Profilbild von Dreamworx

Dreamworx

Lesejury Star
offline

Dreamworx ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Dreamworx über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 25.08.2017

Die Vision Zar Peter des Großen

Die Stadt des Zaren
0

1703 Russland. Zar Peter der Große ist ein fortschrittlicher Herrscher, der in seiner Heimat dem Lebensstil der Europäer nacheifern und im schlammigen Newa Delta eine neue Stadt errichten will, die er ...

1703 Russland. Zar Peter der Große ist ein fortschrittlicher Herrscher, der in seiner Heimat dem Lebensstil der Europäer nacheifern und im schlammigen Newa Delta eine neue Stadt errichten will, die er St. Pieterburch benennen und gleichzeitig als neue Hauptstadt küren will. Um seine Vision in die Tat umzusetzen, lädt er talentierte Handwerker, Ärzte und andere Kunstfertige aus ganz Europa nach Russland ein, denn ihm schwebt eine Großstadt nach europäischem Vorbild vor mit einem Hafen und guten Anbindungen Richtung Europa. Seine Einladung wird breitgefächert angenommen, denn alle versprechen sich eine erfolgreiche Mission, die ihren eigenen Ruhm noch vergrößern wird. Doch es werden auch Gefangene und Sklaven eingesetzt, die unter unwürdigen Umständen arbeiten müssen, um Peters Vision zum Leben zu erwecken, und dabei muss so mancher mit dem Leben bezahlen…

Martina Sahler hat mit ihrem Buch „Die Stadt des Zaren“ einen historischen Roman vorgelegt, der über einen Zeitraum von 10 Jahren (1702-1712) den Aufbau der Stadt St. Petersburg (St. Pieterburch) begleitet, den Leser hautnah daran teilhaben lässt und ihm Einblick in das Leben und Schicksal einiger Protagonisten gewährt, die mit am Bau involviert sind. Der Leser bekommt so einen Rundumblick über die vielfältig auftretenden Probleme, die der Aufbau mit sich bringt und über die Vorstellungen Peter des Großen. Der Schreibstil ist flüssig und gut zu lesen, jedoch verliert sich die Erzählweise der Autorin zu sehr ins Detail, was den Bau betrifft, dafür kommen die zwischenmenschlichen Beziehungen und das Schicksal der einzelnen Personen leider zu kurz. Die Geschichte wird aus der Sicht von verschiedenen Protagonisten erzählt, die einen guten Rundumblick über die Bauphasen der Stadt und die einzelnen Schicksale gewährt und wie sie miteinander verbunden sind. Der geschichtliche Hintergrund wurde von der Autorin mit der Handlung schön verwoben, wobei der Leser ebenfalls einiges über das politische und militärische Russland erfährt.

Die Charaktere sind vielfältig angelegt und ausgearbeitet. Sie haben individuelle Eigenheiten, kommen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten und geben so einen guten Querschnitt durch die damalige Gesellschaft. Zar Peter der Große ist ein Visionär seiner Zeit, er steht für Fortschritt und Weltoffenheit. Er ist kulturell interessiert, hat aber auch eine harte Hand und einen festen Willen, der unumstößlich ist. Die neue Stadt hat für ihn oberste Priorität, der er alles unterordnet. Die deutsche Arztfamilie Albrecht gehört zu den ersten Siedlern, die von Moskau in die neue Stadt zieht. Während die Eltern mit dem Aufbau der Praxis vollauf beschäftigt sind, gehen die beiden Töchter Helena und Paula ihre eigenen Wege. Der Tischler Theodorus ist mit seinem Sohn Willem aus Amsterdam nach Russland gekommen, um dort ihr Handwerk auszuüben und den Stadtbau zu unterstützen. Ebenso sind italienische Architekten dem Ruf Peter dem Großen gefolgt, während schwedische Gefangene die Arbeiten am Bau unter widrigsten Bedingungen verrichten müssen. Die Mischung aus tatsächlichen historischen und fiktiv-erdachten Personen gibt einen interessanten Einblick in sämtliche Gesellschaftsschichten.

„Die Stadt des Zaren“ ist ein historischer Roman, der viele Themen in sich vereint, die mit dem Bau der Stadt St.Peterburg verbunden sind. Menschliche Schicksale aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten, politische Machtspiele, Wunschvorstellungen, unmenschliche Arbeitsbedingungen und nicht zuletzt die Widrigkeiten der Natur zeigen ein reales Bild. Wer gern historische Bücher über Russland liest und auch nicht vor detaillierten Bauberichten zurückschreckt, der wird an diesem Buch Gefallen finden. Die menschlichen Schicksale kommen hier leider etwas zu kurz. Deshalb auch nur eine eingeschränkte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 25.08.2017

Sylter Aschenputtel

Cinderella auf Sylt
0

Cinderella hat die Nase gestrichen voll. Ihr Lebensgefährte betrügt sie nach Strich und Faden und lässt sie dann auch noch mit ihrem kleinen Sohn Tommy sitzen. Sie braucht eine Luftveränderung, schnappt ...

Cinderella hat die Nase gestrichen voll. Ihr Lebensgefährte betrügt sie nach Strich und Faden und lässt sie dann auch noch mit ihrem kleinen Sohn Tommy sitzen. Sie braucht eine Luftveränderung, schnappt sich Tommy und reist mit dem letzten Geld nach Sylt, um dort neu durchzustarten. Ohne einen Cent in der Tasche macht sie sich sofort daran, eine Unterkunft und einen Job zu finden. Das Schicksal meint es gut mit ihr, sie findet eine Arbeit als Zimmermädchen in einem Hotel. Doch Sohnemann Tommy hat keinen Bock auf Sylt, will einen Vater und stellt sich immer wieder quer. Cinderella ist an der Grenze ihrer Geduld und schaltet kurzerhand eine Anzeige, in der sie auf 400-Euro-Basis einen „Ersatzvater“ für Tommy sucht. Es meldet sich Student Moritz, und ab diesem Moment verläuft das Leben auf Sylt ganz anders, als geplant…

Emma Bieling hat mit „Cinderella auf Sylt“ einen unterhaltsamen und gleichzeitig auch gefühlvollen Debütroman vorgelegt und lässt den Leser in ein modernes Märchen eintauchen. Der Schreibstil ist locker flockig und mit einer guten Prise Humor gewürzt. Der Leser steht an der Seite von Cinderella und erlebt jede Phase ihres Lebens, ob Freude oder Leid, als unsichtbarer Schatten mit. Die Autorin hält sich dabei an die ganz typischen Alltagsprobleme, die einem jeden passieren können. Die Handlung wird aus der Sicht von Cinderella erzählt und kommt ohne große Spannungsbögen aus. Dafür ist Humor hier Trumpf und auch die Romantik kommt nicht zu kurz. Gleichzeitig erlebt der Leser auch ein wenig vom Sylter Inselflair, denn die Landschaftsbeschreibungen machen Lust darauf, das Eiland selbst baldmöglichst zu besuchen, um sich den Seewind um die Nase wehen zu lassen.

Die Charaktere sind liebevoll und detailliert ausgearbeitet, wirken durch ihr Verhalten und ihre Wesenszüge sehr lebendig und authentisch, der Leser kann sich gut mit ihnen identifizieren. Cinderella ist eine sympathische Frau, die viel zu gutmütig und naiv ist für diese Welt. Sie ist immer offen und ehrlich, öffnet damit auch so manches Herz und erfährt jede Menge Unterstützung aufgrund ihres einnehmenden Wesens. Dabei ist sie nicht auf den Mund gefallen. Sohn Tommy ist ein etwas naseweiser Junge, der gleichzeitig recht clever ist und sich zu behaupten weiß. Er wickelt seine Mutter um den Finger, die Beziehung zwischen den beiden ist innig und von Liebe geprägt. Aber Tommy hat auch seinen eigenen Kopf, der Cinderella oftmals Kopfzerbrechen bereitet. Moritz ist ein sympathischer junger Mann, der hilfsbereit und offen, allerdings hat er auch ein Geheimnis, dass er vor Cinderella zu verbergen sucht. Major Schulze ist ein schneidiger Rentner, der ein Auge auf Tommy hat und ihm als Ersatzopa dient. Auch die anderen Protagonisten schleichen sich mit ihren Aktionen und Episoden in das Herz des Lesers und geben der Handlung einen runden Rahmen.

„Cinderella auf Sylt“ ist ein gelungenes adaptiertes Märchen der heutigen Zeit und entführt den Leser für einige Stunden in eine amüsante und romantische Welt. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 19.08.2017

Das Haus der Geheimnisse

Ein Haus voller Träume
0

Als Hope nach kurzer Krankheit in London stirbt, beschließen ihre drei Kinder, die Halbgeschwister Lucy, Tom und Jo, ihrem Elternhaus im spanischen Andalusien einen letzten Besuch abzustatten, denn Hope ...

Als Hope nach kurzer Krankheit in London stirbt, beschließen ihre drei Kinder, die Halbgeschwister Lucy, Tom und Jo, ihrem Elternhaus im spanischen Andalusien einen letzten Besuch abzustatten, denn Hope hat sich gewünscht, dass das Haus verkauft werden soll. So machen sich die drei an einem Wochenende auf, die letzten Wünsche ihrer Mutter zu erfüllen, ein Fest für alle Freunde und Bekannten zu veranstalten und sich von ihrem Zuhause zu verabschieden. Tom bringt seine Ehefrau Belle und seine Söhne mit, Jo kommt mit ihrer kleinen Tochter und Lucy reist ohne ihren Ehemann Art an. Während ihres Aufenthaltes spüren sowohl Lucy als auch Tom und Jo ihren Erinnerungen nach und stoßen beim Durchsuchen der Habseligkeiten auf so manche Überraschung. Tom trifft auf seine alte Jugendliebe Maria, die so einige Stimmungen in ihm weckt. Lucy dagegen würde gern das Haus behalten, mit dem sie viele schöne Erinnerungen verbindet. Aber auch Mutter Hope sorgt aus dem Grab noch für einigen Wirbel und so manche geheimnisvolle Überraschung…

Fanny Blake hat mit ihrem Buch “Ein Haus voller Träume” einen sehr unterhaltsamen Familienroman vorgelegt, der einen Zeitraum von nur vier Tagen umfasst und so manchem Leser wohl den Spiegel vorhalten wird. Der Schreibstil ist flüssig, eingängig und sehr ausführlich. Die Autorin legt viel Wert darauf, dass der Leser sich alles sehr gut vorstellen kann und bis ins kleinste Detail informiert ist, sei es über das Umfeld, das Haus und die einzelnen Charaktere. Ebenso versteht sie es, ein Gefühl der spanischen Mentalität und Lebensweise zu vermitteln. Die Landschaftsbeschreibungen sind sehr bildhaft und beflügeln die Vorstellungskraft des Lesers. Der Spannungsbogen wird gemächlich aufgebaut, flacht dann leider wieder ab und kann dann nicht wirklich wieder hochkommen. Auch sind so einige Wendungen eingebaut, die erst einmal mehr Fragen aufwerfen als Antworten liefern, am Ende werden aber nicht alle aufgelöst. Leider konnte sich die Autorin nicht für einen schwerpunktmäßigen Handlungsstrang entscheiden, so gibt es viele Richtungen, denen zum Teil die Luft ausgeht und somit eigentlich überflüssig sind. Dadurch wirkt die Geschichte manchmal langatmig und flach.

Die Charaktere sind sehr detailliert und individuell ausgearbeitet, sie wirken sehr realistisch und lebensnah. Bei dem einen oder anderen hat man das Gefühl, die Person persönlich zu kennen. Lucy ist Single und hat ihre Mutter bis kurz vor deren Tod gepflegt. Sie ist ausgebildete Köchin und hängt von allen Geschwistern am meisten an dem Elternhaus. Lucy wirkt oftmals recht naiv und kindlich. Sie lechzt regelrecht nach Aufmerksamkeit. Ihre Ehe mit Art steht vor dem Aus und irgendwie vermittelt sie den Eindruck, als würde es sie aus heiterem Himmel treffen. Tom ist ein eher pragmatischer Typ, eher still als schlagfertig. Es wirkt fast so, als wäre er harmoniesüchtig, denn seine ständig nörgelnde Ehefrau Belle verlangt einiges an Geduld. Belle macht selbst dem Leser oftmals das Leben schwer mit ihrer perfektionistischen Ader. Man fragt sich oft, wie diese beiden Menschen überhaupt zusammenleben können und das für einige Jahre. Belle ist ein nicht so leicht zu durchschauender Charakter, doch so nach und nach erkennt man, dass auch sie sich nur nach Aufmerksamkeit und vor allem nach Anerkennung sehnt. Jo ist die sympathischste der Geschwister, sie ist eine alleinerziehende Mutter, wirkt recht normal und gefestigt bzw. stabil. Sie hat sich ihr Leben gut eingerichtet und möchte jetzt eigentlich nur noch eine Lücke schließen, denn sie möchte erfahren, wer ihr Vater ist. Hope war eine exzentrische Frau, die ihr Leben sehr unkonventionell und eigenwillig gestaltet und gelebt hat. Dass sie dabei auch Menschen verletzt, ist ihr wahrscheinlich nie in den Sinn gekommen. Das zeugt aber auch von grenzenlosem Egoismus und Selbstverliebtheit, was sich irgendwann rächt. Auch die weiteren Protagonisten tragen mit ihren kleinen Geschichten und Episoden zur Handlung bei und steigern einmal mehr die Spannung und das Geheimnisvolle dieses Romans.

“Ein Haus voller Träume” ist ein Familienroman, der einige Charakterstudien beinhaltet, die sehr interessant sind. Die Geschichte selbst ist nicht uninteressant, jedoch wird mit viel zu vielen anderen Nebengeschichten davon immer wieder abgelenkt. Deshalb gibt es hierfür auch nur eine eingeschränkte Leseempfehlung, da die Umsetzung nicht so ganz überzeugen konnte.

Veröffentlicht am 18.08.2017

Unverhofft kommt oft!

Nur ein Sommer mit dir
0

Arme Alice, da erwischt sie ihren Freund Brad, mit dem sie seit ewigen Zeiten zusammen ist, in der eigenen Küche mit einer anderen. Das hat ihr gerade noch gefehlt. Nun ist sie wieder Single und muss sich ...

Arme Alice, da erwischt sie ihren Freund Brad, mit dem sie seit ewigen Zeiten zusammen ist, in der eigenen Küche mit einer anderen. Das hat ihr gerade noch gefehlt. Nun ist sie wieder Single und muss sich auch noch Sorgen um ihr geliebtes Zuhause “Borne Manor”, machen, denn allein wird sie es finanziell nicht halten können. Sie kommt auf die glorreiche Idee, das Anwesen zu vermieten und selbst in einen im Garten platzierten Wohnwagen zu ziehen. Schon einer der ersten Gäste wird für Alice zur Herausforderung, denn der Countrystar Robinson ist nicht nur attraktiv, sondern bringt auch ihr Herz in Unruhe. Aber Alice will erst einmal keine neue Beziehung und auch Robinson will nur flirten, da kann ja nichts passieren, oder?

Kat French hat mit ihrem Buch “Nur ein Sommer mit Dir” einen unterhaltsamen und leichten Sommerroman vorgelegt. Der Schreibstil ist locker-flockig mit einem spritzigen Humor unterlegt und macht es dem Leser leicht, schnell in der etwas komödienhaft wirkenden Geschichte zu versinken. Auch wenn es sich hier um eine romantische Liebesgeschichte handelt, so bringt die Autorin auch ernstere Themen auf den Tisch, die für zwischenmenschliche Beziehungen einen äußerst hohen Stellenwert haben so wie Verzeihen, Ehrlichkeit und Vertrauen. Der Spannungsbogen wird gemächlich aufgebaut und steigert sich während der Handlung immer mehr in die Höhe.

Die Charaktere sind ein bunt gemischter Haufen voller eigener Persönlichkeiten, die allesamt individuell gestaltet sind und der Handlung ihren Stempel aufdrücken. Sie wirken sehr lebendig und authentisch, manchmal ein wenig verrückt, doch sie bieten eine Vielfalt, der man sich als Leser kaum entziehen kann. Alice ist eine sympathische Frau, die eher pragmatisch wirkt. Sie hat eine genaue Vorstellung von ihrem Leben, dass von jetzt auf gleich in Schutt und Asche liegt. So muss sie schnell eine Möglichkeit finden, ihre momentane Lage zu verbessern. Allerdings ist Alice auch eine gefühlvolle Frau, die sich von dem ihr zugefügten Schlag erst einmal erholen und ihre Blessuren pflegen muss. Sie besitzt ein unterschwelliges Temperament und hat eine sehr spitze Zunge. Alice’ Ex Brad ist ein richtiger Kotzbrocken und verdient keine ausführlichere Beschreibung ist Robinson ist ein ganzer Kerl, der nach außen zwar den rauen Typen markiert, innerlich aber selbst eine einsame geschundene Seele besitzt. Er ist offen, ehrlich und kann auch über sich selbst lachen. Er vermittelt Sicherheit und besitzt ein einnehmendes Wesen. Auch die anderen Protagonisten wie die Aktmalerin oder der Ex-Pornodarsteller geben der Handlung zusätzliche Würze und eine gewisse Komik, was den Unterhaltungswert der Geschichte noch steigert.

“Nur ein Sommer mit Dir” vereint eine amüsante und spritzige Liebesgeschichte mit einem kleinen Schuss Erotik, wobei auch ernstere Themen durchaus eine Rolle spielen. Ein toller Sommerroman, der wunderbare Lesestunden nicht nur verspricht! Auf jeden Fall eine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 18.08.2017

"Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" (Gustav Mahler)

Der Frauenchor von Chilbury
0

1940 Kent/England. Da immer mehr Männer für den Kriegsdienst eingezogen werden, müssen sich die Frauen allein um alles kümmern. Als der örtliche Pfarrer der Gemeinde Chilbury den Chor auflösen will, hat ...

1940 Kent/England. Da immer mehr Männer für den Kriegsdienst eingezogen werden, müssen sich die Frauen allein um alles kümmern. Als der örtliche Pfarrer der Gemeinde Chilbury den Chor auflösen will, hat er allerdings nicht mit den Frauen gerechnet, die sich das nicht bieten lassen wollen. Schließlich sind sie auch Teil der Gemeinde und der Chor bietet ihnen Abwechslung und Freude vom tristen Alltag. Ihre Rettung erscheint in der Musikprofessorin Primrose Trent, die aus London in Chilbury unterkommt. Sie nimmt sich den Frauen an und gründet mit ihnen einen reinen Frauenchor. Erst sind die Frauen skeptisch, doch Primrose steckt sie mit ihrer Leidenschaft für Musik an und erreicht sie in ihren Herzen. Der Chor wächst immer mehr zusammen und die Frauen gewinnen an Selbstbewusstsein und Stärke, die ihnen durch die Kriegszeiten helfen soll.

Jennifer Ryan hat mit ihrem Buch “Der Frauenchor von Chilbury” einen sehr eindrucksvollen Debütroman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und lebhaft, er lässt auch den Humor nicht vermissen und nimmt den Leser sehr schnell für sich ein. Durch das Wählen von Briefen und Tagebuchaufzeichnungen für die Erzählung der Handlung gibt die Autorin, basierend auf den Erzählungen der eigenen Großmutter, dem Leser einen wunderbaren Rundumblick, was in den Herzen und Gedanken der einzelnen Dorfbewohner vor sich geht und wie sie sich entwickeln. Man erfährt viele kleine Alltagsepisoden, die spannend berichtet werden und die Handlung immer weiter voran treiben sowie den Spannungsbogen immer mehr in die Höhe schnellen lassen. Über die verschiedenen Einträge, die sich nahtlos aneinander reihen, erfährt man so von 5 Protagonisten über die damalige Zeit und welche Faszination die Musik auf sie selbst und ihr eigenes Leben ausgeübt haben.

Die Charaktere sind sehr schön ausgearbeitet und in Szene gesetzt worden. Sie spiegeln den damaligen Zeitgeist wieder sowie die gesellschaftlichen Ansichten und Normen. Der Leser erlebt die Sorgen und Nöte der einzelnen Personen hautnah mit und lernt sie von Grund auf durch ihre eigenen Worte kennen. Sie wirken alle sehr lebendig und authentisch. Primrose Trent liebt die Musik über alles und versucht mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln, jeden davon zu überzeugen, dass Musik viel bewirken kann. Man könnte fast sagen, es ist ihr eine Herzensangelegenheit. Sie strandet in Chilbury und ist erst einmal eine Fremde. Doch nach und nach gelingt es ihr, zu den Bewohnerinnen durchzudringen und sie von ihrer Idee zu überzeugen. Margret Tilling hat ihren Mann im Krieg verloren und steht allein im Leben. Sie lebt eher zurückgezogen und man hat fast den Eindruck, sie macht sich unsichtbar. Doch durch ihre Mitwirkung im Chor und die Kraft der Musik erlebt sie eine regelrechte Wandlung. Sie entwickelt neues Selbstvertrauen und gibt diesem auch eine Stimme. Die 13-.jährige Kitty muss in ihrem zarten Alter dem Krieg begegnen. Sie erlebt einiges und berichtet in ihrer kindlich-naiven Art, was sie bewegt. Kittys ältere Schwester Venetia ist ebenso ein interessanter Charakter, der nach einiger Zeit das Leserherz erobert. Wirkt sie zu Beginn noch egoistisch und durchtrieben, so verändert sie sich durch Schicksalsschläge immer mehr und erobert einen mit sympathischem Wesen und einer sehr menschlichen Seite.

“Die Frauen von Chilbury” ist ein wunderbarer historischer Roman über die Macht der Musik, über das Übersichhinauswachsen, neugewonnenes Selbstvertrauen und den Mut, Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Ein wunderbares Debüt, das eine absolute Leseempfehlung mehr als verdient hat!