Einblick in die Geschichte Amerikas
Die GlasperlenmädchenIm Mittelpunkt von Lisa Wingates neuem Roman „Die Glasperlenmädchen“ stehen zwei Frauen.
Im Jahr 1875 ist Hannie ein junges Mädchen, welches auch nach Ende der Sklaverei bei ihren ehemaligen Besitzern ...
Im Mittelpunkt von Lisa Wingates neuem Roman „Die Glasperlenmädchen“ stehen zwei Frauen.
Im Jahr 1875 ist Hannie ein junges Mädchen, welches auch nach Ende der Sklaverei bei ihren ehemaligen Besitzern geblieben ist. Ihr Ziel ist es, ein eigenes Stück Land zu besitzen, wovon sie nur noch ein Jahr entfernt ist. Doch dann verschwindet William Gossett, der Eigentümer der Farm und sie hat Angst, dass seine Frau sich nicht an die Abmachung halten wird. Durch Zufall erfährt sie, dass sich seine Töchter auf die Suche nach ihrem Vater machen und sie schließt sich heimlich den beiden an. Es beginnt eine Odyssee, in der sich die drei jungen Frauen mehr als einmal in Lebensgefahr befinden.
Der zweite Erzählstrang spielt 100 Jahre später. Benedetta Silva, genannt Benny, ist eine junge Lehrerin, die ihre erste Stelle antritt. Sie ist voller Motivation und Hoffnungen, doch die Schüler entpuppen sich als wilde Rasselbande, die ihre Bemühungen boykottieren. Erst, als sie ein Projekt ins Leben ruft, bei dem es darum geht, mehr über die Vergangenheit des Ortes und die damaligen Bewohner zu erfahren, sind die Kinder plötzlich Feuer und Flamme. Sehr zum Ärger mancher Einwohner, denn nicht jeder möchte, dass dunkle Familiengeheimnisse ans Tageslicht gezerrt werden.
Nach dem ich vor zwei Jahren „Die Libellenschwestern“ förmlich verschlungen hatte, habe ich mich wahnsinnig gefreut, als ich gesehen habe, dass Lisa Wingate einen neuen Roman veröffentlicht hat. Mit großer Vorfreude griff ich zu diesem Buch um leider festzustellen, dass
dies keine zweiten „Libellenschwestern“ sind. Bis zum Ende ist es mir nie richtig gelungen, in die Geschichte einzutauchen. Wenn ich erst einmal mit dem Lesen begonnen hatte, dann fand ich ich die Handlung interessant genug, um dabeizubleiben, aber ich hatte nie das Gefühl, unbedingt weiterlesen zu müssen. Die Charaktere waren für mich nicht wirklich greifbar. Am ehesten spürte ich noch eine Verbindung zu Benny, die mit ihrer großen Liebe für Bücher und ihrem Engagement für ihre Schüler ein Mensch ist, den man einfach mögen muss.
Mit Hannie hatte ich großes Mitgefühl. Sie steht stellvertretend für so viele Schicksale und es ist einfach schrecklich, dass Menschen versklavt wurden, dass sie kein Geld verdient haben, geschlagen und missbraucht wurden und dies alles als völlig akzeptabel galt. In dem Buch sind immer wieder Anzeigen abgedruckt von ehemaligen Sklaven, die ihre Familienangehörigen suchen. Diese Annoncen beruhen auf wahren Gegebenheiten. Jedes Mal, wenn ich Formulierungen wie „mein Besitzer“, „wir wurden gehalten“ oder ähnliches las, lief es mir eiskalt den Rücken herunter, so schrecklich finde ich diese Vorstellung. Hannies Erzählstrang hatte für mich so viel Potenzial. Leider entwickelte er sich in eine völlig andere Richtung, als ich erwartet hatte. Ich dachte, es ginge mehr darum, wie sich das Leben nach der Befreiung der Sklaven gewandelt hat. Tatsächlich handelt es sich hier allerdings eher um eine Art Abenteuerroman. Bei ihrer Suche nach William Gossett geraten die drei jungen Frauen immer wieder an Verbrecher, müssen sich verstecken und um ihr Leben kämpfen. Irgendwie hatte ich mir vorgestellt, dass die drei Freundinnen werden, so richtig ist dies allerdings nicht der Fall. Die beiden Schwestern Juneau Jane und Lavinia blieben für mich immer blass und eindimensional. Ich hatte den Eindruck, auch die Autorin wusste mit Lavinia nicht wirklich viel anzufangen, denn es wurde ein Weg gefunden, sie quasi den kompletten Roman über an den Rand zu schieben.
Am interessantesten fand ich die bereits erwähnten Zeitungsanzeigen.
Obwohl ich die Protagonistin Benny sehr mochte, empfand ich ihren Handlungsstrang als sehr konstruiert, um einen Aufhänger zu haben, um an die Vergangenheit zu erinnern. Am Ende fügt sich alles sehr glatt zusammen.
Den deutschen Titel „Die Glasperlenmädchen“ finde ich nicht optimal gewählt. Hannie trägt zwar eine Kette mit Glasperlen aber die anderen Mädchen (und Jungs) mit den Perlenketten treten nicht wirklich in Erscheinung.
Als Fazit kann ich sagen, dass ich dieses Buch in Ordnung fand. Von der Storyline her war es auf jeden Fall mal etwas komplett anderes, als ich sonst so lese. Leider bin ich mit zu hohen Erwartungen an den Roman herangegangen, so dass ich etwas enttäuscht am Ende angekommen bin.