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Veröffentlicht am 04.12.2022

Abschiede sind Tore in neue Welten. (Albert Einstein)

Labyrinth der Freiheit
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1922 Berlin. Während die Stadt unter unruhigen Zeiten leidet, die Inflation sowie Armut für die Menschen immer schlimmer wird und die gegenseitigen politischen Lager sich gnadenlos bekämpfen, halten Anwältin ...

1922 Berlin. Während die Stadt unter unruhigen Zeiten leidet, die Inflation sowie Armut für die Menschen immer schlimmer wird und die gegenseitigen politischen Lager sich gnadenlos bekämpfen, halten Anwältin Isi, Kameramann Carl und der umtriebige Arthur als alte Freunde und Dreigestirn eng zusammen. Als auf Isi in ihrem eigenen Zuhause ein Anschlag verübt wird, kann sie sich in letzter Minute retten, indem sie aus dem Fenster springt und als Folge davon ihr Baby verliert. Carl und Arthur eilen ihrer alten Freundin sofort zur Hilfe, und gemeinsam machen sie sich daran, die Strippenzieher des Anschlags aufzuspüren, wobei sie sich immer wieder Gefahren aussetzen und so manchen Schicksalsschlag überstehen müssen…
Mit „Labyrinth der Freiheit“ hat Andreas Izquierdo nun den finalen Band seiner „Wege der Zeit“-Trilogie vorgelegt, der den beiden Vorgängerbänden in punkto historische Fakten sowie durchgängige Spannung und liebenswerten Charakteren in nichts nachsteht. Der flüssige, farbenfrohe und empathische Erzählstil lässt den Leser gedanklich eine Reise in die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts antreten, wo er sich unsichtbar unter das Freundeskleeblatt mischt und ihre Abenteuer hautnah aus der Sicht von Carl mitverfolgt. Isi als Kämpferin der Armen und Unterdrückten ist mit ihrem streitbaren Wesen einigen ein Dorn im Auge, und an ihr soll ein Exempel statuiert werden. Doch Isi ist nicht allein, denn ihre alten Freunde stehen verlässlich an ihrer Seite, obwohl sie sonst alle ihr eigenes Leben führen. Carl arbeitet inzwischen bei der UFA unter Regisseur Fritz Lang und ist bei der Entstehung des ersten Sprechfilmes dabei. Währenddessen fühlt sich Artur in der zwielichtigen Unterwelt wohl, wo er die Strippen zieht und mit seiner Gesichtsmaske einiges an Aufsehen erregt und so manchen das Fürchten lehrt. Gemeinsam müssen sie sich gegen mächtige Gegner behaupten, die ihre Spitzel und Helfershelfer anscheinend in allen wichtigen Instanzen der Stadt und der Politik sitzen haben. Izquierdo nutzt die Geschichte seiner drei Protagonisten dazu, die historischen Begebenheiten der damaligen Zeit als Hintergrundkulisse wunderbar miteinzuflechten. Der Leser darf nicht nur die Entwicklungen auf dem Filmset miterleben, sondern kann sich auch ein Bild der gesellschaftlichen und politischen Lage im damaligen Berlin machen. Die eingebettete Geschichte um das Dreigestirn sorgt für einen Spannungsbogen, der den Leser durchgängig atemlos hält und mitfiebern lässt.
Die Charaktere sind lebendig in Szene gesetzt und überzeugen mit menschlichen Eigenheiten, die sie dem Leser schnell ans Herz wachsen lassen. Unsichtbar folgt dieser ihnen, um alles aus erster Hand mitzuerleben. Isi ist eine energische, intelligente, mutige und kämpferische Frau, die sich den Mund nicht verbieten lässt und sich für andere einsetzt. Arthur genießt seine Rolle als entstellter Gauner, ihm fehlt es nicht an Selbstbewusstsein und der nötigen Cleverness, um sich durchzusetzen. Dabei versteckt er in sich ein gutes Herz. Carl ist der liebenswerte Ruhepol in dem Dreigestirn, der seinen Traum beim Film wahr gemacht hat, jedoch auch gerade dort oftmals verzweifelt. Aber für seine Freunde ist er immer da, auch wenn sich die drei nicht mehr so oft sehen wie früher.
„Labyrinth der Freiheit“ ist ein spannender historischer Roman um drei Freunde, die wie Pech und Schwefel zusammenhalten und füreinander einstehen. Ein gelungener Abschluss, der die Trilogie einmal mehr mit wunderbaren Charakteren und geschichtlichem Hintergrund krönt. Ein toller Pageturner, der dem Leser ein Wahnsinnskopfkino beschert und in alte Zeiten abtauchen lässt. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 20.11.2022

Die einzig sichere Freiheit liegt im Aufbruch. (Robert Frost)

Kinder des Aufbruchs
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1967 Berlin. Sechs Jahre nach ihrer dramatischen Flucht und dem Mauerbau und leben die Zwillingsschwestern Emma Laakmann und Alice Weiß mit ihren Familien nun in Westberlin. Während Emma als Dolmetscherin ...

1967 Berlin. Sechs Jahre nach ihrer dramatischen Flucht und dem Mauerbau und leben die Zwillingsschwestern Emma Laakmann und Alice Weiß mit ihren Familien nun in Westberlin. Während Emma als Dolmetscherin tätig ist, arbeitet Alice als Journalistin für eine Tageszeitung. Bei einem Übersetzungsauftrag in einem Kinderheim findet Emma einen kleinen Jungen in ihrem Auto, der sich als italienisches Waisenkind entpuppt und nicht das erste Mal aus dem Heim ausgebüchst ist. Emma, die gerade an einer Fehlgeburt zu knabbern hat und mit deren Ehe es momentan auch nicht zum Besten steht, nimmt sich des kleinen Luca an. Währenddessen steckt Schwester Alice mitten in der Berichterstattung über die Studentenunruhen anlässlich des Besuchs des Schah von Persien. Als die Sängerin Irma Assmann, eine ehemalige Bekannte aus Alice‘ Heimvergangenheit in der DDR mit Emma Kontakt aufnimmt und Alice davon erfährt, läuten bei ihr alle Alarmglocken, befürchtet sie doch, dass Irma sie oder ihre Schwester als Spionin für den KGB observieren soll. Der Hilferuf eines alten Bekannten aus dem Osten bringt die Zwillingsschwester nebst ihren Familien in größte Gefahr. Sie geraten zwischen die Aktivitäten der Geheimdienste von Ost und West…
Claire Winter hat mit „Kinder des Aufbruchs“ eine brillante Fortsetzung ihres Romans „Kinder ihrer Zeit“ vorgelegt, der das Schicksal der Zwillingsschwestern Emma und Alice sowie deren Familien weitererzählt und mit einem exzellent recherchierten historischen Hintergrund eng verknüpft ist. Der flüssige, bildgewaltige und atmosphärisch-dichte Erzählstil nimmt den Leser von der ersten Zeile an als Geisel, lässt ihn in die Zeit des Kalten Krieges reisen, wo er über Perspektivwechsel die Sichtweise sowie die Gedanken- und Gefühlswelt der einzelnen Protagonisten studieren darf. Emma und Alice haben sich mit ihren Ehemännern Max und Julius in Westberlin eingelebt, doch ihre Vergangenheit sowie ihre Gesinnung können sie nicht wie einen Handschuh abstreifen. Sie folgt ihnen wie ein unsichtbarer Schatten, um ihnen an der nächsten dunklen Ecke frech ein Bein zu stellen. Winter lässt nicht nur den Zeitgeist der damaligen Jahre wiederaufleben, sondern den Leser die Zerrissenheit, Angst, Schuldgefühle und das Misstrauen ihrer Protagonisten wunderbar spüren, die unterschwellig die Spannung immer mehr in die Höhe treiben, während auch in Berlin die Unruhen und die Spionage der unterschiedlichsten Geheimdienste einem Pulverfass gleichen, das jeden Moment explodieren kann. Viele historisch belegte Begebenheiten pflastern die Handlung, machen sie dadurch noch authentischer und lassen die Grenzen zwischen Fiktion und Wahrheit völlig verschwimmen. Als Leser hat man während der Lektüre nicht nur ein Wahnsinnskopfkino, sondern das Gefühl, selbst Teil der Geschichte zu sein.
Die Charaktere sind facettenreich und lebendig in Szene gesetzt, sie können den Leser mit ihren glaubwürdigen Eigenheiten sofort für sich einnehmen, der ihnen keine Sekunde von der Seite weicht. Emma ist eine freundliche und mitfühlende Frau, die sich für die Schwachen stark macht. Sie knabbert an einem Schicksalsschlag, doch lässt sie sich nicht unterkriegen. Alice kämpft mutig gegen die Schatten ihrer Vergangenheit, indem sie als Journalistin Missstände aufdeckt. Doch insgeheim ist Furcht ihr ständiger Begleiter. Aber auch Max und Julius können sich von den vergangenen Ereignissen noch nicht befreien, was ihnen den Blick in eine glückliche Zukunft verwehrt.
„Kinder des Aufbruchs“ lebt nicht nur von hervorragend inszenierten Protagonisten, sondern vor allem im Zusammenspiel mit dem brillant recherchierten historischen Hintergrund, der diesen Roman zu einer fantastischen Thrillerlektüre macht. Lebendige Schicksale und dramatische Handlungsabläufe lassen den Leser Geschichte leibhaftig erleben. Absolute Leseempfehlung für einen leuchtenden Stern am Bücherhimmel! Chapeau!!!

Veröffentlicht am 20.11.2022

In der New Yorker Luft liegt etwas, das den Schlaf unbrauchbar macht. (Simone de Beauvoir)

Die Frauen von New York – Kleider der Liebe
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1918 Paris. Vianne Mercier stammt aus einer gutsituierten Familie, die ein Antiquitätengeschäft betreibt. Ihre älteren Geschwister, die Zwillinge Anais und Jacques, sind beide an der Kriegsfront, während ...

1918 Paris. Vianne Mercier stammt aus einer gutsituierten Familie, die ein Antiquitätengeschäft betreibt. Ihre älteren Geschwister, die Zwillinge Anais und Jacques, sind beide an der Kriegsfront, während Vianne mit ihrer Mutter Strickwaren herstellen. Als ihre Geschwister zu Ostern endlich Heimurlaub haben und man sich auf gemeinsame Feiertage freut, wird ausgerechnet ein Kirchenbesuch für die Familie zu einem Alptraum. Viannes Mutter und Schwester sterben durch eine auf die Kirche gerichtete Bombe, während Vianne sich gerade auf dem Heimweg befindet. Ihr Vater verkraftet den Verlust seiner geliebten Frau nicht und stirbt kurz danach, während Jacques Vianne unbarmherzig vor die Tür setzt, um fortan mit seiner neuen Ehefrau in der Familienwohnung zu leben. Vianne, die schon immer davon geträumt hat, sich als Designerin einen Namen zu machen, lässt Paris hinter sich und reist mit dem Schiff nach New York. Schon auf dem Schiff macht sie eine Begegnung, die die Weichen für ihre Zukunft stellt…
Ella Carey hat mit „Kleider der Liebe“ den dritten Band ihrer historischen Reihe „Frauen von New York“ vorgelegt, in dem auch diesmal eine junge Auswanderin ihr Glück in der amerikanischen Metropole sucht. Der flüssige, bildhafte und gefühlvolle Schreibstil lässt den Leser schnell an Viannes Seite sinken, um diese bei ihrem Abenteuer zu begleiten und dabei gleichzeitig ihre Gedanken- und Gefühlswelt aufzusaugen. Die Geschichte spannt sich über einen Zeitraum von 1918 bis 1925 und wird hauptsächlich aus der Sicht von Vianne erzählt, aber es gibt mit einigen Kapiteln von Anais auch eine interessante Wendung, die für einige Überraschungen sorgt. Als Vianne nach New York kommt, hat sie durch ihre Hilfsbereitschaft auf dem Überseeschiff schon eine Empfehlung und eine Adresse an der Hand, wo sie alsbald als Designerin und Mädchen für alles ihren Traum leben kann. Sie arbeitet hart und unermüdlich an ihren Entwürfen, setzt diese mit viel Liebe zum Detail in die Tat um und erhält schon bald die ersehnte Anerkennung, um ihre Karriere auszubauen. Als berufstätige Frau entspricht sie nicht dem üblichen Rollenklischee der amerikanischen Gesellschaft, sobald sie heiraten würde, könnte sie ihrer geliebten Tätigkeit nicht mehr nachgehen. Die Begegnung mit dem Restaurantbesitzer Giorgio, mit dem sie schnell viel verbindet, würde ihrer Karriere im Wege stehen. So ist Vianne stets in einem Zwiespalt, wie sie sich entscheiden soll. Die im letzten Drittel sich überschlagenden Ereignisse treiben die Spannung gut in die Höhe und bieten einiges an Überraschung.
Die Charaktere sind liebevoll in Szene gesetzt und können den Leser mit ihren authentischen menschlichen Zügen schnell einfangen, der ihnen wie ein Schatten folgt, hofft, bangt und mitfiebert. Vianne wirkt zu Beginn noch etwas naiv, muss aber schnell lernen, auf eigenen Beinen zu stehen. Ihre Freundlichkeit, Wärme und Hilfsbereitschaft sowie ihre Entschlossenheit öffnen ihr schnell so manche Tür, wo sie dann mit Fleiß und Talent überzeugen kann. Eloise ist eine strenge, aber liebenswerte Chefin, die ihre Angestellten zu Höchstleistungen anspornt, insgeheim voller Selbstzweifel und in einer Schaffenskrise steckt. Jacques ist ein unbarmherziger Mann ohne jegliches Gefühl. Giorgio ist ein liebenswerter Kerl mit viel Familiensinn, der sich seinen Traum von einem gutbesuchten Restaurant erfüllen will.
„Kleider der Liebe“ ist eine unterhaltsame Lektüre, die historischen Hintergrund mit dem Rollenbild der damaligen Zeit sehr schön verbindet. Die Mischung aus Familiengeschichte, Liebe sowie die detaillierte Beschreibung der Kleiderentwürfe und Designs vor der Kulisse New Yorks sorgt für schöne und kurzweilige Lesestunden. Verdiente Empfehlung!

Veröffentlicht am 20.11.2022

Kaffee gibt mir einen Schmerz, der nicht ohne Lustgefühl ist. (Napoleon Bonaparte)

Töchter der Speicherstadt – Das Versprechen von Glück
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1965 Hamburg. Nachdem der Krieg die Hafenstadt in Trümmer gelegt hat, haben alle gemeinsam angepackt, um aus den Trümmern Hamburg neu aufzubauen und den Handel wieder in Gang zu bringen. Das neue Kaffeekontor ...

1965 Hamburg. Nachdem der Krieg die Hafenstadt in Trümmer gelegt hat, haben alle gemeinsam angepackt, um aus den Trümmern Hamburg neu aufzubauen und den Handel wieder in Gang zu bringen. Das neue Kaffeekontor „Behmer & Söhne“ in der Speicherstadt verhilft der Familie zu erträglichen Geschäften. Cläres Tochter Anna ist als Nachfolgerin vorgesehen, doch diese hat eigentlich ganz andere Träume, möchte viel lieber Kunst studieren. Bei einem Ballbesuch im Hotel Atlantic lernt Anna Joost van der Vehlen kennen, den neuen Prokuristen von „Behmer & Söhne“, mit dem sie schon bald die Ehe eingeht, sehr zur Freude ihrer Eltern. Allerdings bringt Anna sich nicht ins Kontor ein, sondern zieht es vor, als Hausfrau und Mutter ihr Dasein zu fristen. Ihre Ehe mit Joost entpuppt sich als Fehlgriff, denn er betrügt und hintergeht sie, wo er nur kann und schadet damit auch dem Kontor. Ist das das Ende von „Behmer und Söhne“?
Anja Marschall hat mit „Das Versprechen von Glück“ den dritten und finalen Band ihrer historischen „Speicherstadt-Saga“ vorgelegt, der erneut mit gut recherchiertem Hintergrund und einer unterhaltsamen Geschichte zu punkten weiß. Der flüssige und farbenfrohe Erzählstil lässt den Leser schnell zurück ins vergangene Jahrhundert reisen, um sich als unsichtbarer Hausgast unter den Familienmitgliedern zu tummeln und deren Leben sowie das Schicksal von Anna über einen Zeitrahmen von 33 Jahren zu folgen. Über Perspektivwechsel erhält der Leser Einblick in das Leben und die Gefühlswelt der verschiedenen Protagonisten. Cläre ist immer noch ganz Geschäftsfrau und hofft, ihre Tochter Anna wird ihr Lebenswerk weiterführen, wenn sie erst den richtigen Mann an ihrer Seite hat. Anna begeht in ihrem Liebeskummer den großen Fehler, einen Mann zu ehelichen, der neben ihr auch die ganze Familie ins Unglück zu stürzen droht. Es ist fast schon tragisch, wie sehr sich Anna in ihrer zugedachten Rolle einrichtet und alles so hinnimmt, um einen Skandal für die Familie zu vermeiden. Viel aufregender verläuft da die Geschichte um Annas Cousine Irma, die nach dem Krieg in der DDR geblieben ist und sich mit der Stasi auseinandersetzen muss. Aber auch Köchin Erna, die in fortgeschrittenem Alter mit dem Berliner Binnenschiffer Icke noch eine neue Liebe findet, trägt sehr zum Unterhaltungswert der Geschichte bei. Die Autorin hat akribisch recherchiert und lässt den Leser während der Lektüre nicht nur die große Sturmflut 1962 miterleben, sondern auch die Gründung der DDR sowie den Mauerbau und deren endgültigen Fall 1989. Der Spannungsbogen ist in diesem Teil allerdings nicht so hoch angelegt, wie in den Vorgängerbänden.
Die Charaktere sind detailliert ausgestaltet und mit glaubwürdigen Ecken und Kanten versehen. Der Leser heftet sich gern an ihre Fersen, um ihren Werdegang zu verfolgen. Anna ist eine naive Träumerin, die sich leicht manipulieren lässt und lange keinerlei Kampfgeist zeigt. Das macht sie nicht gerade sympathisch. Mutter Cläre ist da ein ganz anderes Kaliber, denn sie ist mutig und nimmt jede Herausforderung an. Joost ist ein Opportunist, dem es nur um sich selbst geht. Erna ist eine Seele von Mensch, sie hat das Herz am rechten Fleck. Auch Icke ist ein Original, der mit seinen Handlungen für einige Abwechslung sorgt.
Mit „Das Versprechen von Glück“ schließen sich nun die Pforten des Kaffeekontors für den Leser. Der Mix von Familiengeschichte, Liebe, Aufbruchsstimmung vor dem gut recherchierten historischen Hintergrund bietet gute Unterhaltung und schöne Lesestunden, reicht jedoch nicht an die Vorgängerbände heran. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 20.11.2022

KaDeWe - (Familien-)Geschichte eines Luxuskaufhauses

KaDeWe. Haus der Träume
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Berlin. 1907 eröffnet der Kaufmann Adolf Jandorf mit dem KaDeWe ein Kaufhaus der Luxusklasse. Judith Bergmann, Tochter von Jandorfs Justiziar, ist schon immer ein Leben in Wohlstand gewohnt und soll einmal ...

Berlin. 1907 eröffnet der Kaufmann Adolf Jandorf mit dem KaDeWe ein Kaufhaus der Luxusklasse. Judith Bergmann, Tochter von Jandorfs Justiziar, ist schon immer ein Leben in Wohlstand gewohnt und soll einmal Jahndorfs einzigen Sohn Harry ehelichen. Durch einen Zufall lernen sich Judith und Rieke im Alter von 10 Jahren kennen. Rieke Krause stammt aus ärmlichen Verhältnissen und kennt das KaDeWe ebenfalls wie ihre Westentasche, denn ihre Mutter Käthe leitet die Putzkolonne des Hauses. 1914 ergattert Rieke im Kaufhaus eine Stelle als Kassenmädchen und darf nun täglich in den Luxustempel betreten, dessen Angebot und Ausstattung ihr immer wieder den Atem raubt. Sie hofft, im Kaufhaus Karriere zu machen, während eine Frauenschule besucht und sich ein Studium erträumt. Als der Erste Weltkrieg ausbricht, müssen Rieke und Judith ihre Zukunftsträume auf Eis legen. Sowohl der Krieg als auch die Nachkriegszeit stellt die Bevölkerung vor große Herausforderungen, davon bleiben auch das KaDeWe und sein Eigentümer Jahndorf nicht verschont…
Marie Lacrosse hat mit „Haus der Träume“ den ersten Band ihrer historischen Dilogie rund um das KaDeWe vorgelegt, der dem Leser Unterhaltungslektüre auf höchstem Niveau bietet. Der flüssige, farbenprächtige und gefühlvolle Erzählstil der Autorin öffnet dem Leser schon mit dem Prolog die Tür zur Vergangenheit. Das Kaufhaus des Westens (KaDeWe) öffnet zum ersten Mal seine Tore und hat bis heute seinen Ruf als Luxustempel nicht eingebüßt. Über den Zeitrahmen von 1914 bis 1926 erhält der Leser zum einen Einblick in das privilegierte Leben von Judith Bergmann und deren Verbindungen zur Familie Jandorf, zum anderen ist er zu Gast bei Rieke Krause und ihrer Familie. Die Welten der Bergmanns und Krauses sind grundverschieden, während die einen wohlhabend und Teil der besseren Gesellschaft sind und Judith alle Türen einschließlich Bildung offen stehen, leben die Krauses als Arbeiterfamilie armen Verhältnissen, wo Streit und Gewalt durch den Vater an der Tagesordnung sind. Beide Frauen haben Hoffnungen und Träume, die sie mit viel Arbeit, Fleiß und Hartnäckigkeit verwirklichen wollen. Die Autorin hat wunderbar recherchiert und ihre fiktive Handlung mit vielen wahren Begebenheiten gestützt, aber auch den historischen Rahmen hervorragend miteingeflochten. So erlebt der Leser nicht nur die Auswirkungen des Krieges und der Nachkriegsjahre auf die Bevölkerung mit, sondern nimmt ebenso Anteil an der wachsenden freundschaftlichen Bindung zwischen Rieke und Judith. Die Handlung ist so spannend wie farbenfroh geschildert, dass dem Leser die Seiten nur so durch die Finger gleiten, während die Geschichte vor seinem inneren Auge wie ein Kinofilm abläuft. Interessant sind auch die Anmerkungen der Autorin im Nachwort, die ihre Handlung einmal mehr zu einer kostbaren Lektüre machen.
Die Charaktere sind detailliert und feinsinnig inszeniert, können den Leser mit ihrer Authentizität sofort für sich einnehmen. Judith ist eine patente Frau, die sich nicht auf dem Familienwohlstand ausruht, sondern in der Welt etwas bewegen will. Sie ist mitfühlend und hat das Herz am rechten Fleck. Rieke ist fleißig, weiß genau, was sie will und steckt für ihre Familie oftmals zurück. Sie ist verlässlich, stark und immer hilfsbereit. Adolf Jandorf ist ein Mann mit Visionen und Ideen, die bis in die heutige Zeit überlebt haben. Aber auch Riekes Schwester Sanni, Harry Jandorf, Judiths Bruder Johannes, Alice Salomon und viele weitere Protagonisten tragen zum Unterhaltungswert der Geschichte bei.
„Haus der Träume“ ist ein wunderbarer und äußerst kurzweiliger historischer Roman, der nicht nur durch eine exzellente Hintergrundrecherche sowie dem gekonnten Verweben von Fiktion und Realität brilliert, sondern auch mit zwei starken Frauencharakteren punktet, denen man als Leser zu gern sein Herz öffnet. Absolute Leseempfehlung für einen Pageturner der Extraklasse –Chapeau!