Profilbild von Dreamworx

Dreamworx

Lesejury Star
offline

Dreamworx ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Dreamworx über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.05.2019

“Ein Leben ohne Hund ist ein Irrtum!” (Carl Zuckermayer)

Ein Jahr Inselglück
0

Als Fenja die Nachricht bekommt, dass ihre Tante Trude gestorben ist, bei der sie nach dem Tod ihrer Eltern aufgewachsen ist, ist sie erst einmal geschockt. Und dann hat Trude ihr auch noch das Haus in ...

Als Fenja die Nachricht bekommt, dass ihre Tante Trude gestorben ist, bei der sie nach dem Tod ihrer Eltern aufgewachsen ist, ist sie erst einmal geschockt. Und dann hat Trude ihr auch noch das Haus in Amrum vererbt, allerdings verbunden mit der Auflage, dass sie dort ein Jahr verbringen soll, ansonsten ist das Haus weg. Fenja hat aber gerade so gar keinen Bock auf die Insel, denn sie lebt in Hamburg und ihre Karriere als Designerin nimmt gerade Fahrt auf, wenn auch ihre Beziehung zu Henrik gerade ziemlich am Boden liegt. Vielleicht ist eine Pause doch keine so schlechte Idee. So ringt sie sich dazu durch, Trudes Vermächtnis zu akzeptieren und zieht mit Pack und Mops Coco nach Amrum. Ausgerechnet ihre alte Jugendliebe Malte kreuzt ihren Weg, an den sie nicht gerade die schönsten Erinnerungen hat. Leider lässt der sich so gar nicht abschütteln…
Susanne Oswald hat mit „Ein Jahr Inselglück“ einen locker-leichten Sommerroman vorgelegt, der dem Leser eine kleine Auszeit auf der schönen Insel Amrum spendiert, während er Fenja in ihr neues Leben folgt und beobachtet, was sie alles erleben wird und welche Rolle ihre alten Erinnerungen dabei spielen, dass sie immer mehr in das Inselleben eintaucht und ein Teil von ihm wird. Der flüssig-lockere Erzählstil und die malerische Beschreibung der Insel lässt den Leser sich schnell zuhause fühlen, und auch die Bewohner tragen dazu bei, dass man zu einem Teil der Gemeinschaft wird, die sich gegenseitig unterstützt aber auch neugierig alles beäugt und kommentiert. Große Überraschungen hält die Geschichte nicht bereit, vieles ist recht vorhersehbar, doch wirkt es nicht aufgesetzt, sondern glaubhaft, was die Lektüre recht erfreulich und kurzweilig gestaltet.
Die Charaktere sind mitten aus dem Leben gegriffen, wirken durchweg realistisch und authentisch. Dadurch fällt es dem Leser leicht, sich mitten unter ihnen zu fühlen als nur vom Rand distanziert zu beobachten. Fenja ist eine nette Frau, die offen und ehrlich ist. Ihr Leben ist gerade an einem Scheidepunkt, so dass es ihr ganz guttut, eine neue Richtung einzuschlagen. Erinnerungen an ihre Zeit auf Amrum helfen ihr dabei, sich schnell wieder in die Gemeinschaft einzufügen und auch neue Kontakte zu knüpfen. Henrik ist ein Mann, dem das Verständnis fehlt und dessen Beziehung zu Fenja der Leser immer wieder hinterfragt, da die beiden so gar nicht zueinander zu passen scheinen. Malte ist der Typ, der einem gehörig auf den Geist gehen kann, aber es zeigt seine Hartnäckigkeit und vor allem steht für ihn der Satz „Was stört mich mein Geschwätz von gestern“, schließlich kann man ja mal seine Meinung ändern. Der klare Hauptsieger unter den Protagonisten ist allerdings Mops Coco, die alle anderen mit ihren kleinen Eskapaden in den Schatten stellt.
„Ein Jahr Inselglück ist kurzweilig und unterhaltsam für den kleinen Lesehunger zwischendurch.

Veröffentlicht am 28.04.2019

"Die Summe unseres Lebens sind die Stunden, in denen wir liebten." (Wilhelm Busch)

Mehr als tausend Worte
0

9. November 1938. In der Reichspogromnacht, als in Berlin sämtliche Synagogen in Brand gesteckt werden, erwacht die 16-jährige Aliza, Tochter des jüdischen Arztes Samuel Landau, durch den Schrei ihres ...

9. November 1938. In der Reichspogromnacht, als in Berlin sämtliche Synagogen in Brand gesteckt werden, erwacht die 16-jährige Aliza, Tochter des jüdischen Arztes Samuel Landau, durch den Schrei ihres Großvaters, als dieser von der Gestapo verhaftet wird. Alizas Bruder Harald hofft, dass seine Familie so vernünftig ist, eine Emigration ins Ausland ins Auge zu fassen, doch dafür ist es längst zu spät, zumal Samuel Landau seine Patienten nicht im Stich lassen möchte. Doch bald schon wird ihm die Approbation entzogen, so dass er nicht mehr praktizieren darf. Auch der Blockwart Karoschke wird zu einer Bedrohung für die Landaus. Die Situation verschlechtert sich zusehends für die Familie, deshalb entschließt sich Samuel, Tochter Aliza mit einem Kindertransport nach England zu schicken. Aliza will ihre Familie und vor allem ihren Verlobten Fabian Pagels nicht verlassen, doch es bleibt ihr keine andere Wahl. Während sie in England unterkommt, bricht der Krieg mit voller Macht aus und lässt die restliche Familie Landau in Berlin durch die Hölle gehen. Wird Aliza Fabian und ihre Familie bei Kriegsende wieder in die Arme schließen können?
Mit „Mehr als tausend Worte“ hat Lilli Beck einen sehr fesselnden, mitreißenden und vor allem berührenden Roman vor historischem Hintergrund vorgelegt, der die Lage während des Zweiten Weltkrieges und auch die ganze Tragödie der jüdischen Familien durch die Verfolgung der Nazis thematisiert. Der Erzählstil ist flüssig, bildgewaltig und gefühlvoll, der Leser erlebt während der Lektüre das gesamte Spektrum des Gefühlsbarometers. Die Autorin versteht es auf hervorragende Weise, ihre exzellent recherchierte Geschichte mit einer Intensität dem Leser zu transportieren, dass man das Gefühl hat, alles hautnah mitzuerleben, während man Aliza sieben Jahre bis zu ihrer Rückkehr nach Berlin im Jahre 1945 begleitet. Die schrecklichen Anfeindungen der geflüchteten Deutschen in England sind ebenso ernüchternd und furchterregend wie die furchtbaren Sanktionen in Deutschland, die Alizas Familie zu erdulden hat. Die damaligen Kindertransporte war zwar die Rettung für viele, riss allerdings auch viele Familien entzwei, die das Liebste, was sie besaßen in Sicherheit wissen wollten. Viele von ihnen haben sich nie wiedergesehen. Allein der Gedanke, sein eigenes Kind fernab in eine unsichere Zukunft zu schicken, ohne dass man es begleiten kann, schnürt einem beim Lesen schon die Kehle zu. Doch dieses Schicksal war für viele die Rettung. Die Autorin zeigt auch auf, wie sehr mancher die schreckliche Lage der Juden ausgenutzt hat und deren Hab und Gut mit falschen Versprechungen, Druck und Erpressung an sich gebracht hat und dabei auch keinerlei Unrechtsbewusstsein empfand. Die Autorin hat ein besonderes Händchen dafür, den Leser in Atem zu halten durch geschickte Wendungen, die die Spannung bis zum Schluß hoch halten.
Die Charaktere sind so individuell wie realistisch ausgearbeitet und wirken sehr lebendig. Der Leser durchlebt mit ihnen schrecklich, bittersüße, ängstliche und hoffnungsvolle Momente, als wäre er mitten unter ihnen. Aliza ist in ihrem jungen Alter noch etwa naiv und unschuldig, doch mit der Abholung ihres Großvaters und ihrer Reise nach England kann man ihr praktisch beim Erwachsenwerden zusehen. Sie ist einerseits eine Träumerin, die an ihrer große Liebe festhält, die ihr die ganze Zeit Hoffnung gibt, andererseits wird sie mit einer harten Realität konfrontiert, die sie wachsen lässt und ihr sowohl Stärke als auch Mut verleiht, denen man nur mit Respekt begegnen kann. Archibald ist ein Feingeist mit großem Herzen und viel Hilfsbereitschaft, was in diesen schlimmen Zeiten der Seele guttat, wenn man ihr begegnete. Mizzi wird Alizas Freundin und Wegbegleiterin, sie ist eine Opportunistin, die sich nimmt, was sie möchte und ihr wahres Gesicht erst am Ende zeigt. Blockwart Karoschke ist ein Mann, der auf den Zug der Nazis aufspringt und sich diesen zur eigenen Bereicherung zunutze macht. Auch die weiteren Protagonisten wie Harald, Samuel oder Ingrid geben der Handlung zusätzliche Spannung und Realismus.
„Mehr als tausend Worte“ ist zwar ein fiktiver Roman vor historischem Hintergrund, hat aber den Finger am Puls der damaligen Zeit und lässt den Leser Geschichte hautnah miterleben in einer Intensität, wie man sie in Büchern nur selten findet. Lilli Beck hat hier eine Meisterleistung vollbracht und einmal mehr gezeigt, was sie kann: tolle Geschichten so realistisch zu erzählen, dass der Leser von der ersten Seite an mittendrin ist. Absolute Leseempfehlung für ein Kleinod! Besser geht es nicht – Chapeau!

Veröffentlicht am 28.04.2019

Treffpunkt am Ende der Welt

Wir treffen uns am Ende der Welt
0

Der Tod ihres Vaters und die Untreue ihres Verlobten am Junggesellenabend sind die Auslöser, die Lena, Tochter aus reichem Elternhaus, die Hochzeit absagen und von Madrid nach Buenos Aires fliehen lassen. ...

Der Tod ihres Vaters und die Untreue ihres Verlobten am Junggesellenabend sind die Auslöser, die Lena, Tochter aus reichem Elternhaus, die Hochzeit absagen und von Madrid nach Buenos Aires fliehen lassen. Die recht unüberlegte Aktion bringt ihr schon in den ersten Stunden Ärger ein, während der Taxifahrt vom Flughafen in die Stadt wird Lena all ihr Geld nebst Hab und Gut geraubt. Völlig abgebrannt irrt sie durch Buenos Aires und steht mit einem Mal vor einem wunderschönen Fenstergemälde, welches das „Café am Ende der Welt“ ziert. Der Besitzer des Cafés, Alejandro Lagar, will die junge Frau so schnell wie möglich wieder loswerden, die sich erst ein Essen erschlichen hat und dann anbietet, gegen Unterkunft und Verpflegung das alte Haus nebst Gemälde zu restaurieren. Aber Lena bleibt hartnäckig und erweicht Alejandros verschlossenes Herz. Er engagiert sie als Kellnerin und gibt ihr ein kleines Zimmer, schon nach wenigen Wochen sind nicht nur die Besucher des Cafés, sondern auch Alejandro Lenas offenem Wesen verfallen. Doch dann erhält Alejandro ein Einschreiben, das es in sich hat…
Rita Morrigan hat mit „Wir treffen uns am Ende der Welt“ einen Liebesroman vor südamerikanischer Kulisse vorgelegt, der kurzweilige und unterhaltsame Lesestunden beschert. Der locker-flüssige Erzählstil lässt den Leser schnell an Lenas Seite schlüpfen und sie auf ihrer abenteuerlichen Reise begleiten, währenddessen ihre Gedanken- und Gefühlswelt offen vor ihm liegen. In diesem Buch geht es hauptsächlich um das Thema Liebe und die unterschiedlichen Arten davon. Da gibt es die Liebe zur Familie, zu Freunden, aber auch die Liebe zwischen Mann und Frau, die so stark ist, dass man ohne den anderen nicht mehr leben möchte. Lena kennt dieses Gefühl noch nicht und lernt durch neue Bekanntschaften, die Erinnerungen einer alten Dame, den Erzählungen von Alejandro und vor allem durch das immer näher kommen zu ihm die Liebe von vielen neuen Seiten kennen. Die Geschichte hat allerdings auch so ihre kleinen Schönheitsfehler, denn eine 22-jährige Frau hat mit Sicherheit kein abgeschlossenes Jurastudium. Und auch der gutgemeinte Gedanke, mit dem geerbten Vermögen jemandes Grundlage zu retten, ist zwar ehrenwert, aber auch irgendwie klischeebehaftet, zumal sie sich nicht einmal um das Unternehmen kümmert.
Die Charaktere sind nicht tiefgründig, dafür liebevoll gestrickt und bieten eine bunte und skurrile Vielfalt, die den Leser fasziniert und denen er gerne während der Handlung folgt. Lena ist eine Frau, die noch romantische Träume hat. Zudem ist sie ein wenig kopflos und handelt erst, bevor sie denkt. Sie ist fröhlich und offen, was ihr schnell die Herzen der Menschen zufliegen lässt, denen sie begegnet. Alejandro ist ein sturer Mann, der nicht viel spricht, meist schlecht gelaunt ist und recht ungewöhnlich mit seinen Gästen umspringt. Doch er hat auch eine andere Seite, denn er ist hilfsbereit, selbstlos und hat schon so einiges mitgemacht. Hilde ist eine alte Dame, die früher einmal eine berühmte Schauspielerin war. Nun leidet sie an Demenz, ihre Geschichten stammen aus einem Gemisch aus Realität und Träumerei. Bukowski und Goldstein sind zwei alte Herren, die jeden Tag im Café auftauchen und mit ihrem Charme, aber auch mit ihren etwas anderen Keksen auf sich aufmerksam machen. Aurora wird schnell zu Lenas Freundin, sie ist herzlich offen und außergewöhnlich. Gerade die Nebendarsteller retten die Handlung immer wieder durch ihre liebenswerten Auftritte.
„Wir treffen uns am Ende der Welt“ ist keine besondere Geschichte, sie lebt vor allem durch ihre Darsteller, die genügend Romantik transportieren, so dass es doch ein kurzweiliges und gefühlsbetontes Lesevergnügen wird.

Veröffentlicht am 28.04.2019

Glückliche Erinnerungen in Zeiten der Trauer

Solange sie tanzen
0

Als Ada Friedbergs Ehemann Hans stirbt, bleibt die alte Dame in ihrer Trauer mit ihrem Hund Hemingway allein zurück. Um wieder etwas mehr Pep in ihren doch recht einsamen Alltag zu bringen, unterhält sie ...

Als Ada Friedbergs Ehemann Hans stirbt, bleibt die alte Dame in ihrer Trauer mit ihrem Hund Hemingway allein zurück. Um wieder etwas mehr Pep in ihren doch recht einsamen Alltag zu bringen, unterhält sie einen Beobachtungsposten an ihrem Wohnzimmerfenster, wo sie gemütlich in ihrem Sessel per Fernglas in das Leben ihrer Nachbarn eindringt. Eines Abends sieht sie bei ihrer Voyeurtätigkeit ein tanzendes Pärchen, welches in ihr die gemeinsame Zeit mit ihrem Ehemann Hans wieder ins Gedächtnis ruft. Von nun an schaut sie immer wieder beim „Tänzerpaar“ vorbei, um durch sie in Erinnerungen zu schwelgen und den jetzigen Alltag hinter sich zu lassen. Die Vergangenheit ist für Ada immer mehr präsent…
Barbara Leciejewski hat mit „Solange wir tanzen“ einen sehr berührenden Roman vorgelegt, der den Leser während der Lektüre durch den gefühlvollen und bildgewaltigen Erzählstil, der auch einen gewissen Witz nicht vermissen lässt, das gesamte Spektrum des Gefühlsbarometers durchleben lässt. Durch wechselnde Erzählperspektiven sowohl von Adas Vergangenheit als auch ihrer Gegenwart gewinnt der Leser einen wunderbaren Eindruck über Avas Leben, was sie verloren hat und wie es ihr geht. Dabei wächst die alte Dame einem immer mehr ans Herz. Behutsam sowie glaubwürdig behandelt die Autorin einige wichtige Themen in ihrer Geschichte, u.a. Einsamkeit und Demenz. Die immer größer werdende Vergesslichkeit von Ada, die sie ängstlich werden lässt, wird einfühlsam beschrieben. Auch ihr Ehrgeiz, in ihrem Alter alles noch allein bewältigen zu können und somit ihre Selbständigkeit zu behalten. Liebevoll wird sie von ihrer Familie unterstützt, doch das Vergessen bereitet ihr die größten Probleme. Gerade deshalb ist das tanzende Paar so wichtig für sie, denn sie sind der Auslöser für ihre Erinnerungen, die sie auf keinen Fall vergessen will. Gerade in der heutigen Zeit ist Demenz ein aktuelles Thema, das uns alle angeht. Wichtig ist, wie wir damit umgehen in unserem Umfeld, in unserer Familie und mit uns selbst, sollte es uns treffen.
Den Charakteren wurde liebevoll Leben eingehaucht und besticht mit Glaubwürdigkeit und Authentizität. Der Leser kann sich wunderbar in sie hineinversetzen und ihre Gedanken und Gefühle nachvollziehen. Ada ist schon über 80 Jahre alt und immer noch selbständig. Sie kümmert sich um ihren Hund und ihren Haushalt, aber das Oberstübchen spielt ihr immer mehr Streiche, die sie verängstigen. Aber Ada ist nicht mutlos, sondern eine so liebenswerte Dame, die sich an Träume und Erinnerungen klammert. Boxer Hemingway gibt ihrem Tagesablauf eine gewisse Regelmäßigkeit, so lässt sie sich in ihrer Trauer nicht hängen, denn Hemingway ist abhängig von ihr und sie irgendwie auch von ihm, lässt er ihre Einsamkeit doch nicht zu laut werden.
„Solange wir tanzen“ ist ein warmherziger und gefühlvoller Roman über das Alter, Lebenserinnerungen, die Liebe und die Angst, dies alles zu vergessen. Berührend erzählt und mit einer verdienten Leseempfehlung ausgestattet. Einfach wunderschön!

Veröffentlicht am 27.04.2019

Facetten der Liebe

Das Leuchten jenes Sommers
0

Sommer 1939. Abseits des beginnenden Zweiten Weltkrieges fiebert die 16-jährige Madeline Hamilton auf dem Anwesen Summerhill in Cornwall der Rückkehr ihrer älteren Schwester Georgina entgegen, die sechs ...

Sommer 1939. Abseits des beginnenden Zweiten Weltkrieges fiebert die 16-jährige Madeline Hamilton auf dem Anwesen Summerhill in Cornwall der Rückkehr ihrer älteren Schwester Georgina entgegen, die sechs Monate in Europa auf Reisen war. Georgina war ihr Mutter und Vater zugleich, nachdem die Eltern schon früh gestorben sind. Nun aber erlebt Madeline eine herbe Enttäuschung, denn Georgina hat sich völlig verändert und bringt auch noch einige Fremde mit, die sie auf ihrer Reise aufgelesen hat, unter ihnen Victor, mit dem sie eine engere Beziehung pflegt. Madeline kann Victor nicht ausstehen, denn schon früh erkennt sie, dass er sich in Summerhill immer mehr breit macht und seine Nase in Angelegenheiten steckt, die ihn nichts angehen. Dann stößt Madeline auf ein Geheimnis…
70 Jahre später erhält die schwangere Fotografin Chloe McAllister von Matt Cooper den Auftrag, ein Portraitfoto der sehr zurückgezogen lebenden Kinderbuchautorin Madeline Hamilton für ihr neues Buch auf deren Anwesen in Summerhill zu machen. Chloe kommt dieser Auftrag gerade recht, denn die Ehe mit Mann Aidan ist momentan schwierig aufgrund seines einnehmenden Wesens, deshalb ergreift sie die Möglichkeit der Flucht und freut sich auf die Begegnung mit Madeline, deren Bücher ihre Kindheit begleitet haben. Während Chloe sich schnell mit Madeline anfreundet und viel von ihrer Vergangenheit erfährt, wird Chloe langsam klar, dass sie einiges in ihrem Leben ändern muss. Doch die Folgen wiegen schwer…
Nikola Scott hat mit „Das Leuchten jenes Sommers“ einen wunderbaren Roman über zwei Frauenschicksale vorgelegt, die so unterschiedlich sind, aber beide große Stärke besitzen und während der Lektüre durchweg eine Faszination auf den Leser ausüben. Der Schreibstil besticht durch eine flüssige und fesselnde Erzählweise, die den Leser von Beginn an in die Handlung mitnimmt und ihn mit wechselnden Erzählperspektiven mal an die Seite von Chloe, mal an die von Madeline stellt und deren Leben eindrucksvoll in Szene setzt, Parallelen aufzeigt in der engen Beziehung zu ihren jeweiligen Geschwistern und auch ihre Ängste und Sorgen sehr gekonnt und nachvollziehbar darstellt, wie sie auch in der Realität vorkommen und so dem Leser ans Herz gehen. Die Männer in dieser Geschichte stehen für die abgründige und manipulative Form von Liebe, die Frauen ins Unglück stürzen kann. Mit geschickten Wendungen und einem dramatischen Schlussakt hält die Autorin die Spannung konstant aufrecht und kann den Leser bis zum Ende gut bei der Stange halten, um die verschiedenen Geheimnisse mit zu lösen und alle Fäden gut miteinander zu verknüpfen.
Die Charaktere sind sehr liebevoll und detailliert ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Sie wirken durchweg glaubhaft und authentisch, was es dem Leser leicht macht, sich an die eine oder andere Ferse zu heften und mitzuleiden und zu fiebern. Madeline ist erst ein Teenager, der auf sehr auf seine ältere Schwester fixiert ist, als ältere Dame regt sie auf unaufdringliche Art ihre jüngere neue Freundin zum Reflektieren an. Chloe ist eine liebenswürdige und fürsorgliche Frau, die anscheinend schon lange keine eigenen Entscheidungen mehr trifft. Sie lebt in einem Gefängnis, dasihr Ehemann für sie errichtet und in dem sie sich eingerichtet hat, da sie finanziell auf Aidan angewiesen ist. Aidan ist ein unbeherrschter Egoist und Manipulator, der Angst einjagt mit seiner Kontrollsucht und keine Eigenmächtigkeiten erlaubt. Victor ist ein schmieriger Typ, der ebenfalls weiß, wie man Frauen nach der eigenen Pfeife tanzen lässt und seinen eigenen Willen erreicht. Auch Protagonisten wie Danny und Georgina ergänzen die Handlung mit ihrem Auftritt und machen die Geschichte rundum gelungen.
„Das Leuchten jenes Sommers“ ist ein Roman über die Liebe in ihren verschiedensten Facetten: beängstigend, federleicht, hingebungsvoll, schmerzlich, verletzend, kraftvoll und uneigennützig. Wunderschön und fesselnd geschrieben, so dass man als Leser jeder Wort einsaugt wie ein Schwamm. Absolute Leseempfehlung für ein echtes Highlight!