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Veröffentlicht am 02.06.2018

Einblick in unterschiedlichste Lebenssituationen

Der Mut zur Freiheit
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Mittelpunkt dieses drei Generationen umfassenden Romans sind Margarita, ihre Tochter Valentina sowie ihre Enkelin Olivia. Zu Beginn des 20 Jahrhunderts wird Margarita von ihrem Vater aus dem Haus vertrieben. ...

Mittelpunkt dieses drei Generationen umfassenden Romans sind Margarita, ihre Tochter Valentina sowie ihre Enkelin Olivia. Zu Beginn des 20 Jahrhunderts wird Margarita von ihrem Vater aus dem Haus vertrieben. Das geschieht, weil sie sich mit einem Burschen ihres Alters eingelassen hatte, der dem Vater nicht gefiel. Margarita ging in die große Stadt und Schritt mutig durch das Leben. Aber es wurde kaum einfacher oder leichter für Sie, denn im katholischen Spanien, wo der Roman spielt, waren unverheiratete Mädchen nicht gern geduldet. Besonders dann nicht, wenn sich herausstellte, dass sie ein Kind erwarteten. Ihrer Tochter Valentina ging es einige Jahre später kaum besser. Auch sie bekam eine Tochter, deren Vater die Mutter hat sitzen lassen. Olivia ist Star der damaligen Zeit als Tänzerin. Ihre Berühmtheit setzt sie für den Schutz von Tieren ein. Doch als sie sich so auch gegen den Stierkampf in Spanien wendet, wendet sich die Meinung des Volkes gegen sie. Denn Stierkampf ist zum Ende des zweiten Weltkrieges eine so verfestigte Nationaltradition, dass man einfach nichts dagegen sagen darf.

In wechselnden Kapiteln erfahren die Leser vom Leben der drei Frauen. Sie haben zwar alle beruflich Erfolg, aber privat steht es nicht zum allerbesten. In Sachen Liebe wirken alle etwas glücklos. In einem ruhigen Erzählton schildert Katja Maybach die Schicksale der Frauen. Sie fesselt die Leser mit den eigentlich auch drei Liebesgeschichten, weil natürlich nichts in Stein gemeißelt bleibt. Es gibt Veränderungen in beruflicher Hinsicht und es gibt Veränderungen im Liebesleber dieser Frauen. Wie jedes dieser Details ausgeht, kann die Leser fesseln. Jedenfalls hat es bei mir seine Wirkung nicht verfehlt. Ich wollte wissen, ob sie alle drei zum Ende hin glücklich werden oder nicht. Ich wollte wissen, wie sich ihr Weg gestaltet.

Der Roman spielt in einer Zeit und einem Land, was ich nicht aus eigenem Erleben kenne. Darauf hatte ich mich im Vorhinein besonders gefreut. Doch in Sachen historische Zeit wurde ich enttäuscht. Mir waren viele Formulierungen zu modern, ich konnte mir manche Situationen nicht so in der Zeit der 1940er Jahre vorstellen. Beispielsweise wie selbstverständlich Mutter und Großmutter sich am Flughafen bewegen. Jemanden von dort abholten. Natürlich gab es Flughäfen und Olivia war ein großer Star, die sicherlich so auch nach New York hätte fliegen können. Doch die Selbstverständlichkeit, mit denen sich die Figuren hier bewegen, entspricht eher der jetzigen Gegenwart. Ähnlich verhält es sich mit dem Telefonieren. Ich glaube nicht, dass die Menschen in den 1940er Jahren so selbstverständlich zum Telefon greifen konnten, wie es hier den Anschein hat.

Die Geschichte um die drei Frauen ist spannend erzählt, gibt Einblick in unterschiedlichste Lebenssituationen und macht Spaß, hinterlässt leider auch einen kleinen Beigeschmack.


© Detlef Knut, Düsseldorf 2018

Veröffentlicht am 22.05.2018

Grundsolide und spannend!

Schwaben-Fest
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Dieser Kriminalroman war für mich so etwas wie Erholung für die Seele nach vielen ausländischen und actionreichen Krimis und Thrillern liest sich dieser bodenständige Ermittlungskrimi aus Stuttgart wie ...

Dieser Kriminalroman war für mich so etwas wie Erholung für die Seele nach vielen ausländischen und actionreichen Krimis und Thrillern liest sich dieser bodenständige Ermittlungskrimi aus Stuttgart wie ein Roman, bei dem man tief ein- und ausatmen kann.

Es ist bereits der 19. Roman aus der Schwaben-Reihe, der beim KBV Verlag erschienen ist. Es ist das große Volksfest der Cannstatter Wasen. Der Bürgermeister feiert heute mit. Er entpuppt sich als Wildpinkler. Hinter dem Zelt stößt er beim Entleeren seiner Blase auf eine Leiche. Die Ermittler finden in Ihrer Nähe einen Zettel mit dem Wort "Menschenschinder" darauf. Kommissar Braig übernimmt mit seinem Team die Ermittlung. Doch warum dieses Opfer zunächst offenbar als "Menschenschinder" bezeichnet wurde, ist ihnen ein Rätsel, handelt es sich doch um einen ruhigen und beflissenen Rosenzüchter, der mit seinen Züchterkollegen das Volksfest besuchen wollte. Schon bald müssen die Ermittler erfahren, dass es weitere Menschenschinder in der Region gibt und es nicht bei dem einen Opfer bleiben soll.

Wanninger hat einen grundsoliden Kriminalroman präsentiert, der es kaum an etwas vermissen lässt. Obwohl überwiegend eine ruhige Atmosphäre vorherrscht, muss der Leser nicht auf actionreiche Szenen verzichten. Das Privatleben der Ermittler wird nicht herausgehalten aus der Handlung und macht das Personal umso sympathischer. Der Lokalkolorit ist nicht überstrapaziert. Irgendwo muss ein Roman spielen, warum also nicht in Stuttgart? Immer wieder streut der Autor entsprechende Hintergrundinformation zu regionalen oder historischen Besonderheiten ein, was nie hemmend in der Handlung wirkt.

Was für mich zwar kein störender aber einen nervenden Eindruck hinterließ, sind die unterschiedlichen Dialekte der deutsche Sprache. Schön und passend, aber völlig ausreichend ist, dass einige Figuren schwäbisch sprechen. Ist auch alles verständlich. Aber warum die aus Sachsen stammende Kollegin im Kommissariat dann auch sächselt, und ein Zeuge berlinert war für mich zu viel des Guten. Das hätte der Roman nicht nötig gehabt. Aber wie gesagt: nicht störend, eher nervig.

Der Krimi ist ein wohltemperierter Gegensatz zu all den hochgedrehten Thrillern, den ich gern empfehle.


© Detlef Knut, Düsseldorf 2018

Veröffentlicht am 09.05.2018

Ein Roman voller Emotionen.

Die Schönheit der Nacht
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Nina George ist bekannt für ihren gefühlvollen Stil, den sie ihren Texten einverleibt. Darauf kann man sich auch bei ihrem aktuellsten Roman verlassen, welches einer der großen Gefühle ist, ohne auch nur ...

Nina George ist bekannt für ihren gefühlvollen Stil, den sie ihren Texten einverleibt. Darauf kann man sich auch bei ihrem aktuellsten Roman verlassen, welches einer der großen Gefühle ist, ohne auch nur eine Spur von Kids aufkommen zu lassen.

Claire verlässt das Zimmer eines Hotels, in welchem sie nur diese eine Nacht verbracht hat. Mit einem Mann, der nicht ihr Ehemann ist. Sie wird diesen Mann nicht wiedersehen. So die Vereinbarung.

Auf dem Flur trifft sie ein junges Mädchen, das ihren Job zu morgendlicher Stunde im Hotel erledigt. Die Blicke des Mädchens geben zu verstehen, dass sie Schweigen wird und keinem Menschen davon berichtet, was möglicherweise in dem Zimmer passiert ist, aus dem Claire trat. Die Wege Claires und des Mädchens sollen sich aber erneut treffen.

Die Autorin, die viel Zeit des Jahres in der Bretagne lebt, hat diese Roman wie auch schon vorhergehende in Frankreich angesiedelt. Ihre sinnliche Wortwahl macht die einzelnen Situationen für den Leser spürbar, riechbsr, schmeckbar und fühlbar. Noch heute schmecken meine Lippen salzig, wenn ich an das Meer im Roman denke. Die Gedanken der Protagonistinnen fühlen sich an, als wären es meine eigenen.
Die Emotionswucht der Sätze lässt dennoch keine Spannung vermissen. Denn als sich der Weg der beiden Protagonistinnen erneut kreuzt, wird der Sog entfacht, mit dem man das Aufeinandertreffen von Julie und Claire verfolgt. Dieses wird aus beider Sicht erzählt, abwechselnd. Damit wird das Verständnis für beide Positionen näher an den Leser gebracht. Positionen, die in erster Linie in den Köpfen der Figuren stecken, von denen sie sich befreien wollen. Aber es sind nicht nur die inneren Konflikte der reifen Frau Professor und des jungen Mädchens. Claire ist verheiratet und sie hat einen Sohn, der gerade seine ersten Schritte als Erwachsener macht. Zwei weitere Konflikte, die der Professorin im Wege stehen. wie Claire diese löst, ist im Roman geschildert und kann schwankende Gefühle für die eine oder andere Seite auslösen. Und dabei lässt Nina George zum Ende hin als Überraschung noch einen Ballon platzen, der auch den Beginn des Romans wieder ins Wanken bringt.

Ein Roman voller Emotionen. Er wird bestimmt vom Aufbruch in ein neues Leben, aber auch vom Hintersichzurücklassen, was bisher im Leben geschah. Begegnung und Abschied nebeneinander wandern auf einem ganz schmalen Grat. Das bretonische Ambiente schafft zusätzlichen Genuss. Der Roman ist in jedem Fall sehr empfehlenswert.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2018

Veröffentlicht am 04.05.2018

Alles ist stimmig.

Revolution im Herzen
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Kein begeisterter Leser sollte vor diesem historischen Roman zurückschrecken, weil er vielleicht ein solch politisches Wort im Titel trägt, weil einer der wichtigsten Ökonomen der Weltgeschichte eine tragende ...

Kein begeisterter Leser sollte vor diesem historischen Roman zurückschrecken, weil er vielleicht ein solch politisches Wort im Titel trägt, weil einer der wichtigsten Ökonomen der Weltgeschichte eine tragende Nebenrolle spielt.

Lenchen Demuth mit der Zitterhand muss bitterste Armut in ihrer Familie erfahren. Sie war nicht gewollt, dass lässt ihre Mutter sie spüren. Auch die Geschwister, die älteren wie die jüngeren, gehen nicht zimperlich mit ihr um. Nur für den Vater ist sie der Liebling, der sich trotz der schweren Arbeit ein winziges Hobby leistet, was er seiner Tochter beibringt: das Schachspielen. Lenchen, neun Jahre alt, hört von Dorothea, die aus dem Nachbardorf nach Trier gegangen ist und sich dort als Dienstmädchen verdingt. Den Gerüchten zufolge soll sie dort viel Geld verdienen. Gerüchte. Nichts genaues weiß man nicht. Doch Lenchen beschließt, es ihr gleichzutun. So würde sie ihrer Familie nicht mehr auf der Tasche liegen und könnte ihr vielleicht sogar noch Geld schicken von dem, was sie als Dienstmädchen bekommen könnte. Sie hat Glück und lernt eher zufällig Jenny, deren Bruder und dessen Freund Karl kennen. Jenny überredet ihre Mutter, Lenchen in Dienst zu nehmen. Von Karl Marx ist Lenchen nicht gerade erbaut. Sie mag ihn nicht, und auch er scheint sie zu ignorieren. Schließlich ist sie ja auch nur Dienstmädchen. Doch Jenny von Westphalen ist ihr zugetan. Zwischen den beiden Mädchen, später Frauen, entwickelt sich eine Freundschaft, trotz unterschiedlichen gesellschaftlichen Standes. Lenchen steht fortan loyal zu Jenny und ihrer Familie, auch wenn sie die Verlobung und Ehe mit dem widerlichen Karl nie mochte. Sie begleitet die Marx-Familie auf all ihren Stationen durch ganz Europa, lernt angesehene und politische Persönlichkeiten, wie Friedrich Engels, Freiligrath, Wilhelm Liebknecht und andere kennen, weil die sich bei den Marxens die Klinke in die Hand geben. Das Schachspiel und die vielen Diskussionen der Herrenrunden bringt Lenchen und Karl näher. Es entsteht eine Nähe, die für alle drei, Jenny, Karl und Lenchen, keine gute Atmosphäre mit sich bringt.

Mit Freude am Detail beschreiben die Autorinnen die Lebensumstände und historische Ereignisse zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Mittels Bildern im Kopf des Lesers lassen sie diese Zeit groß und spürbar werden. Der Druck durch die Armut, das fehlende Geld kommt ganz nah heran. Das dadurch verursachte Leid wird schmerzvoll für den Leser, aber er nimmt auch die winzigen Freuden wahr, die winzigen Freiräume, in die sich die Protagonisten flüchten, wie Petersons Coffeeshop.

Das Thema wurde von den Beinert-Schwestern hervorragend fiktionalisiert, so dass ein spannender und lesenswerter Roman daraus geworden ist. Auf unterhaltsame und liebenswerter Weise bekommt der Leser Einblicke in das Leben einer politischen Familie Mitte des 19. Jahrhunderts. Die große Liebesgeschichte von Helena (Lenchen) Demuth und Karl Marx gibt eine Sicht auf Details, die in vielen Dokumentationen als Nebensache abgetan werden. Die Kunst der Autorinnen ist es, die Lücken zwischen den Fakten mit fiktiven Zusammenhängen zu füllen, in einer Weise, als wäre es tatsächlich so gewesen. Und das passt hier. Alles ist stimmig. Mir hat dieser Roman große Freude bereitet und ich kann die Revolution im Herzen jedem ans Herz legen.


© Detlef Knut, Düsseldorf 2018

Veröffentlicht am 18.04.2018

getrieben von der Spannung

Verrat
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Der in Cornwall aufgewachsene Schriftsteller stellt mit diesem Roman eine Geschichte vor, die er sicherlich nicht nur aufgrund von Recherchen erarbeitet hat. Wegen seiner langjährigen Tätigkeit im Staatsdienst ...

Der in Cornwall aufgewachsene Schriftsteller stellt mit diesem Roman eine Geschichte vor, die er sicherlich nicht nur aufgrund von Recherchen erarbeitet hat. Wegen seiner langjährigen Tätigkeit im Staatsdienst dürften reale Begebenheiten seines ehemaligen Umfeldes einen auslösenden Effekt gehabt haben.

Es beginnt 1989. Zentraler Hintergrund mit enormen Konfliktpotenzial ist der Konflikt zwischen Nordirland und Großbritannien. Protagonist ist Francis, ein Soldat der IRA, der Menschen für ein vereintes Irland tötet. Seine Dienste werden geschätzt, er hat sich einen Namen gemacht. Auch bei den Briten. Die nehmen zu ihm Kontakt auf, um ihn auf ihre Seite zu ziehen. Doch es läuft einiges aus dem Ruder. Als er Jahre später aus britischer Haft entlassen wird, ist der Kampf Geschichte. Niemand braucht mehr einen Kämpfer, deshalb kümmert er sich umso verbissener um die Suche nach seinem Verräter.

Mit sanften und ruhigen Tönen vollzieht Searle eine gewisse Bestandsaufnahme. Seine Bilder erzählen nicht nur die Zusammenhänge und Situationen der Nordirland-Krise, sie lassen die Zeit von damals im Kopf des Lesers neu entstehen. Und sie geben ein Gefühl, was damals geschah, wie sich die Menschen fühlten, die mittendrin waren. In einer Zeit, in der in Deutschland an ganz andere Sachen gedacht wurde.

In parallelen Szenen wird der Leser getrieben von der Spannung, wie es den einzelnen Figuren, nicht nur dem Protagonisten Francis, zukünftig gehen mag. Dazu gehören Francis Frau, sein Führungsoffizier und zwei britische Agenten. Der kalte Krieg scheint in der Welt zu Ende zu sein, doch auf Irland und den britischen Inseln geht er gnadenlos weiter.

Zu Beginn habe ich mich einfangen lassen von der Atmosphäre, von dem Geschehen, von dem ich damals nur in den Nachrichten gehört hatte. Doch mit immer mehr Fragezeihen im Kopf (Was geschieht hier?) hat mich Searle hineingezogen. Am Ende war der Romsn einfach nur noch fesselnd und schaffte es trotzdem nicht, Morde und Tötungen im Namen irgendeines Freiheitskampfes zu rechtfertigen.

Lesenswert allemal!

© Detlef Knut, Düsseldorf 2018