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Veröffentlicht am 20.07.2018

Recht spannend aber unrealistisch

Das Haus der Mädchen
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Andreas Winkelmanns neuer Thriller beginnt mit einem Mord. Ein Krankenpfleger wird auf offener Straße erschossen, nachdem er eine verdächtige Beobachtung gemacht hat.
Im weiteren Verlauft springt der ...

Andreas Winkelmanns neuer Thriller beginnt mit einem Mord. Ein Krankenpfleger wird auf offener Straße erschossen, nachdem er eine verdächtige Beobachtung gemacht hat.
Im weiteren Verlauft springt der Autor in kurzen Kapiteln zwischen verschiedenen Erzählsträngen hin und her. Wie es oftmals bei mehreren Perspektiven ist, empfand ich nicht jede als gleich spannend. Am unheimlichsten waren definitiv die Kapitel über einem Keller, in dem Mädchen gefangen gehalten wurden. Allerdings hatte ich ziemlich bald so halbwegs durchschaut, was hier vor sich geht, wodurch die Spannungskurve etwas abflachte.

Am liebsten gelesen habe ich die Kapitel mit Leni im Zentrum. Die junge Frau kommt für ein Praktikum nach Hamburg, fühlt sich aber von der Großstadt und den Menschen, denen sie begegnet überfordert. In ihrer Zimmernachbarin Vivien findet sie eine Freundin, doch diese verschwindet plötzlich spurlos.

Weniger interessant fand ich die Kapitel aus der Sicht des Obdachlosen und des Polizisten. Erst als sich im letzten Drittel alle Handlungsstränge miteinander verweben, nimmt der Roman nochmals an Fahrt auf und es kommt zu einem dramatischen Finale.

„Das Haus der Mädchen“ ist ein Krimi, der einen genug fesselt um dabei zu bleiben. Der Schreibstil lässt sich leicht lesen und ich hatte das Buch in drei Tagen beendet.

Der Leser ist den Personen im Buch immer eine Nasenlänge voraus und soetwas mag ich nicht so gerne. Mir macht es mehr Spaß, an der Lösung aktiv mitzuraten als die Bösewichte auf dem Silbertablett präsentiert zu bekommen.

Der Grundgedanke von „Das Haus der Mädchen“ ist gut und die architektonischen Besonderheiten der beschriebenen Locations sind faszinierend und gruselig.
Insgesamt war mir die Geschichte jedoch einen Tick zu unrealistisch um mich wirklich zu packen.
Auch empfand ich es als etwas nervig, dass wirklich jeder Charakter im Alleingang unterwegs war. Selbst der Polizist löste den Fall durch nicht genehmigte Einsätze und setzte Zivilisten als Helfer ein.
Man könnte fast meinen, Andreas Winkelmann hatte keine Lust, sich über den Ablauf von Polizeiarbeit Gedanken zu machen.

Alles in allem ein guter Krimi für zwischendurch, aber kein „Reißer“.

Veröffentlicht am 13.07.2018

Tragisch

Wenn wir wieder leben
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Die Bücher von Charlotte Roth sind für mich immer eine Garantie für eine fesselnde und dramatische Geschichte. Mögen die Klappentexte auch alle ähnlich klingen, so sind die Bücher in Wahrheit grundverschieden. ...

Die Bücher von Charlotte Roth sind für mich immer eine Garantie für eine fesselnde und dramatische Geschichte. Mögen die Klappentexte auch alle ähnlich klingen, so sind die Bücher in Wahrheit grundverschieden. Man meint, schon viel über den zweiten Weltkrieg gelesen zu haben, aber Charlotte Roth gelingt es immer wieder, in ihren Romanen Themen in den Mittelpunkt zu rücken, über die wenig gesprochen wird und über die ich noch wenig wusste.

Der Schauplatz von „Wenn wir wieder leben“ ist Zoppot, ein Ostseebad im heutigen Polen. Vor dem zweiten Weltkrieg war Zoppot, wie zum Beispiel auch Danzig, eine freie Stadt, die weder zu Deutschland noch zu Polen gehörte. Die Bevölkerung kam aus beiden Nationen an und beäugte einander misstrauisch.

Der Roman beginnt in den 60er Jahren. Wanda weiß nichts über ihre Wurzeln, sie hat sich nie darüber Gedanken gemacht. Sie weiß nur, dass sie ihre Mutter liebt und ihre Familie ihr sicherer Hafen ist. Als Wanda eines Tages anfängt Fragen zu stellen, bringt sie einen Stein ins rollen, der ihre komplette Familie in ihren Grundfesten erschüttert.

In Rückblicken wird die Geschichte ihrer Herkunft erzählt.
Gundula Friböse bezeichnet sich selbst als glücklichstes Kind an der Ostsee. Als Teenager träumt sie von einer Musikerkarriere und nach langen, vergeblichen Versuchen ist der Durchbruch plötzlich da. Zusammen mit ihrer Schwester Lore und ihren beiden besten Freunden Julius und Erik erreichen sie große Bekanntheit. Hauptsächlich, da ihr Hit „Morgen am Meer“ das Lieblingslied eines Nazis ist und dieser ihnen unzählige Engagements verschafft.

Nachdem mich der Auftakt mit Wanda im Zentrum sofort gepackt hatte, fiel es mir etwas schwerer, mich in die Geschichte in Zoppot zu vertiefen. Die Handlung dümpelt zunächst etwas vor sich hin. Sommerfrische, die vergeblichen Versuche ein Lied zu schreiben – es passiert nicht wirklich viel.
Hinzu kommt, dass mir die Hauptfigur Gundi das komplette Buch über unsympathisch blieb. Gundi trägt den Beinamen Sonnenschein, aber wie es so oft mit Leuten ist, denen Annehmlichkeiten in den Schoß fallen, entwickelt sie sich zu einem ziemlich egoistischen Charakter. Sie schert sich wenig um die Gefühle ihrer Bandkollegen oder um ihre erstgeborene Tochter Ariane. Ihre eigenen Bedürfnisse stehen stets im Mittelpunkt.

Als der Krieg beginnt, nimmt die Handlung an Fahrt auf. Die Zustände in Polen und der Hass, mit dem sich die Menschen begegnet sind, hat mich sehr erschüttert.
Auch das Ende von „Wenn wir wieder leben“ hat mich getroffen. Nach dem ich die letzte Seite gelesen hatte, saß ich noch eine Weile da und dachte über die Geschichte nach. Die vier aus Zoppot waren junge, unbeschwerte Leute, deren Traum es war, Leute mit Musik glücklich zu machen. Ein sinnloser Krieg hat ihre Jugend jäh beendet.

Am Schluss überrascht die Autorin mit einem Plottwist, der sich rückblickend schon lange abgezeichnet hat. Ich habe sogar manche Stellen ein zweites mal gelesen, da sie nach der Enthüllung in einem anderen Licht erschienen.

Alles in allen ein sehr lesenswertes, bewegendes Buch. Gerade in der heutigen Zeit ist es erschütternd, Parallelen zur aktuellen politischen Entwicklung zu finden.

Veröffentlicht am 05.06.2018

Zerstörung

Alles Begehren
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Die erfolgsverwöhnte Schauspielerin Kate Andrews ist es gewöhnt, alles zu bekommen – bis auf den Mann, in den sie sich vor 17 Jahren verliebt hat und der sich damals für seine Ehefrau entschieden hat. ...

Die erfolgsverwöhnte Schauspielerin Kate Andrews ist es gewöhnt, alles zu bekommen – bis auf den Mann, in den sie sich vor 17 Jahren verliebt hat und der sich damals für seine Ehefrau entschieden hat.
Als das Schicksal sie unverhofft erneut mit Callum MacGregor zusammen führt, flammen die Gefühle von damals wieder auf. Gefangen in ihrer eigenen kleinen Welt hinterlassen die beiden eine Spur der Zerstörung.

Ruth Jones machte es mir sehr leicht, in dieses Buch einzutauschen. Ihr Schreibstil ist so lebendig und fesselnd, dass ich den Roman binnen weniger Tage ausgelesen hatte.
Erzählt wird in kurzen Kapiteln jeweils aus der Sicht eines anderen Charakters. Dabei liegt der Fokus nicht allein auf Kate und Callum, sondern auch die jeweilige Ehepartner Matt und Bellinda sowie die kompletten Familien bekommen Raum um die Geschichte zu erzählen.

Wer hier eine große romantische Liebe erwartet, wird enttäuscht sein, denn die Beziehung von Kate und Callum ist zwar intensiv, aber gleichzeitig gebaut auf Gefühlen, die ich nicht wirklich als Liebe beschreiben würde.

Kate war mir extrem unsympathisch. Meiner Meinung nach ging es ihr nur darum, Callum zu besitzen, weil sie seine Zurückweisung auch nach 17 Jahren nicht verwunden hat. Wie eine Spinne drängt sie ihn in die Falle und schreckt auch vor Manipulation nicht zurück. Auch ihre zahlreichen psychischen Probleme konnten nicht dazu beitragen, dass ich etwas liebenswertes an ihr entdecken oder Mitgefühl entwickeln konnte. Für mich war sie einfach nur berechnend und rücksichtslos.

Callum fand ich im Grunde recht sympathisch, auch wenn er ziemlich blauäugig in die Affäre mit Kate getappt ist.

Mein Lieblingscharakter war Matt. Der freundliche Galerist hat mich direkt für sich eingenommen und die Kapitel aus seiner Sicht mochte ich besonders. Insbesondere seine Freundschaft mit Hetty war sehr schön zu beobachten.

Ruth Jones hat ein Talent dafür, ihre Romanfiguren so zu beschreiben, dass man meint, sie wirklich vor sich zu sehen.
„Alles begehren“ ist ein bedrückendes Buch, dass erzählt, dass manchmal das Lebensglück am seidenen Faden hängt. Diese Geschichte war erschütternd und ernüchternd zu gleich und dennoch habe ich sie sehr gerne gelesen.

Weitere Veröffentlichungen von Ruth Jones werde ich auf jeden Fall beobachten.

Veröffentlicht am 26.05.2018

Erschütternd

Ohne ein einziges Wort
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Jeder hat es vermutlich schon einmal erlebt – man lernt jemand kennen, alles ist wunderbar – und dann meldet er sich nicht mehr.
So geht es auch Sarah Harrington in dem Roman „Ohne ein einziges Wort“ ...

Jeder hat es vermutlich schon einmal erlebt – man lernt jemand kennen, alles ist wunderbar – und dann meldet er sich nicht mehr.
So geht es auch Sarah Harrington in dem Roman „Ohne ein einziges Wort“ von Rosie Walsh.

Nach der Trennung von ihrem Mann wollte sie eigentlich nur ein paar Tage in England bei ihren Eltern verbringen. Doch dann läuft ihr Eddie über den Weg. Obwohl sie nicht auf der Suche war, scheint sie plötzlich ihren Traummann gefunden zu haben. Eddie ist charmant, witzig und vorallem mag er Sarah genauso wie sie ihn. Doch nach einer Woche müssen sich die beiden von einander verabschieden – und Eddie verschwindet von der Bildfläche.

Wieder einmal fühlt sich Sarah, als wenn ihr jemand den Boden unter den Füßen weggezogen hätte. Ihr ganzes Leben läuft wie ein Film an ihr vorbei und sie erinnert sich Verletzungen aus der Schulzeit, den Verlust ihrer Schwester und ihre zerbrochene Ehe. Über allem schwebt die Frage, warum Eddie sich nicht mehr meldet. Sarah ist wie besessen, bombadiert ihn mit Nachrichten, überprüft seine social media Accounts im Minutentakt und kontaktiert seine Freunde.

Schon als ich den Klappentext gelesen hatte, wollte ich unbedingt wissen, warum dieser Mann so sang- und klanglos verschwindet. Diese extreme Neugierde trieb mich auch dazu an, immer weiter zu lesen. Ich gebe zu, ich war mehr als einmal versucht, bis zum Ende zu blättern um zu gucken was passiert ist, so gespannt war ich.
„Ohne ein einziges Wort“ ist ein ruhiges Buch. Sarah hat zwar schon einiges durchgemacht, aber die Geschichte plätschert über lange Zeit vor sich hin. Sie sucht nach Eddie auf Seite 1, auf Seite 100 und noch immer bei Seite 250.
Ich bin froh, dass die Autorin mich so neugierig gemacht hatte und ich somit motiviert war, weiter zu lesen, obwohl in den ersten zwei Dritteln teilweise nicht wirklich viel passiert.

Ich mochte Sarahs Freunde Tommy und Jo, die beide eine spezielle, fast exzentrische Art haben. Die Rückblicke in Sarahs Vergangenheit waren mein persönliches Highlight. Dieser Teil war wirklich interessant.
Komischerweise empfand ich die Kapitel, die die Woche mit Eddie beschrieben am wenigsten lesenswert, dabei sollten sie doch eigentlich das zentrale Thema sein. Die gemeinsam verbrachte Zeit erschien mir zunächst zu perfekt und zu glatt. Rückblickend sehe ich es zwar anders aber am Anfang, bevor ich die komplette Geschichte kannte, empfand ich diese Liebeswoche ein wenig langweilig.
Während dem Lesen war ich hin und hergerissen zwischen verschiedenen Theorien:
a) Eddie ist ein Zeitreisender
b) Eddie ist verheiratet
c) Eddie ist Sarahs Bruder.

Dann kam die Auflösung, auf die ich so lange gewartet hatte und mit dem Gefühl, nun hinter das Geheimnis gekommen zu sein, las ich weiter um wenige Seiten später festzustellen, dass ich alles ganz falsch verstanden und gedeutet hatte und ich war ehrlich erschüttert vom Ausmaß der hier beschriebenen Tragödie. Hut ab für diesen Plot Twist, den ich so nicht kommen sah.

Die letzten Kapitel von „Ohne ein einziges Wort“ gingen mir dann wirklich nahe und machten den etwas zähen Anfang wieder wett.

Veröffentlicht am 22.05.2018

Familiensaga

Die Frauen vom Löwenhof - Agnetas Erbe (Die Löwenhof-Saga 1)
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Agneta ist stolz, ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten zu können. Sie hat sich von ihrer adligen Familie losgesagt und lebt nun in Stockholm, wo sie Kunst studiert. Sie hat zwar wenig Geld ...

Agneta ist stolz, ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten zu können. Sie hat sich von ihrer adligen Familie losgesagt und lebt nun in Stockholm, wo sie Kunst studiert. Sie hat zwar wenig Geld aber dafür einen Mann an ihrer Seite, den sie liebt.
Als jedoch Agnetas Vater und Bruder bei einem Unglück ums Leben kommen, kehrt sie pflichtbewußt in ihr Elternhaus zurück und übernimmt die Leitung des Gutshofs.

Corina Bomanns neuen Roman „Die Frauen vom Löwenhof – Agnetas Erbe“ wollte ich unbedingt mögen. Ich liebe lange Familiengeschichten und dies ist der Auftakt zu einer dreiteiligen Saga. Die Cover aller Bände sind optisch perfekt aufeinander abgestimmt und sehen so gut aus, dass ich sie gerne in meinem Regal haben möchte.
Von der Autorin habe ich bereits ein paar Bücher gelesen, die mir alle gut bis sehr gut gefallen haben. So waren die Chancen hoch, dass es auch diesmal klappen könnte und tatsächlich hat mich „Agnetas Erbe“ überzeugt.

Mit seinen 720 Seiten ist dies das dickste Buch, welches ich in diesem Jahr bisher gelesen habe. Man merkt die Dicke jedoch kaum, da die Geschichte sehr kurzweilig geschrieben ist und man gut über eine längere Zeit dabei bleiben kann.

Agneta ist eine interessante Heldin. Ist sie zunächst noch vorallem eine Rebellin, so stellt sie doch schnell ihre eigenen Träume hinten an, als es um das Wohl ihrer Familie geht. Selbstbewusst übernimmt sie die Leitung des Guts. Mir war zwar nicht immer ganz klar, woher Agneta das Wissen nahm, ein Gestüt zu führen, es ist ihr aber in jedem Fall gut gelungen.

Agneta träumt von einer Welt, in der Frauen den Männern gleichgestellt sind und stößt dabei immer wieder an Grenzen. Auch wenn sie ihren Angestellten bessere Arbeitsbedingungen einräumt, so ist sie mit ihren Ansichten in vielen Dingen ihrer Zeit voraus und die gesellschaftlichen Konventionen lassen es oft nicht zu, alle Wünsche in die Tat umzusetzen.

Dadurch, dass Agneta immer wieder Kompromisse eingehen muss, bewahrt sich die Autorin Authentizität. Wir schreiben den Anfang des 20. Jahrhunderts und damals war ein Leben entfernt von Haus und Herd für viele Frauen undenkbar und teilweise einfach nicht möglich.

Auch mochte ich, dass Agneta in Liebesdingen einiges durchmachen musste und nicht zielgerichtet auf eine große Romanze hinsegelte. Generell ist das Buch weit weniger kitschig als der Klappentext vermuten lässt.

Alles in allem hat mir dieser Roman gut gefallen und ich freue mich darauf, den Löwenhof im zweiten Band erneut zu besuchen.