. Eine Liebesbeziehung, die ich in Band 1 nicht habe kommen sehen, die mir aber sehr gut gefällt. Die romantischen Szenen tragen zur Kurzweiligkeit des Romans bei. Berthold und Helene sind ein tolles, fortschrittliches Paar, dass einander mit dem größten Respekt begegnet.
Etwas separiert ist Annes Handlungsstrang. Obwohl sie in die Mordfälle sehr stark involviert ist, hat sie mit Berthold und Helene nur noch wenig Kontakt und ist eher als Einzelkämpferin unterwegs. Nachdem Fund eines Mordopfers begibt sie sich selbst auf Spurensuche und ermittelt auf eigene Faust. Es ist klar, dass sie dabei in Gefahr gerät.
Mir hat gut gefallen, dass an die losen Enden hinsichtlich des Hafenmörders angeknüpft wurde. Gleichzeitig wurden mit dem Schauplatz des chinesischen Viertels einige neue und interessante Charaktere eingeführt, allen voran Ju, die Besitzerin der Garküche.
Auch diesen Band habe ich wieder gerne gelesen. Trotz der brutalen Verbrechen ist das Buch allerdings eher ruhig geschrieben, mit der ein oder anderen Länge.
Was ich an der Hafenärztin Reihe mag, ist die Mischung aus Krimi, historischem Roman und Liebesgeschichte.
Ich konnte noch nicht herausfinden, ob ein vierter Band geplant ist. Der Sachstand am Ende ist so, dass auf jeden Fall noch Raum für eine weitere Fortsetzung wäre. Zu gerne wüsste ich, welche Zukunft Berthold und Helene haben.

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