Profilbild von Cleeblatt

Cleeblatt

aktives Lesejury-Mitglied
offline

Cleeblatt ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Cleeblatt über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Gelöscht: Ein solider Auftakt mit einigen Ecken und Kanten

Gelöscht
0

Kyla ist nervös, denn heute wird sie ihre neue Familie kennen lernen. Sie wird das Krankenhaus verlassen, in dem sie die letzten Monate verbracht hat, um wieder laufen, sprechen und die alltäglichen Dinge ...

Kyla ist nervös, denn heute wird sie ihre neue Familie kennen lernen. Sie wird das Krankenhaus verlassen, in dem sie die letzten Monate verbracht hat, um wieder laufen, sprechen und die alltäglichen Dinge des Lebens zu erlernen. Kyla wurde geslatet, ihre Persönlichkeit, ihre Fähigkeiten ausgelöscht. Ein Schicksal, dass alle Jugendlichen im England der Zukunft erwarten, wenn sie ein Verbrechen begangen haben oder durch rebellisches Verhalten aufgefallen sind. Eine zweite Chance, sich lückenlos in die Gesellschaft zu integrieren. Ein kleines Gerät namens Levo hält die Jugendlichen davon ab, rückfällig zu werden, aggressiv und gewalttätig. Denn wenn der Wert des Levo zu tief fällt, wird sein Träger ausgeschaltet. Doch bei Kylas Operation muss etwas schiefgegangen sein. Immer wieder hat sie Flashbacks. Erinnerung oder Einbildung? Kyla beginnt Fragen zu stellen, denn sie möchte eines unbedingt herausfinden: Warum wurde sie geslatet? Ein großartige und einzigartige Grundidee, die viel Spannung verspricht. Leider kam gerade die an vielen Stellen zu kurz.

Action, Verfolgungsszenen, Eskalationen, herzergreifende Romantik, tiefe Emotionen, Nervenkitzel ... sucht man hier vergeblich. Die Handlung bleibt konstant, hält eine gewisse Grundspannung, wird aber an manchen Stellen etwas langatmig, da das gleiche Plotmuster immer wiederholt wurde. Die Neugierde, was es mit Kylas Flashbacks genau auf sich hat, lässt einen trotzdem die Seiten umblättern. Um das Forschen nach Kylas Identität dreht sich die zentrale Handlung des Buches. Die Autorin hat diesen Punkt sehr gut ausgearbeitet, dreht sich dabei allerdings etwas zu sehr im Kreis und lässt andere Aspekte dabei schleifen. Ein gutes Stichwort ist das Setting: Man erfährt sehr wenig von Kylas Welt. Wie und wohin sich England in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt hat, wird angerissen und grob erklärt, trotzdem bleiben viele Fragen offen. Besonders störend war für mich die Tatsache, dass die Lorder als staatliche Organisation stark verallgemeinert und als böse dargestellt wurde. Dort wurde überhaupt nicht differenziert. Ich hoffe, dass Teri Terry dies in den folgenden Bänden noch ändert. Die Idee des Slating dagegen ist gut durchdacht und bringt Einzigartigkeit in die Geschichte.

Kyla war mir von Beginn sehr symphatisch. Als Slaterin ist sie für die Gesellschaft ein unbeschriebenes Blatt. Zunächst möchte sie sich auch nahtlos in ihr neues Leben einfügen und nichts von ihrer Vergangenheit wissen. Doch je mehr Erinnerungen erwachen, desto neugieriger wird Kyla, beginnt erste Fragen zu stellen und bleibt dennoch vorsichtig. Sie will wissen, was da vor sich geht, was verheimlicht wird, weiß aber auch, dass es gefährlich ist, was sie, für ihre eigentlich nicht vorhandene Persönlichkeit, sehr stark und klug macht. Sie beobachtet ihre Umgebung, lässt sich ungern von anderen sagen, was sie denken soll, handelt aber sehr instinktiv, ohne sich bewusst für eine Sache zu entscheiden. Mir hat hier definitiv die Eigeninitiative von Kyla gefehlt, der Wille selbstständig Entscheidungen zu treffen.

Ben, der männliche Protagonist, dagegen war zu oberflächlich und träumerisch, ein typischer Slater - wunschlos glücklich und zuvorkommend, immer ein Lächeln im Gesicht. Seine beste Freundin Tori hatte er kurz nach deren Verhaftung vollkommen vergessen und Kyla muss ihn regelmäßig an ihre Existenz erinnern. Auch die aufkeimende Liebe zwischen Kyla und Ben wirkt sehr unglaubwürdig, aus dem einfachen Grund, dass sie in ihrer Beziehung viel zu schnell voranschreiten. Gerade erst haben sie sich in den Gruppensitzungen, die Slater regelmäßig besuchen müssen, kennengelernt, im nächsten Moment wird von unsterblicher Liebegesprochen. Warum? Einerseits nachvollziehbar, denn haben wir mit 16 nicht auch geglaubt, jeder Typ, in den man sich verliebt hat, wäre DER Eine, andererseits fühlen sich diese Liebesgeschichten überhastet an. Zudem macht Ben am Ende eine unglaubwürdige und ruckartige Entwicklung durch, die nur schwer nachzuvollziehen war. Ich hoffe, Teri Terry wird auch diese Frage im nächsten Band lüften und Ben mehr Tiefe verleihen.

Fazit: Trotz einiger Ecken und Kanten konnte mich Teri Terry mit ihrer Geschichte überzeugen. Die Idee ist großartig und interessant, Kyla eine starke und neugierige Protagonistin. Die Handlung brauchte ihre Zeit, um Fahr aufzunehmen und hat ihr Potenzial für spannende Szenen, die überall versteckt waren, letztendlich nicht voll ausgeschöpft. Alles in allem ein solider, aber ruhiger Auftakt einer neuen Jugendbuch-Reihe, die einen Thriller mit dystopischen Elementen vereint.

4 von 5 Sternen

Veröffentlicht am 15.09.2016

Throne of Glass 01: Stereotypen, schwache Handlung und ein unausgearbeitetes Setting geben sich die Hand

Throne of Glass - Die Erwählte
0

Die ersten Seiten von Throne of Glass versprechen einen spannenden Wettstreit mit einer interessanten Protagonistin in einem fantastischen Setting. Celaena Sardothien ist die berühmt-berüchtigste Assassinin ...

Die ersten Seiten von Throne of Glass versprechen einen spannenden Wettstreit mit einer interessanten Protagonistin in einem fantastischen Setting. Celaena Sardothien ist die berühmt-berüchtigste Assassinin des Königreiches Adarlan. Im Kampf muss sie sich den besten Kriegern des Kontinents Erilea stellen, um ihre Freiheit zurückzugewinnen.

Ich hatte mir spannende Kampfszenen und politische Intrigen im Stile des alten Roms erhofft. Doch die anfängliche Begeisterung wich bald der bitteren Ernüchterung, denn der Wettstreit tritt schnell in den Hintergrund. Diese Entscheidung der Autorin war für mich äußert unverständlich, da sie gleich zu Beginn ihre eigentliche Grundidee über den Haufen wirft und das ganze Potenzial der Geschichte verschenkt. Stattdessen fokussiert sie eine vorhersehbare und oberflächliche Liebesgeschichte, der es vollkommen an Authentizität, Tiefgang und Spannung und "mysteriöse" Morde. Hin und wieder wurden weitere spannende Ansätze deutlich, auf die entweder gar nicht oder nur relativ kurz eingegangen wurde. Lieber wurde auch hier wieder der Schwerpunkt auf endlose Gespräche zwischen Prinz Dorian, Captain Chaol Westfall und Celeana gelegt. Gespräche, die für mich sehr ermüdend waren, da sie teilweise vollkommen inhaltslos waren und vor Wiederholungen nur so strotzten.

Mit Celaena habe ich mich von Beginn an schwer getan. Sie wirkt sehr arrogant und selbstverliebt. Die regelmäßige und andauernde Wiederholung, dass sie die ALLERbeste Assassinin des ganzen Königreiches sei und jeder, der ihren Namen hört, vor Furcht zittert, hat diesen Eindruck nur noch verstärkt. Sobald Celaena mit ihrer Eskorte in Rifthold angekommen ist, nimmt man ihr bald auch die abgebrühte Assassinin nicht mehr ab. Während sie zunächst noch überlegt, wie sie Captain Westfall und seine Soldaten ausschalten und sich aus dem Staub machen kann, freut sie sich im nächsten Moment euphorisch über schöne Kleider und königliche Bälle. Mit fortschreitender Handlung fühlt sie sogar richtig wohl in ihrer Rolle als Lady Lillian Gordaina. Diese Verwandlung ist nicht nur unglaublich, sondern auch unglaubwürdig, zumal Celeana zuvor ein Jahr als Sklavin in den Salzminen des Königreiches zugebracht hat. Das geht doch nicht spurlos an einem vorbei!? Für Adarlans Assassinin scheinbar kein Problem. Denjenigen, die viel und gerne lesen, fällt schnell auf: Celaena ist eine Mary Sue, eine perfekte Alleskönnerin. Die schöne und tödliche Assassinin kann nicht nur ausgezeichnet kämpfen, sondern auch tanzen und Klavier spielen. Sie ist mutig, intelligent, klug, hat ein Herz für die Armen und Ausgestoßenen. Sie interessiert sich für Politik, Kultur und Literatur - und Magie scheint ihr auch noch im Blut zu liegen. Instiktiv weiß sie immer, was zu tun ist. Sogar im Angesicht des Todes unterläuft ihr kein Fehler. War das alles? Ich vermutet nicht. In den folgenden Bänden wird sich sicherlich noch offenbaren, dass Celaena die verschollene Prinzessin irgendeines Königreiches ist. Das Image einer eiskalten, selbstgerechten Assassinin, die für Geld jeden tötet und ihre Seele verkauft, wird mit jeder Zeile der Geschichte unglaubwürdiger.

Die anderen Charaktere - angefangen bei den männlichen Hauptfiguren Prinz Dorian und Captain Westfall über Herzog Perrington und Lady Kaltain bis hin zum König - blieben allesamt stereotypisch, oberflächlich und blass. Jeder blieb in seinem vorgezeichneten Kreis - der gut aussehende Kronprinz, der mürrische Hauptmann, der selbstherrliche Herzog, die intrigante Hofdame, der böse Tyrann - ohne Ziel und Ambition mehr zu sein oder zu werden als eine Schablone. Ähnlich erging es auch dem Setting: Warum wurde Magie verboten? Wer konnte mit Magie umgehen? Warum ist der König von Adarlan so versessen darauf den gesamten Kontinent zu erobern? Lediglich Nehemia, die Prinzessin von Eyllwe, die momentan in Adarlan zu Gast ist, wirkt symphatisch und ist der einzig interessante Charakter in Throne of Glass, über den ich mehr erfahren möchte. Leider spielt auch sie eher eine Rolle am Rande und bleibt die meiste Zeit im Dunkeln.

Der Schreibstil war zwar leicht und locker, ich habe ihn allerdings als sehr holprig empfunden. Es gab ein paar sehr schön formulierte Passagen, aber der YA-Sprachstil überwog die meiste Zeit und mich hat die saloppe Art und Weise, wie die Figuren miteinander sprechen schon sehr gestört, denn Jobs, Partys, Internate und Osterferien haben in einem High-Fantasy-Roman eigentlich nichts zu suchen.

Fazit: Unfertige, flache Charaktere, vorhersehbare Wendungen und eine zu perfekte Protagonistin, deren Handeln man nicht nach vollziehen kann. Sarah J. Maas hat das eigentliche Potenzial ihrer Idee verschenkt. Wäre sie bei ihrer ursprünglichen Idee geblieben - einem Cinderella-Makeover, bei der Cinderella nicht auf den Ball kommt um mit dem Prinzen zu tanzen, sondern um ihn zu töten. Das wäre der Geschichte vielleicht zu Gute gekommen.

2 von 5 Sternen

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eve & Caleb 01: Mehr Roadtrip als Dystopie ...

Eve & Caleb – Wo Licht war
0

Mit dem ersten Band von Eve & Caleb - Wo Licht war - wage ich mich nach einem guten Vierteljahr mal wieder an eine Dystopie und erfülle mir einen lang ersehnten Lesewunsch. Doch muss ich gestehen, dass ...

Mit dem ersten Band von Eve & Caleb - Wo Licht war - wage ich mich nach einem guten Vierteljahr mal wieder an eine Dystopie und erfülle mir einen lang ersehnten Lesewunsch. Doch muss ich gestehen, dass mich Anna Careys Jugendbuch-Debüt ziemlich ernüchtert zurücklässt.

Eine Seuche hat den Großteil der US-amerikanischen Bevölkerung dahingerafft. Die überlebenden Mädchen brachte man in ein Internat. Während sich die Erwachsenen daran machten, eine der Städte wieder bewohnbar zu machen. In genau so einem Mädcheninternat finden wir uns zu Beginn der Handlung wieder. Es der Tag vor der Abschlussfeier. Eve - unsere Protagonistin - freut sich darauf nach den 12 Jahren in der Schule mehr über Kunst zu erfahren und zu malen, denn sie möchte Künstlerin werden. Aber Arden einer ihrer Mitschülerin, die Außenseiterin Arden, erklärt Eve, dass nichts so ist, wie sich die Mädchen das erträumt haben.

Zuerst war ich begeistert davon, dass die Bombe in den ersten Kapiteln platzt und Eve in die Wildnis flüchtet. Im Nachhinein hätte ich mir jedoch gewünscht, dass Eve zu einem späteren Zeitpunkt flüchtet: Arden hätte die Bombe wie gehabt platzen lassen. Es hätte dann aber mehr zu Eve gepasst, das Ganze als Spinnerei abzutun. Sie ist die Jahrgangsbeste, vollkommen überzeugt vom System der Schulen und voller naiver Träume. Ich hätte sie zuerst die Grausamkeit des Systems spüren lassen und dann eine spektakuläre Flucht organisiert. Nichts desto trotz ist Eve eine sympathische Protagonistin, die sich zwar nur mäßig, aber dennoch vom naiven Schulmädchen zu einer guten Kämpferin entwickelt hat.

Obwohl Eve eine gute Protagonistin ist, wäre da noch so unendlich viel Platz nach oben, so viel Potenzial sich zu entwickeln. Mit ein paar Handgriffen könnte Eve zu einer stimmigen, abgebrühten Kämpferin werden. Stattdessen bleibt sie - wie schon erwähnt - auf einem Level und insgesamt blass. Ebenso auch wie die Nebencharaktere. Arden ist eine tolle Figur - und meine heimliche Heldin, aber nachdem die beiden Mädels im Lager von Calebs Bande angekommen, wird sie einfach links liegen gelassen und nur noch selten erwähnt. Auch Caleb erfährt eine lieblose Behandlung. Er ist zwar sympathisch, nett und aufmerksam, aber er ist und bleibt einfach nur der Lover Boy. Sehr schade!

Insgesamt lag mir die Fokussierung bei den Charakteren zu sehr auf Eve, sodass wir über etwaige Nebenfiguren nichts oder nur kaum Informationen erhalten. Während des "Roadtrips" durch die Wildnis finden wir immer wieder Flugblätter, auf denen aktiv nach Eve gefahndet wird. Gerade dadurch, dass sie "für den König bestimmt" ist, wird ihr eine Rolle zugesprochen, die einfach nicht zu den bisherigen Ereignissen passt. Sie ist doch nur aus dem Internat abgehauen. Warum sollte der König persönlich nur nach ihr suchen lassen - und nicht auch nach Arden? Solche Dinge sind einfach nicht stimmig und wirken wie aus der Luft gegriffen.

Ein letzes Wort zur Welt, die Anna Carey erschaffen hat: Besonders gefallen hat mir der flüssige Schreibstil der Autorin, die Seiten sind nur so dahin geflogen und auch ihre Beschreibungen der "Wildnis" waren gut gelungen. Allerdings wäre ein wenig mehr Brutalität für eine Welt, wie sie Anna Carey beschreibt angemessen gewesen. In der Wildnis wird ums Überleben gekämpft, da ist man keineswegs nett zueinander, sondern kämpft um Vorräte und Waffen. Ein anderes Beispiel: In der Schule wurde den Mädchen eingetrichtert, dass Männer brutal, machtgierig und manipulierend seien. Umso mehr hätte ich mir gewünscht, dass davon auch ein bisschen gezeigt wird. Und in den Banden hat mir entscheidend eine starke und kalte weibliche Figur gefehlt, um zu zeigen wie kalt, brutal und herzlos Frauen auch sein können.

Zudem hätte ich mich über mehr Beschreibungen der Welt und der Charaktere gefreut. Ich wusste nach 300 Seiten immer noch nicht wie das Wappen des Neuen Amerika aussieht, obwohl es so oft erwähnt, aber nie in Form und Farbe beschrieben wurde. Auch blieben mir viele Charaktere in ihren Beschreibungen zu blass und hatte beim Lesen nie wirklich ein Bild vor Augen.

Fazit: Wo Licht war ist auf jeden Fall ein interessanter Roadtrip durch eine apokalyptische Welt, eine nette Geschichte für zwischendurch, aber mit sehr viel Potenzial nach oben und zur Weiterentwicklung. 100 bis 200 Seiten mehr hätten den Charakteren, der Handlung und der Welt sehr gut getan, um ihr mehr Tiefe und Komplexität zu verleihen.

3 von 5 Sternen

Veröffentlicht am 15.09.2016

Young World 01: Filmreifes Endzeitabenteuer mit kleinen Ecken und Kanten

Young World - Die Clans von New York
0

Seit ein verheerender Virus im Raum New York ausgebrochen ist, ist die Stadt nicht mehr dieselbe. Kleine Kinder und Erwachsene sterben, zurück bleiben nur die Jugendlichen. Unter ihnen auch Donna und Jefferson. ...

Seit ein verheerender Virus im Raum New York ausgebrochen ist, ist die Stadt nicht mehr dieselbe. Kleine Kinder und Erwachsene sterben, zurück bleiben nur die Jugendlichen. Unter ihnen auch Donna und Jefferson. Beide gehören zum Clan, der den Washington Square ihr Eigen nennt. Zwei Jahre nach dem Ausbruch des Virus ist es ihnen gelungen, zu überleben und so etwas wie eine Gesellschaft aufzubauen.


Bereits nach den ersten Seiten dieser Endzeitgeschichte war ich begeistert. Chris Weitz ist der erste Autor (den ich bisher gelesen habe), der es schafft seinen Charakteren unterschiedliche Stimmen zu geben. Jeff liest sich nicht wie Donna, und Donna liest sich nicht wie Jeff. Ich "fühle" ihre unterschiedlichen Charakterzüge heraus, einfach nur durch die Art und Weise wie der Autor die beiden in ihren Kapiteln sprechen lässt. Donna hat eine harte Schale, ist etwas ruppig und grob in ihrer Art, hat aber einen weichen Kern und eine verständnisvolle Seite, und sie ist verdammt realistisch und spricht die Dinge so aus wie sie sind. Jeff dagegen ist ruhiger, besonnen und kopflastig. Da er im Clan im Schatten seines großen Bruders steht, ist er zurückhaltend, steht mehr am Rand und muss sich erst noch zum Anführer entwickeln. Der Wechsel zwischen den beiden gibt dem Anfang seine ganz eigene Dynamik, ein Wechsel zwischen Jeffs ruhigen, ausgewählten Sätzen und Donnas zackigen "Frei-Schnauze"-Art. Das hat mich am Anfang, der noch nicht so actionreich ist, bei der Stange gehalten.

Sobald wir Donna und Jefferson ein wenig besser kennen gelernt haben, dauert es nicht lange bis wir von einer nervenaufreibenden Szene in die nächste stürzen - und sowohl ich als Leser als auch die Charaktere kaum zu Atem kommen können. Doch Chris Weitz' Debütroman kann nicht nur mit tollen Figuren und spannender Action aufwarten, sondern auch mit einen unglaublich realistischem Setting. Ich hatte meine wahre Freude daran, die unterschiedliche Clans von New York kennen - und fürchten - zu lernen. Einige Clans haben sich erschreckend grausame Rituale und Eigenheiten zugelegt.

Nichtsdestotrotz kommt die Gewalt und Brutalität der Glaubwürdigkeit der Geschichte nur zu Gute. Es gibt keinen Strom mehr, kein fließendes Wasser, Nahrungsmittel sind knapp. In den Straßen der Stadt herrscht das Gesetz des Stärkeren, dass sich viele Clans uneingeschränkt zu Nutze machen und die Schwächeren unterdrücken und ihre Überlegenheit ausnutzen. Chris Weitz verherrlicht die Gewalt jedoch nicht. Das genaue Gegenteil ist der Fall. Schonungslos zeigt er ihr wahres, hässlichen Gesicht und reflektiert sie durch seine Charaktere.

Dadurch, dass der Leser durch die Charaktere immer wieder in ihre Erinnerungen an die Zeit DAVOR abtaucht, mehr über ihre Familien erfährt, die sie verloren haben und die Annehmlichkeiten der Moderne vermissen, entsteht ein emotionaler und sehr kontrastreicher Mix aus Vergangenheit und Gegenwart, in dem Chris Weitz' Themen anspricht, die sehr aktuell sind, und mit denen man sich in der globalisierten Welt in der wir nun einmal leben auseinandersetzen sollte. Chris Weitz schafft es auf sehr eindrucksvolle und spannende Weise seinen Lesern die aktuellen Probleme unserer Zeit bewusst zu machen und vor Augen zu führen.

Ganz ohne Ecken und Kanten blieb Chris Weitz' Debütroman jedoch nicht. Es gab einige Aspekte und Handlungsverläufe mit denen ich nicht zufrieden, allen voran das verunglückte Liebesdreieck. Es wirkte leider viel zu aufgesetzt, ruppig und lieblos. So haben sich einige Passagen sehr zäh gelesen und ich konnte manchmal nur die Augen verdrehen, weil es stellenweise sehr genervt hat. Das Ende wiederum hat so einige Überraschungen parat gehalten und mich durch eine wahre Achterbahn der Gefühle gejagt - Angst um meine Helden, Frustration, Wut und Erleichterung.

Fazit: Chris Weitz' ist als Regisseur von Twilight bekannt, Vampire sucht man in Young World - Die Clans von New York vergeblich. Dafür erwartet den Leser ein rasantes und spannendes Endzeitabenteuer, das wichtige und aktuelle Themen unserer Zeit anspricht und sehr gut für Jugendliche aufarbeitet. Ich hatte sehr viel Freude und schöne Lesestunden, sodass die kleinen Schwächen nicht weiter gestört haben. Wer also in ein Endzeit-Szenario abtauchen möchten, Spannung und Gefühle erleben möchte, ist bei Young World an der richtigen Adresse.

4 von 5 Sternen

Veröffentlicht am 15.09.2016

Magisterium 01: Es hätte zauberhaft und magisch werden können

Magisterium - Der Weg ins Labyrinth
1

Achtung! Diese Rezension enthält Spoiler zum Ende des Buches!

Magisterium hebt sich schon durch seine grandiose Optik zwischen den anderen Büchern hervor. Das Cover ist schlicht gestaltet mit dem kupferfarbenen ...

Achtung! Diese Rezension enthält Spoiler zum Ende des Buches!

Magisterium hebt sich schon durch seine grandiose Optik zwischen den anderen Büchern hervor. Das Cover ist schlicht gestaltet mit dem kupferfarbenen Buchschnitt und dem Schriftzug Magisterium, der gleichzeitig ein Ambigramm darstellt, d.h. man kann ich auch lesen, wenn man das Buch auf den Kopf stellt. Aber jetzt zum Inhalt: Schon vor dem Lesen habe ich gehört, dass Vielen die Ähnlichkeit mit dem wohl berühmtesten Zauberlehrling aufgefallen ist - und mir ging es genauso. Ich muss sagen, da haben die beiden Autorinnen schon recht viel abgekupfert: Angefangen bei dem Trio Aaron, Tamara und Callum - wobei unser Protagonist Call hier nicht die Rolle des Auserwählten einnimmt, sonder eher die von Ron - bis hin zur überraschenden Enthüllung am Ende, die mich am meisten verärgert hat. Wirklich überzeugen konnten Cassandra Clare und Holly Black mich mit ihrer Magierschule nicht.

Der große Unterschied zu besagtem berühmten Zauberlehrling besteht jedoch darin, dass Callum niemals ins Magisterium gehen und Magie erlernen wollte. Seit Kindesbeinen hat ihm seit Vater eingebläut, sich von den Magiern und von Magie fernzuhalten - hat Alistair Hunt beim Krieg gegen die Chaosmagier doch seine Frau verloren und seitdem der Magie abgeschworen. Inwieweit Callums lahmes Bein mit den Ereignissen von damals zusammenhängt, erfährt nur der Leser. Nach diesem Prolog, der mich sehr neugierig gemacht hat und auf ein spannendes und magisches Abenteuer hoffen ließ, wurde die Geschichte jedoch zäher.

Alles beginnt mit der Eisernen Prüfung, zu der zahlreiche Kinder unter dem Vorwand eingeladen wurden, an einem speziellen Aufnahmeverfahren für eine Eliteschule teilzunehmen, um sie in ihren Leidenschaften voranzubringen. Callums Klassenkameradin Kylie zum Beispiel glaubt zu einem Vorsprechen für eine Ballettschule zu gehen. In Wahrheit werden die Kinder jedoch auf ihre magische Begabung hin getestet. Calls Vater möchte aber unter keinen Umständen, dass sein Sohn ins Magisterium aufgenommen wird und hat ihm seit jeher eingebläut Angst vor den Magiern zu haben und um jeden Preis durch diese eine Prüfung zu fallen. Und Callum stellt sich wirklich mehr als dämlich an. Trotzdem wird er von einem der Lehrer, Master genannt, auserwählt. Soweit so gut. Die Eiserne Prüfung selbst war einfach gestaltet und testete drei grundlegende Fähigkeiten der zukünftigen Schüler: Intelligenz, körperliche Kraft und Willenstärke. Nach dem unnötig dramatischen Abgang von Callums Vater, der nebenbei noch seinen Sohn mit einem Messer attackiert, geht es jedoch rapide bergab.

Die Zauberschule Magisterium liegt unter der Erde, bestehend aus zahlreichen Höhlen, Gängen und Verzweigungen. Das Magische und Zauberhafte sucht man jedoch vergeblich, denn die "Schule" wirkt sehr kühl, düster und farblos. Es fehlen die mit Fackeln ausgeleuchteten Gänge, lachende Schülergruppen, die durch die Schule streifen, kuschelige Gemeinschaftsräume und einzigartige Räume, die es zu erkunden gibt. Auch von einem Schulalltag kann man nicht wirklich sprechen. Jeder Master unterrichtet seine Schüler und stellt ihnen selbst gewählte Aufgaben. Jedoch ging der Sinn des Unterrichts völlig verloren, sodass man auch kaum Einblicke in die eigentliche Magie erhält, die sich um das Beherrschen der Elemente dreht. Es hätte mich sehr gefreut, mehr darüber erfahren zu können und mitzuerleben, wie die Schüler an den gestellten Herausforderungen wachsen. Es ging um vieles in Magisterium, nur nicht um das Erlernen von Magie. Das seitenlange Sortieren von Sand war mehr als öde und bis auf die "Zwischenprüfung", in der das Trio zusammen mit den anderen Schülern gegen Elementarier kämpfen müssen, gab es vom Schulalltag kaum zu erleben. Um das Magisterium als Welt vor meinem Auge enstehen zu lassen, hat es mir entschieden an Beschreibungen und Abwechslung gefehlt.

Callum als Protagonist war mir sehr unsympathisch, nicht nur weil er durch sein lahmes Bein häufig am jammern war, dass er dieses und jenes nicht tun könnte, sondern auch durch sein gesamtes Auftreten als Einzelgänger und Anti-Held. An sich bin ich ein Fan von Anti-Helden, aber bei Callum wurde es eindeutig übertrieben. Auch seine beiden "besten Freunde" Aaron und Tamara bleiben sehr langweilig und farblos - stecken in ihren vorgezeichneten Rollen des Auserwählten und der Streberin fest. Das Konzept der Freundschaft des Trios ist zudem sehr seltsam aufgebaut. Zu Anfang können sich die drei nicht ausstehen, und dann wieder bemühen sich Tamara und Aaron Callum in ihre Freundschaft zu integrieren und ein paar Seiten weiter, nach der gefühlt zehnten Zickerei, sind sie auf einmal unzertrennlich und beste Freunde. Sehr verwirrend und seltsam. Auch andere Nebenfiguren wie Jasper und Celia bleiben viel zu sehr am Rand und es werden oft Konflikte und Entdeckungen viel zu sehr aufgebauscht, als das es noch spannend ist.

Der Schreibstil der beiden Autorinnen war überraschend einheitlich, jedoch auch kühl und distanziert. Darin sehe ich vor allem den Grund, dass die Charaktere und das Setting sehr darunter zu leiden haben. Besonders aufgefallen ist mir, dass es streckenweise so wirkte, als wären sich Cassandra Clare und Holly Black sich nicht einig gewesen, für welche Zielgruppe sie denn nun eigentlich schreiben wollten. Allen voran Callum, klangen die Charaktere nicht nach 12-jährigen Kindern, sondern wie rotzige, schlecht erzogene 15-jährige. Wie vieles an dieser Geschichte wirkte auch der Schreibstil unvollständig und nicht richtig durchdacht.

Zum Ende möchte ich noch kurz auf die Handlung zu sprechen kommen: Im Großen und Ganzen fehlte es der Handlung an einem roten Faden. Die Eiserne Prüfung war der Beginn eines großen Abenteuers für Callum, doch danach hangelt man sich von einem zusammenhanglosem Ereignis zum nächsten, ohne zu wissen, wohin die beiden Autorinnen eigentlich hinwollen, bis man an dem entscheidenden Punkt angekommen ist. Die große Wendung, die Überraschung, die Magisterium bereithält, war auch das, was mich am meisten verärgert hat, denn ein dreisteres Plagiat hat es in der Literatur wohl selten gegeben. Im Endeffekt nimmt der erste Band von Magisterium das Ende von Harry Potter vorweg, denn unser Protagonist Callum trägt - und das ist kein Scherz! - die Seele des Chaosmagiers in sich, der in der Magierwelt als der Feind des Todes bekannt ist. Wir erinnern uns: Als Lily ihr Leben gab, um Harry zu retten und Voldemort dabei selbst gestorben ist, klammerte sich seine Seele an das einzige Lebendige, dass er finden konnte - und zwar Harry? Ja, ich war und bin verärgert!

Fazit: Magisterium hat mich durch einen starken Prolog neugierig gemacht und mich auf eine spannendes Abenteuer voller Magie hoffen lassen, um mich dann auf ganzer Linie zu enttäuschen. Die Idee hinter der Geschichte, die Idee des Magisteriums hätte wirklich zauberhaft werden können, wenn die Autorinnen lieber etwas mehr Zeit in die Ausarbeitung ihrer Charaktere, den Aufbau von Spannung und eine dichte, logische Handlung sowie in die Beschreibungen der magischen Welt mit ihren unterirdischen Flüssen und Tunneln, dem Schulalltag und den Elementarier stecken sollen. So bleibt Magisterium insgesamt blass und farblos, da es wirklich an allem in dieser Geschichte hapert. Sehr schade um das verschenkte Potenzial, das sie doch hatte!

2 von 5 Sternen