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Veröffentlicht am 19.08.2019

Abenteuer Berlin

Amalientöchter
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1918 Weimar. Die 19-jährige Klara Heidemann ist Feuer und Flamme für ihren Verlobten, den Arzt Fritz Faber. Sie kann es gar nicht mehr erwarten, ihn zu heiraten. Als Fritz von Weimar nach Berlin umzieht, ...

1918 Weimar. Die 19-jährige Klara Heidemann ist Feuer und Flamme für ihren Verlobten, den Arzt Fritz Faber. Sie kann es gar nicht mehr erwarten, ihn zu heiraten. Als Fritz von Weimar nach Berlin umzieht, sieht Klara ihre große Chance gekommen, endlich ihren Wunsch nach Reisen und Unabhängigkeit zu stillen. So macht sie sich allein auf die Fahrt zu Fritz nach Berlin, wo sie erst einmal bei seinem Onkel in einer spartanischen Behausung unterkommt. Aber Berlin fasziniert Klara, an jeder Ecke entdeckt sie etwas neues, alles ist so anders und aufregend als in ihrer Heimat Weimar. Schon bald hat sie eine Stelle bei einer Frauenzeitung und lässt sich nebenbei von der bunten Künstlerszene verführen. Das geht auch an Klara nicht spurlos vorüber, sie verändert sich zusehends…

Joan Wenig hat mit “Amalientöchter” einen historischen Roman vor der Kulisse des Berlins nach dem ersten Weltkrieg vorgelegt, der ganz unterhaltsam ist und zudem das damalige Bild der Frau gut widerspiegelt. Der Schreibstil ist locker-flüssig und macht die Geschichte mit Einschüben von Berliner Mundart authentisch. Der Leser wird mit den ersten Zeilen in das vergangene Jahrhundert katapultiert, um sich dort unsichtbar an Klaras Fersen zu heften, sie bei ihrer Reise zu folgen und die aufregende Zeit im alten Berlin mitzuerleben. Die Autorin lässt den Leser nicht nur an der schwierigen Nachkriegszeit teilhaben, wo die Menschen noch großen Entbehrungen ausgesetzt waren und die gesellschaftlichen Regeln und Normen gerade bei Frauen noch ganz andere waren als heute, sondern webt auch den historischen und politischen Hintergrund in ihre Geschichte ein. Damals waren allen dazu angehalten, die Ärmel hochzukrempeln und mit anzufassen. Viele Frauen haben dies zum Anlass genommen, sich auf eigene Füße zu stellen, obwohl das allgemeine Bild immer noch so war, dass Frauen hauptsächlich für Haushalt, Mann und Kinder zuständig waren. Frauen, die einem Beruf nachgingen und sich emanzipierten, waren dagegen bunte Paradiesvögel, die manchmal auch einen schrägen Blick kassierten. Doch die Zeit war damals noch nicht wirklich reif für sie.

Die Charaktere sind vielfältig gestaltet und wissen mit ihren individuellen Eigenschaften zu überzeugen, da sie Authentizität besitzen. Der Leser kann sich gut in die einzelnen Protagonisten hineinversetzen. Klara ist wohlbehütet aufgewachsen. Es drängt sie in die Welt, in der sie etwas bewirken kann. Durch ihren Aufenthalt in Berlin wird sie immer selbständiger und auch selbstbewusster. Das anerzogene “Korsett”, nur Ehefrau und Mutter zu sein, genügt ihr nicht. Sie hat große Pläne, doch am Ende muss sie Kompromisse machen. Fritz ist zu Beginn ein recht fortschrittlich denkender Mann, was Klara sehr entgegenkommt in ihrer Entwicklung. Aber dann macht er Rückschritte, die ihn von Klara entfernen. Kiki ist eine Berliner Pflanze, die Klaras Horizont erweitert und sie mit dem Nachtleben der Stadt bekannt macht. Aber auch Protagonisten wie Max bereichern die Geschichte.

“Amalientöchter” ist ein historischer Roman, der das alte Berlin und die damalige Zeit gut widerspiegelt sowie die Entwicklung einer jungen Frau begleitet. Nett geschrieben und unterhaltsam, mehr aber leider nicht.

Veröffentlicht am 17.08.2019

"Das Gedächtnis ist der Spiegel, in dem wir die Abwesenden erblicken." (Joseph Joubert)

Was für immer bleibt
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Gracie wacht nach einem Unfall auf und hat keinerlei Erinnerung an ihr Leben und die Zeit, bevor das Unglück passiert ist. Wer ist sie selbst überhaupt und wer war ihr wichtig? Natürlich gibt es Menschen, ...

Gracie wacht nach einem Unfall auf und hat keinerlei Erinnerung an ihr Leben und die Zeit, bevor das Unglück passiert ist. Wer ist sie selbst überhaupt und wer war ihr wichtig? Natürlich gibt es Menschen, die ihr vieles erzählen können, dazu gehört ihr Verlobter Blake. Doch irgendwie fühlt sich das alles nicht richtig, sondern völlig fremd an. Nur eine ferne Erinnerung an vergangene Zeiten, als sie auf der alten Blumenfarm ihrer Eltern gelebt hat, lässt sie hoffen und dorthin reisen, um sich vielleicht selbst wiederzufinden, wieder Vertrauen in sich selbst zu entwickeln. Doch kaum beginnt sie sich ein wenig entspannter auf das Leben einzulassen, begegnet sie Flynn, der sie völlig durcheinander bringt….

Vanessa Carnevale hat mit “Was für immer bleibt” einen sehr berührenden Roman vorgelegt, dessen Geschichte dem Leser in Teilen unter die Haut geht und auch nachdenklich stimmt ob der Tatsache, wie man selbst bei solch einem Schicksal reagieren würde. Der Erzählstil ist locker-flüssig und einfühlsam, schnell taucht der Leser zwischen den Seiten unter und kann das Buch kaum aus der Hand legen, denn die Autorin versteht es sehr geschickt, das Gefühlsbarometer ihrer Protagonistin genauestens mitzuteilen. Schon die Vorstellung, in einem Krankenhaus zu erwachen und nichts mehr über sich selbst und die Menschen um einen herum zu wissen, ist beängstigend. Wer ist man selbst eigentlich, wer war einem eng vertraut, wer kennt einen wirklich gut? Diese Fragen stellt die Autorin sehr gut heraus und lässt ihre Protagonistin Gracie all diese beängstigenden Momente erleben, während der Leser diese hautnah miterlebt. Würde man sich bei solch einem Schicksalsschlag an die wenden, die einen gut kennen, oder macht man einen Schnitt und versucht es auf eigene Faust, sich neu kennenzulernen? Eine schwere Entscheidung, die einem nicht abgenommen werden kann. Noch beängstigender sind dann Gefühle, die neu dazukommen und man sich selbst nicht sicher ist, ob sie echt oder nur eingebildet sind. Die Autorin hat dies alles sehr schön herausgestellt und nebenbei noch eine wunderschöne Liebesgeschichte entstehen lassen.

Die Charaktere sind lebhaft gezeichnet und überzeugen mit ihren individuellen Ecken und Kanten, so dass der Leser mit ihnen fühlen, leiden und hoffen kann. Als unsichtbarer Zuschauer sitzt er in der ersten Reihe, während die Protagonisten ihrem Schicksal entgegen gehen und sich entscheiden müssen. Gracie ist eine sympathische Frau, die sich selbst in Frage stellt, da sie keinerlei Erinnerung an sich, ihre Gefühle und vor allem an diejenigen hat, die sie lieben. Ihr Leben ist für sie nun eine unbeschriebene Seite, die Ängste hervorruft und für jede Menge Unsicherheit sorgt. Ihr Erinnerungsverlust lässt sie unbeabsichtigt andere verletzen. Aber sie muss erst sich selbst wiederfinden, bevor sie sich anderen zuwenden kann. Blake ist ein feiner Kerl, der sich um Gracie sorgt und es nicht ertragen kann, sie zu verlieren. Doch er weiß auch, dass er ihr keine Ketten anlegen darf in ihrer momentanen Situation. Flynn ist ein Mann, der Gracies neues Leben durcheinander wirbelt. Aber er lernt sie kennen in einer Situation, als sie selbst sich nicht traut.

“Was für immer bleibt” ist ein berührender und gleichzeitig romantischer Roman, der den Leser nicht kalt lässt. Absolute Leseempfehlung, wirklich wunderschön!

Veröffentlicht am 13.08.2019

Welten, die aufeinanderprallen und dadurch die Moral ins Wanken bringen

Tage in Cape May
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1957. Effie und Henry sind in dem kleinen Südstaatenort Signal Creek aufgewachsen und kennen sich von Kindesbeinen an. Gleich nach ihrem Highschool-Abschluss heiraten die beiden und machen sich für ihre ...

1957. Effie und Henry sind in dem kleinen Südstaatenort Signal Creek aufgewachsen und kennen sich von Kindesbeinen an. Gleich nach ihrem Highschool-Abschluss heiraten die beiden und machen sich für ihre Flitterwochen auf den Weg in den kleinen Ostküstenferienort Cape May, wo Effies Onkel ein Haus besitzt, das sie als frischgebackenes und recht unerfahrenes Ehepaar nutzen dürfen. Schon bei ihrer Ankunft müssen sie feststellen, dass die Hauptsaison bereits beendet ist und Cape May mehr oder weniger einer kleinen Geisterstadt gleicht, denn nur noch wenige Menschen sind im Ort unterwegs. Sowohl Effie als auch Henry haben sich ihre Flitterwochen nicht so einsam vorgestellt und wollen bereits ihre Sachen für die Heimreise packen, als sich im Nachbarhaus eine Gruppe von jungen Leuten niederlässt, von denen Clara eine alte Bekannte Effies ist, die mittlerweile in New York wohnt. Schon bald ist das junge Ehepaar Teil der Clique und feiert ausgelassen mit ihnen zusammen, bis einige von ihnen wieder abreisen. Nur Clara, ihr Geliebter Max und dessen Schwester Alma bleiben weiterhin in Cape May und frönen einen ausschweifenden Lebensstil, zu dem sie die Jungvermählten einladen. Die Unerfahrenheit von Henry und Effie wird schon bald auf eine sehr harte Probe gestellt, die weitreichende Folgen für ihr zukünftiges Leben hat…
Chip Cheek hat mit „Tage in Cape May“ einen sehr tiefgründigen und unterhaltsamen Gesellschaftsroman vorgelegt, der nicht nur einen authentischen Abriss der Gesellschaft in den 50er Jahren wiederspiegelt, sondern auch die zwischenmenschlichen Beziehungen in dem so prüden Amerika wunderbar in Szene zu setzen weiß. Der Schreibstil ist flüssig, bildgewaltig und von einer ausgezeichneten Beobachtungsgabe geprägt, der den Leser schnell in die vergangene Zeit eintauchen lässt, um diese hautnah miterleben zu dürfen und gleichzeitig unterschiedlichste Moralvorstellungen und den darauf entstehenden schicksalhaften Verlauf der Geschichte zu beobachten. Sehr glaubwürdig bringt der Autor die Diskrepanz zwischen den offenen und experimentierfreudigen Großstädtern und den unerfahrenen Kleinstadtbürgern an den Leser und zeigt auf, dass alles seine Vor- und Nachteile hat. Jede Seite ist nachvollziehbar, spiegelt aber auch die amerikanische Gesellschaft wider, wie sie bis heute sogar noch vorhanden ist. Hier geht es um nicht nur um Unerfahrenheit und Sex vor der Ehe, sondern auch um anerzogene Werte und moralische Vorstellungen. Durch die intensive Erzählweise des Autors hält die Geschichte in ihrem Verlauf den Leser gut bei der Stange und die Spannung konstant auf einem recht hohen Niveau.
Die Charaktere sind individuell ausgearbeitet und stellen einen guten Querschnitt der Gesellschaft dar. Mit ihren sehr differenzierten und facettenreich gezeichneten Eigenschaften wirken sie glaubhaft und authentisch, der Leser kann sich in jeden von ihnen hineinversetzen und verfolgt fasziniert das Zusammenspiel der doch so unterschiedlichen Protagonisten. Effie ist mit ihren 18 Jahren ein junges Landei, noch sehr naiv und in der erhaltenen Erziehung gefangen. Sie kennt Henry schon ewig und hatte nie einen anderen Freund. Henry mit seinen 20 Jahren ist es wie Effie ergangen, doch kaum lernt er eine andere Seite kennen, in diesem Fall das ausschweifende Leben der Städter sowie deren unbekümmerte Lebenslust, will Henry mehr davon und nicht unbedingt zurück in das, was er bereits seit seiner Kindheit kennt. Die Verlockungen bringen Henry in Gewissenskonflikte. Clara ist eine offene und unternehmungslustige Frau, die zwar verheiratet ist, sich aber einen Liebhaber hält und das sogar im Beisein ihres Ehemannes. Alma ist eine Frau, die es auf den zweiten Blick faustdick hinter den Ohren hat. Sie spielt die Zurückhaltende, jedoch ist ihr auch die Rolle der Verführerin nicht fremd. Auch die weiteren Nebenprotagonisten haben durchaus ihren Stellenwert in dieser Handlung und verleihen ihr zusätzlich Glaubwürdigkeit und Spannung.
„Tage in Cape May“ ist nicht nur eine gelungene Gesellschaftsstudie des Amerikas der 50er Jahre, sondern lebt von den Spannungen zwischenmenschlicher Beziehungen und den unterschiedlichen Moralvorstellungen. Verdiente Leseempfehlung für dieses Debüt!

Veröffentlicht am 11.08.2019

Für zwischendurch ganz nett...

Strandkorbflüstern
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Weil sie ihre Diplomarbeit immer weiter vor sich herschiebt und nicht beendet, verliert Alexandra ihren Job. Kopflos eilt sie nach Hause und erlebt gleich die nächste böse Überraschung, denn ihr Freund ...

Weil sie ihre Diplomarbeit immer weiter vor sich herschiebt und nicht beendet, verliert Alexandra ihren Job. Kopflos eilt sie nach Hause und erlebt gleich die nächste böse Überraschung, denn ihr Freund Robert, mit dem sie in Gedanken schon eine gemeinsame Zukunft mit Haus, Garten und Kindern geplant hat, hat im gemeinsamen Schlafzimmer ein Schäferstündchen mit ihrer besten Freundin Christine. Völlig am Boden will Alexandra nur noch weg und fährt an die Ostsee zu ihrer Zwillingsschwester Lilly. Die betreibt dort eine kuschelige kleine Pension mit gemütlichem Restaurant. Das Zusammentreffen mit dem jüngeren Koch Niko lenkt Alexandra nicht nur von ihren Sorgen ab, sondern lässt auch ihr Herz viel zu schnell schlagen. Ob das gesund ist? Und neu verlieben will sie sich ja eigentlich gar nicht, sondern erst einmal ihre Wunden lecken, oder??
Karin Wimmer hat mit „Strandkorbflüstern“ einen kurzweiligen Liebesroman vorgelegt, der leider mehr verspricht, als er am Ende halten kann. Der Schreibstil ist locker-leicht und flüssig mit einer humorvollen Komponente. Der Leser steht sofort als unsichtbarer Schatten an Alexandras Seite und bekommt so von Beginn an einen Rundumblick über die Gesamtsituation. Da die Autorin ihre Protagonistin erzählen lässt, liegen dem Leser auch deren Gedanken- und Gefühlswelt offen, wobei so einige Spontanaktionen von Alexandra Rätsel aufgeben oder ein Kopfschütteln seitens des Lesers zur Folge haben. Das Verhältnis der Zwillingsschwestern ist auch nicht gerade sehr eng, was erstaunt, denn normalerweise kleben diese eher zusammen wie Pattex und sind unzertrennlich. In diesem Fall unterscheiden sich die beiden charakterlich allerdings sehr, was auch einen gewissen Reiz hat. Die Beschreibungen der Örtlichkeiten sind der Autorin sehr gut gelungen, denn der Leser fühlt sich aufgrund der familiären Atmosphäre in der kleinen Pension ebenso willkommen wie in dem Restaurant. Schade nur, dass der Ostseestrand mit seiner Meeresbrise hier ein wenig zu kurz gekommen ist.
Die Charaktere sind recht einfach, aber durchaus menschlich mit Ecken und Kanten gestrickt, was sie glaubhaft und realitätsnah wirken lässt. Alexandra ist eine Frau, die die Dinge schleifen lassen und sich bisher in Sicherheit gewiegt hat. Die verschiedenen Schicksalsschläge sind wie ein Weckruf, endlich mal die Augen auf zu machen und die Ärmel hochzukrempeln. Alles in allem wirkt sie noch sehr jung und naiv. Ihre Schwester dagegen ist verantwortungsbewusst, weiß, was sie will und arbeitet fleißig daran, dies zu erreichen. Niko ist ein lieber Kerl, der viel älter wirkt als er ist und etwas Solides und Verlässliches ausstrahlt. Und Christine ist keine Freundin, sondern nimmt sich, was ihr gefällt. Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr.
„Strandkorbflüstern“ ist eine nette Geschichte, die allerdings unfertig daher kommt, denn der Schluss lässt den Leser unzufrieden zurück, da nicht alle Fäden miteinander verknüpft wurden. Für zwischendurch ganz unterhaltsam, aber mehr leider nicht.

Veröffentlicht am 10.08.2019

Meistens kommt es anders, als man denkt...

Friesenteetage
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Kerrin ist selbständige Bauingenieurin und lebt in Regensburg, wo sie sich in ihrem von der Großmutter geerbten Haus ein Büro eingerichtet hat und mit Sofia und Jan zusammen arbeitet. Sie hat gerade mit ...

Kerrin ist selbständige Bauingenieurin und lebt in Regensburg, wo sie sich in ihrem von der Großmutter geerbten Haus ein Büro eingerichtet hat und mit Sofia und Jan zusammen arbeitet. Sie hat gerade mit Ach und Krach eine Lungenentzündung überstanden, und obwohl es die Auftragslage eigentlich nicht zulässt, benötigt sie dringend eine Auszeit. Deshalb macht sie sich auf den Weg auf die Nordseeinsel Föhr, wo ihre Mutter lebt und arbeitet. Das Verhältnis zwischen den beiden Frauen ist nicht gerade eng, doch als ihre Mutter kurz davor steht, sowohl Wohnung als auch Atelier zu verlieren, will Kerrin ihrer Mutter unbedingt beistehen. Dass sie ausgerechnet mit Lian, dem Sohn des Vermieters zu tun bekommt, macht die ganze Sache nicht gerade leicht. Auch wenn zwischen den beiden ein regelrechtes Spannungsfeld herrscht und sie sich voneinander angezogen fühlen, möchte Lian keinen Gedanken an die Komplikationen verschwenden, denn er hat schon feste Vorstellungen von seinem Leben, da kann er keinen Extraballast gebrauchen…
Mit „Friesenteetage“ ist Sabine Rädisch ein unterhaltsamer und gefühlvoller Liebesroman gelungen, der den Leser mit einem locker-flüssigen Erzählstil schnell abholt und in die Geschichte hineinbringt, wo er unsichtbar am Leben der Protagonisten teilnehmen darf und ihre Gedanken- und Gefühlswelt dabei nicht verborgen bleibt. Der Autorin gelingt es, mit wechselnden Erzählperspektiven die unterschiedlichen Ansichten ihrer Charaktere darzustellen und beim Leser Verständnis für die jeweilige Lage hervorzurufen. Themen wie Krankheit, Existenzsorgen oder Nachforschungen zu einem unbekannten Vater sowie Bindungsangst hat die Autorin in ihre Handlung miteingebracht, alltägliche Sorgen, die vielen nicht unbekannt sind und so die Geschichte nahbar machen. Geschickt verpackte Wendungen lassen die Handlung nicht so ganz vorhersehbar sein, das Hauptaugenmerk liegt aber hier auf der Gefühlsebene.
Die Charaktere sind durchweg liebevoll skizziert, mit ihren Ecken und Kanten wirken sie wie Menschen, denen man täglich begegnet und auch im engeren Freundeskreis hat. Gerade deshalb fällt es dem Leser leicht, sich in sie hineinzuversetzen und ihre Gedanken und Gefühle nachzuvollziehen. Kerrin ist eine Frau, die ihren Beruf sehr ernst nimmt. Meist offen und ehrlich hat sie aber eine unsichere Seite an sich, wird von Selbstzweifeln gequält und hat Angst vor einer festen Bindung. Sie hat ihren leiblichen Vater noch nie kennengelernt, da ihre Mutter daraus ein Geheimnis macht. Das ist einer der Gründe für das distanzierte Verhältnis zwischen den beiden. Lian ist ein ehrgeiziger Mann, der sein Leben schon durchgeplant hat. Doch besitzt er auch eine anziehende Offenheit, Witz und einen ansteckenden Optimismus, was ihm einen gewissen Charme verleiht. Aber auch Anton, Jan und Sofia hinterlassen einen bleibenden Eindruck innerhalb der Handlung.
„Friesenteetage“ ist ein schöner Liebesroman, der für kurzweilige Lesestunden sorgt und dafür eine verdiente Leseempfehlung im Gepäck hat.