Profilbild von Dreamworx

Dreamworx

Lesejury Star
offline

Dreamworx ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Dreamworx über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.04.2018

Über den Dombau, Machtspiele und den Pestausbruch

Die Launen des Teufels
0

1349 Ulm. Die Stadt baut ein neues Münster und ermöglicht damit vielen, an diesem zu verdienen. Das will auch der Glockengießermeister Conrad, der gleichzeitig plant, seine Macht im Rat der Stadt zu erweitern. ...

1349 Ulm. Die Stadt baut ein neues Münster und ermöglicht damit vielen, an diesem zu verdienen. Das will auch der Glockengießermeister Conrad, der gleichzeitig plant, seine Macht im Rat der Stadt zu erweitern. Conrad ist ein skrupelloser Mann, der auch seine Familie mit harter Hand regiert. Tochter Anabel, die mit ihrer Freundin Vren im Hospital der Beginen arbeitet, bekommt dies schmerzhaft zu spüren, verkauft ihr Vater sie doch mit Berechnung dem Abt als Liebesdienerin, um dadurch mehr Unterstützung im Rat zu bekommen. Zudem kauft er Bertram für die Arbeit in der Glockengießerei, dessen Vater hat die Zunftrechte verloren. Zwischen Anabel und Bertram entspinnen sich zarte Liebesbande, doch dann wird Bertram des Mordes angeklagt und in den Kerker gesteckt, dabei hat Anabels Vater Conrad den Mord begangen und will mit der Denunzierung Bertrams von sich ablenken. Anabel ist völlig verzweifelt und wendet sich an die Gräfin Katharina von Württemberg. Dort möchte sie als Zofe arbeiten und erhofft sich gleichzeitig Unterstützung für Bertram. Doch die Gräfin hat eigene Probleme und dann kommt auch noch die Pest in die Stadt…
Silvia Stolzenburg hat mit ihrem Buch „Die Launen des Teufels“ einen sehr spannenden und unterhaltsamen historischen Debütroman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig, bildhaft und durchgehend fesselnd. Der Leser taucht mit Beginn der Geschichte ein in eine vergangene Zeit, um hautnah mitzuerleben, wie die Menschen damals gelebt haben und die Pest wütete. Die Autorin hat gut recherchiert und lässt im Geiste des Lesers die alte Reichsstadt Ulm des 14. Jahrhunderts aufleben, zeigt die verschiedenen gesellschaftlichen Strukturen auf und lässt den Leser auch an den unterschiedlichen Machtansprüche und politischen Gedanken teilhaben. Der historische Hintergrund wurde sehr schön mit der Handlung verwoben, so dass man als Leser das Gefühl hat, Geschichte während der Lektüre live zu erleben. Damals hatten Frauen keinerlei Rechte und mussten sich den Männern unterwerfen. Gewalt war oftmals an der Tagesordnung, Frauen wurden in jedweder Art und Weise gezüchtigt. Der Ausbruch der Pest, deren Auswirkungen und die zügige Verbreitung werden ebenso anschaulich wie düster beschrieben und zeigen deutlich, wie eingeschränkt die damaligen Möglichkeiten in Bezug auf die Behandlung waren.
Die Charaktere sind detailliert und lebhaft ausgearbeitet, wirken aufgrund ihrer individuellen Eigenschaften sehr real und authentisch. Anabel ist eine sehr sympathische junge Frau, die offen und ehrlich durchs Leben geht. Sie ist fleißig, hilfsbereit und unterstützt die Schwachen und Kranken. Dabei hat Anabel es selbst nicht leicht, denn ihr Vater ist ein Despot und greift streng durch. Conrad ist ein sehr harter und skrupelloser Mann, der sich selbst der Nächste ist. Egoistisch und oftmals schon sadistisch quält er nicht nur seine Angestellten in der Gießerei, sondern vor allem seine eigene Familie. Ihm geht es hauptsächlich um Macht und dafür ist ihm jedes Mittel recht. Bertram ist ein netter junger Mann, der bereits einen Schicksalsschlag erfahren musste. Er wurde vom eigenen Vater verkauft und muss sich nun als Leibeigener verdingen. Bertram ist ehrlich, und gerade das bringt ihn in Schwierigkeiten. Gräfin Katharina ist eine sympathische Frau, die sich, obwohl verheiratet, auf eine Liebelei eingelassen hat und nun die Folgen tragen muss. Die Gefahr vor Entdeckung durch den Ehemann schwebt ständig über ihr. Auch die übrigen Protagonisten steuern durch ihre eigenen kleinen Episoden zur Steigerung der Spannung bei und machen die Geschichte rund.
„Die Launen des Teufels“ ist ein sehr gelungener spannender Roman, der von der ersten bis zur letzten Seite wunderbar unterhält und Geschichte bei der Lektüre regelrecht lebendig werden lässt. Absolute Leseempfehlung für alle Histo-Fans!

Veröffentlicht am 14.04.2018

Verschwendete Zeit

Hummersommer
1

Der Fischerort Little Harbor war einst die Heimat von Eliza, deren Familie vom Hummerfischen lebt. Doch diese hat sie schon lange hinter sich gelassen und lebt mit Ehemann Robert und ihren beiden Töchtern ...

Der Fischerort Little Harbor war einst die Heimat von Eliza, deren Familie vom Hummerfischen lebt. Doch diese hat sie schon lange hinter sich gelassen und lebt mit Ehemann Robert und ihren beiden Töchtern in der Stadt, wo sie der gehobenen Gesellschaftsschicht angehören und mittlerweile ein Luxusleben gewöhnt sind. Als sie die Nachricht bekommt, dass ihr Vater einen Unfall hatte und man bei den Untersuchungen einen Gehirntumor bei ihm diagnostiziert hat, reit Eliza nach Little Harbor, um ihrem Vater beizustehen. Allerdings muss sie sich auch ihrer eigenen Vergangenheit stellen, denn an jeder Ecke dieses kleinen Örtchens sowie mit den Bewohnern lauern alte Erinnerungen, die Eliza bisher erfolgreich verdrängen konnte. Gleichzeitig stellt sie ihr bisheriges Leben immer mehr in Frage und muss sich entscheiden, was ihr wirklich wichtig ist. Dabei bekommt sie ungewollt durch das junge Mädchen Mary Unterstützung…
Meg Mitchell Moore hat mit ihrem Buch „Hummersommer“ einen Unterhaltungsroman vorgelegt, der auf eine spannende Geschichte mit Familiengeheimnissen hoffen lässt. Der Schreibstil ist flüssig und leicht. Doch das ist leider auch schon alles, denn in diesem Buch fehlt es an vielen Dingen. Durch einen ausschweifenden Erzählstil, der viel zu sehr ins Detail geht, wird das Luxusleben geschildert, welches die Protagonistin in der Gegenwart führt und zu viele Nebensächlichkeiten wird viel zu viel Raum gegeben. Dabei verliert sich die eigentliche Geschichte völlig und lässt den Leser regelrecht in gelangweilt und frustriert zurück. Es gibt weder einen Spannungsbogen noch unverhoffte Wendungen bzw. Überraschungen, alles ist viel zu vorhersehbar. Die erwartete Familiengeschichte ist eher Hintergrund als Haupthandlung, es fehlt an einfühlsamen Rückblenden, an sinnigen Dialogen und spannenden Ereignissen. Die gesamte Handlung dümpelt regelrecht vor sich hin, wobei man sich oft fragt, was ist die eigentliche Handlung wirklich.
Die Charaktere sind recht eindimensional gestaltet, ihnen fehlt es an Wärme, Leben und Gefühl, um glaubhaft, real und authentisch zu wirken. Leider kann der Leser keinerlei Bezug zu ihnen aufbauen, dazu sind sie einfach zu oberflächlich skizziert. Eliza hadert mit ihrem jetzigen Leben und stellt ihre früheren Entscheidungen in Frage. Sie wirkt so farblos, dass man keinerlei Regung verspürt, mit ihr zu fühlen. Die Beziehung zu ihrem Vater wird leider auch nur dürftig beschrieben, weshalb kaum Anteilnahme entsteht. Elizas Familie, ihre Töchter und auch ihr Ehemann bleiben Fremde, die genauso gut ausfallen hätten können. Ebenso verhält es sich mit den vielen anderen Protagonisten, die nach und nach in der Geschichte auftauchen, aber keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Hier wurde mehr Wert auf Masse als auf Klasse gelegt.
„Hummersommer“ verspricht viel und hält nichts davon. Dabei hätte man wirklich etwas daraus machen können. Es gibt weder große Familiengeheimnisse noch einfühlsame Geständnisse. Durch den ausschweifenden Schreibstil der Autorin ist das Buch rundum langweilig, spannungsarm und reine Zeitverschwendung. Sehr schade!

Veröffentlicht am 14.04.2018

Auf den Hund gekommen

Vier Pfoten am Strand
0

Künstler Ben fühlt sich ausgelaugt und benötigt dringend etwas Ruhe, um seine Skulpturen endlich beenden zu können. Allerdings läuft ihm erst einmal Boss, eine junge amerikanische Bulldogge, über den Weg, ...

Künstler Ben fühlt sich ausgelaugt und benötigt dringend etwas Ruhe, um seine Skulpturen endlich beenden zu können. Allerdings läuft ihm erst einmal Boss, eine junge amerikanische Bulldogge, über den Weg, der sich kurz zuvor erst von seinem alten und brutalen Herrchen getrennt hat. Ben nimmt sich des Rüden an und fährt mit ihm in das kleine Örtchen Lichterhaven an der Nordsee. Aber Boss hat seinen eigenen Kopf und hält Ben auf Trapp, was diesen sichtlich überfordert. Deshalb meldet Ben den Hund in einer Hundeschule an in der Hoffnung, dass dies wirklich was bringt. Dabei lernt er die Besitzerin Christina kennen, die nicht nur Boss gefällt, auch Ben fühlt sich zu ihr hingezogen. Wird Christina Boss zähmen? Und was ist mit Ben?
Petra Schier hat mit ihrem Buch „Vier Pfoten am Strand“ einen sehr stimmungsvollen und unterhaltsamen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig, gefühlvoll und warmherzig, der Leser findet sich schnell an der Seite der Protagonisten wieder, um als unsichtbarer Schatten hautnah an ihrem Leben teilzuhaben. Die Handlung wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, so bekommt der Leser zum einen Zugang in Bens Gedanken und Gefühlswelt, aber auch der Einblick in Christinas Leben wird gewährt. Besonders erwähnenswert aber sind die kursiv gehaltenen Passagen, in denen Rüde Boss zu Wort kommt. Auch der Humor kommt hier nicht zu kurz, denn die Dialoge sind oftmals sehr witzig und bringen einen zum Lachen. Die verschiedenen Sichtweisen vermischen sich sehr gelungen zu einer rundum wunderbaren Geschichte. Die Landschaftsbeschreibungen der Autorin sind so bildgewaltig und farbenfroh, dass der Leser bei der Lektüre das Gefühl einer kleinen Auszeit vom Alltag hat. Der Nordseewind wirbelt einem das Haar durcheinander und die salzige Luft steigt einem regelrecht in die Nase, während man gedanklich mit den Protagonisten am Strand entlang läuft. Auch wenn es sich hier um eine leichte Unterhaltungsgeschichte handelt, spart die Autorin doch nicht mit Überraschungen und Wendungen, um den Leser gut zu unterhalten.
Die Charaktere wurden liebevoll und detailliert ausgearbeitet und in Szene gesetzt. Sie wirken sehr lebendig und authentisch, es kommt einem so vor, als würde man sie seit langem kennen. Ben ist ein sensibler Mann, der ganz in seinem Beruf als Künstler aufgeht. Er ist erschöpft und sehnt sich nach Ruhe und Abstand, um neue Inspirationen zu bekommen und einige Stücke zu vollenden. Er hat ein gutes und einfühlsames Herz, ist tierlieb, aber leider nicht so sehr mit Geduld gesegnet. Gegenüber Boss kann er sich nie durchsetzen, ihm gegenüber ist er einfach zu nachgiebig. Boss ist ein sehr eigenwilliger Hundecharakter. Nachdem er einem grausamen Herrchen endlich entkommen ist, genießt er seine Freiheit und möchte jeden Moment auskosten. Er ist abenteuerlustig, neugierig und hat einen sturen Kopf, der es seinem Umfeld oftmals nicht leicht macht. Christina ist eine sehr sympathische Frau mit einem großen Herzen. Sie ist aufmerksam, offen, ehrlich und hat ein Händchen für Vierbeiner; sie möchte sie nicht unterordnen, sondern behandelt sie gleichwertig und nimmt sie mit ihren vielen verschiedenen Charaktereigenschaften an, um sie sanft zu lenken. Ebenso punkten sympathische Nebenprotagonisten mit ihrem Erscheinen und geben der Handlung den letzten Schliff.
„Vier Pfoten am Strand“ ist ein rundum gelungener Unterhaltungs- und Liebesroman, der mit einer witzigen Handlung punkten kann und dem Leser gleichzeitig eine schöne gedankliche Auszeit vom Alltag bietet und an die Nordsee entführt. Dafür gibt es eine absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 08.04.2018

Karl und sein Lenchen

Revolution im Herzen
0

Helene Demuth, genannt Lenchen, wuchs als Bauerstochter in recht ärmlichen Verhältnissen in Sankt Wendel auf. Nach dem Tod des Vaters sucht sich das 10-jährige Lenchen eine Stelle als Dienstmädchen im ...

Helene Demuth, genannt Lenchen, wuchs als Bauerstochter in recht ärmlichen Verhältnissen in Sankt Wendel auf. Nach dem Tod des Vaters sucht sich das 10-jährige Lenchen eine Stelle als Dienstmädchen im nahen Trier und landet so im Haushalt der Westphalens, wo sie nach einiger Zeit neben ihrer dienstlichen Tätigkeiten auch zur Vertrauten von Jenny, der Tochter des Hauses, wird. Auch Karl Marx hat Lenchen schon kennengelernt, diesen in sich gekehrten und recht düster wirkenden Mann, dem sich Jenny immer mehr annähert und schließlich heiratet. Lenchen begleitet das Ehepaar Marx nach Brüssel und erlebt dort als Freundin von Jenny die Höhen und Tiefen der Ehe mit. Aber dann wendet sich das Blatt, denn Lenchen sieht sich auf einmal den Werbungen von Karl gegenüber, was ihre enge Freundschaft zu Jenny ins Wanken bringt.
Claudia und Nadja Beinert haben mit ihrem Buch „Revolution der Herzen“ einen sehr unterhaltsamen historischen Roman rechtzeitig zum 200. Geburtstag des Philosophen Karl Marx vorgelegt, der Tatsachen und Fiktion sehr schön und vor allem gekonnt miteinander vermischt. Der Schreibstil ist flüssig und fesselnd zugleich, der Leser taucht schon mit der ersten Seite in eine vergangene Zeit und darf hautnah Lenchens Werdegang miterleben sowie auch die schillernde Persönlichkeit von Karl Marx besser kennenlernen. Da die Geschichte aus der Sicht von Lenchen erzählt wird, wirkt die Handlung realitätsnah und gibt dem Leser das Gefühl, ihrer Stimme zu lauschen. Der historische Hintergrund wurde von den Schwestern Beinert wie immer hervorragend recherchiert und mit ihrer Geschichte verwebt. Sie lassen den Leser nicht nur an der Zeit der Industrialisierung und ihre Folgen teilhaben, sondern malen auch ein menschliches Bild des Philosophen Karl Marx, der sich als Protagonist der Arbeiterbewegung sowie als Kritiker der bürgerlichen Gesellschaft einen Namen gemacht hat und zum einflussreichsten Theoretiker des Kommunismus wurde. Gleichzeitig bieten sie dem Leser während der Lektüre eine Reise durch Europa, so findet man sich mal in Brüssel, mal in Paris, London oder Köln wieder.
Die Charaktere sind sehr individuell ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Sie wirken durchweg lebendig und authentisch, wie aus dem richtigen Leben. Lenchen wird während der Handlung erwachsen. Zuerst erlebt der Leser sie als Kind, doch im weiteren Verlauf darf er die Entwicklung als Frau miterleben. Sie ist verantwortungsbewusst, intelligent und weiß, die ihr Anvertrauten zu schützen. Lenchen musste schon als Kind Verzicht lernen, wuchs sie doch in Armut auf. Der Einblick in eine wohlhabendere Familie trübt ihren Blick nicht für die ärmliche Bevölkerung. Der Leser kann sehr schön ihre Gedanken und Gefühle verfolgen, ihren Zwiespalt gegenüber ihrer Freundin und ihre Sehnsüchte. Jenny Westphalen ist Lenchen schnell eine Vertraute und später eine noch engere Freundin. Dass sich durch das enge Zusammenleben das Verhältnis zwischen den Freundinnen bald ändert und es zu einem Zerwürfnis kommt, ist zwar nicht vorhersehbar, aber die Konsequenz. Karl Marx ist ein eher düsterer Mann, der ganz in seinen politischen Thesen aufgeht und regelrecht für sie lebt. Gleichzeitig ist er aber auch ein normaler Ehemann und Vater, der auch gegenüber seinen Freunden und Weggefährten großzügig ist, obwohl er es sich gar nicht leisten kann. Aber er ist auch ein Mann, der sich die Gelegenheit, die sich ihm bietet, nutzt.
„Revolution im Herzen“ ist eine wirklich gelungener und fesselnder historischer Roman beruhend auf Tatsachen, die gekonnt mit fiktiven Elementen vermischt wurden. Der Leser bekommt hier eine Geschichtsstunde par excellence, denn den Beinert-Schwestern ist es wieder einmal gelungen, Historie lebendig werden zu lassen. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 08.04.2018

Nicht nur Bücher finden ein neues Zuhause

Die kleine Inselbuchhandlung
0

Die 40-jährige Greta hat ihr Leben lang als Stewardess bei der Lufthansa gearbeitet und viel von der Welt gesehen. Doch bei einem Flug nach China bekommt sie Platzangst, ihr wird schwarz vor Augen und ...

Die 40-jährige Greta hat ihr Leben lang als Stewardess bei der Lufthansa gearbeitet und viel von der Welt gesehen. Doch bei einem Flug nach China bekommt sie Platzangst, ihr wird schwarz vor Augen und nach ihrem Zusammenbruch wird sie per Krankentransport von Bord gebracht. Um sich etwas zu erholen, fährt sie ihre Tante Hille besuchen, die auf einer Nordseeinsel in einem Haus am Strand mit tausenden Büchern und ihrer Lebensgefährtin Karin lebt. Dort hat Greta als Kind all ihre Ferien verbracht und sich immer wohl gefühlt. Als Greta ankommt, registriert sie sofort die Veränderung im Haus, denn Hille hat alle Bücher aussortiert und in ihre alten Ladenräume verbannt. Greta organisiert einen Bücherflohmarkt, der schnell von den Touristen, aber auch den Einheimischen gut besucht wird. Als Greta eigentlich wieder in ihren Job zurück muss, bekommt sie erneut eine Panikattacke und hat nun zwei Wochen Zeit, sich zu überlegen, wie es mit ihr weitergehen soll. Da kommt ihr durch den Bücherverkauf die Idee, vielleicht eine Buchhandlung zu eröffnen. Dies würde aber bedeuten, ihr altes Leben hinter sich zu lassen und sich auf unsicheres Terrain zu begeben. Dafür könnte sie aber auf der Insel bleiben. Wie wird Greta sich entscheiden?
Janne Mommsen hat mit seinem Buch „Die kleine Inselbuchhandlung“ einen sehr unterhaltsamen und warmherzigen Roman vorgelegt, der den Leser auf eine Nordseeinsel entführt, um das dortige Inselleben, seine teils kauzigen Bewohner und ihr Treiben mitzuerleben. Der Schreibstil ist flüssig und mit einer guten Prise Humor gewürzt, schnell ist man in die Handlung eingetaucht und regelrecht mit ihr verschmolzen. An der Seite Gretas erlebt der Leser so einiges, darf an ihren Gedanken, Gefühlen, Erinnerungen und Zweifeln teilhaben. Die Landschaftsbeschreibungen sind herrlich bildhaft, beim Lesen spürt man fast die Meeresbrise und sieht das Schilfgras sich im Wind biegen, den Leuchtturm erhaben sein Licht über das Meer senden. Auch die Bücherberge kann der Leser sich gut vorstellen, die über die Jahrzehnte liebevoll gehortet wurden, in wunderschönen alten Regalen ihr Dasein fristen, und so mancher Klassiker nun ein neues Zuhause sucht. Wie schön, wenn sich dann durch ein Buch eine neue Liebe findet oder sich durch die Sortierung nach der Farbe des Einbands neue Möglichkeiten ergeben.
Die Charaktere sind liebevoll und individuell ausgestaltet worden. Sie besitzen Ecken und Kanten und wirken durch ihre Eigenheiten so lebendig und authentisch, dass der Leser den einen oder anderen persönlich zu kennen glaubt und sich auch selbst in einem von ihnen wiederfindet. Greta ist eine sympathische Frau, die sich ihre Panikattacken nicht erklären kann, vielleicht verschließt sie aber auch nur die Augen davor. Sie ist hilfsbereit, offen und lebensbejahend, allerdings ist sie insgeheim auf der Suche: nach einer neuen Liebe, nach Geborgenheit und vor allem Zufriedenheit. Tante Hille ist ein Unikum, sie ist liebevoll mit einem etwas rauen Ton, jedoch mit dem Herz am rechten Fleck. Sie lässt Greta an der langen Leine laufen, gibt ihr freie Hand, denn sie weiß, Greta muss für sich Entscheidungen treffen. Vor allem aber braut sie einen tollen Manhattan, der in jeder Lebenslage hilft und allem und jedem die Zunge löst. Claas ist ein alter Freund von Greta, der sich momentan als Koch verdingt in einem kleinen Hotel, nebenbei aber so manche Surfrunde über die Nordsee dreht. Er ist sympathisch und offen, hegt wohl einige Gefühle für Greta. Florian ist ein Arbeitskollege von Greta, der ihr immer wieder im Kopf rum spukt, mit dem sie beim Tango eine flotte Sohle aufs Parkett gelegt hat und dieser Tanz immer noch in ihrem Herzen eine Rolle spielt. Ellen ist die Inselpolizistin, die eine raue Schale hat, eine Vorliebe für blutige Krimis und auf einmal die Liebe trifft. Auch die übrigen Inselbewohner sorgen mit ihren kleinen Geschichten für einige Unruhe und Überraschungen. Sogar ein Geheimnis wird aufgedeckt.
„Die kleine Inselbuchhandlung“ ist ein rundum gelungenes Wohlfühlbuch für eine Auszeit auf der Couch, in der man sich wunderbar an die See träumen und sich unter den sympathischen Bewohnern tummeln kann. Man wird ein Teil von ihnen und möchte sich gar nicht verabschieden. Absolute Leseempfehlung!