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Veröffentlicht am 30.10.2024

Wunderbar warmherzig - Ein wahres Highlight

Wohnverwandtschaften
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Dieses Buch hat mich aus einer recht langen Leseflaute geholt!
Isabel Bogdan schreibt in einer sehr nuancierten und abwechslungsreichen Sprache über eine Wohngemeinschaft die zu einer Wahlfamilie ...

Dieses Buch hat mich aus einer recht langen Leseflaute geholt!
Isabel Bogdan schreibt in einer sehr nuancierten und abwechslungsreichen Sprache über eine Wohngemeinschaft die zu einer Wahlfamilie und zu einer Wohnverwandtschaft wird.
Das ist abwechselnd humorvoll, tieftraurig, tiefsinnig, heiter, wehmütig, Mut machend und vor allem eins: Zutiefst menschlich.

Die Wohngemeinschaft, das sind Murat (ein Lebenskünstler), Anke (eine meist arbeitslose Schauspielerin) und Jörg (Witwer Ende 60, ihm gehört die großzügige Wohnung in Hamburg). Dorthin zieht Constanze, Zahnärztin und gerade frisch von ihrem Freund getrennt. Eigentlich will sie nur vorübergehend bleiben. Aber dann fühlt sie sich wohl und Zuhause. Wenn Murat mal wieder kreativ kocht, Anke mit ihren fehlenden Engagements hadert und sich dadurch viel um Jörg kümmern kann. Denn dieser wird immer vergesslicher... dabei will er doch mit dem Bulli nach Georgien.

In Form von Dialogen, Inneneinsichten und aus den jeweiligen Perspektiven der einzelnen WG-Bewohner erzählt die Autorin mit verschiedenen Stilmitteln (Liedzeilen, bildhafte Beschreibungen und auch mal eine rasante Revue eines Fußballspiel des FC St.Pauli) sehr gekonnt von den Höhen und Tiefen des Lebens. Das ist sehr gekonnt gemacht, die Sprache ist sehr nuanciert, perfekt der jeweiligen Situation angepasst und trotzdem insgesamt sehr klar und gut zu lesen. Das ist schon große Kunst!

Isabel Bogdan ist mir schon als Übersetzerin der genialen Romane von Jane Gardem aufgefallen, dort hat sie es geschafft, diesen ganz speziellen, feinen englischen Humor in die deutsche Sprache zu transportieren. Chapeau! Ihren eigenen Roman "Der Pfau" mochte ich auch sehr und diesen Roman hier liebe ich geradezu!

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Veröffentlicht am 12.09.2024

Kunstvoll verwobene Frauenschicksale und ein Haus auf den Klippen

Die Frauen von Maine
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Die Autorin Courtney J. Sullivan ist in den USA ein Star der hochwertigen Unterhaltungsliteratur. Und das vollkommen zu recht! In Deutschland wird diese Art von Büchern immer etwas herablassend ...

Die Autorin Courtney J. Sullivan ist in den USA ein Star der hochwertigen Unterhaltungsliteratur. Und das vollkommen zu recht! In Deutschland wird diese Art von Büchern immer etwas herablassend angeschaut, in den USA weiß man anscheinend, wie schwer es ist, wirklich gute Unterhaltung zu schreiben. Und die Autorin ist eine Meisterin darin!
Ich mochte insbesondere ihr früheres Buch "Die Verlobungen" sehr gerne (die anderen habe ich inzwischen auch fast alle gelesen). In den Verlobungen verwebte die Autorin kunstvoll die Geschichte eines Diamanten mit verschiedenen Zeitebenen und Personen und schuf so ein Kaleidoskop von Beziehungen und gesellschaftlichen Entwicklungen, von der Erfinderin des Slogans "Diamonds are girl´s best friend" bis zu einem schwulen Paar, das sich mit Ringen mit dem Diamanten das Jawort geben wird.
In diesen Buch spielen nicht Diamanten, sondern ein Haus auf den Klippen in Maine die verbindende Rolle. Am Anfang des Romans ist das Haus verlassen und Jane flüchtet sich dorthin vor den schwierigen Familienverhältnisse mit alkoholkranker Mutter und Schwester. Später wird Jane erfolgreich ein Institut für Frauenforschung leiten und zurückkehren an den Ort ihrer Jugend und die neue Besitzerin kennenlernen. Und beginnen, über die früheren Bewohner zu recherchieren. Dabei kommt eine Kultur- und Gesellschaftsgeschichte zu Tage, die vor allem über die Entwicklung der Lage der Frauen in den USA erzählt. Gekonnt, gut recherchiert, spannend und interessant. So wie gute Unterhaltung sein sollte. Nicht seicht, sondern richtig gut.
Große Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 12.09.2024

Traurig - Tragisch - Schön - Berührend

Der Gesang der Berge
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Der Vietnamkrieg. Erzählt aus vietnamesischer Sicht anhand einer Familie und über viele Generationen. Krieg, Flucht, Tod, Leid. Aber auch Zusammenhang und zwischendurch sogar Glück.

Ungemein poetisch ...

Der Vietnamkrieg. Erzählt aus vietnamesischer Sicht anhand einer Familie und über viele Generationen. Krieg, Flucht, Tod, Leid. Aber auch Zusammenhang und zwischendurch sogar Glück.

Ungemein poetisch erzählt, damit lassen sich die teils furchtbaren Ereignisse einigermaßen ertragen.

Mir persönlich ist es dennoch sehr sehr schwer gefallen, das Buch zu lesen. Das lag sicherlich daran, dass ich im Urlaub angefangen habe (es gefiel mir sehr gut) und dann nach dem Urlaub Zuhause nur noch Stress hatte. Da passt solch ein Buch nicht (für mich). Dazu ist es zu anspruchsvoll geschrieben, man muss sehr aufpassen wegen der vielen Personen (es gibt aber ein Personenverzeichnis - zum Glück) und natürlich sind viele Ereignisse sehr grausam. Sicher realistisch. Aber schwer zu ertragen.

Trotzdem: Ein sehr wichtiges Buch, dass die Gräuel von Kriegen und Machtwechseln und die Auswirkungen auf die ganz normalen Menschen sehr eindringlich beschreibt. Dazu noch literarisch sehr anspruchsvoll geschrieben. Das ist schon sehr kunstvoll.

Ich empfehle das Buch ausdrücklich. Allerdings empfehle ich auch, es nicht gerade in einer persönlichen Stresssituation zu lesen.

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Veröffentlicht am 23.08.2024

Interessante Familiengeschichte aus Griechenland

Bittersüße Mandeln
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Griechenland war bei uns im Geschichtsunterricht immer nur Antike. Von der neueren Geschichte wusste ich fast nichts. Das hat sich durch diesen Roman geändert. Dafür vielen Dank! Erzählt wird von der Zeit ...

Griechenland war bei uns im Geschichtsunterricht immer nur Antike. Von der neueren Geschichte wusste ich fast nichts. Das hat sich durch diesen Roman geändert. Dafür vielen Dank! Erzählt wird von der Zeit nach dem 2. Weltkrieg bis in die Zeit der Krise Anfang der 2000er Jahre über eine wohl irgendwie typische griechische Familie, die unendlich viele Hürden überwinden musste und in der es doch viel Liebe und Zusammenhalt gab. Weit spannt die Autorin den Bogen, von 1944 und den Untergrundkämpfen sowie über Wirtschaftskrisen bis hin zu den Familienmitgliedern, die in den USA oder in Deutschland ihr Glück suchten. Erzählt wird auf zwei Ebenen: Da ist zum einen die Tochter aus Deutschland, die ihre griechisch-stämmige Mutter nach einem Schlaganfall im Krankenhaus in Athen besucht. Dort trifft sie auf einen Bruder der Mutter, der ihr die Geschichte ihrer Familie erzählt, das ist dann die zweite Ebene. Es beginnt mit Anna, der Großmutter, die schwanger mit dem fünften Kind aus ihrem Heimatdorf auf der Peloponnes fliehen muss. Nach vielen Wochen kommt sie in Athen an, schlüpft bei Verwandten unter und schafft es mit viel Tatkraft, einen landwirtschaftlichen Betrieb aufzubauen und erfolgreich zu führen. Dies ist umso bemerkenswerter, als dass Anna weder lesen noch schreiben kann. Ihr Ehemann, den sie leidenschaftlich liebt, bleibt zunächst verschollen, dafür interessiert sich einer ihrer Arbeiter für sie... Wie wird es weitergehen?

Es kommt danach noch ganz viel, fast ein wenig zu viel. Aber wohl realistisch, denn viele Griechen suchten vor allem nach dem 2. Weltkrieg ihr Glück und ein wenig Wohlstand im Ausland. Deshalb wird die Geschichte auch in den USA und in Deutschland weitererzählt und es wird erklären, warum die Tochter aus Deutschland anreist....

Ich habe etwas gebraucht, um in dem Buch anzukommen, doch dann hat es mich gepackt. Ich war dann auch neugierig, welcher der Töchter von Anna nun die im Krankenhaus liegende Mutter ist.... das wird nämlich ziemlich lange nicht enthüllt... zwischendurch war ich zwar geschockt von den mangelnden Bildungsmöglichkeiten für Frauen damals und von dem traditionellen Rollenbild, das für Frauen vorgesehen war (was allerdings in Deutschland auch nicht unbedingt sooo viel besser lief....). Aber die Frauen dieser Familie waren ziemlich stark (meistens, nicht immer) und konnten im Endeffekt das Beste daraus machen. Viel gelernt habe ich auch über die Traditionen in Griechenland, über die politischen Entwicklungen dort und über die Tendenz, dem Staat nicht zu sehr zu vertrauen...

Es soll einen zweiten Band geben. Ich bin gespannt, was dort erzählt wird.

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Veröffentlicht am 08.08.2024

Tiefgründig, emotional und nicht seicht - bin begeistert

Unter Wasser ist es still
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Dieses Buch war eines meiner Highlights 2024 bisher. Unerwarteterweise. Zwar hatte mich die Kurzbeschreibung einer Kindheit auf dem Darß schon angesprochen, ich hatte aber nicht sehr viel erwartet. Und ...

Dieses Buch war eines meiner Highlights 2024 bisher. Unerwarteterweise. Zwar hatte mich die Kurzbeschreibung einer Kindheit auf dem Darß schon angesprochen, ich hatte aber nicht sehr viel erwartet. Und dann wurde ich sehr eindrücklich überrascht. Schon der Einstieg in den Roman war heftig: Ein junges Mädchen radelt panisch durch Regen und Sturm, denkt an die Sicherungen im Haus und als sie dort ankommt, ist alles voller Rauch und ihre Mutter wird mit dem Rettungswagen abtransportiert.

Im nächsten Kapitel ist das Mädchen Mitte Dreißig, arbeitet als Restauratorin in Frankfurt und war nicht mehr auf dem Darß. Sie versucht alles, um die Erinnerungen zu verdrängen und scheut sich vor zu starken emotionalen Bindungen, gerade ist eine langjährige Beziehung in die Brüche gegangen. ...

Als sich eine neue berufliche Perspektive auftut, ist Maira allerdings gezwungen, das Haus auf dem Darß zu verkaufen. Sie fährt ein letztes Mal hin, um auszuräumen. Dort trifft sie dann alte Jugendfreunde und sie muss sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Eingestreut in den Roman sind Briefe der Mutter an die Tochter und Gedanken eines älteren Mannes, der im Dorf unter einem Baum sitzt und über seine Fehler in der Vergangenheit nachdenkt. Was ist damals mit der Mutter geschehen?

Mir hat dieser Roman sehr gut gefallen. Idyllische Kindheitserinnerungen wechseln sich ab mit der aktuellen Zeit, Erinnerungen kommen hervor und es zeigt sich, wie sehr Erfahrungen in Kindheit und Jugend einen Menschen prägen können. Die Tatsache, dass die Erwachsenen in diesem Zusammenhang einiges an Fehlern machten, fand ich sehr gut dargestellt und dies betonte die äußerst schwierige Situation, in der Maira sich damals befand. Die Schilderungen von Natur und Umweltschutz haben mich dagegen nicht so ganz erreicht, fand ich too much in dem eigentlich schon mehr als ausgefüllten Dram, aber das ist sicherlich Geschmacksache.

Unbedingte Leseempfehlung!

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