in der Zeit häutiger Flüchtlingswellen aktueller denn je
Das Erbe der RosenthalsEs ist der Debütroman eines mehrfach für seinen Journalismus ausgezeichneten Autoren. Und ebenso meisterlich präsentiert er seinen Roman, mit dem er ein ganz persönliches Herzensthema verarbeitet hat. ...
Es ist der Debütroman eines mehrfach für seinen Journalismus ausgezeichneten Autoren. Und ebenso meisterlich präsentiert er seinen Roman, mit dem er ein ganz persönliches Herzensthema verarbeitet hat. Doch worum geht es?
Die elfjährige Anna ist ohne Vater aufgewachsen. Er kam bei einem Unfall ums Leben als ihre Mutter mit ihr noch schwanger war. Ein Brief von der Familie ihres Vaters, die auf Kuba lebt, und enthält Hinweise und Fotos der Familie ihres Vaters. In Anna wird das Interesse für die Familie des unbekannten Vaters geweckt. Doch erst als sie sich mit ihrer Mutter von New York auf eine für sie abenteuerliche Reise nach Kuba begibt, bekommt sie die Gelegenheit, in direkten Gesprächen mit der Großtante, die ihren Vater aufgezogen hat, und von der sie ihr Aussehen geerbt hat, ihren Vater und dessen Familie kennenzulernen. Parallel zu den Recherchen von Anna in der Gegenwart wird die Flucht von Hannah und ihren Eltern aus dem Deutschland von 1939 geschildert.
Correa hat sich einer wunderbaren, spannenden Struktur für diese Geschichte bedient. In zwei unabhängigen, parallelen Strängen wird abwechselnd aus unterschiedlicher Perspektive erzählt. Natürlich weiß man als Leser, dass beide Stränge zusammengehören. Aber die Parallelität schafft zunächst eine besondere Spannung. Erst in einem zweiten Teil begegnen sich Anna und ihre Großtante Hannah, wegen der sie ihren Namen hat, und einige Informationen zum Hergang in der Vergangenheit werden direkt im Dialog wiedergegeben. In einem dritten Teil gehen beide wieder getrennte Wege in abwechselnden Kapiteln.
Der Autor hat die Geschichte der »St. Louis« und einer jüdischen Familie auf hervorragende Weise fiktionalisiert. Zu keinem Zeitpunkt liest sich der Roman wie ein Sachbuch und dennoch spürt der Leser die Echtheit der Informationen. Ergänzt wird alles mit der Namensliste der Passagiere von 1939 und einigen Fotos von den Flüchtlingen auf dem Schiff der Hamburg-Amerika-Linie. Und auch das Nachwort ist immer noch für einen überraschenden Aha-Effekt gut. Einfach toll! Ein unfassbar spannender Roman über das Schicksal jüdischer Flüchtlinge vor und während des Zweiten Weltkrieges, der in der Zeit häutiger Flüchtlingswellen aktueller denn je ist. Meinerseits eine Bestnote!
© Detlef Knut, Düsseldorf 2018