Zara und der innere Tornado
Zara
Zara lebt in einem kleinen Städtchen, in welches sie erst vor einem halben Jahr hingezogen ist. Ihr Vater kam bei einem Unfall ums Leben, den sie aber für Suizid hält. Ihre Mutter arbeitet als Ärchäologin. ...
Zara lebt in einem kleinen Städtchen, in welches sie erst vor einem halben Jahr hingezogen ist. Ihr Vater kam bei einem Unfall ums Leben, den sie aber für Suizid hält. Ihre Mutter arbeitet als Ärchäologin.
Sie geht in die 12. Klasse des Hermann Hesse-Gymnasiums. Sie hat einen Klinikaufenthalt hinter sich, weil sie unter Essstörungen litt und nach wie vor leidet, viel zu dünn ist. Das fing nach dem Tode ihres Vaters an.
Ihre Klassenkameradin Lia ist übergewichtig und hat ebenfalls einen Klinikaufenthalt hinter sich, nachdem sie sich mit Schlaftabletten das Leben nehmen wollte. Sie wurde und wird an der Schule gemobbt, obwohl diese für ihre gewaltfreie Kommunikation berühmt ist.
In der Stadt hatte jemand in einem Mietshaus Kinderwägen angezündet und in der Schule gab es auch danach einen Brand.
Lias Eltern sind geschieden, ihr Vater hat offenbar eine neue Freundin und ihre Mutter erwartet von einem anderen ein Kind.
Cindy ist privilegiert. Sie war in New York, soll mit Dressurreiten anfangen, ein Austauschjahr in New York verbringen und später in Oxford oder Cambridge studieren.
Richard Grundmann ist der neue, außergewöhnliche Philosophielehrer und Ulrike Vogel ist die Kunstlehrerin.
Faris stammt ursprünglich aus dem Libanon, rappt für sein Leben gern und sieht jegliche Kommunikation als battle an. Außerdem ist er Frauen gegenüber ziemlich aggressiv. Er mobbt gerne Zara und Lia, nennt sie leany und fatty sowie sluts ( Schlampen, Nutten ). Nicht einmal vor Frau Vogel macht er halt.
Was diese innere Dynamik der 12c angeht, ist der Lehrkörper hilf- und ratlos. Sie reden, reden, reden mit den Betroffenen, aber es bringt und verbessert nichts, vor allem, weil Faris rhetorisch gewieft ist.
Als ob der Stress in der Schule nicht reichte, haben Zara und Lia auch noch genug privaten Ballast, mit welchem sie sich rumschlagen müssen. Zara verwindet den Tod ihres Vaters und im Grunde genommen den Umzug nicht. Lia hat an der Scheidung ihrer Eltern und der Schwangerschaft ihrer Mutter zu knabbern, vor allem, weil beide kaum Zeit für sie haben wollen. Sie neigt zum unkontrollierten Essen und ist mit ihrem Übergewicht mehr als unglücklich.
Die Protagonisten sind ambivalent. Wärme wechselt sich schon mal mit Neid und Eifersucht ab im Verhältnis der Mädchen, aber sie halten trotzdem zusammen. Wenn es darauf ankommt, ist jede für die andere da.
Die Erwachsenen verhalten sich inadäquat. Sie erkennen nicht die Tiefe der Not der Schülerinnen, bis auf wenige Ausnahmen wie Esther, die Geschäftsführerin des Café Cebra.
Bei einer Kunstausstellung im Rahmen des Erntedankfestes der Schule wird Zaras Bild sabotiert. Ein neuer Brand bricht in der Schule aus. Faris wird immer aufdringlicher, ein Reporter schnüffelt rum und dann kommt es auch noch zu einem tragischen Unfall...
Dieses Buch hat die undankbare Aufgabe die Nummer Zwei einer ( mutmaßlichen ) Trilogie zu sein. Man erfährt mehr Dinge, aber gleichzeitig stellen sich neue Fragen, die zugunsten des nächsten Bandes noch unbeantwortet bleiben. Deswegen hat dieses Buch einen Cliffhanger, was mich ein bißchen unbefriedigt zurückließ. Man möchte in dieser speziellen Situation doch wissen, wie es mit Zara weitergeht. Ich bin jedenfalls angefixt und will unbedingt den nächsten Band lesen!
Die Charaktere und auch der Roman sind sehr vielschichtig. Er blickt tief unter die schönen glänzenden Oberflächen und zeigt, was sich für Abgründe auftun. Nach außen hin materiell gut abgesichert und nach innen Chaos, Verzweiflung, unendliche Einsamkeit, nicht nur bei den Jugendlichen..
Die Protagonisten sind sehr authentisch und der Schreibstil und die Sprache des Romans sind erlesen und gewählt, aber nicht abgehoben und durchaus verständlich. Vor allem die Dialoge und die inneren Monologe sind originell und teilweise von einem grimmigen Humor geprägt. Emanzipatorische Fluktuationskonzeption - darauf muss man erst einmal kommen.
Die Melancholie gefällt mir und vor allem Zara mit ihrer rebellischen Widerspenstigkeit, ihrem speziellen Humor und ihrer Intelligenz. Das Buch ist auch traurig, aber die gesamte nachdenkliche Grundstimmung sagt mir zu.
Schöner Lesestoff!