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Veröffentlicht am 11.08.2020

Schöne Krimi-Reihe - mir persönlich diesmal aber fast zu überfrachtet

Hinter den drei Kiefern
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Vorab: Ich liebe die Krimiserie über Inspektor Gamache, der der Provinz Quebec in Kanada ermittelt, sehr. Das war nun schon der 5. Band, den ich gelesen habe. Allerdings waren nur die ersten vier Bände ...

Vorab: Ich liebe die Krimiserie über Inspektor Gamache, der der Provinz Quebec in Kanada ermittelt, sehr. Das war nun schon der 5. Band, den ich gelesen habe. Allerdings waren nur die ersten vier Bände chronologisch, dann folgte eine lange Pause von (leider) noch nicht übersetzten Büchern und dann kommt "Hinter den drei Kiefern". Inzwischen scheint eine Menge passiert zu sein. Beauvoir, schon ewig der Stellvertreter von Gamache, ist jetzt auch sein Schwiegersohn. Und Gamache hat jetzt ein Haus in Three Pines, dem kleinen malerischen Dorf in den kanadischen Wäldern, ganz nah an der Grenze zu Vermont. Und um diese Grenze geht es auch in diesem Buch. Denn über diese Grenzen werden (was sonst) Drogen geschmuggelt. Und genau dieses Thema war mir etwas "too much" in diesem Fall. Drogen sind schlimm, klar. Aber diese Idee von Gamache, dass man dadurch, dass man ein Drogenkartell zerschlägt, viele Menschen vor Drogen rettet - nun - das glaube ich persönlich nicht so ganz.

Zusätzlich (und natürlich in Zusammenhang mit allem) gibt es wieder einen Mord. Und natürlich spielen die Pension und das Bistro im Dorf wieder eine entscheidende Rolle für die Ermittlungen - alleine deshalb, weil dort alle essen, trinken, sich treffen und viele Geheimnisse zu Tage treten.

Eigentlich sind die Gamache-Krimis fast schon Wohlfühl-Krimis, die ich sicherlich weiter lesen werde. Ich würde ich jedoch erst einmal freuen, wenn die Bände zwischen Band 4 und diesem Band vom Kampa-Verlag bald geschlossen würde. Ich muss doch erfahren, in welchem Haus Gamache jetzt lebt, wie er es kaufen konnte und wie Beauvoir sein Stellvertreter wurde und was mit Peter passiert ist und....

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Veröffentlicht am 21.06.2020

Exotische Schauplätze und spannende Verwicklungen

Die Perlenfarm
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Liza Marklund kenne ich von den berühmten Annika-Bengtzon-Romanen, die ich alle mit Begeisterung gelesen habe. Aber dieses Reihe ist nun abgeschlossen. Jetzt hat Liza Marklund einen Roman geschrieben, ...

Liza Marklund kenne ich von den berühmten Annika-Bengtzon-Romanen, die ich alle mit Begeisterung gelesen habe. Aber dieses Reihe ist nun abgeschlossen. Jetzt hat Liza Marklund einen Roman geschrieben, der weltweit spielt - und nur am Rande in Schweden.

Die Geschichte beginnt in der Südsee, auf Manahiki, einem Atoll, das zu den Cook-Inseln gehört. Dort wohnt die junge Kiona. Sie arbeitet als Perlentaucherin auf der Perlenfarm ihres Vaters. Ihre Mutter ist Weiße und stammt aus Neuseeland, sie leitet als Krankenschwester die Krankenstation der Insel. Einen Arzt gab es noch nie. Überhaupt ist das Leben beschaulich. Man lebt vom Fischfang und von Kokosnüssen und von dem wenigen, was man anbauen kann. Hin und wieder schlachtet man ein Schwein - dann hat man Fett, um Lampen zu betreiben. Denn der Sprit ist ausgegangen, schon viele Jahre lang kam kein Schiff mehr auf die Insel. Aber dann strandet während eines Sturms eine Yacht am Riff. Den Segler kann man gerade noch retten. Es ist ein junger Schwede, der sich Erik Bergmann nennt. Kiona und ihre Mutter pflegen ihn gesund. Und Kiona verliebt sich unsterblich in ihn. Aber die Liebe endet abrupt, als weitere Fremde auf der Insel anlegen und Erik mitnehmen. Er konnte nur noch kurz Kiona und ihre Familie warnen, nichts darüber zu erzählen, wie nahe sie sich standen. Erik geht vermeintlich freiwillig mit den Fremden mit. Inklusive der Sporttasche, mit der er gekommen ist. Aber ohne den Metallkoffer, den Kiona für ihn versteckt hatte. Darin findet Kiona viel Geld - und einen schwedischen Pass auf einen anderen Namen. Was verbirgt Erik? Kiona hält nun nichts mehr auf ihrer Insel. Sie hat - da die Cook-Inseln zu Neuseeland gehören - Anspruch auf einen neuseeländischen Pass. Und den wird sie brauchen - denn sie wird weltweit nach Erik suchen. In Los Angeles. In London. In Schweden. Und in Tansania.

Diese weltweite Odysee mit vielen tragischen Momenten und viel Spannung habe ich sehr gerne gelesen. Es war eine gelungene Mischung aus schönen mitmenschlichen Momenten und tragischen Momenten. Was mich gestört hat, war das Thema, die weltweite Finanzpolitik. Das war mir persönlich etwas "too much" für einen Roman. Alles war zwar wohl gut recherchiert, damit man es als Leser aber einigermaßen nachvollziehen konnte, wurden lange Passagen mit Erläuterungen notwendig, die etwas künstlich eingebaut werden mussten und die den Lese-Fluss störten. Mir persönlich gefielen die vielen, oft etwas außergewöhnlichen Personen. Allerdings kann man es auch kritisch als eine etwas gewollte Mischung ansehen, die etwas krampfhaft alle Stereotypen von tendenziell benachteiligten Menschen aufzeigt, es reicht von transsexuellen über misshandelte Kinder bis hin zu ausgebeuteten Afrikanern. Marklund sieht sich wohl sehr als Vertreterin des typisch skandinavischen, sozialkritischen Romans.

Aber das sind schon die einzigen Kritikpunkte. Den Roman insgesamt habe ich gerne gelesen - in kurzer Zeit - denn es war so spannend.

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Veröffentlicht am 15.05.2020

Sehr spannend - und immer wieder unerwartete Wendungen

Sturmwand
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Nicolas Guerlain ist Personenschützer bei der französischen Regierung, derzeit ist er für die Sicherheit des französischen Präsidenten zuständig. Sozusagen ein Bodyguard der Sonderklasse. Und quasi "nebenher" ...

Nicolas Guerlain ist Personenschützer bei der französischen Regierung, derzeit ist er für die Sicherheit des französischen Präsidenten zuständig. Sozusagen ein Bodyguard der Sonderklasse. Und quasi "nebenher" löst er noch die seltsamsten Kriminalfälle. Handlungsorte sind immer Paris und die Normandie, die Heimat von Guerlain. Diesmal spielt die Handlung auf einer kleinen Insel vor der Küste der Normandie, Chausey. Dort ist es windig, rau und wunderschön. Als sich ein mysteriöser Todesfall ereignet, bekommt die scheinbare Idylle Risse - und es liegt anscheinend noch viel Mysteriöses verborgen. Guerlain beginnt zu ermitteln - mit Hilfe der örtlichen Polizei, die man als Leser*in schon aus den vorherigen Bänden kennt. Die ehemalige Praktikantin und jetzige Polizeischülerin Claire ist genauso wieder dabei wie der schrullige Kommissar aus Deauville. Und natürlich spielt Julie wieder eine Rolle, die Lebensgefährtin von Nicolas. Die beiden verbindet eine komplizierte Geschichte, die in den vorherigen Bänden ausgiebig Thema war. So langsam - muss ich zugeben - nervt mich diese Geschichte aber etwas. Endlich sind sie zusammen - Warum kommen sie nicht klar??

Aber abgesehen davon hat mich diese Serie von Anfang an in den Bann gezogen. Die Kriminalfälle sind sehr verwickelt, gut konstruiert. Immer, wenn ich denke, dass alles geklärt ist, kommt wieder etwas vollkommen Unerwartetes. Dazu mag ich die Beschreibung der französischen Lebensart, die Beschreibungen der Normandie und die leise Kritik am (fiktiven) französischen Präsidenten, die wohl eine Kritik an der Egozentrik solcher Machtinhaber allgemein ist.

Für mich sind die Normandie-Krimis von Benjamin Cors rund um Nicolas Guerlain jedesmal ein Lese-Genuss. Ich kaufe mir die Bücher immer sofort nach Erscheinen.

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Veröffentlicht am 17.04.2020

Wehmütig - die Sehnsucht nach den Sommern der Jugend

Unsere glücklichen Tage
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" Es gibt Menschen, bei denen alles so ist, als hätte man den Raum vor fünf Minuten verlassen, um sich etwas zu trinken zu holen, und kommt rein und greift das Gespräch wieder auf, greift den Moment wieder ...

" Es gibt Menschen, bei denen alles so ist, als hätte man den Raum vor fünf Minuten verlassen, um sich etwas zu trinken zu holen, und kommt rein und greift das Gespräch wieder auf, greift den Moment wieder auf, greift das ganze Leben wieder auf und dabei sind 30 Jahre vergangen." S.312

Dieses wunderbare Buch von Julia Holbe handelt von Freundschaft. Und von Liebe. Von einer Liebe, die viel zerstören kann. Und von Freundschaft, die bleibt.

Elsa, Fanny, Marie und Lenica verbringen die Sommer ihrer Jugend in einem Ferienhaus an der französischen Atlantikküste. Lenica wohnt in diesem Ort, ist also eine Einheimische. Die anderen reisen Sommer für Sommer an. Drei sorglose Studentinnen. Das Leben liegt vor ihnen. Aber nach ihrem letzten gemeinsamen Sommer werden die vier sich voneinander entfernen. Und sich nicht mehr wiedersehen. Erst 30 Jahre später treffen sich Elsa, Fanny und Marie wieder. Lenica ist inzwischen gestorben. Was ist damals geschehen? Und welche Rolle spielte Sean, der plötzlich im letzten Sommer auftauchte und alles veränderte? Und was ist mit Lenica geschehen?

Ich habe dieses Buch sehr gerne gelesen. Denn es beschreibt sehr schön und atmosphärisch die Geschichte dieser Sommer, die man als Jugendliche oder junge Erwachsene erlebt. Die unvergesslich sind. Die das Leben verändert haben. Jedenfalls bei mir.

Falls das jemand nicht erlebt hat: Schade. Viel verpasst. Allerdings auch viel Leid verpasst. Wer die Höhen im Leben erleben will, muss eben auch die Tiefen in Kauf nehmen. Das ist eine Entscheidung, die in diesen Sommern fällt.

Das Buch handelt davon. Von den Höhen und Tiefen. Von der Liebe. Und von lebenslanger Freundschaft. Und von lebenslanger Sehnsucht. Nach diesen besonderen Sommern damals. Als alles noch möglich war.

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Veröffentlicht am 25.03.2020

Beeindruckender Stil - Bedrückender Inhalt

Milchmann
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Das Buch fängt mit einem Hammerschlag an: "Der Tag, an dem Irgendwer McIrgendwas mir eine Waffe auf die Brust setze, mich ein Flittchen nannte und drohte, mich zu erschießen, was auch der Tag, ...

Das Buch fängt mit einem Hammerschlag an: "Der Tag, an dem Irgendwer McIrgendwas mir eine Waffe auf die Brust setze, mich ein Flittchen nannte und drohte, mich zu erschießen, was auch der Tag, an dem der Milchmann starb" (S. 7).

Da das Buch als Rückblick geschrieben ist, weiß man schnell, dass die Erzählerin überlebt hat. Und man weiß, dass der Milchmann stirbt.

In diesem fulminanten Einstieg zeigt sich auch schon der Stil des Buches: Es wird in Rückblenden erzählt. Und es gibt keine Namen. Zumindest keine richtigen. Denn Namen sind ein schwieriges Thema, viele Namen sind verboten. "Es war gemeinschaftliche Überlieferung, die bestimmte, welche Namen erlaubt waren und welche nicht" (S. 34). Daher heißen alle in diesem Buch nach ihrer Funktion. Die Erzählerin ist "Mittlere Schwester", dazu gibt es "Schwager Drei". Und es gibt den Milchmann. Der aber wohl kein echter Milchmann ist. Sondern eine wichtige - aber wohl umstrittene - Person im undurchsichtigen Geflecht der schwierigen politischen Situation.

Die Autorin stammt aus Nordirland. Daher ist davon auszugehen, dass sie die dortige politische Situation ungefähr aus den 70er Jahren schildert. Allerdings wird dies nicht benannt. Und ich persönlich denke, dass dieses Buch auch stellvertretend für alle anderen Bürgerkriegsähnlichen Geschehnisse auf der Welt stehen kann. Für alle Konflikte, die zwischen radikalen oder sich fast zwangsläufig radikalisierenden Parteien ausgetragen werden.

Radikal sind auch die Lebensverhältnisse der Protagonistin. Sie ist 16 - und noch nicht verheiratet - was zu Kritik führt. Vorgesehen ist für sie ein Leben als Hausfrau und Mutter. Immer schön brav, immer im Sinne der Gesellschaft, der sie angehört. Und ja nicht, wie die Gesellschaft "auf der anderen Seite der See" (was auf den Konflikt zwischen Nordirland und Großbritannien hinweist). Die Protagonistin versucht, sich diesen Zwängen zu entziehen, in dem sie im Gehen liest. Immer Literatur aus vergangenen Jahrhunderten. Nie aktuelle Literatur. Außerdem treibt die Protagonistin extrem viel Sport (Laufen) und versucht, sich so unauffällig wie möglich zu verhalten. Dies gelingt ihr jedoch nicht mehr, als der sogenannte Milchmann beginnt, sich für sie zu interessieren. Zwar ist er viel älter als sie, verheiratet. Und sie hat keinerlei Interesse an ihm. Aber das interessiert nicht. Ihn nicht - und die Gesellschaft nicht. Sie wird verdächtigt, ein Verhältnis mit ihm zu haben. Obwohl sie das sicherlich nicht will. Und alles tut, um die Gerüchte zu unterbinden. Aber es klappt nicht. Und so gerät alles in eine ungute Spirale. Weil die Gesellschaft so rigide ist. Für Individualismus ist kein Platz. Und für richtige Beziehungen auch nicht. Deshalb hat die Protagonistin auch nur einen sogenannten "Vielleicht-Freund". Denn beide wollen sich nicht den Normen der Gesellschaft unterwerfen. Obwohl sie - aus heutiger Sicht - eine ziemlich normale Beziehung für zwei Jugendliche führen.

Stilistisch ist das Buch interessant, innovativ und sehr bemerkenswert. Nicht umsonst hat das Buch den Man-Booker-Preis gewonnen. Für mich persönlich war es aber kein absolutes Lese-Highlight. Das lag sicherlich zum einen daran, dass ich in der aktuellen Lage (Corona) nur schwer sehr bedrückende Literatur lesen kann. Es lag auch daran, dass die Protagonisten und die Handlung mir als Leserin kaum nahe kamen. Es gibt immer eine gewisse Distanz. Was auch an der Namenlosigkeit liegen kann. Aber sicher auch daran, dass so viel erzählt wird, so viele Gedankengänge geschildert werden. Aber so recht wenig Handlung, zumindest keine stringente Handlung. Sondern ein hin- und her zwischen den Zeiten und den Themen.

Sicher ein stilistisch beeindruckender Roman. Für mich persönlich aufgrund der aktuellen Situation jedoch zu bedrückend.

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