Spannend und gut durchdacht
Ophelia Scale - Die Welt wird brennenOphelia lebt im Jahre 2134 und was für andere wie Zukunftsmusik klingt ist für die achtzehn Jährige die Hölle. Vor sechs Jahren verstarben die Eltern – das Königspaar- und ihr Sohn Leopold de Marais kam ...
Ophelia lebt im Jahre 2134 und was für andere wie Zukunftsmusik klingt ist für die achtzehn Jährige die Hölle. Vor sechs Jahren verstarben die Eltern – das Königspaar- und ihr Sohn Leopold de Marais kam an die Macht. Sofort setzte er seine Vision um und rief die „Abkehr“ ins Leben. Der Besitzt so wie die Nutzung von weiterentwickelter Technologie steht unter Strafe. Wer sich dagegen wehrt, dem droht das Clearing. In ihrer Wut und in ihrem Frust hat sich Ophelia „Reverse“ angeschlossen- einer Rebellengruppe die den König stürzen und die Abkehr ungeschehen machen will. Hier hat Ophelia nicht nur Freunde gefunden, sondern auch die Liebe kennen gelernt. Als ihr diese schlagartig genommen wird schwört Ophelia Rache. Und die Möglichkeit dazu kommt schneller als gedacht… jedoch anders als erhofft.
Ich war skeptisch was die Geschichte rund um Ophelia angeht. Eine weitere düstere Zukunftsvision unserer Welt? Wieder mit einer Rebellenbewegung und einer jungen (zu jungen) Kämpferin, die das Schicksal der Welt ändern soll… Naja, ich weiß ja nicht.
Dennoch bereue ich es nicht, das Buch gelesen zu haben.
Zu aller erst muss ich an dieser Stelle mal die Welt an sich loben! Ich habe es selten in einem Buch gehabt, dass mir als Leser erklärt wird wie es dazu kam. Die Gründe in „Die Tribute von Panem“ waren schwammig, in „Legend“ wurde, soweit ich weiß, gar nicht drauf eingegangen und bei „Die Bestimmung“ wurde es irgendwo mal eventuell in einem Nebensatz angeschnitten. Aber keine der Geschichten hatte sich die Mühe gemacht mir Gründe zu nennen wie die Welt aufgebaut war und wieso die Dinge so sind wie sie eben sind.
Die Welt erschließt sich mir, jedenfalls mit dem was mir bis dahin geboten wurde.
Was ich auch positiv hervorheben möchte.
Die Story hat einiges zu bieten und hängt sich nicht an Kleinigkeiten auf.
Das Erzähltempo ist flott, aber nicht zu schnell. Man kommt mir, ist von der Geschichte sogar eingenommen. Es ist natürlich nicht die ganze Zeit über spannend, aber interessant genug, dass ich gerne am Ball geblieben bin. Eindrücke wurden schnell an den Mann gebracht und nicht in Seitenlangen Szenen ausgeschmückt.
Die Geschichte wird auf eine… ich sag mal humane und, für Ophelias Verhältnisse, realistische Art rübergebracht. Natürlich kennt sich die Gute nicht mit den architektonischen Verhältnissen Frankreichs zur Zeit der französischen Revolution aus. Sie zählt keinen unnötigen Schnickschnack von irgendwelchen Gebäuden auf. Sondern sieht: Groß, Imposant, Wow! Und das ist gut so! Es ist für mich greifbar. Wäre sie einer der Charaktere gewesen, die mit Fachbegriffen um sich schleudert wie ich mit schlechten Witzen hätte ich mir die Geschichte nicht länger angetan.
Szenerien wurden allgemein nicht schnell langweilig. Eine Szene wurde so lange aufrechterhalten, wie sie wichtig für die Geschichte war. Alles andere wurde mir im Zeitraffer geschildert. Aber auch hier wurde nicht gehetzt. Es war stimmig! Ich weiß nicht wie die Autorin es angestellt hat, denn normalerweise hasse ich es, wenn Leerphasen in Geschichten einfach übersprungen werden. Was, wenn es mich interessiert, was an diesem Tag passiert ist, nach dem Training, hm? Es muss nicht alles geskipped werden! Was in diesem Fall auch nicht getan wurde. Lena Kiefer hat die perfekte Balance zwischen „überspringen“ und „eintauchen“ gefunden.
Und nicht nur das! Ophelia Scale hat, für mich, mit dem Klischee des standardmäßigen Bösewichtes aufgehört. Natürlich brauch der Protagonist einen Ansporn, einen Antrieb. Ansonsten tritt die Geschichte auf der Stelle und das will niemand lesen. Doch hier war der Böse nicht einfach jemand der Macht wollte! Keiner der nur nach Reichtum oder Ruhm strebte (One Piece lässt grüßen). Auch er hatte seine Gründe, nachvollziehbare Gründe die man als Außenstehender nicht wissen kann und die einem auch erst im Verlauf der Geschichte begegnen.
Als ich zu der Stelle kam, hatte ich eine persönliche Erleuchtung und konnte sogar sympathisieren. Der Bösewicht war also nicht nur ein eindimensionaler Charakter der böse war weil halt darum. Nein. Er war ausgearbeitet, hatte seine Vergangenheit… er ist tatsächlich ein Charakter in dieser Geschichte. Kein platter Plott-Prophet. Jemand der in der ganzen Geschichte Sinn ergibt.
Und bis hierhin hätte es von mir auch fünf Sterne gegeben.
Im folgenden Abschnitt kommen mögliche Spoiler vor. Wer die nicht lesen will springt bitte zum Fazit vor.
Zu aller erst möchte ich mich bitte einmal über Knox beschweren. Ja, ich weiß. Er hat einen wichtigen Teil in der Geschichte und dient Ophelia praktisch als Hauptansporn zu der ganzen Sache mit dem Widerstand und so weiter. Aber ernsthaft? In der Geschichte ging es praktisch zu 50% nur noch um ihn! Knox hier! Knox da! Wenn Knox doch nur bei mir wäre! War das da grade Knox? Oh Knox…
JAAAAAAHA! Ich hab‘ es verstanden! Knox war dir und dem Widerstand wichtig! Ja! Begriffen! Und ehrlich gesagt habe ich es die ersten 200 male noch ganz unterhaltsam gefunden. Danach wurde es nur noch lächerlich und hat Ophelia ausgebremst. Und mir die Lust auf das E-Book genommen. Genug Knox für ein Leben.
Und mein zweites Manko ist definitiv das Ende. Ich war, nein! Ich bin enttäuscht. Ophelia wurde mir das gesamte Buch als eine recht weitsichtige Person dargestellt. Sie denkt zwei Schritte weiter als ich und hatte es sogar geschafft mit der Zeit ihre Gefühle zu regulieren und Zielstrebiger zu denken. Doch dieses Verhalten wurde binnen 46 Seiten komplett zunichte gemacht.
Und ich frage mich ernsthaft, wieso Ophelia auf diese KI reingefallen ist! Man kann mir sonst etwas erzählen, aber das, was die OmnI und Troy da gemacht haben kann nicht richtig gewesen sein. Außerdem hätte Ophelia stutzig werden müssen! Dieses Gerät wurde dazu eingesetzt die Anwärter zu Testen und ihnen realistische Situationen vorzugaukeln. Mit realistischen Personen und ihren realistischen Verhaltensmustern.
Und dann wird genau in der Sekunde in der Ophelia dem Königreich „verfallen ist“ so eine Szenerie vor ihren Augen abgespielt? Spätestens bei der nicht geladenen Waffe wird sie etwas gemerkt haben, aber komm schon… So etwas muss doch auffallen.
Ophelia wurde zum Risiko und musste eliminiert werden! Dass es ihr nicht aufgefallen ist und dass diese ganze Situation so schnell abgeharkt wurde macht mich immer noch rasend! Das gesamte Buch hat man Ophelias Wandlung miterlebt, sie als starke junge Frau kennengelernt und BUMM! Mit einem Mal verwandelt sie sich in die holde Maid in Nöten mit nicht mehr als 5 Gehirnzellen um alle wichtigen Lebensfunktionen durchzuführen.
Großartig.
Fazit:
Auch wenn mich das Ende mehr als nur wütend gemacht hat freue ich mich sehr auf Band zwei. Der Schreibstil und die Geschichte an sich hat mich mehr als nur überzeugt und ich möchte wissen wie es weitergeht.
Ophelia Scale – Die Welt wird brennen bekommt von mir 4 von 5 möglichen Sternen und damit eine starke Leseempfehlung. Fans von „Die Tribute von Panem“, „Legend“ oder auch „Die Bestimmung“ werden hier definitiv ihren Spaß haben!