Alter schützt vor Liebe nicht, aber Liebe vor dem Altern. (Coco Chanel)
Goldene HochzeitJohanna Mertz blickt mit 68 Jahren auf ein ereignisreiches Leben zurück. Bald feiert sie goldene Hochzeit. Mit 18 Jahren hat sie noch an die große Liebe geglaubt und bei der Begegnung mit Ulrich diese ...
Johanna Mertz blickt mit 68 Jahren auf ein ereignisreiches Leben zurück. Bald feiert sie goldene Hochzeit. Mit 18 Jahren hat sie noch an die große Liebe geglaubt und bei der Begegnung mit Ulrich diese gefunden zu haben. Schon bald kommen die Kinder und die Normalität hält Einzug in das Eheleben. Die Familie zieht nach Indonesien, als Ulrich dort ein Angebot einer Universität annimmt. Doch das Familienglück bekommt Risse, denn Ulrich ist Johanna nicht treu. Johanna erträgt und schweigt, bis es ihr zu viel wird und sie es nicht länger hinnehmen will. Um sich von den Unzulänglichkeiten und der Gleichgültigkeit ihres Ehemannes abzulenken, legt sie sich einen heimlich einen Brieffreund namens Andreas zu. Als die Planung für ihre Goldene Hochzeit ansteht, deren Feier die gesamte Familie in Bali begehen möchte, sorgt Johanna dafür, dass alle ein Rückflugticket haben, nur sie nicht…
Helga Hammer hat mit ihrem Buch „Goldene Hochzeit“ einen interessanten und anrührenden Roman vorgelegt, der den Leser mit einem ruhigen und unaufgeregten Erzählstil in das Leben einer Familie und das von Johanna Mertz im Besonderen führt und so manche Abgründe zutage fördert, die einen schaudern lassen und sich die Frage zu stellen, wie viele Familien wohl dieses Leben tatsächlich heute auch noch so führen. Von Beginn an steht der Leser an Johannas Seite und lernt ihr Leben in allen Facetten kennen. Die Kränkungen durch den Ehemann, die Lieblosig- und Gleichgültigkeit, aber auch das Abstumpfen von Johanna lassen den Leser nicht kalt. All dies schluckt Johanna stoisch hinunter, dass man sie oftmals schütteln und anspornen möchte, sich endlich zur Wehr zu setzen. Doch Johanna ist ein Kind ihrer Zeit, einer Generation, wo Frauen noch für Kind und Herd verantwortlich waren und ansonsten nichts zu melden hatten. Irgendwann aber scheint sich in Johanna ein Schalter umzudrehen, sie scheint innerlich durch die ständigen Verletzungen von einer Wut beflügelt zu sein, die ihr die Kraft gibt, langsam Widerstand aufzubauen und sich eigene Ziele zu setzen. Die Autorin zeichnet ein sehr intensives Bild dieser wachsenden Rage und steigert durch dies auch die Spannung, die sich unterschwellig immer weiter aufbaut.
Die Charaktere sind gut herausgearbeitet und wirken mit ihren individuellen Ecken und Kanten wie aus dem wirklichen Leben, was es dem Leser leicht macht, sich in sie hineinzuversetzen und ihren Gedanken- und Entscheidungsgängen zu folgen, wenn auch nicht alles gutzuheißen. Johanna ist eine Frau ihrer Zeit, die dazu erzogen wurde, Hausfrau und Mutter zu sein. Wie jede junge Frau hat sie Träume über die große, allumfassende Liebe, die ewig dauert und nie vergeht. Doch mit den Jahren landet sie auf dem Boden der Tatsachen, verliert sich selbst innerhalb des Familiengerüsts und unterdrückt über lange Zeit ihre eigenen Wünsche, bis sie fast daran erstickt. Erstaunlich ist, wie lange sie den Betrug ihres Ehemannes schluckt, ohne die Konsequenz zu ziehen. Man möchte sie manchmal regelrecht anbrüllen, dass sie alles so stoisch erträgt. Doch zeigt Johanna auch, dass es nie zu spät ist, etwas zu ändern und das Leben nochmals in neue Bahnen zu lenken. Dazu ist Mut, Kraft und Entschlossenheit unerlässlich.
„Goldene Hochzeit“ ist ein intensives Porträt über ein Familienleben, vor allem aber über eine Frau, die kurz vor der Selbstaufgabe Ambitionen zeigt, ihrem Leben eine neue Richtung zu geben. Verdiente Leseempfehlung!