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Veröffentlicht am 11.09.2022

Essen ist ein Bedürfnis, Genießen eine Kunst! (La Rochefoucauld)

Genießen in Wien
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Wien ist immer eine Reise wert, steht diese Stadt doch für österreichische Gastlichkeit und Historie, aber vor allem auch für köstliche Gaumengenüsse, die man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte. ...

Wien ist immer eine Reise wert, steht diese Stadt doch für österreichische Gastlichkeit und Historie, aber vor allem auch für köstliche Gaumengenüsse, die man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte. Auch wir haben die Stadt schon öfters besucht und uns im Vorfeld immer Highlights herausgepickt, die wir uns ansehen und zusätzliche gastronomisch alles entdecken wollen, was diese Metropole zu bieten hat. Kurz vor unserem nächsten Wien-Besuch hatten wir das Glück, das Buch „Genießen in Wien“ der Stadtspionin Sabine Maier kennenzulernen und mit auf die Reise zu nehmen.
Neben den farbenprächtigen Fotoaufnahmen und vielen Randinformationen gibt Maier wunderbare Tipps für Ausflüge in die Museen, Wirtshäuser, Parks, Märkte und Kaffeehäuser dieser schönen Stadt, die man unbedingt ausprobieren sollte. Nebenbei empfiehlt die Autorin dem Leser den einen oder anderen Hotspot, wo man nicht nur die Seele baumeln lassen, sondern vor allem auch kulinarisch so manches Highlight erleben kann.
Das Buch ist eingeteilt in die Kapitel „Frühstück“, „Menüs auf die Hand“, „Am Wasser“, „Essen mit Frischluftfaktor“ und „Wiens schönste Märkte“. Zusätzlich gibt es „Genussvolle Geheimtipps“ sowie einen Abschnitt über „Zero-Waiste-Greißler“, wo man verpackungsfreie Waren kaufen kann und auf Nachhaltigkeit Wert gelegt wird.
Schon bei den Frühstücksvorschlägen fällt die Wahl schwer, aber sowohl Josephs Bistro, das Market am Naschmarkt als auch die Meierei sind auf jeden Fall einen Besuch wert und keine Wünsche offen bleiben. Für Streetfood ist das JuJu sehr empfehlenswert, die Burgerfans werden im XO Grill auf ihre Kosten kommen. Wer dem allen ein gut belegtes Brot vorzieht, ist beim Tzesniewski gut aufgehoben, die auch vegetarische Varianten anbieten. Essen unter freiem Himmel lohnt sich auf jeden Fall im Café Zeit sowie in der Schankwirtschaft, wo es so richtig urig und heimelig und man schnell mit Wienern ins Gespräch kommt.
Auch den Wiener Märkten sollte man unbedingt einen Besuch abstatten, um das dortige Treiben zu genießen und sich von den angebotenen Waren verführen zu lassen. Man findet bestimmt irgendwas, das einen an den Besuch dort erinnert. Empfehlenswert sind hier vor allem Rochusmarkt, Karmelitermarkt, Yppenmarkt und Kutschkernmarkt. Hier sollte man auf jeden Fall einiges an Zeit einplanen oder sich immer nur einen vornehmen und die nächsten für weitere Wienbesuche aufsparen.
Auch die Wirts- und Kaffeehäuser haben ihre Tradition in Wien und sind ein Anziehungspunkt, wenn man Land und Leute näher kennenlernen will. Ob die Hollerei, das Café Gestner oder die Vollpension - all diese charmanten Plätze gehören einfach zu einem Wien-Trip dazu. Ob die wunderschöne und gediegene Atmosphäre in der Hollerei (wo man unbedingt reservieren sollte) oder die Vollpension, in der sich sämtliche Generationen zusammenfinden, um sich hausgemachten Kuchen und Kaffeespezialitäten auf der Zunge zergehen zu lassen – hier kann man Stunden verbringen, da diese Orte regelrechte Wohlfühloasen sind.
„Genießen in Wien“ von der Stadtspionin Sabine Maier ist eine wunderbare Zusammenstellung toller Wiener Highlights. Vergessen Sie den Reiseführer und nehmen Sie lieber dieses Buch mit, dann wird der Besuch ein unvergessliches Erlebnis. Diese Insider-Informationen verdienen eine absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 04.09.2022

Das Schicksal weiß am besten, wo es langgeht. (Gabriela Gross)

Das Goldblütenhaus - Im Licht der Hoffnung
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Ella Glanz hat in Freund Timo die Liebe ihres Lebens gefunden. Obwohl Ella gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester Leonie die Kosmetikfirma ihrer Familie führt und dort sehr eingespannt ist, finden Timo ...

Ella Glanz hat in Freund Timo die Liebe ihres Lebens gefunden. Obwohl Ella gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester Leonie die Kosmetikfirma ihrer Familie führt und dort sehr eingespannt ist, finden Timo und sie immer Auszeitmomente, um ihre Beziehung zu pflegen, denn Timo hat seinen momentanen Lebensmittelpunkt in Kopenhagen. Großmutter Hedi traut sich endlich, ihr lang gehütetes Geheimnis der Familie mitzuteilen wohlwissend, dass sie mit ihrer Offenbarung ihren Liebsten, vor allem ihrer Tochter Annalena, einigen Schmerz zufügen wird. Als dann noch verunreinigte Kosmetikprodukte im großen Stil reklamiert werden, die den Glanz-Konzern in arge Schwierigkeiten bringen, hat Ella mit ihrer Schwester alle Hände voll zu tun, die Regressforderungen zu erfüllen und die Schieflage der Firma abzuwenden. Inmitten all dieser Ereignisse schlägt das Schicksal auch privat bei Ella zu. Von einem Moment auf den anderen zerplatzen ihre Träume, und nur die Zeit kann diese Wunden heilen…
Gabriela Groß hat mit „Im Licht der Hoffnung“ den zweiten Teil ihrer Goldblüten-Trilogie vorgelegt, der dem Auftaktband mit einer warmherzigen Familiengeschichte, interessanten Wendungen, starken Charakteren sowie spannenden Geheimnissen, die der Leser bei der Lektüre aufdecken wird, in nichts nachsteht. Der eingängige, bildhafte und anrührende Erzählstil lässt den Leser sofort in die Seiten eintauchen, wo er sich als unsichtbarer Beobachter inmitten der Glanz-Familie wiederfindet und das Schicksal der einzelnen Protagonisten gespannt mitverfolgt. Im Fokus steht diesmal Ella, die Zwillingsschwester von Leonie Glanz. Die beiden führen den familieneigenen Kosmetikkonzern, seit ihr Großvater und dann ihr älterer Bruder verstorben sind. Ella hat mit Timo ihr perfektes Gegenstück gefunden, so dass sie sich bei ihrem stressigen Job die Zeit stiehlt, um zwischen Tegernsee und Kopenhagen zu pendeln. Gleichzeitig liebt sie ihren Beruf und den Familienkonzern, der ihr viel abverlangt, aber auch ihre Kreativität immer wieder aufs Neue anstachelt. Doch dann muss sie viel Mut und Stärke beweisen, um ihr Glück vielleicht noch retten zu können. Auch Großmutter Hedi fordert mit einer Offensive ihre Familie heraus, denn sie weiht diese in ein altes Geheimnis ein, dass von allen Verständnis und vor allem Nachsicht erfordert. Mit viel Gefühl und Empathie lässt die Autorin ihre Protagonisten schwierige Lebenshürden durchstehen und sich neuen Herausforderungen stellen, die gemeistert werden wollen. Dabei werden diese sehr lebensecht und glaubwürdig an den Leser herangetragen, so dass dieser alles gut nachvollziehen kann und bei der Lektüre sowohl eine Achterbahn der Gefühle durchlebt als auch ein wunderbares Kopfkino spendiert bekommt, das plastischer nicht sein kann.
Die Charaktere wurden liebevoll und realistisch weiterentwickelt, so dass der Leser sich sofort mit ihnen wohlfühlt und sich als Teil von ihnen betrachtet. So fällt ihm auch das Mithoffen, -bangen und fiebern sehr leicht. Ella ist eine nahbare junge Frau, die von ihrer Liebe zu Timo getragen wird. Sie ist ehrlich, offen und lässt Nähe zu, gibt aber auch Freiraum, der ihr selbst wichtig ist. Timo ist ein lieber Kerl, der ebenso ein Familienmensch wie Ella ist und sie auf Händen trägt. Er ist ebenfalls ein kreativer Kopf wie Ella, weshalb die beiden sich wunderbar ergänzen. Timos Bruder Kai ist in Liebesdingen zwar ein Filou, aber ein toller Vater und ein sehr guter Freund, auf den man bauen kann. Hedi ist eine kluge Frau, die endlich über ihren Schatten springt und mutig etwas preisgibt, was manchen verletzen kann, aber vielleicht auch endlich Frieden für ihre Seele bringt.
„Im Licht der Hoffnung“ ist eine glanzvolle Fortsetzung der Familiengeschichte, gespickt mit Liebe, Freundschaft, Überraschungen, Geheimnissen und vor allem mit viel Gefühl und zwischenmenschlichen Tönen, die diese Lektüre zu einem wahren Genuss machen und die Buchseiten zum Fliegen bringen. Bitte mehr davon!!! Absolute Leseempfehlung für eine Handlung mit Suchtfaktor!

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
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Veröffentlicht am 04.09.2022

Vergangenes ist nicht vergessen

Die Vergessene
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Nachdem sie gegen den Willen ihrer Mutter Laura die Prüfung zum US Marshal bestanden hat, bekommt Andrea Oliver den Auftrag, in Longbill Beach die bekannte Bundesrichterin Esther Vaughn zu beschützen, ...

Nachdem sie gegen den Willen ihrer Mutter Laura die Prüfung zum US Marshal bestanden hat, bekommt Andrea Oliver den Auftrag, in Longbill Beach die bekannte Bundesrichterin Esther Vaughn zu beschützen, die von Morddrohungen heimgesucht wird. Esthers Tochter Emily wurde 40 Jahre zuvor 1982 in der Nacht ihres Highschool-Abschlussballs brutal ermordet, als sie hochschwanger war. Bis heute wurde Emilys Mörder nicht ermittelt. Andrea nimmt den Personenschutz von Esther zum Anlass, in eigener Regie mehr über die damaligen Umstände von Emilys Tod herauszufinden, hat sie doch selbst einen ganz persönlichen Grund dafür…
Karin Slaughter hat mit „Die Vergessene“ eine spannende Fortsetzung von „Ein Teil von Dir“ vorgelegt, in dem der Leser nun auf die erwachsene Andrea Oliver trifft, die endlich ihre Ausbildung als US Marshal beendet hat und beruflich gleich mit einem brisanten Fall betraut wird. Der flüssige und bildhafte Erzählstil bringt den Leser schnell an Andreas Seite, um ihr nicht nur bei der Arbeit über die Schulter zu sehen, sondern auch ihre Gedanken- und Gefühlswelt zu erkunden. Andrea, die von ihrer Mutter Laura über 30 Jahre über ihren Vater belogen wurde, nutzt den Personenschutz von Esther Vaughn, um mehr über den Mordfall an deren Tochter Emily herauszufinden. Über wechselnde Zeitebenen erlebt der Leser mal die Gegenwart von Andrea und ihrer Arbeit bzw. Nachforschungen, mal taucht er in die Vergangenheit des Jahres 1982 ab, um dort die Geschehnisse rund um Emily mitzuverfolgen. Dadurch eröffnen sich dem Leser nach und nach Andreas besonderes Interesse an dem alten Fall sowie die dazugehörige Verbindung ihres Vater, dem Psychopathen und Massenmörder Clayton Morrow. Clayton sitzt zwar noch hinter Gittern, doch seine Entlassung könnte bald erfolgen. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt, denn Andrea will die Freilassung ihres Vaters unbedingt verhindern und gleichzeitig den alten Fall lösen. Slaughter versteht es wieder einmal perfekt, Gegenwart und Vergangenheit miteinander zu verweben und den Leser mit überraschenden Wendungen auf hohem Niveau konstant unter Spannung zu halten.
Die Charaktere sind gut ausgearbeitet und wirkungsvoll in Szene gesetzt. Mit ihren realistischen Ecken und Kanten können sie den Leser sofort abholen, der ihnen nur zu gerne folgt und mitfiebert. Andrea ist eine sehr zurückhaltende Frau, die durch die Ereignisse in ihrer eigenen Vergangenheit ein gesundes Misstrauen zeigt. Sie ist clever, mutig, durchsetzungsstark und stur. Andreas‘ Mutter Laura wollte ihre Tochter über Jahrzehnte nur beschützen, hat sich jedoch damit ihr Vertrauen verspielt. Emily Vaughn ist eine sympathische, offene, lebenslustige junge Frau, die noch Träume hat. Clayton Morrow ist ein machtbesessener, charismatischer Mensch mit tiefen Abgründen, die ihn zu einer dauerhaften Gefahr für die Menschheit machen.
„Die Vergessene“ ist wieder einmal ein hochkarätiger Pageturner, der den Leser mit einem komplexen Fall über zwei Zeitebenen fesselnd utnerhält und ihm so manch schlaflose Nacht bereitet. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 04.09.2022

Generationenwechsel bei den Hansens

Schritt ins Licht
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1924 Hamburg. Luises und Hamzas gemeinsame Tochter Amala Hansen reist von Amerika aus zum ersten Mal nach Deutschland, um zum ersten Mal in ihrem Leben auf ihre deutsche Verwandtschaft zu treffen. Ihr ...

1924 Hamburg. Luises und Hamzas gemeinsame Tochter Amala Hansen reist von Amerika aus zum ersten Mal nach Deutschland, um zum ersten Mal in ihrem Leben auf ihre deutsche Verwandtschaft zu treffen. Ihr 75-jährige Georg Hansen freut sich über den Besuch seiner Nichte, denn inzwischen fühlt er sich in der Familienvilla recht allein. Die 24-jährige Amala träumt von einer Schauspielkarriere, und Georg hofft, sie dabei nach Kräften unterstützen zu können. Doch die junge Frau muss schon bald merken, dass ihr aufgrund ihrer Hautfarbe Ressentiments entgegenschlagen. Wird sich Amala davon entmutigen lassen? Währenddessen hat Franz Loising die Führung des Wiener Kaffeehauses seiner Mutter Therese übernommen, der er mehr schlecht als recht gerecht wird. Zu sehr machen ihm noch die schrecklichen Erlebnisse aus dem Ersten Weltkrieg zu schaffen. Ob es ihm gelingen wird, die schlimmen Erinnerungen endlich loszuwerden?
Ellin Carsta hat mit „Schritt ins Licht“ den Auftaktband ihrer neuen historischen Saga rund um die Kinder der Hansen-Dynastie vorgelegt, die nicht nur einen Generationenwechsel einläutet, sondern mit wechselnden Schauplätzen sowie unterschiedlichsten Lebensläufen der einzelnen Familienmitglieder den Leser gut zu unterhalten weiß. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser auf eine Zeitreise ins vergangene Jahrhundert ein, um dort nicht nur auf manch altbekannten Charakter zu treffen, sondern vor allem die junge Generation beim „Wachwechsel“ zu beobachten und ihre jeweiligen Erlebnisse zu verfolgen. Über wechselnde Perspektiven steht der Leser mal an der Seite von Amala in Hamburg, dann wieder an Franz Seite in Wien sowie an Eduards in Berlin. Amala hat in Amerika eine Schauspielschule erfolgreich abgeschlossen, jedoch bisher aufgrund ihrer Hautfarbe in ihrem Beruf nicht Fuß fassen können. Nach dem Tod ihrer Mutter Luise hofft sie, nicht nur in den deutschen Familienzweig aufgenommen zu werden, sondern vielleicht ihrer Karriere in Deutschland einen Turbo zu verpassen mit Georgs Hilfe und Unterstützung. Derweil hadert Franz immer noch mit seinen Kriegserlebnissen, die ihn bei der täglichen Arbeit im Kaffeehaus behindern. Gleichzeitig hat der Leser oft das Gefühl, dass Franz nicht mit dem Herzen dabei ist und eigentlich ganz andere Lebensvorstellungen hat. Amalas Cousin Eduard dagegen steht auf Dauerkriegsfuß mit seinen säumigen Kunden und seine Mutter Martha geht ihm mit ihrer ständigen Nörgelei auf die Nerven. Während der Leser zwischen den einzelnen Hotspots hin- und her wandelt, lässt die Autorin den damaligen Zeitgeist sowie die gesellschaftlichen und historischen Ereignisse in die Geschichte miteinfließen.
Die Charaktere sind liebevoll und facettenreich ausgestaltet. Sie können mit glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften überzeugen, so dass der Leser sich gern unter sie mischt und mit ihnen hofft, bangt und fiebert. Amala ist eine liebenswerte junge Frau, die ein festes Ziel vor Augen hat und dieses mit dem nötigen Ehrgeiz verfolgt. Obwohl sie mit Vorurteilen zu kämpfen hat, lässt sie sich nicht entmutigen. Georg ist ein liebevoller, herzlicher und großzügiger Mann, der keine Vorbehalte hat und froh über die Beendigung seiner Einsamkeit ist. Franz steht sein Kriegstrauma im Weg, er fühlt sich unzulänglich, hilflos, aber auch unsicher, was sein restliches Leben angeht. Eduard ist Geschäftsmann, jedoch hat er weder seine Kunden noch seine Mutter Martha im Griff. Aber auch Frederike und Therese spielen in dieser Handlung eine tragende Rolle.
„Mit Schritt ins Licht“ ist der Autorin der Generationenwechsel innerhalb der Hansen-Dynastie gut gelungen. Carsta versteht es, den Leser mit ihren unterschiedlichen Familienschauplätzen abwechslungsreich zu unterhalten und die Neugier auf die Fortsetzung zu schüren. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 04.09.2022

Das Leben kann schlimmer sein als jeder Albtraum. (Stephen King)

Kein Entkommen - Still Missing
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Die Maklerin Annie O’Sullivan lebt mit Freund und Hund ein beschauliches Leben im kanadischen Vancouver Island, das von einer auf die andere Sekunde aus den Fugen gerät. Bei einer Open-House-Besichtigung ...

Die Maklerin Annie O’Sullivan lebt mit Freund und Hund ein beschauliches Leben im kanadischen Vancouver Island, das von einer auf die andere Sekunde aus den Fugen gerät. Bei einer Open-House-Besichtigung wird Annie von einem vermeintlichen Interessenten überfallen, betäubt und in eine Hütte mitten im Wald verschleppt, wo sie dann ein Martyrium aus körperlichem und seelischem Missbrauch erlebt, aus dem sie sich über ein Jahr lang nicht befreien kann. Nach der Befreiung ist es Annie kaum möglich, in ein normales Leben zurückzukehren. Bei der Aufarbeitung der Geschehnisse gemeinsam mit einer Therapeutin kommt erst nach und nach an die Oberfläche, warum es ausgerechnet Annie getroffen hat und wie perfide der Täter vorgegangen ist…
Chevy Stevens hat mit „Kein Entkommen-Still Missing” einen spannenden Psychothriller vorgelegt, der den Leser von der ersten bis zur letzten Seite an den Seiten kleben lässt und ihn dabei gut zu unterhalten weiß. Der flüssige Erzählstil bringt den Leser schnell an die Seite von Annie, wo er gemeinsam mit ihr an den Therapiesitzungen teilnimmt, anhand derer er das ganze Ausmaß des Verbrechens an Annie aus erster Hand geschildert bekommt. Die Autorin hat sich mit ihrer Art, die Handlung an den Leser zu bringen, eines geschickten Tricks bedient. Auch wenn man schon schnell weiß, dass Annie dem Verbrecher entkommen konnte, so erfährt er doch erst durch die laufenden Therapiebesuche nach und nach, wie perfide der Täter agierte und wie sehr er Annie malträtiert hat. Dabei stellt man sich unentwegt die Frage, wer Annie dies angetan hat und vor allem warum. Die Grausamkeiten, die Annie durchleben musste, während sie ihrem Täter über diesen langen Zeitraum ausgeliefert war, sind kaum zu ertragen; der Alptraum lässt beim Leser die Haare zu Berge stehen und das gesamte Gefühlsbarometer durchlaufen, denn ihre Angst, Verzweiflung und Machtlosigkeit sind konstant spürbar. Auch den polizeilichen Ermittlungen wird in der Geschichte Platz eingeräumt und lässt mit Annies Familien- und Freundeskreis eine Riege von Verdächtigen auflaufen. Der Leser rätselt ununterbrochen mit, wer für die Tat in Frage kommt und wird am Schluss doch überrascht.
Die Charaktere sind lebhaft in Szene gesetzt und kommen mit ihren menschlichen Eigenheiten glaubhaft beim Leser an. Annie ist eine junge Frau, die etwas durchleben musste, was sie wohl nie verwinden wird. War sie früher offen, fröhlich und lebensbejahend, so ist sie nun nur noch ein Schatten ihrer selbst und sich selbst fremd. Sie wagt sich kaum noch aus dem Haus und misstraut jedem, was nach so einer Tat völlig verständlich ist. Dabei zeigt sie aber auch Mut durch den Besuch der Therapiesitzungen, denn sie will nicht nur das an ihr begangene Verbrechen verarbeiten, sondern sucht auch nach Antworten auf ihre Fragen. Die Therapeutin Nadine Lavoie ist behutsam und einfühlsam, sie gibt Annie ein Gefühl von Sicherheit. Polizist Gary ist ein hartnäckiger Kerl, der nicht locker lässt und Annie unbedingt helfen will.
„Kein Entkommen-Still Missing” ist von der ersten Minute an rasant und packend. Die dort beschriebenen menschlichen Abgründe lassen den Leser schauern und hoffen, so etwas nie erleben zu müssen. Verdiente Leseempfehlung für spannende Unterhaltung!