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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.11.2019

Allein schon wegen der Spannung lässt er sich schnell lesen.

Sandgrab
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Typisch skandinavisch, typisch düster.

Kurz vor Weihnachten verschwindet ein neunjähriges Mädchen auf dem Weg von der Schule nach Hause in einem kleinen Städtchen Südschwedens. Als ein weiteres Kind verschwindet, ...

Typisch skandinavisch, typisch düster.

Kurz vor Weihnachten verschwindet ein neunjähriges Mädchen auf dem Weg von der Schule nach Hause in einem kleinen Städtchen Südschwedens. Als ein weiteres Kind verschwindet, gerät ein schweigsamer und introvertierter Teenager mit autistischen Zügen bei der Bevölkerung in Verdacht.

Das Besondere an skandinavischen Krimis sind die abgeschiedenen Gehöfte, die weiten Entfernungen und die unendlichen Wälder. Hier fühlt man sich auch an "Dunkelsommer" von Stina Jackson erinnert. Dies wird von der Autorin, die für ihre Figur der Irene Huss von der Kripo Göteborg bekannt ist, bestens in Szene gesetzt. Doch auch bei ihrer zweiten Ermittlerin Embla Nyström, die im vorliegenden Roman zum zweiten Mal ermittelt, setzt sie auf ihre konsequente Entwicklung von Spannung. In einem routinierten Erzählstil führt sie die Leserinnen und Leser in eine Geschichte, und somit in ein Geschehen, aus dem diese nicht wieder herauskommen. Mit der Ermittlerin verfolgt man die Spuren und ist bei jeder Wendung erneut überrascht über den Verlauf, den die Geschichte nimmt.

Die Figuren sind skandinavisch spröde, doch sie wirken authentisch. Die Ablehnung der lokalen Polizei gegenüber den übergeordneten Behörden sorgt für zusätzlichen Zoff im Figurenensemble.

Hinzugelernt habe ich nebenbei, was ein A-Traktor ist. Den Begriff kannte ich bislang nicht. Doch Google half mir dann. Ist schon interessant.

Der Roman ist gut gegliedert in Teile und Kapitel. Allein schon wegen der Spannung lässt er sich schnell lesen. Für alle, die gerne skandinavische Krimis mit viel Spannung lesen bestens zu empfehlen.


© Detlef Knut, Düsseldorf 2019

Veröffentlicht am 28.11.2019

Ein Thriller ohne Thrill

Blood Orange - Was sie nicht wissen
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Doch worum geht es? Seit vielen Jahren ist Alison Anwältin und hat stetig darauf hingearbeitet, mit Mordprozessen in die Riege der Staranwältinnen aufzusteigen. Nun ist es endlich soweit, sie bekommt einen ...

Doch worum geht es? Seit vielen Jahren ist Alison Anwältin und hat stetig darauf hingearbeitet, mit Mordprozessen in die Riege der Staranwältinnen aufzusteigen. Nun ist es endlich soweit, sie bekommt einen Fall, in welchem sie eine Ehefrau verteidigen soll, die offensichtlich ihren Mann getötet hat. Zumindest gibt die Beschuldigte es selbst zu und möchte dafür verurteilt werden.

Leider wurde dieser Prozess im Roman zum Nebenstrang. Im Vordergrund stand die Figur der Anwältin mit ihren Problemen. Sie ist eine Alkoholikerin und betrügt ihren Mann mit einem Kollegen. Das mag höchst widersprüchlich klingen, allerdings hatte sich für mich aber nie ein Widerspruch gezeigt. Ihr Verhalten ist so widerwärtig, dass sie kaum Fans gewinnen wird. Ihre Versuche - sind es wirklich welche? - aus der Abhängigkeit ihres Liebhabers und des Alkohols auszubrechen, sind halbherzig. Ihre tausenden Entschuldigungen gegenüber ihrem Mann und ihrer Tochter sind so abgedroschen, dass man als Leser nicht mehr daran glauben mag, dass sie sich ändert. Gerade hat sie ihrer Tochter zur Wiedergutmachung ein gemeinsames Pizzaessen versprochen, da geht sie noch in eine Bar nur "ein Glas" und simst ihrem Lover, um um einen Quickie zu betteln. Schließlich liegt sie am nächsten Morgen betrunken im Büro. Alison ist einfach nur verabscheuungswürdig mit solch einer Vehemenz, dass sie in mir keinen Fan gefunden hat. Natürlich war ich neugierig, was aus ihr im Verlauf der Handlung werden würde. Zwar konnte es mich nicht befriedigen, aber insofern kann man dem Roman nicht zuschreiben, dass es ihm an Spannung fehlt. Doch die Begeisterung für diese Protagonisten blieb auf der Strecke.

Im Gegensatz zur Figur der Protagonistin ist der Erzählstil vollkommen richtig gewählt. Der Roman wird ersten Person im Präsens erzählt. Damit ist der Leser ganz nah an den Ereignissen und im Kopf von Alison. Doch leider sind die Entscheidungen von ihr trotzdem nicht nachvollziehbar.

"Blood Orange" ist der Debütroman der schottischen Autorin, die vielleict allzusehr aus ihrem eigenen Alltagsgeschehen als Prozessanwältin in London berichtet. Man kann ihn zwar gut lesen, muss aber nicht Fan der Hauptfigur werden.


© Detlef Knut, Düsseldorf 2019

Veröffentlicht am 22.11.2019

Im Haus des Bürgermeisters ...

Blind Sight
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Einen psychologischen Thriller und Polizeiroman zugleich können die Leser erwarten. New York ist der Schauplatz, in welchem Kathy Mallory zusammen mit ihrem Partner Riker ermittelt.

Im Haus des Bürgermeisters ...

Einen psychologischen Thriller und Polizeiroman zugleich können die Leser erwarten. New York ist der Schauplatz, in welchem Kathy Mallory zusammen mit ihrem Partner Riker ermittelt.

Im Haus des Bürgermeisters werden mehrere Leichen gefunden. Dies soll jedoch vertuscht werden. Die Polizei und die CSU brkommt keinen Zugriff für Ermittlungen. Parallel dazu erfährt der Leser die Sichtweise eines kleinen, blinden Jungen, der gefangen gehalten wird. Er ist entführt worden und beginnt gerade ein Verhältnis zu seinem Bewacher aufzubauen. Der Leser erfährt nicht, ob der Bewacher auch der Entführer ist. Aber Mallory erfährt von dem Verschwinden einer Nonne und ihres kleinen Neffen. Da sich die Vermisstenabteilung offenbar nicht der Sache annimmt, wird sie gebeten, die beiden zu suchen. Doch die Nonne findet sie schnell bei den Leichen, ebenfalls tot. Diese Tote passt aber nicht in das Schema der anderen Toten. Mallory hat einen handfesten Zusammenhang bei der Fälle.

Der Schreibstil der Autorin ist eine Besonderheit in diesem Genre. Die Geschichte wird meistens als Erzählung dargeboten, denn in Dialogen präsentiert. Selbst innerhalb von wörtlicher Rede werden Rückblenden und Szenen wieder als Erzählung dargestellt. Ein Wortgefecht mit spritzigen oder gar humorigen Dialogen wird der Leser nicht erwarten können .

Das liegt aber auch – und damit komme ich zum zweiten großen Pluspunkt – an der Figur der Protagonistin Mallory. Sie ist eine ganz besondere Figur und Ermittlerin. Sie ist introvertiert, rechthaberisch und kaum steuerbar von ihren Vorgesetzten. Lediglich Riker hat sich mit ihr arrangiert. Er ist derjenige im Roman, durch den wir Mallory kennenlernen. Seine Gedanken und sein Verhalten gegenüber seiner Partnerin lassen den Leser erkennen, was Mallory für ein Mensch ist. Das zeigt sich in Sätzen wie: „Er sagte nichts. Er war daran gewöhnt, dass seine Partnerin Puzzlestücke manchmal gewaltsam einfügte, weil ihr das Bild, das dabei herauskam, in den Kram passte.“ Weil er Mallory den Dienstwagen fahren lässt, für die die Straße nur eine Rennstrecke ist und er sich grundsätzlich am Amaturenbrett abstützen muss, wird er von den Kollegen gefragt, warum er in ihrem Selbstmord-Dienstwagen-Kommando nicht das Lenkrad in die Hand nimmt. Er antwortet lediglich mit einem Schulterzucken. Mallory hat eine besondere Gabe, Wahrheit und Lüge bei ihren Gesprächspartnern zu unterscheiden. Sie selbst sieht sich als die beste Lügnerin und setzt diese Methode ganz bewusst ein, um Ihre Gesprächspartner in eine Falle zu locken. Sie wird nie akzeptieren, dass ein verdächtiger Gesprächspartner besser lügt als sie. Sie ist davon überzeugt, dass das unmöglich ist. Und Mallory ist paranoid. Natürlich spielt ihre Herkunft eine besondere Rolle dabei. Als sie sich den Rat eines psychologischen Beraters holt, um ihren Verdächtigen analysieren zu lassen, kommt sie zu dem Schluss, dass sich ihr Berater mit dem Verdächtigen gemeinsam gegen sie verschworen hat. Dabei wollte der Berater ihr nur klarmachen, wie der Verdächtige tickt.

Die in New York lebende Autorin hat mit Kathy Mallory eine der originellsten Ermittlerfiguren geschaffen, die das Genre bieten kann. Bereits 1995 hat sie sich mit ihrem Debütroman zum Sterben in die Bestsellerautorenriege hinein katapultiert.

Ein Kritikpunkt habe ich allerdings bezüglich der Übersetzung. Gendersprache hin oder her, aber das Vermengen weiblicher Pronomen mit englischen Begriffen ist ein Unding. Warum wird statt „die Detective“ nicht „die Ermittlerin“ gesagt?


© Detlef Knut, Düsseldorf 2019

Veröffentlicht am 21.11.2019

Zwischen Klassik und Mafia

Römisches Finale
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Nachdem ich bereits vom Debütkrimi eingefangen war, stieg die Neugier vor dem zweiten Roman. Um es vorwegzunehmen: Ich wurde nicht enttäuscht.

Die Autorin, die selbst Konzertmusikerin ist, hat auch diesen ...

Nachdem ich bereits vom Debütkrimi eingefangen war, stieg die Neugier vor dem zweiten Roman. Um es vorwegzunehmen: Ich wurde nicht enttäuscht.

Die Autorin, die selbst Konzertmusikerin ist, hat auch diesen zweiten Krimi um Commissario Di Bernardo in der Szene der klassischen Musik angesiedelt. Als ein berühmter Pianist bei der Generalprobe zu einem Benefizkonzert erschossen in der Garderobe aufgefunden wurde, fällt dem nichts anderes ein, als Di Bernardo auf den Fall anzusetzen. Schließlich sei er der Experte für klassische Musik, da er bereits zuvor in diesem Milieu einen Fall gelöst hätte (siehe "Tödliche Sonate"). Der Commissario nimmt sich zusammen mit dem jungen Kollegen, Ispettore Del Pino, des Falles an..

Die beiden sind ein sehr unterhaltsames Team. Der erfahrene Commissario, der mit seinem Sohn zusammenlebt, auf der einen Seite. Und der forsche und manchmal vorschnelle Ispettore, der den ganzen Roman über an nichts anderes denkt als an Essen. Ihren Gesprächen zu lauschen, bietet ein besonderes Vergnügen für den Leser

Was die Dramaturgie der Geschichte angeht, so kann sich der Leser auf einen höchst verzwickten Ratekrimi einstellen. Über lange Strecken hinweg lohnen sich keine Spekulationen, denn es wird bis zum Schluss mit einer unerwarteten Konstellation gearbeitet. Man spaziert mit den Ermittlern zwangsläufig in viele Sackgassen, was den Roman sehr spannend macht .

Hervorragend fügen sich die Rückblenden in die aktuelle Handlung ein. Sie erzählen eine eigene Geschichte, die zum großen Teil in Kalabrien handelt. Spätestens da kann der Leser einen Bezug zur 'NDrangheta erahnen. Doch wie die Geschichte von damals mit dem aktuellen Kriminalfall zusammenhängt, sollte jeder Leser schon selbst erlesen.

Ich habe mich bestens von Natasha Korsakova durch die Straßen Roms jagen lassen und danke ihr für diesen sehr spannenden und unterhaltsamen Kriminalroman. Kribbelnder Spaß auf hohem Niveau.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2019

Veröffentlicht am 06.11.2019

Dynastien der Kaufmannsfamilie Fugger

Der Fluch der Rose
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Da gibt es zunächst Esmeralda mit ihrem kleinen Sohn Juan. Ihr Mann Don Felipe, dem sie in den Krieg gegen die Türken gefolgt war, ist gefallen. Zu ihrem Schwiegervater kann sie nicht, denn der hatte etwas ...

Da gibt es zunächst Esmeralda mit ihrem kleinen Sohn Juan. Ihr Mann Don Felipe, dem sie in den Krieg gegen die Türken gefolgt war, ist gefallen. Zu ihrem Schwiegervater kann sie nicht, denn der hatte etwas gegen die Heirat seines jüngsten Sohnes mit ihr. Don Felipe war aus der Adelsfamilie verbannt worden. Seine Weggefährten haben Esmeralda und ihren Sohn nach dem Tod ihres Anführers allein gelassen. Schwerkrank und halb verhungert werden Esmeralda und Juan in einem Benediktinerkloster aufgenommen.

Und dann ist da Elisabeth, die Kaufmannstochter. Ihr Vater will sie mit einem Geschäftsmann verheiraten, der sich als arger Rüpel herausstellt. Elisabeth ist von ihm angewidert und gönnt ihm nicht, der erste Mann zu sein, der sie zur Frau macht. Deshalb bändelt sie mit einem vermögenden Kaufmann an, der aus der Dynastie derer von Fugger stammt. Er ist zwar verheiratet, aber das stört sie nicht. Wenn nur nicht ihr Verlobter der erste wäre. Doch offenbar ist sie zu naiv für das, was dann alles geschehen wird.

Die Geschichte zieht den Leser in ihren Bann. Mit vielen jeden Details ausgeschmückt, begleitet man den Lebensweg zweier Menschen, die nichts über ihre eigene Herkunft wissen. Intrigen stehen an der Tagesordnung und sollen dafür sorgen, dass die beiden hierüber auch erfahren werden.
Die Struktur des Romans sorgt für ein schnelles Lesen. Alle 60 Seiten ein neues Großkapitel mit jeweils zehn bis zwanzig Kapiteln. Die bildreiche Sprache und die schnörkellosen, passenden Dialoge sorgen dafür, dass der Roman wie großes Kino im inneren Auge abläuft.
Gefesselt von den Ereignissen läuft dieser Film viel zu schnell vor mir ab.

Klar herausgestellt wurden von Iny Lorentz die Zusammenhänge innerhalb der Dynastien der Kaufmannsfamilie Fugger, die bekannt dafür waren, selbst Kaisern und Königen Kredite für deren Leben und Kriegsführung geboten zu haben (nicht immer zum eigenen wirtschaftlichen Erfolg).
Sehr angenehm sind auch die letzten Seiten im Nachwort, wo die Schriftsteller auf die Hintergründe der in der Geschichte verarbeiteten Fakten eingehen.

Der Roman bietet beste Unterhaltung, gerade in der bevorstehenden Weihnachts- und düsteren Jahreszeit.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2019