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Veröffentlicht am 05.07.2018

Eine Tochter, berühmte Eltern und die Suche nach einem Zuhause

Die Unruhigen
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"Vielleicht brauchten beide, Mama und Papa, einen Vater. Jemanden, der sich ihrer annahm, wenn sie sich verlaufen hatten und nach Hause sehnten.
Oder sie brauchten eine Hausfrau. Künstler brauchen Hausfrauen" ...

"Vielleicht brauchten beide, Mama und Papa, einen Vater. Jemanden, der sich ihrer annahm, wenn sie sich verlaufen hatten und nach Hause sehnten.
Oder sie brauchten eine Hausfrau. Künstler brauchen Hausfrauen" (S. 305)

Ein Mädchen wird 1966 unehelich geboren. Das war damals noch ein Skandal. Aber ihre Elten kümmert das wenig, sie sind Künstler, leben in ihrer eigenen Welt - und sind nicht geschaffen für das normale Alltagsleben: "Keiner der beiden konnte kochen; vielleicht einer der Gründe dafür, dass sie nicht in der Lage waren, weiter zusammenzuleben (...) keiner der beiden konnte bügeln oder den Fußboden putzen, keiner von ihnen wusste, wie man sich um ein Kind kümmert, ich spreche nicht von Liebe, Liebe hatten sie, ich spreche von der Arbeit, ich spreche von dem, was sich daraus ergibt, ein Heim einzurichten und eine Familie zu gründen (...). (S. 304).

Das Mädchen wächst also sehr unstet auf, zunächst in Schweden, dann in Oslo, später auch in den USA. Ihre Mutter ist eine weltbekannte Schauspielerin und reibt sich auf zwischen Arbeit, künstlerischem Anspruch, Geldverdienen und Kindererziehung. Ihr wird es angekreidet, dass sie keine Vollzeitmutter ist und das Kind oft von Kindermädchen betreut wird.
Der Vater dagegen ist völlig gefeit vor solchen Vorwürfen - er hätte sie sich wohl auch nicht zueigen gemacht. Er hat 9 Kinder von 6 Frauen und verbietet sogar seiner letzten Frau Ingrid (diese ist dann wirklich zum ersten Mal eine "Hausfrau" und keine Künstlerin) ihre anderen 3 Kinder mit ins gemeinsame Heim zu bringen. Nur eine Tochter (Maria) darf zeitweise bei ihnen wohnen (wie sich erst später herausstellt, ist sie auch eine frühe, uneheliche Tochter des späteren Ehemanns).

Einmal im Jahr, im Sommer, verbringen das Mädchen und einige andere Kinder des Vaters einige Ferienwochen auf der Insel Farö, dem Sommerdomizil des Vaters. Eigentlich war das Domizil für das Mädchen und seine Mutter und den Vater gebaut worden, aber jetzt wohnt dort der Vater mit Ingrid, seiner letzten Ehefrau. Obwohl es sich nach Inselromantik und unbeschwerten Sommerwochen anhört, so gibt es doch für alle strenge Regeln. Und der Vater schreibt im Sommer - und darf nicht gestört werden. Dies alles erinnert sehr stark an die Erinnerungen der Kinder von Thomas Mann. Auch er ein sehr begabter Künstler - aber im täglichen Leben musste Ordnung herrschen.

Hier ist aber von Ingmar Bergman die Rede, dem weltberühmten Regisseur. Und die Mutter ist Liv Ullmann, die einmal einige Jahre mit Bergman liiert war - aber nie verheiratet. Und die Tochter ist Linn Ullmann, heute eine bekannte und bedeutende Autorin.

Dieses Buch ist ein Roman - einiges ist wohl fiktiv - aber es ist auch eine autobiographische

Veröffentlicht am 14.06.2018

Morde in Australien - und die Spuren führen nach Deutschland

Die Schlingen der Schuld
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Daniel Clement ist Detective und hat lange in Perth in Westaustralien gelebt und gearbeitet. Und er wollte nie in seine Heimatstadt Broome zurück. Als sich jedoch seine Frau von ihm trennte und mit der ...

Daniel Clement ist Detective und hat lange in Perth in Westaustralien gelebt und gearbeitet. Und er wollte nie in seine Heimatstadt Broome zurück. Als sich jedoch seine Frau von ihm trennte und mit der gemeinsamen Tochter nach Broome zurückzog, hat sich auch Clement zum Umzug entschlossen. Denn er möchte seiner Tochter so nah wie möglich sein - und gleichzeitig hängt er noch an seiner Ex-Frau.


Broome selbst liegt sehr idyllisch am Ozean und ist ein beliebter Urlaubsort - aber beruflich scheint sich Clement weitab vom Schuss zu befinden, ist die nächste Großstadt doch mehr als 2.000 Kilometer entfernt.
Aber dann passiert ein rätselhafter Mord an einem Deutschen, der schon lange in der Gegend lebt. Und schon ist Clement wieder eingespannt in eine Mordermittlung, die sich als sehr schwierig erweist. Zunächst laufen alle Ermittlungen ins Leere - aber irgendwann scheint sich doch ein Muster zu ergeben.
Und zwischendurch kämpft Clement mit privaten Problemen. Und mit den riesigen Entfernungen in Australien, die die Ermittlungsarbeit nicht gerade erleichtern.

Es gibt in diesem Buch viel Sonne, viel Hitze, viele idyllische Strände mit gar nicht so idyllischen Vorkomnissen, viel Outback und viele Wasserstellen mit vielen Krokodilen. Und am Schluss kumuliert alles zu einem mächtigen Showdown inmitten eines Zyklons.

Dieser Krimi ist sehr spannend geschrieben, gut komponiert und bietet neben ganz viel Lokalkolorit auch einen Nebenschauplatz in Deutschland. Und einen Blick hinter die Kulissen des nur auf den ersten Blick entspannten Lebens in Australien. Und es gibt durchaus Tragik und Sozialkritik.

Ich persönlich mag diese Kombination sehr - ich lese aus diesem Grunde auch skandinavische Krimis sehr gerne. Und Australien ist sowieso ein Traumland von mir.

Daher war ich begeistert - und freue mich schon auf weitere Fortsetzungen der Reihe. Wenn auch die Australien-Krimis von Gerry Disher immer noch ein klein wenig besser sind...

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Atmosphäre
  • Spannung
  • Charaktere
  • Geschichte
Veröffentlicht am 04.06.2018

Amerikanische Kriegsgefangenenschaft - einmal anders beleuchtet

Ein mögliches Leben
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"Weitermachen, darum ging es, und zwischendurch etwas Spaß haben, ganz egal, welches Leben man lebte" (S. 342)


Sicher hätte es für Franz, den Großvater, ein anderes "mögliches Leben" geben können. In ...

"Weitermachen, darum ging es, und zwischendurch etwas Spaß haben, ganz egal, welches Leben man lebte" (S. 342)


Sicher hätte es für Franz, den Großvater, ein anderes "mögliches Leben" geben können. In Amerika, wo er in Kriegsgefangenschaft war. Aber davon erfährt Martin, der Enkel, erst spät. Nämlich auf einer Reise in die USA zu den ehemaligen Kriegsgefangenenlagern, die Martin mit seinem fast 90jährigen Großvater unternimmt.

Man erfährt, dass es im Lager genug zu Essen gab. Und sogar Englischunterricht. Und so hat der Großvater sich von einem Sprössling einer einfachen Bergmannsfamilie im Ruhrgebiet zum Dolmetscher entwickeln können. Und daran nach der Rückkehr nach Deutschland anknüpfen können. Aber ausgewandert ist er nicht. Sondern in Deutschland geblieben bei seiner Frau und seiner kleinen Tochter.

Da der Enkelsohn gerade in einer ähnlichen - aber doch wieder ganz anderen - Situation steckt, bringt diese Reise ihn dazu, über seine Zukunft nachzudenken. Und darüber, welche Folgen der Krieg, die Kriegsgefangenschaft und die Erlebnisse des Großvaters für seine Familie hatten.

Wenn es in amerikanischer Gefangenschaft auch keine Toten durch Hungersnöte gab (was man immer über die Lage in den russischen Gefangenenlagern liest) so war die Stimmung doch schwierig. Der Krieg war nicht zu Ende. Und im Lager trafen die überzeugten Nazis, die auf den Endsieg hofften, auf diejenigen, die den Krieg längst verloren glaubten und einfach nur froh waren, überlebt zu haben. Und das gab großen Ärger im Lager. Und es kam zu viel Gewalt.
Und das war etwas, über das ich ehrlich gesagt noch nie nachgedacht hatte. Ich war (naiv?) weitgehend davon ausgegangen, dass alle Kriegsgefangenen zwar unfrei und zum Arbeitsdienst verpflichtet waren - aber doch weitgehend froh, überhaupt überlebt zu haben. Aber das scheint nicht ganz so gewesen zu sein.

Leider kann ich meinen Vater nicht mehr fragen. Er war in amerikanischer Gefangenschaft. Zwar nicht in den USA sondern in Frankreich - aber vom vielen Essen hat er auch erzählt. Und von der Entlausung. Und von Schokolade und Zigaretten - vorher im Krieg quasi nicht erhältlich. Und mein Opa war in englischer Gefangenschaft. In Italien und Ägypten. Dort zwar anscheinend nicht ganz so üppig verpflegt - aber doch froh, davongekommen zu sein.
Gerne würde ich wissen, ob es dort auch diese Konflikte gab.

Und so gibt zeigt dieses Buch einmal eine andere Facette der Kriegsgefangenschaft. Statt Massensterben in Russland schwere Konflikte und Vergangenheitsbewältigung. Der Autor dieses Buches erzählt dies sehr eindringlich und bildhaft. Ich konnte das Buch kaum zur Seite legen.

Die Haltung der Amerikaner, sich weitgehend an die Genfer Konventionen zu halten, die Gefangenen zwar arbeiten zu lassen - aber auch gut zu verpflegen und sich in kleinem Umfang um Bildung zu kümmern - das hat einen tiefen Eindruck bei den Deutschen hinterlassen. Bei den Kriegsgefangenen selbst - und bei den Familien und Freunden, denen das erzählt wurden. Nicht wenige sind danach in die USA ausgewandert. Und lange war Auswandern in die USA für viele Deutsche ein Traum.

Als ich dieses Buch gelesen habe, ist mir wieder in Erinnerung gekommen, wie positiv das Bild von Amerika in meiner Jugend in den 70er Jahren war. Danach ist das Bild gekippt - heute ist vieles anders. Und auch ich bin viel kritischer geworden.
Aber ich kann wieder gut verstehen, warum ich nach dem Abitur mein ganzes Erspartes zusammengekratzt habe für einen Flug nach Los Angeles.
Und übrigens war ich gerade im Frühjahr wieder da. Diesmal aber mit einem ganz anderen Bewusstsein. Aber die unvorstellbare Weite der Landschaft ist unverändert. Und auch diese wird in diesem Roman eindrucksvoll dargestellt.

Also: Unbedingte Lese-Empfehlung!
Autor: Hannes Köhler

Veröffentlicht am 24.05.2018

Viele Französisches Savoir-Vivre. Und viele Familiengeheimnisse

Tödliche Provence (Hannah Richter 2)
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Dies ist bereits der zweite Band der Reihe um die deutsche Kommissarin Hannah Richter, die in der Provence ermittelt.
Und da ich den ersten Teil noch nicht kannte, kann ich sagen: Dieser Band lässt sich ...

Dies ist bereits der zweite Band der Reihe um die deutsche Kommissarin Hannah Richter, die in der Provence ermittelt.
Und da ich den ersten Teil noch nicht kannte, kann ich sagen: Dieser Band lässt sich auch ohne Vorkenntnisse lesen - es wird alles gut erklärt. Ohne über den ersten Fall zu viel zu verraten.

Hannah Richter ist Ende 30, etwas ausgelaugt von ihrem Job bei der Kölner Kriminalpolizei und fährt daher für 4 Wochen in Urlaub in die malerische Provence. Sie wohnt im kleinen Landhaus ihrer Freundin Penelope, die sie im Vorjahr kennengelernt hat, als Hannah im Rahmen eines EU-Austauschprogrammes in der Provence gearbeitet hat - und sofort einen Fall gelöst hat (das war dann der erste Band der Reihe).

Und auch diesmal gerät Hannah wieder in einen ungeklärten Todesfall, der sich als Mord herausstellen soll. Und wieder arbeitet sie eng mit Emma zusammen, der Kommissarin, mit der sie auch schon im ersten Band zusammengearbeitet hat.

Zwischen vielen Cafe Crème, Croissants, Crepes und Wein graben sich die beiden Frauen immer tiefer in die Familiengeschichte des Mordopfers. Und kommen unglaublichen Geheimnissen auf die Spur.

Dies wird weitgehend spannend erzählt - zwischendurch "zieht" es sich aber etwas. Selbst mir als Frankreich-Liebhaberin war es manchmal zu viel an Beschreibungen von kulinarischen Genüssen. Und die Zerwürfnisse zwischen den Ermittlern konnte ich auch nicht so richtig nachvollziehen.
Interessant fand ich jedoch den Handlungsstrang zwischen Hannah und ihrem Freund Serge - das war recht realistisch beschrieben - diese vorsichtige Liebe von Menschen, die die 30 schon längst überschritten haben.

Insgesamt hat mich der Krimi gut unterhalten - und Bücher über Familiengeheimnisse mag ich sowieso. Und Frankreich auch.
Also werde ich bald den ersten Band nachholen.

Darauf einen Café Crème!

Dies ist bereits der zweite Band der Reihe um die deutsche Kommissarin Hannah Richter, die in der Provence ermittelt.
Und da ich den ersten Teil noch nicht kannte, kann ich sagen: Dieser Band lässt sich auch ohne Vorkenntnisse lesen - es wird alles gut erklärt. Ohne über den ersten Fall zu viel zu verraten.

Hannah Richter ist Ende 30, etwas ausgelaugt von ihrem Job bei der Kölner Kriminalpolizei und fährt daher für 4 Wochen in Urlaub in die malerische Provence. Sie wohnt im kleinen Landhaus ihrer Freundin Penelope, die sie im Vorjahr kennengelernt hat, als Hannah im Rahmen eines EU-Austauschprogrammes in der Provence gearbeitet hat - und sofort einen Fall gelöst hat (das war dann der erste Band der Reihe).

Und auch diesmal gerät Hannah wieder in einen ungeklärten Todesfall, der sich als Mord herausstellen soll. Und wieder arbeitet sie eng mit Emma zusammen, der Kommissarin, mit der sie auch schon im ersten Band zusammengearbeitet hat.

Zwischen vielen Cafe Crème, Croissants, Crepes und Wein graben sich die beiden Frauen immer tiefer in die Familiengeschichte des Mordopfers. Und kommen unglaublichen Geheimnissen auf die Spur.

Dies wird weitgehend spannend erzählt - zwischendurch "zieht" es sich aber etwas. Selbst mir als Frankreich-Liebhaberin war es manchmal zu viel an Beschreibungen von kulinarischen Genüssen. Und die Zerwürfnisse zwischen den Ermittlern konnte ich auch nicht so richtig nachvollziehen.
Interessant fand ich jedoch den Handlungsstrang zwischen Hannah und ihrem Freund Serge - das war recht realistisch beschrieben - diese vorsichtige Liebe von Menschen, die die 30 schon längst überschritten haben.

Insgesamt hat mich der Krimi gut unterhalten - und Bücher über Familiengeheimnisse mag ich sowieso. Und Frankreich auch.
Also werde ich bald den ersten Band nachholen.

Darauf einen Café Crème!

Veröffentlicht am 18.05.2018

Sehr spannend - und viel Schottland-Flair

Der Pate von Glasgow
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Jim Daley wurde befördert - und gleichzeitig weit weg von Glasgow eingesetzt. Ob dies eher ein "aus dem Weg räumen ist"?


Jedenfalls gefällt es Jim und seiner Frau Liz bisher gut im beschaulichen Kinloch. ...

Jim Daley wurde befördert - und gleichzeitig weit weg von Glasgow eingesetzt. Ob dies eher ein "aus dem Weg räumen ist"?


Jedenfalls gefällt es Jim und seiner Frau Liz bisher gut im beschaulichen Kinloch. Und ihre eher schwierige Ehe scheint harmonischer zu werden.

Doch dann werden Jim und sein alter Kollege Brian aus Glasgow von ihrer Vergangenheit eingeholt. Sie hatten einst den Kopf einer berüchtigten kriminellen Familie mit Hilfe von Kronzeugen verhaften können. Aber nun wurde einer der Kronzeugen im Exil in Australien brutal ermordet. Und der andere Kronzeuge ist in Gefahr - und der wohnt in der Nähe von Kinloch. Und dann überschlagen sich die Ereignisse. Es gibt eine Menge von Attentatsversuchen (bei denen auch Jim und Liz angegriffen werden) und eine Menge von Toten und Verletzten. Alles wird immer verwirrender und nachher weiß man als Leser kaum noch, wie alles zusammenhängt, Mehrmals wird man auf die falsche Fährte geführt - bevor alles in einem dramatischen Showdown auf dem Meer endet.

Am Ende ist alles aufgelöst. Man wird sich allerdings noch fragen, wie es mit der Ehe von Jim und Liz weitergehen kann. Und ob Brian sich wieder erholt. Und man wird wissen wollen, welche Rolle Donald, der unsympathische Chef von Jim und Brian, spielt. Aber dafür muss man wohl auf die Fortsetzung warten....

Dieser Thriller ist der zweite Band einer Serie, die in Schottland spielt und viel Lokalkolorit vermittelt. Die raue, stürmische und manchmal auch idyllische Landschaft spiegelt das Geschehen wieder. Und eine Prise britischen Humors gibt es auch. Und natürlich wird viel Whisky getrunken - das gehört in Schottland einfach dazu.

Ich hatte schon den ersten Band der Serie (und das kurze Prequel) gelesen und bin weiterhin sehr begeistert von dieser Reihe, da mir besonders die Charakterzeichnungen sehr gut gefallen. Und ich warte schon gespannt auf die Fortsetzung.

Und irgendwie muss ich noch einmal nach Schottland - die Landschaft dort ist in ihrer Härte und Rauheit einfach besonders. Bis das klappt, reise ich mit diesen Büchern dorthin.