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Veröffentlicht am 08.10.2022

Eher literarisches Experiment als Roman

Unsterblich sind nur die anderen
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Den "Sound" der bekannten Chastity-Riley-Krimis der Autorin mochte ich sehr gerne und entsprechend gespannt war ich auf den neuen Roman, den ersten nach dem Ende der Krimiserie.
Und ich muss ...

Den "Sound" der bekannten Chastity-Riley-Krimis der Autorin mochte ich sehr gerne und entsprechend gespannt war ich auf den neuen Roman, den ersten nach dem Ende der Krimiserie.
Und ich muss sagen: Ich war enttäuscht. Literarisch zwar geschickt gestaltet, viele Anklänge an Mythen, viele literarische Verweise. Aber das Buch konnte mich nicht packen. Zu viel Mystery für meinen Geschmack, die Protagonisten zu "weird" (sprich: abgedreht, absurd, verrückt) und zu wenig packend gestaltet. Die Geschichte selbst irgendwie nicht rund. Ich mag zwar durchaus ein paar mystische Momente in Büchern, hier war es mir aber viel zu viel. Ab der Hälfte habe ich nur noch quergelesen. Denn wissen, wie es ausgeht, wollte ich schon. Und immer noch gerne wissen möchte ich, wie die Rahmengeschichte mit dem Buddelschiff zu interpretieren ist. ......
Viele Leser:innen feiern das Buch. Ist eben Geschmacksache.
Ich dagegen finde, dass die Frage "Who wants to live forever" schon literarisch gekonnter interpretiert wurde.

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Veröffentlicht am 18.08.2022

Melancholische Familiengeschichte aus den Elbmarschen

Die Rückkehr der Kraniche
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Die vier Frauen der Hansen-Familie treffen sich wieder in dem alten Reetdachhaus in den Elbmarschen, das ihrer aller Heimat ist. Es liegt viel Unausgesprochenes in der Luft. Wie das in Norddeutschland ...

Die vier Frauen der Hansen-Familie treffen sich wieder in dem alten Reetdachhaus in den Elbmarschen, das ihrer aller Heimat ist. Es liegt viel Unausgesprochenes in der Luft. Wie das in Norddeutschland eben so ist. Hier redet man eher wenig und das harte Leben auf dem Land fordert seinen Tribut. Dazu kommen einige Familiengeheimnisse, die eine Annäherung erschwerden.
Da ist Wilhelmine, die älteste Frau. Sie wurde früh Witwe und musste ihre Töchter alleine erziehen. Das hat sie hart gemacht. Grete, die älteste Tochter, hat früh erwachsen werden müssen und sich immer liebevoll um ihre jüngere Schwester Freya gekümmert. Bis diese irgendwann der Enge entflohen ist und in Berlin Karriere gemacht hat. Das hat Grete ihr übel genommen. Dazu kam, dass Grete nie aus dem Dorf herausgekommen ist, da sie früh schwanger geworden ist und ihre Studienpläne nicht verwirklicht hat. Anne, die Tochter von Grete, will gerne richtig selbständig werden, schafft es aber nicht. Auch sie hat ihre Geheimnisse und außerdem will sie endlich wissen, wer ihr Vater ist....Und Freya? Sie ist nach außen hin erfolgreich, innerlich aber in einer Krise, denn sie wurde gerade verlassen und ihr Kinderwunsch hat sich nicht erfüllt.
Als Wilhelmine erkrankt, sind alle Familienmitglieder genötigt, sich auseinanderzusetzen und (vielleicht?) eine neue Nähe zu entwickeln und neue Weichen für die Zukunft zu stellen. Wird Wilhelmine ihren Töchtern gegenüber endlich offen reden? Wird Grete neue Wege gehen? Was ist mit dem Vater von Anne? Und was wird aus Freya und dem neuen Nachbarn?

Dieses Buch beschreibt sehr stimmungsvoll die Landschaft der Elbmarschen, was mir schon in den Krimis der Autorin sehr gut gefallen hat. Diese raue Landschaft, ganz nah bei Hamburg und doch so weit weg. Die Figurenzeichnungen sind sehr authentisch, typisch norddeutsch und ein wenig herb. Dieser Familienroman zeigt sehr eindrucksvoll die Macht und die Auswirkungen von Familienverstrickungen, Geheimnissen und mangelnder Kommunikation. Realistisch, ungeschönt und lebensecht. Die Grundstimmung ist eher melancholisch. Ein romantisch-seichte Lektüre ist es nicht. Aber ein stimmungsvoller Roman inklusive wunderbarer Landschaftsbeschreibungen. Und wer Vögel liebt, der wird auch dieses Buch lieben. Und sofort in die Naturschutzgebiete der Elbmarschen aufbrechen wollen.

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Veröffentlicht am 10.08.2022

Außergewöhnlicher Roman über soziale Ungleichheit, Migration und ... Liebe

Jahre mit Martha
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Wow - Was für ein Roman. Auf sehr außergewöhnliche Art wird hier über Migration, soziale Ungleichheit, Bildungsaufstieg und die damit verbundenen Probleme erzählt. Kombiniert mit einer (vermeintlichen? ...

Wow - Was für ein Roman. Auf sehr außergewöhnliche Art wird hier über Migration, soziale Ungleichheit, Bildungsaufstieg und die damit verbundenen Probleme erzählt. Kombiniert mit einer (vermeintlichen? ungewöhnlichen?) Liebesgeschichte.
Zeljko, den in Deutschland alle nur Jimmy nennen, ist erst 15, als er Martha kennenlernt. Sie ist Professorin, etwa 20 Jahre älter und wohnt in einer Villa mit Park und Pool in Heidelberg. Ihre Putzfrau ist Zeljkos Mutter, Kroatin aus der Herzegowina und wohnhaft mit Mann und drei Kindern in einer Zweizimmerwohnung in Ludwigshafen. Zeljkos "Kinderzimmer" ist dort eine mit einem Vorhang abgetrennte Nische im Flur. Dort treffen sich Zeljko und Martha zum ersten Mal und von nun an wird eine besondere Anziehungskraft ihre Leben miteinander verbinden. Zunächst wird Zeljko die Sommerferien über als Aushilfe die Kaninchenställe für Marthas Tochter in deren Garten aufbauen. Und die Bibliothek im Haus nutzen dürfen. Dies bestärkt ihn noch mehr darin, sich Bildung anzueignen. Denn Zeljko erkennt schnell, dass nicht Geld und großzügige Häuser den Unterschied ausmachen, sondern Bildung. Und so wird Zeljko als erster in seiner Familie Abitur machen und studieren. Martha wird ihn unterstützen, jedoch nur sporadisch in seinem Leben präsent sein, dann aber unvergessliche Erlebnisse bereiten.
Eine klassische Liebesgeschichte ist es eigentlich nicht - aber was ist es dann? Und warum fühlt sich Zeljko so einsam und wenig angekommen in seiner neuen Welt? Sind es die sozialen Unterschiede? Die Probleme, als Migranten- und Arbeiterkind an einer Universität? Seine abenteuerlichen Experimente in der Sexualität? Sein Hang zu Marihuana?
Der Roman erzählt jedenfalls keine reine Erfolgsgeschichte, sondern direkt und episodenhaft die Eindrücke, Probleme und Gedanken eines Jungen aus einer einfachen, bildungsfernen Migrantenfamilie, die zwar liebevoll ist, in der vor lauter Geldverdienen jedoch der Fokus verloren geht. Und so schlingert der Protagonist durchs Leben, bis es am Ende ein wenig versöhnlicher wird. Für mich persönlich war es jedoch eher ein Scheitern und genau das Ende des Romans mochte ich deshalb weniger.

Trotzdem: Ein unbedingt lesenswerter Roman mit sehr genauen Beobachtungen und wie nebenher eingeflochtenen Alltagsbeschreibungen, die die sozialen Ungleichheiten unserer Gesellschaft punktgenau sezieren.

"Meine Geschichte will ich erzählen, weil ich glaube, dass wir uns mehr Geschichten erzählen sollten über uns in diesem Land. ... Mir selbst will ich meine Geschichte erzählen, weil ich die Irrwege meines Erwachsenenlebens in eine Dramaturgie sortieren will..." (Seite 15)

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Veröffentlicht am 06.06.2022

Das perfekte Sommerbuch, wenn es zwischendurch auch melancholisch und nicht zu seicht sein darf

Ein unendlich kurzer Sommer
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Ein ziemlich heruntergekommener Campingplatz irgendwo in Deutschland an einem See. Die perfekte Kulisse für einen tollen Sommerroman mit interessanten Charakteren, ein wenig Liebesgeschichte ...

Ein ziemlich heruntergekommener Campingplatz irgendwo in Deutschland an einem See. Die perfekte Kulisse für einen tollen Sommerroman mit interessanten Charakteren, ein wenig Liebesgeschichte und der Erzählung über Neuanfänge im Leben.

Gustav ist ein alter Mann und krank. Er ist an den Ort seiner jungen Jahre zurückgekehrt, an dem er seine große Liebe kennengelernt - und wieder verloren hat. Er leitet jetzt den Campingplatz, mehr schlecht als recht. Als die junge Lale bei ihm landet, die einfach nur weg musste aus ihrem alten Leben, wird es besser mit der Platzführung. Lale repariert, hilft und lockt Gustav ein wenig aus seinem Schneckenhaus. Dann erscheint Christophe aus La Reunion auf dem Platz. Und bei Lale melden sich zarte Gefühle. Aber eigentlich will sie das nicht. Und frei ist sie auch nicht..... und Christophe ist eigentlich auch nicht ganz zufällig genau auf diesem Campingplatz gelandet...

Sehr atmosphärisch, mit einer melancholischen Grundstimmung und trotzdem viel Gefühl und in einer wunderschönen Sprache, die nie seicht oder kitschig wird, erzählt die Autorin von einem besonderen Sommer, an dem sich Schicksale kreuzen und Raum schaffen für Neuanfänge.

Das perfekte Buch für den Sommer, wenn man als Leser nicht nur gut unterhalten werden will, sondern auch tiefsinnige Gedankengänge mag. Und gleichzeitig die Leichtigkeit spüren möchte, wenn alles im Leben wieder offen zu sein scheint.

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Veröffentlicht am 27.05.2022

Historischer Roman über Südtirol

Das Land, von dem wir träumen
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Da ich schon einige Male in Südtirol in Urlaub war und von früher weiß, dass das Zusammenleben zwischen deutschsprechenden Südtirolern und Italienern nicht immer einfach war, wollte ich diesen Roman unbedingt ...

Da ich schon einige Male in Südtirol in Urlaub war und von früher weiß, dass das Zusammenleben zwischen deutschsprechenden Südtirolern und Italienern nicht immer einfach war, wollte ich diesen Roman unbedingt lesen. Die Geschichte beginnt in den 1920er Jahren. Südtirol gehört nun zu Italien und alles Deutsche soll ausgemerzt werden, es soll nur noch italienisch gesprochen und alle Namen sollen italienisch werden.

So bekommt die junge Franziska von einem Bauernhof in der Nähe von Meran nicht die Erlaubnis, als Lehrerin zu arbeiten. Weil sie eben Deutsch ist. Aber das ist nicht das einzige Problem. Der Hof der Eltern steht wirtschaftlich längst nicht mehr so richtig gut dar, zwei Söhne der Familie sind gefallen und der älteste Sohn und Hoferbe ist traumatisiert aus dem 1. Weltkrieg zurückgekommen. Er trinkt mehr, als ihm und dem Hof guttut. Franziska sucht nun nach einem Weg, den Hof zu retten und gleichzeitig will sie Lehrerin werden. Letzteres geht nur heimlich und Hilfe bekommt sie nicht vom Bruder, sondern von einem Knecht, den der Krieg aus Bayern in die Gegend gespült hat.

Die historischen Gegebenheiten wurden sehr verständlich anhand der verschiedenen Charaktere im Buch dargestellt. Die Liebesgeschichte, die sich (sehr langsam) entwickelt, allerdings nicht. Hier fehlten mir eine Menge Emotionen und die Tatsache, dass Franziska zwischenzeitlich an einen reichen Italiener verheiratet werden soll war auch nicht gerade hilfreich. Weil sie eben nichts dagegen unternahm. Vielleicht auch nicht viel unternehmen konnte. Frauenschicksal Anfang des letztes Jahrhunderts eben. Aber irgendwie hat sich mir nicht ganz erschlossen, warum die Hauptperson einerseits so tatkräftig war und andererseits so wenig zielgerichtet für ihr eigenes Leben war. Die Lösung am Ende kam dann wie von Zauberhand.

Es wird noch Folgebände geben, dann wird die Geschichte komplett. Ich bin allerdings mehr als unsicher, ob ich weiterlesen soll, da mich das Buch emotional nicht so richtig erreichen konnte.

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