Um Argumente und Ausreden nie verlegen
WildblütenzeitSchwarzwald 1945. Der Krieg ist gerade beendet, da muss sich der Hotelier Jakob Haug einem Verhör durch einen amerikanischen Offizier unterziehen und Auskunft geben darüber, welche Beziehungen er zu den ...
Schwarzwald 1945. Der Krieg ist gerade beendet, da muss sich der Hotelier Jakob Haug einem Verhör durch einen amerikanischen Offizier unterziehen und Auskunft geben darüber, welche Beziehungen er zu den Nazis hegte, die in seinem Hotel „Zum Markgrafen“ tagtäglich ein- und ausgingen. Das Hotel ist seit 1780 in Familienbesitz und sichert das Auskommen. Ob es weiterhin von Jakob betrieben werden darf, hängt davon ab, was er dem Offizier zu berichten hat. Jakob muss deutlich machen, was es für seine Familie bedeutet, das Hotel zu führen und den Mann davon überzeugen, dass es niemals nur Schwarz oder Weiß gibt? Wird es ihm gelingen, das Hotel behalten zu dürfen?
Inge Barth-Grözinger hat mit ihrem Buch „Wildblütenzeit“ einen historischen Roman der neueren Zeit vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und fließend. Der Leser erfährt während eines Verhörs zwischen dem Hotelier Jakob Haug und einem amerikanischen Soldaten von der Geschichte der Familie Haug und über die Schwierigkeiten und Herausforderungen beim Führen eines Traditionshauses wie dem familieneigenen Hotel. Die Autorin lässt den Leser bildhaft teilhaben am Hotelleben und dem Balanceakt zwischen eigenen Ansichten und dem Willen anderer. Doch leider ist dies nicht sehr überzeugend, denn wer sich den Erwartungen anderer beugt, ist unehrlich zu sich selbst und verleugnet sich. Dass es hier ums Überleben geht, ist einerseits zwar verständlich, doch gleicht es leider auch einer Ausrede, weil es doch so viel leichter ist, mit dem Strom zu schwimmen, als sich aufzulehnen und alles zu riskieren. Gerade, weil so viele Menschen zur damaligen Zeit den Widerstand gescheut haben, konnte es erst zu der absoluten Katastrophe kommen. Mut anstatt Feigheit hätte besser getan. Die ewigen Ausreden, das Wegsehen und das Retten der eigenen Haut sind einfach keine Entschuldigung – ganz im Gegenteil – sie zeugen von Schwäche und Kraftlosigkeit. Spannung war während der gesamten Handlung nicht gegeben, es machte sich vielmehr Langeweile breit durch die ganzen Ausflüchte, warum man so oder so gehandelt hat.
Die Charaktere wurden mit Ecken und Kanten dargestellt, wirken jedoch wenig sympathisch und noch weniger überzeugend. Der Leser kann sich wenig in sie hineinversetzen und auch oftmals ihre Beweggründe nicht nachvollziehen. Josef Haug ist ein Mann, der seine eigene Haut retten will und dem dabei jedes Mittel recht ist, erfolgreich zu sein. Er ist egoistisch und kann nicht glaubhaft vermitteln, warum er den Nazis nachgegeben hat. Haug wirkt schwach und weniger wie ein Hotelier, der die Fäden zieht. Auch die weiteren Protagonisten geben ein ähnliches Bild ab.
„Wildblütenzeit“ ist ein Roman, der mit seiner Geschichte eine Rechtfertigung sucht für das damalige Entscheiden und Handeln. Das ist hier überhaupt nicht gut gelungen. Es bleibt eine langweilige und unglaubwürdige Geschichte, wie es sie zu tausenden gibt.