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Veröffentlicht am 08.04.2021

Mechthild Borrmann komprimiert ein ganzes Leben auf wundersame Weise

Glück hat einen langsamen Takt
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Dieses Buch von Mechthild Borrmann ist ein Geschichtenband mit vielen kleinen Geschichten über die Menschen und ihr Leben. Die Amerikaner sprechen hierbei von einem Buch mit short stories, welches keinem ...

Dieses Buch von Mechthild Borrmann ist ein Geschichtenband mit vielen kleinen Geschichten über die Menschen und ihr Leben. Die Amerikaner sprechen hierbei von einem Buch mit short stories, welches keinem Schriftsteller im Portfolio fehlt. Deutsche Autorinnen, wie hier Mechthild Borrmann, haben oft auch solche Bücher im Programm. Leider kommen diese bei den Lesern nicht an. Dabei sind sie hervorragende, kurzweilige Lektüre mit Unterhaltungswert.

Da gibt es zum Beispiel die Geschichte mit der Mutter, die sich so für ihre beiden Kinder engagiert. Sie hat alles gegeben, um dem Sohn ein Fahrrad zu ermöglichen, hat dieses Fahrrad nächtelang aufbereitet und geputzt, das ist nur so strahlt. Doch der Junge hat kein Dankeswort und beklagt sich, dass es kein neues Fahrrad ist. Irgendwann danach steht sie am Fenster und schaut hinaus in den Park einer Klinik.

Oder etwa die folgende Geschichte. Es ist die große Freude über das eigene Haus mit Garten, welches den Blick auf die Rapsfelder freigibt. Doch der Mann holt jedes Jahr zu Weihnachten ein Nadelbaum in einem Topf, um ihn nach Weihnachten in den Garten zu pflanzen. So schlägt er zwei Fliegen mit einer Klappe. Noch nach Jahrzehnten bittet ihn die Frau, doch endlich mal keinen Baum einzupflanzen. Sie würden ja mittlerweile im Wald leben und könnten nicht mehr aus dem Fenster schauen. Doch der Mann hält es mittlerweile für eine schöne Tradition, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Doch schließlich kann sie endlich konkrete Pläne zur Rodung der Bäume im Garten und zum Blick über die Rapsfelder machen. Gleichzeitig greift sie zum Telefon und ruft den Notdienst.

Neben diesen beiden Geschichten, die ich versucht habe, zusammenzufassen, gibt es viele weitere Lebensgeschichten, die in einer sanften Sprache verpackt ins Herz gehen. Ob es die Geschichte einer jüdischen Familie ist oder die einer jungen Ukrainin, die hofft, ihr Glück als Au-Pair-Mädchen in Westeuropa machen zu können. Es sind nachdenklich machende Geschichten über die Liebe, das Leben, die Trauer und den Hass. Verbrechen werden von Mechthild Borrmann nicht ausgeklammert. In so mancher Geschichte wird der melancholische Unterton, der einen beim Lesen berührt, zu einem Glücksmoment umgewandelt. Das geschieht meisterhaft und manchmal auch humorvoll.

Die Geschichten sind zwar oft nur sehr kurz, trotzdem beschreiben sie manchmal ein ganzes Leben eines Menschen. Der Stil von Mechthild Borrmann erinnert mich den des Hamburger Schriftsteller Siegfried Lenz. Er ist ruhig, unspektakulär, manchmal humorvoll und immer realistisch. Ich hatte das Gefühl, dass nahezu jede Geschichte etwas aus meinem eigenen Leben enthält. Irgendetwas schlug immer in meiner Erinnerung an. Man sollte sich beim Lesen Zeit lassen, was wegen der Abgeschlossenheit der Geschichten problemlos machbar ist. Nicht sofort mit der nächsten Geschichte das Thema wechseln, sondern gerne nachklingen lassen.

In diesem Sinne ist »Glück hat einen langsamen Takt« sehr gut für Zwischendurch geeignet. Die Themenvielfalt bietet ein Spektrum für eine große Leserschaft. Deshalb kann es auch gut verschenkt werden, denn es ist für jeden etwas dabei. Genießen und über das Leben nachdenken wäre meine Empfehlung für dieses wunderschöne Buch.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2021

Veröffentlicht am 08.04.2021

Schrullen und Rätsel bei Miriam Rademacher

Die Farben des Mörders
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Mit diesem Krimi von Miriam Rademacher begibt sich der Leser auf eine amüsante Reise nach England. Wie alle Kriminalromane dieser Reihe ermitteln Colin, Norma und der Pastor Jasper in einem kleinen und ...

Mit diesem Krimi von Miriam Rademacher begibt sich der Leser auf eine amüsante Reise nach England. Wie alle Kriminalromane dieser Reihe ermitteln Colin, Norma und der Pastor Jasper in einem kleinen und beschaulichen Örtchen, welches eine gewisse Ähnlichkeit zu Midsummer von Inspector Barnaby aufweist.

Im Altenheim ist zunächst eine Bewohnerin verschwunden. Doch die nächste Leiche ist nicht weit. Bei der Suche nach der verschwundenen Bewohnerin wird wieder eine weibliche Leiche entdeckt. Die immer auf Streit und Neckereien bedachten Freunde beginnen zu ermitteln. Wie schon bei »Der Tanz des Mörders« ist es Colin, der die Leichen entdeckt und seine Freunde ihn damit aufziehen, irgendetwas mit diesen Leichen zu tun zu haben. Warum sollte er sonst so viele Leichen ausgraben?

Hier kann man also schon ahnen, in welche Richtung der von Humor geprägte Roman geht. Miriam Rademacher schafft es hervorragend, einen lockeren, und doch voller Spannung enthaltenen Krimi zu präsentieren. Das Geplänkel der Clique, ihre dummen Sprüche und das Techtelmechtel mit Luci, deren Brüder alles Verbrecher sind, macht einfach gute Laune beim Lesen.

Jede Figur hat ihre Schrullen und geben allesamt Rätsel auf. Hinter jeder Figur, abgesehen von den Protagonisten dieses Cosy-Crime kann sich der Täter verbergen, auch wenn er oder sie noch so seriös daherkommen.

Ich wünsche jedem, der ein Roman dieser Reihe, die durch ihre flippigen Cover besonders auffällt, ein beschauliches Lesevergnügen. Miss Marple und Pater Brown lassen grüßen!


© Detlef Knut, Düsseldorf 2021

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
Veröffentlicht am 02.04.2021

Lebensmut und Optimismus

Ziemlich beste Freunde
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Wie viel Leid kann ein Mensch ertragen? Wie viel Lebensmut und Optimismus muss er in sich tragen, um so humorvoll über das Leid seines Lebens schreiben und berichten zu können?

Ohne Dramaturgie schildert ...

Wie viel Leid kann ein Mensch ertragen? Wie viel Lebensmut und Optimismus muss er in sich tragen, um so humorvoll über das Leid seines Lebens schreiben und berichten zu können?

Ohne Dramaturgie schildert der Autor autobiografisch aus seinem Leben, angefangen von der Kindheit bis hin zur Gegenwart in dieser überarbeiteten Auflage nach den Dreharbeiten zur Verfilmung des Buches. Über dieses Buch zu sprechen führt automatisch hin zu einem Gespräch über diesen Menschen Pozzo di Borgo. Einen Menschen, den all sein Lebensmut auch nach schweren Tiefschlägen nicht verlassen hat, dessen Geschichte zwei Filmemacher aufgegriffen haben, weil sie unbedingt verfilmt werden musste.

Der Autor ist hineingeboren und aufgewachsen in eine reiche Familie, der Champagner-Familie Moët. Er verlebte die Kindheit eines reichen Schnösels mit seinen Geschwistern. Doch beim Studium lernte er wie auch andere 68er die Lehren von Marx und Engels kennen, die ihn an seinem schönen Leben zweifeln ließen. Zu dieser Zeit lernte er Beatrice kennen, mit der er jede Minute seines Lebens verbringen wollte. Er bekam hochdotierte Posten in den Konzernen seiner Familie, zu welcher auch die Marke „Louis Vuitton“ gehört. Er arbeitete sehr viel und heiratete irgendwann Beatrice. Es schien alles perfekt. Doch Beatrice bekam eine Fehlgeburt nach der anderen. Der Kinderwunsch beider wurde trotz des Geldes nicht gestillt. Bis sie schließlich Kinder adoptierten. Dann wurde bei Beatrice Krebs diagnostiziert. Auch hier halfen kein Geld der Welt und nicht die besten Kliniken. Philippe war stets an ihrer Seite. Seinen Job stellte er hintenan bzw. absolvierte er in weniger Zeit wesentlich intensiver. Als Ausgleich diente ihm Gleitschirmfliegen. Doch dann passierte 1993 der Unfall. Bis auf seinen Kopf und „etwas Leblosem zwischen seinen Lenden“ bewegte sich gar nichts mehr. Da trat Abdel in sein Leben. Abdel kannte bis zu diesem Zeitpunkt nur das Leben auf der Straße und lebte von Drogenhandel, Diebstahl und anderen Delikten. Pozzo di Borgo lernte nach Beatrice zum zweiten Mal einen Menschen kennen, dem er sich auf Gedeih und Verderb auslieferte, obwohl dieser aus einer ganz anderen Gesellschaftsschicht stammte.

Humorvoll und mit einer gehörigen Prise Sarkasmus und Ironie hat der Autor sein Leben niedergeschrieben. Der Leser spürt jede Depression, die der Autor bei einem Tiefschlag wie dem Tod seiner Frau, erleidet. Aber er will den Lesern nichts vorheulen und über das verpasste Leben klagen. Er will ihnen zeigen, dass es immer weiter geht, egal, was passiert. Dabei vergisst er sein Leid nicht, wie sollte er auch, wo er seinen Rollstuhl doch mit dem Mund bedienen muss. Das ist so geschickt in die humorvollen Szenen eingearbeitet, dass auch der Leser bei lauter Lachen immer wieder in die Realität des Autors zurückgeholt wird. Wenn das Buch auch nicht wie ein fiktiver Roman mit Dramaturgie aufgebaut ist, so ist es doch so interessant geschrieben, dass man unbedingt wissen möchte, wie das Leben dieses optimistischen Menschen weitergeht. Darin liegt ein besonderes Moment der Spannung. Und wer den Film vor dem Buch gesehen hat, darf sich auf ein ebenso schönes, aber anderes Ende freuen.


© Detlef Knut, Düsseldorf 2014

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
Veröffentlicht am 02.04.2021

Ein spannender und sehr unterhaltsamer Detektivroman

Kunstblut
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„Kunstblut“ ist der Debütroman des Kölner Schriftstellers Martin Schüller. Dieser Roman wurde vom Verlag neu aufgelegt. Viel bekannter von Schüller sind mittlerweile seine Allgäu-Krimis, die in Garmisch-Patenkirchen ...

„Kunstblut“ ist der Debütroman des Kölner Schriftstellers Martin Schüller. Dieser Roman wurde vom Verlag neu aufgelegt. Viel bekannter von Schüller sind mittlerweile seine Allgäu-Krimis, die in Garmisch-Patenkirchen beheimatet spielen, und nach dem Debüt entstanden sind. Zur Zeit des Entstehens dieses Romans hatte Schüller noch nicht das Allgäu für sich entdeckt.

„Kunstblut“ spielt in Düsseldorf, und wie der Name erahnen lässt, in der Szene der Künstler und Kunstakademie. Protagonist ist Jo Kant, der beste und eleganteste Privatdetektiv der Stadt. In dieser Funktion beschattet er einen Mann – vermeintlicher Ehebruch, lukrativ für Detektive – und sitzt in seinem Auto vor einem Bürokomplex. Dann wird er plötzlich von Schüssen und klirrendem Glas aus seinen Gedanken gerissen. Eins, zwei, haste nicht gesehen, hat sich ein Mann in sein Auto auf den Beifahrersitz gesetzt und hält ihm eine Knarre unter die Nase. Damit bewegt er Jo zu einer Fahrt nach Frankfurt und erfährt, dass dieser ihn beschattet hatte und deshalb nicht gerade zufällig vor dem Bürohaus stand, als er überfallen wurde. Rasant geht es durch Düsseldorf in Richtung Köln und daran vorbei. Jo Kant hatte eigentlich nichts Spektakuläres erwartet. Doch ihm war natürlich klar, dass sich der Mann auf der Flucht befand. Dessen Geschäftspartner ist ermordet worden. Kants Freunde bei der Polizei bleibt nicht verborgen, dass er mit dem vermeintlichen Täter zu tun hatte. Aber Kant kann sich nach dem Gespräch während der Autofahrt nicht vorstellen, dass sein Fahrgast der Mörder sein soll. Doch dann wird dieser in Frankfurt tot aufgefunden.

So rasant wie die Autofahrt geht es auch in diesem Krimi zur Sache. Ein Verdächtiger nach dem anderen wird präsentiert. Wichtige Figuren tragen die Eigenschaften einiger zeitgenössischer Persönlichkeiten aus Düsseldorfs Kunstszene. Und die japanische Mafia ist schließlich auch mit von der Partie.

Ein spannender und sehr unterhaltsamer Detektivroman, dem das Debüt nicht anzumerken ist. Mit Witz und Humor stupst Martin Schüller seine Leser in eine Szenerie, die möglicherweise auch nur mit einem zwinkernden Auge zu erfahren ist.


© Detlef Knut, Düsseldorf 2014

Veröffentlicht am 02.04.2021

... nicht aus der Hand legt

Tod im Hafen
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Mit der fünften, von mir gelesenen, deutschen Übersetzung eines Jesse-Stone-Romans geht es in einen tiefen Sumpf.

Im Hafen der Kleinstadt Paradise, in der Jesse Stone Polizeichef ist, wird die Leiche ...

Mit der fünften, von mir gelesenen, deutschen Übersetzung eines Jesse-Stone-Romans geht es in einen tiefen Sumpf.

Im Hafen der Kleinstadt Paradise, in der Jesse Stone Polizeichef ist, wird die Leiche einer jungen Frau gefunden. Schnell findet Stone heraus, dass es sich um ein junges Mädchen aus Florida handelt. Florence war attraktiv, reich und hatte eine Vorliebe für außergewöhnliche Sexspiele. Keine gute Gemengelage, denn alles zusammen scheint ihr zum Verhängnis geworden zu sein.

In Paradise findet gerade eine Segelregatta statt. Der Hafen ist überfüllt mit Jachten. Auf einer von ihnen aus Fort Lauderdale wurde Florence zum letzten Mal lebend gesehen. Doch sowohl der Besitzer als auch die Mannschaft halten sich mit Auskünften und Informationen bedeckt. Auch die beiden Schwestern von Florence, blond und braungebrannt, hüllen sich eher in Schweigen, als dass sie der Polizei bei ihren Ermittlungen helfen. Die Vernehmung der Eltern ist ebenso erfolglos. Diese scheinen sehr unbeteiligt und uninteressiert an ihrer Tochter. Im Gegenteil, sie streiten sogar ab, eine Tochter namens Florence zu haben. Jesse Stone muss einen Wirrwarr aus Sex, Lügen und Verdrängung Herr werden.

In diesem Roman hat sich Parker einmal mehr neuen Figuren zugewandt, die eine wesentliche Rolle spielen. In den Hintergrund ist das Polizeiteam von Stone getreten, die in den anderen Romanen für unterschwellige Dialoge sorgen. Da es im vorliegenden Roman Verflechtungen mit Florida gibt, bekommt Jesse Stone Amtshilfe (inoffiziell) von einer Kollegin, die nicht unwesentlich an den Ermittlungen beteiligt ist. Auch sein Kollege Healy aus Boston unterstützt ihn tatkräftig. Wohltuend beinahe ist, dass Stone den gesamten Roman über trocken (im Sinne von „abstinent“) ist. Er selbst verkündet auch manchmal stolz zu sein, elf Monate keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt zu haben. Dem Leser kann er so manches Mal leidtun, wenn seine Gesprächspartner ein Glas Wein oder einen Whiskey trinken und er sich mit Cola betrinkt. Dafür bekommt die Liebe zu seiner Ex-Frau Jenn eine neue Chance.

Ein Jesse-Stone-Roman, den man bis zur letzten Zeile nicht aus der Hand legt.


© Detlef Knut, Düsseldorf 2014