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Veröffentlicht am 24.02.2018

Die Entstehung des berühmtesten Parfüms der Welt - Chanel No 5

Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe
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Nach dem Tod der Mutter wird Gabrielle „Coco“ Chanel von ihrem Vater, einem Hausierer, in einem Kloster abgeladen, und verbleibt dort, bis sie als junge Frau über ihren Geliebten, den Industriellensohn ...

Nach dem Tod der Mutter wird Gabrielle „Coco“ Chanel von ihrem Vater, einem Hausierer, in einem Kloster abgeladen, und verbleibt dort, bis sie als junge Frau über ihren Geliebten, den Industriellensohn Ètienne Balsan nach Paris kommt und mit seiner finanziellen Unterstützung ein Hutatelier eröffnet. Schnell erfreuen sich ihre ungewöhnlich schlichten Kreationen einer großen Beliebtheit und bescheren ihr mehr und mehr die Aufmerksamkeit der feineren und reichen Gesellschaft. Coco verliebt sich in den Engländer Arthur „Boy“ Chapel und obwohl dieser eine Ehe eingeht, bleiben die beiden fest liiert, bis Chapel Weihnachten 1919 bei einem Autounfall ums Leben kommt. Coco ist untröstlich und zieht sich völlig aus der Öffentlichkeit zurück um zu trauern. Dabei kommt ihr die Idee, Boy mit einem eigenen Duft ein Denkmal zu setzen. Dieses möchte sie ihren besten Kundinnen als limitierte Ausgabe zum Geschenk machen. Auf der Suche nach dem geeigneten Duft erhascht sie „eine Nase voll“ von einem Parfüm, das einst in Russland gefertigt wurde für die feine Gesellschaft und dessen Rezeptur nun nicht mehr existiert. Aber genau dieser Duft soll es sein, den Coco für sich auserwählt hat. Nun gilt es nur noch, den geeigneten Parfümeur zu finden, dem Coco mit Ernest Beaux begegnet. Schon bald ist das „Chanel No 5“ geboren und alle Frauen fliegen auf den Duft…
Michelle Marly hat mit ihrem Buch „Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe“ einen sehr unterhaltsamen und biografischen historischen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und lässt den Leser schnell in die Zeit Anfang des 20. Jahrhunderts eintauchen, um Gabrielle Coco Chanel auf Schritt und Tritt zu folgen und hautnah an ihrem Leben und ihren Ideen teilzuhaben. Die Autorin hat akribisch recherchiert und neben dem historischen Hintergrund auch den damaligen Freundes- und Künstlerkreis, in dem sich Coco Chanel bewegte, mit in die Handlung eingeflochten. Da tummelten sich neben dem Maler Pablo Picasso unter anderem Sergej Diaghilew, Igor Strawinsky und Georges Auric. Auch der engen Freundschaft zu Misia Sert und die Beziehung zu Dmitri Pawlowitsch Romanow wird Rechnung getragen und ausführlich beschrieben. Die Autorin hat sich sehr eng an die ihr zur Verfügung gestellten historischen Unterlagen gehalten, ebenso vieles hinterfragt, um möglichst nahe an der Wirklichkeit zu bleiben.
Die Charaktere sind sehr detailliert und liebevoll ausgearbeitet und mit Leben versehen worden. Sie wirken sehr realitätsnah und authentisch, so dass man sich als Leser ein sehr gutes Bild von ihnen machen kann. Gabrielle „Coco“ Chanel wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf und hat sich aus eigener Kraft hervorgekämpft. Zuerst macht sie sich als Hutmacherin einen Namen, um schon bald mit eigenen einfachen Entwürfen für Matrosenhemden und kürzeren Röcken auf sich aufmerksam zu machen und zum Liebling der besser gestellten Gesellschaft zu avancieren. Gabrielle liebt ihre Arbeit, besitzt ein sicheres Stilgefühl, hat ständig neue Ideen im Kopf und ist doch gleichzeitig immer neugierig auf die Welt und neue Erfahrungen. Sie leidet immer mal wieder darunter, von dem einen oder anderen nicht anerkannt zu werden. Gleichzeitig hat sie ein großes Herz und unterstützt arme Künstler und deren Familien mit großen Summen, aber auch die Kunstszene an sich, indem sie Gelder für eine Ballettaufführung bereitstellt. Mit Arthur Chapel hatte sie ihre große Liebe, der noch viele Liebschaften folgten, aber ihren sicheren Hafen hat Coco Chanel nie gefunden.
„Mademoiselle Coco und der Duft der Liebe“ ist ein wunderschöner Roman über das Leben der Gabriele Coco Chanel und die Entstehung des Duftes Chanel No 5, dem meistverkauften Parfüm der Welt. Eine unterhaltsame autobiografische Reise in das Paris der 20er Jahre einschließlich der großen Künstlergemeinde, die man alle gerne einmal kennengelernt hätte. Eine Homage an eine außergewöhnliche Frau! Unbedingt lesen!!!

Veröffentlicht am 24.02.2018

Das Geheimnis einer alten Fotografie

Was mein Herz dir sagen will
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Die Fotografin Camille ist bereits seit 5 Jahren Witwe und trauert immer noch um ihren Ehemann. Für eine neue Beziehung fühlt sie sich noch nicht bereit. Während Camille einen alten Film bearbeitet der ...

Die Fotografin Camille ist bereits seit 5 Jahren Witwe und trauert immer noch um ihren Ehemann. Für eine neue Beziehung fühlt sie sich noch nicht bereit. Während Camille einen alten Film bearbeitet der dem Historiker Finn gehört, erreicht sie der Anruf, dass ihre Tochter Julie beim Surfen verletzt wurde und im Krankenhaus ist. Camille macht sich sofort auf den Weg und vergisst dabei den alten Film, der deshalb nicht mehr zu retten ist, worüber Finn nicht gerade erfreut ist. Als Camilles Vater Henry alte Fotos seiner Mutter Lisette findet, die er nicht kennt, möchte er mehr darüber herausfinden und lädt Camille und seine Enkeltochter ein, ihn in das alte Haus in der französischen Provence zu begleiten, wo er einst mit seinen Eltern gelebt hat. Aber auch Finn ist Teil der Reisegruppe. Werden sie dem Geheimnis von Lisette auf die Spur kommen? Und was wird aus Camille und Finn?
Susan Wiggs hat mit ihrem Buch „Was mein Herz Dir sagen will“ einen sehr unterhaltsamen und gefühlvollen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und warmherzig, schnell findet sich der Leser an der Seite der Protagonisten wieder und darf ihnen unsichtbar bei ihren Erlebnissen und Gedanken folgen. Die Landschaftsbeschreibungen der französischen Provence sowie des alten Hauses sind so bildhaft und farbenfroh gehalten, dass der Leser sich alles wunderbar vorstellen kann. Die Handlung wird in zwei verschiedenen Perspektiven erzählt, der eine gewährt dem Leser Einblick in die Vergangenheit, der andere beschäftigt sich mit der Gegenwart, und die Fotografie ist hierbei das verbindende Element. Der historische Hintergrund über den zweiten Weltkrieg sowie die Zeit danach wurden sehr schön mit der Geschichte verwoben.
Die Charaktere wurden sehr liebevoll und detailliert herausgearbeitet. Sie wirken lebensnah und authentisch, so dass der Leser sich mit ihnen identifizieren kann und mit ihnen fühlt und leidet. Camille war mal eine lebenslustige und mutige Frau, doch seit dem tragischen Tod ihres Mannes ist sie mehr oder weniger nur noch ein Schatten ihrer selbst. Ängstlich umsorgt sie ihre Tochter im Pubertätsalter und engt diese dadurch immer mehr ein, wodurch sich diese ihr immer mehr verschließt. Camille möchte sich nicht mehr verlieben aus Angst, nochmals solch einen Verlust zu erleiden, wie sie ihn schon einmal erlebt hat. Sie engagiert sich in ihrem Beruf, den sie liebt, doch in ihrem Leben fehlt es an Fröhlichkeit und einem Neuanfang. Julie liebt ihre Mutter, jedoch fühlt sie sich immer mehr wie in einem Käfig. Sie rebelliert und will sich ausprobieren, doch hat sie kaum Luft zum Atmen. Ihre Sorgen und Nöte vertraut sie ihrer Mutter schon länger nicht mehr an, damit diese sich nicht noch mehr Gedanken macht. Finn steht seit einer zerbrochenen Ehe mit der Liebe auf Kriegsfuß. Er stürzt sich lieber in seine Arbeit als Historiker und hält alle weiblichen Wesen auf Abstand. Insgeheim jedoch fehlt ihm die Nähe und Wärme in einer Beziehung. Auch die anderen Protagonisten beleben die Handlung durch ihr Erscheinen und runden diese ab.
„Was mein Herz Dir sagen will“ ist ein unterhaltsamer und romantischer Liebesroman, der nicht nur ein Familiengeheimnis in sich vereint, sondern auch viel andere Themen zur Sprache bringt. Ein Lesegenuss, der einen die Zeit vergessen lässt. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 24.02.2018

Melisandes Regentschaft

Die Königin des Himmelreichs
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12. Jh. Die Stadt Jerusalem sowie die umliegenden Kreuzfahrerstaaten, in denen sämtliche große Religionsgemeinschaften und viele verschiedenen Kulturen friedlich zusammen leben, werden von König Balduin ...

12. Jh. Die Stadt Jerusalem sowie die umliegenden Kreuzfahrerstaaten, in denen sämtliche große Religionsgemeinschaften und viele verschiedenen Kulturen friedlich zusammen leben, werden von König Balduin II. regiert. Ihm zur Seite steht Tochter Melisende, die ihren Vater nicht nur unterstützt, sondern gleichzeitig von ihm lernt, wie man ein Volk führen muss. Allerdings sind die Berater des Königs sowie ihm unterstellte Adlige nicht gerade begeistert davon, dass er so wichtige Dinge seiner Tochter anvertraut, denn sie werden niemals eine Frau als seine Nachfolgerin akzeptieren. Selbst ihr eigener Ehemann Fulko von Anjou steht seiner Ehefrau nicht bei Als es dann wirklich dazu kommt, dass König Balduin II. den Thron an seine Tochter abtritt, sieht sich Melisende neben vielen gefährlichen Intrigen auch Missgunst und Neid ausgesetzt. Sie weiß nicht, wer ihr Freund und wer ihr Unterstützer ist. Einzig und allein der Assasine Rashid steht ihr bei und kämpft für ihr Recht auf die Regentschaft. Aber mit Assasine verbindet Melisende noch mehr…
Cecile Barton hat mit ihrem Roman „Die Königin des Himmelreichs“ einen sehr opulenten historischen Roman vorgelegt, der auf wahren Begebenheiten fusst. Der Schreibstil ist flüssig und bildhaft, leider auch oftmals etwas langatmig und detailverliebt, was den Lesefluss etwas erlahmen lässt. Die Handlung wird aus zwei verschiedenen Perspektiven erzählt, die eine lässt Melisande in der Ich-Form zu Wort kommen und so den Leser hautnah an ihren Eindrücken, ihren Rückblenden in die Vergangenheit sowie ihre Erlebnisse als Königin teilhaben. Die andere schildert aus der dritten Person heraus das Zusammenspiel von Rashid, Melisande und Fulko. Die Autorin hat viel recherchiert und sich sowohl mit den politischen als auch gesellschaftlichen und religiösen historischen Hintergründen beschäftigt. Ebenso hat sie viel Wert auf die damaligen Sitten und Gebräuche der Menschen gelegt, die sie gut mit ihrer Geschichte verflochten hat. Das Nachwort für den Leser zur Erklärung ist allerdings ein wenig zu kurz gekommen, um hier mehr zusätzliche Informationen zu liefern.
Die Charaktere sind differenziert ausgestaltet, bleiben aber im Großen und Ganzen leider blass und eher eindimensional. Es fehlt ihnen durchweg an Wärme und Lebendigkeit, vielmehr ist es eher so, als wenn man ein Geschichtsbuch aufschlägt und über die damaligen Menschen liest – sie bleiben leider Fremde. Melisende wurde privilegiert geboren und von ihrem Vater gleichberechtigt behandelt. Sie ist eine kluge, gebildete und interessierte Frau, die sich die Wünsche ihres Vaters zu Herzen nimmt und sein Vertrauen nicht enttäuschen möchte. Sie ist mutig und besitzt eine innere Stärke, die ihr dabei hilft, sich ihrem Ehemann offen zu widersetzen. Fulko von Anjou ist ein unbarmherziger Mann, der nur seine eigenen Vorstellungen gelten lässt und keine Empathie für Andersgläubige besitzt. Rashid ist ein Mann, der sich für die Belange der Menschen einsetzt. Gleichzeitig ist er recht fortschrittlich, denn er unterstützt eine Frau als Regentin, was zur damaligen Zeit eher ungewöhnlich und eher eine Männerdomäne war.
„Die Königin des Himmelreichs“ ist ein historischer Roman, der sich zum einen der Persönlichkeit einer mutigen Frau widmet, zum anderen aufzeigt, dass es durchaus Zeiten gegeben hat, in der die großen Religionen meist friedlich in Jerusalem zusammengelebt haben. Ein Buch für alle, die gerne eher Geschichtsbücher lesen und sich keinen gefühlvollen Roman erwarten. Eingeschränkte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 18.02.2018

Das "Cristallo"-Geheimnis

Das Geheimnis des Glasbläsers
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1452 feiert König Friedrich III. seine Hochzeit mit Eleonore, bevor er zum Kaiser des Römischen Reiches gekrönt werden soll. Zwischen all den Geschenken, die aus aller Welt eintreffen, findet das Präsent ...

1452 feiert König Friedrich III. seine Hochzeit mit Eleonore, bevor er zum Kaiser des Römischen Reiches gekrönt werden soll. Zwischen all den Geschenken, die aus aller Welt eintreffen, findet das Präsent eines Ratsmitglieds aus Venedig. Emilio Nani überreicht zwei kristallene Glaspokale, dessen Material „Cristallo“ genannt wird. Solche Pokale hat noch niemand gesehen, ist man doch nur grünen Trinkglas gewohnt. Friedrich möchte unbedingt das Geheimnis des „Cristallo“ herausfinden und überträgt seinem Kanzler die Aufgabe, dieses den Venezianer abspenstig zu machen. Der Kanzler findet in dem jungen Glasbläser Simon seinen Spion, den er nach Venedig entsendet, um dort das „Cristallo“-Rezept zu entwenden und an den Hof zu bringen. Simon wird von dem etwas unbedarften Scherbensammler Ulf und der Eselin Lilly begleitet. Die Reise birgt schon jede Menge Gefahren, doch auch der Aufenthalt in Venedig wird durch einen Serienmörder, der dort sein Unwesen treibt, recht turbulent. Zudem begegnet Simon auch noch die Liebe in Gestalt eines schönen Mädchens, was in zeitweilig seine eigentliche Aufgabe vergessen lässt und ihn sogar nach Konstantinopel treibt. Werden die Gefährten das Geheimnis des „Cristallo“ lüften?
Ralf W. Dorweiler hat mit seinem Buch „Das Geheimnis des Glasbläsers“ einen sehr fesselnden und unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig, spannend und bildgewaltig. Schnell taucht der Leser in die vergangene Zeit ab, um an der Seite von Simon und Ulf die gefährliche Reise vom Schwarzwald über die Alpen nach Venedig und weiter nach Konstantinopel anzutreten und zum anderen die erfolgreiche Bordellbesitzerin Serena, die Ulf und Simon unter ihre Fittiche nimmt. Die Handlung wird aus zwei Perspektiven erzählt und lässt den Leser zum einen an der Welt von Simon und Ulf teilnehmen, zum anderen Serenas Leben und ihre Gedanken kennenlernen. Sehr schön verwebt der Autor beide Handlungsstränge geschickt, so dass sie im Verlauf eine Einheit bilden. Dorweiler schildert die gefährliche Reise von Simon und Ulf so plastisch, dass der Leser alles vor dem inneren Auge miterleben kann und sich als Teil der Reisegesellschaft einschließlich Esel fühlt. Ebenso bildhaft wird die Lagunenschönheit Venedig und die Insel Murano geschildert sowie das Handwerk der Glasbläserei, durch das so viel mystische Schönheit entsteht. Der Spannungsbogen wird schnell aufgebaut und steigert sich im Verlauf der Geschichte immer mehr in die Höhe bis zum finalen Schluss. Durch die Verflechtung von Fiktion und historisch belegten Fakten wird die Handlung noch glaubhafter.
Die Charaktere sind sehr detailliert und liebevoll ausgearbeitet und mit individuellen Eigenschaften versehen. Sie wirken durchweg real und authentisch. Simon ist ein junger Mann mit einem Hang dazu, sich ständig in Schwierigkeiten zu bringen. Er ist ein talentierter Glasbläser, doch durch seine Eskapaden ist seine berufliche Laufbahn nicht gerade von Erfolg gekrönt. Simon und Ulf mögen sich zu Beginn überhaupt nicht, sind aber in einer Zweckgemeinschaft aneinander gebunden. Ulf ist ein Riese mit dem Geist eines Kindes. Doch er setzt sich für seine Freunde ein, und während der langen und gefährlichen Reise lernen er und Simon sich gut kennen und schätzen, man könnte sagen, da haben sich Freunde fürs Leben gefunden. Auch sollte man Ulf nicht unterschätzen, sieht er viele Dinge doch genau so, wie sie wirklich sind. Beeindruckend ist die Entwicklung sowohl von Simon als auch von Ulf während ihrer gemeinsamen Reise. Serena ist eine geschäftstüchtige Frau, die zwar hart sein kann, aber ihr Herz auch für Gestrandete öffnet und ihnen zu Hilfe eilt. Eine weitere Hauptrolle in dieser abenteuerlichen Geschichte spielt die Eselin Lilly.
„Das Geheimnis des Glasbläsers“ ist ein durch und durch gelungener historischer Roman, der sowohl Abenteuer als auch Liebe und kriminalistische Elemente miteinander vereint. Ein Buch, das der Leser – einmal begonnen – nicht mehr aus der Hand legen wird, bis die letzte Seite verschlungen ist. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 18.02.2018

Das harte Leben zwischen Krieg und Kräutern

Der fremde Reiter
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1188 Vissel am Rhein. Die junge Bauerstochter Lioba interessiert sich sehr für die Heilkunde. Während sie im Wald Kräuter sammelt, findet sie einen bewusstlosen und verletzten Mann. Im Haus des Pfarrers ...

1188 Vissel am Rhein. Die junge Bauerstochter Lioba interessiert sich sehr für die Heilkunde. Während sie im Wald Kräuter sammelt, findet sie einen bewusstlosen und verletzten Mann. Im Haus des Pfarrers wird dieser versorgt und gesund gepflegt, doch leider kann er sich nicht an seinen eigenen Namen noch an sein vorheriges Leben erinnern. Nachdem er sich einigermaßen erholt hat, taufen ihn die Dorfbewohner auf den Namen Thomas. Er zieht in das Haus von Liobas Familie ein und arbeitet für sie. Dabei verlieben sich Thomas und Lioba ineinander. Doch nach und nach kommt die Erinnerung an sein altes Leben zurück, und als ihn jemand auch noch erkennt, weiß Thomas, dass er ein Ritter ist. Er macht sich auf den Weg zu seiner Familie und begibt sich von dort für den Kaiser auf einen Kreuzzug. Werden Lioba und Thomas, der eigentlich Otto von Linn heißt, sich wiedersehen?
Marion Johanning hat mit ihrem Buch „Der fremde Ritter“ einen sehr schönen und fesselnden historischen Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig, dabei bildgewaltig und detailliert. Schnell gelingt es dem Leser, in die Handlung und in ein längst vergangenes Jahrhundert abzutauchen, um mal an der Seite von Lioba zu stehen, um ihre Gedanken und Gefühle kennenzulernen, oder neben Thomas eine Reise zu den Kreuzzügen zu unternehmen. Die Geschichte wird in zwei Handlungssträngen erzählt, der eine befasst sich mit Lioba und ihrem Leben im Wald, der andere berichtet von Thomas und seinen Erlebnissen. Die Autorin hat akribische Recherche betrieben, denn sie lässt den Leser ebenso teilhaben an dem großen Aberglauben und der Brandmarkung als Hexe, als auch die beschwerliche und gefährliche Reise des 3. Kreuzzuges nach Jerusalem und die dort auszufechtenden Kämpfe mit all ihren Grausamkeiten. Durch geschickt gelegte Wendungen und Überraschungen steigert die Autorin immer wieder die Spannung, die sich bis zum finalen Schluss auf hohem Niveau hält.
Die Charaktere sind sehr lebendig und individuell gezeichnet, weshalb sie sehr real und authentisch wirken. Lioba ist mit ihrem Alter von 14 schon eine recht selbstbewusste junge Frau, die der Leser gleich ins Herz schließt. Sie hat mit dem Tod der Mutter schon einen harten Schicksalsschlag verkraften müssen und leidet nun unter ihrer Stiefmutter. Außerdem wird ihr von den Dorfbewohnern das Leben schwer gemacht, denn sie sind sehr abergläubig und geben Lioba als Heilkundige für alle Missgeschicke die Schuld. Auch Missgunst und Neid treiben ihre Blüten und machen dem Mädchen das Leben im Dorf zur Hölle. Es artet so aus, dass Lioba gar nichts anderes übrig bleibt, als ihr Heil in der Flucht zu suchen, während der sie auch allerhand durchmachen muss. Thomas alias Otto ist ein sympathischer junger Mann, dessen Wesen sich im Verlauf der Handlung immer mehr verändert, je mehr Grausamkeiten er durch den Kreuzzug erleben muss. Relindis führt sehr zurückgezogen ein Leben im Wald und hat sich der Kräuterkunde verschrieben. Sie hat zwar einen recht rauen Charakter und ist recht misstrauisch, doch hat sie auch ein weiches Herz und Mitgefühl gegenüber Gestrandeten. Christina ist Liobas beste Freundin, die versucht, diese immer wieder aufzubauen und zu unterstützen. Auch die übrigen Protagonisten tragen mit ihren eigenen Episoden zur Handlung bei.
„Der fremde Reiter“ ist ein spannender historischer Roman, der sowohl eine Liebesgeschichte enthält, aber auch die harten Zeiten damals besonders thematisiert. Durch die geschickte Vermischung von Realität und Fiktion ist hier eine äußerst lesenswerte Geschichte entstanden. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung für Historienliebhaber!