Profilbild von Dreamworx

Dreamworx

Lesejury Star
offline

Dreamworx ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Dreamworx über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 07.11.2020

Die jüdische Spionin der Gestapo

Stella
0

1942 Berlin. Der 20-jährige naive Schweizer Friedrich, Sohn wohlhabender Eltern, reist nach Berlin, um sich dort nicht nur für ein Zeichenseminar einzuschreiben, sondern auch den sich um den Krieg rankenden ...

1942 Berlin. Der 20-jährige naive Schweizer Friedrich, Sohn wohlhabender Eltern, reist nach Berlin, um sich dort nicht nur für ein Zeichenseminar einzuschreiben, sondern auch den sich um den Krieg rankenden Gerüchten nachzuspüren. Bei seinem Zeichenkurs an der Kunstschule trifft Friedrich auf das Aktmodell Kristin, in die er sich sofort verliebt und mit ihr um die Häuser zieht, während er das Kriegsgeschehen auszublenden versucht. Als Kristin nach mehreren Tagen Abwesenheit, die Friedrich schon die Sorgenfalten auf die Stirn trieben, misshandelt vor seiner Tür steht, erfährt er nach und nach, wer Kristin wirklich ist. Sie ist Jüdin, heißt eigentlich Stella Goldschlag und ist dabei, einen Pakt mit dem Teufel einzugehen, um ihre Familie zu retten…
Takis Würger hat mit „Stella“ einen sehr kontroversen Roman vorgelegt, der sich zwar der historisch belegten Person Stella Goldschlags bedient, durch die fiktive Liebesgeschichte mit dem jungen Schweizer Friedrich aber einen ganz anderen Weg einschlägt, als man ihn als Leser erwartet hätte. Mit flüssigem, jedoch recht nüchternem Erzählstil beschränkt sich der Autor nur auf das Jahr 1942, handelt sämtliche stattgefundenen Ereignisse des jeweiligen Monats schon in der Überschrift ab, bevor er den Leser in die eigentliche Handlung entlässt. Obwohl es sich um eine fiktive Geschichte handelt, liegt dem Autor viel daran, mit Ausschnitten aus historischen russischen Militärgerichtsakten die Realität mit einzublenden. Während der Leser also dem Liebesreigen von Friedrich und Kristin/Stella folgt, wird er gleichzeitig mit den harten Fakten konfrontiert, die innerhalb der eigentlichen Romangeschichte kaum Erwähnung finden. Das erklärt auch die naive und oberflächliche Sichtweise von Friedrich, der seinem eigentlichen Beweggrund für den Berlinbesuch nicht einmal ansatzweise nahe kommt, weil er anscheinend entweder nicht nur farbenblind ist, sondern seine Augen vor den Tatsachen verschließt oder einfach nur zu sehr auf sich fokussiert ist, um sein Umfeld richtig wahrzunehmen. Den tatsächlichen Aktivitäten der Stella Goldschlag trägt dieser Roman auf keinen Fall Rechnung. Vielleicht ist aber gerade dieser Gegensatz vom Autor gewollt, dem Leser zu zeigen, dass Kristin/Stella auch nur ein mit Fehlern behafteter Mensch war wie jeder andere auch. Ihre Taten mögen uns anekeln, wir mögen sie verteufeln, doch sind wir mal ehrlich, wie hätten wir gehandelt, wenn es um unsere Liebsten geht.
Charakterlich ist Würger nicht sehr in die Tiefe gegangen, seinen Protagonisten fehlt es an Wärme, Ausstrahlung und Emotionen, was den Leser dazu verdammt, aus einer Ecke heraus dem Treiben zu folgen, wobei er gern oftmals mit Zwischenrufen gestört hätte. Stella wird zwar als abenteuerlustig, feierlaunig und charismatisch beschrieben, doch der Funke will nicht überspringen. Friedrich ist unbedarft und naiv, rettet sich mit seinem Schweizer Pass und dem Geld der Familie, sucht sich ein Kriegsgebiet als Urlaubsziel, absurder geht es gar nicht. Bei ihm kann man nur mit dem Kopf schütteln über seine angeborene Ignoranz. SS-Mann Tristan dagegen genießt seinen Status, gönnt sich alles, während andere nichts haben, spielt den großen Zampano, doch am Ende ist er auch nur ein widerliches Nazischwein, das seine Macht gehörig in die Waagschale wirft.
„Stella“ ist ein Buch voller Widersprüche, Fiktion gepaart mit Realität, eine recht banale Liebesgeschichte steht harten Fakten gegenüber. Der Spagat war bestimmt nicht leicht und hat interessante Ansätze, doch aufgrund der fehlenden Emotionalität und der eher unterkühlten Schreibweise bleibt es leider nur Mittelmaß, aber trotzdem lesenswert!

Veröffentlicht am 24.10.2020

Kann ich, will ich oder doch nicht?

Und das Meer vor uns
0

Eigentlich strebte die verheiratete Caja Rodinger eine Karriere als Künstlerin an, aber bisher ist sie über Auftragsarbeiten nicht hinausgekommen. Auch in Graz hat sie sich bisher nicht eingelebt und fühlt ...

Eigentlich strebte die verheiratete Caja Rodinger eine Karriere als Künstlerin an, aber bisher ist sie über Auftragsarbeiten nicht hinausgekommen. Auch in Graz hat sie sich bisher nicht eingelebt und fühlt sich oft isoliert. Mit dem Fund des Smartphones einer Unbekannten aber beginnt Caja, ihrem Leben einen neuen Kick zu geben. Gemeinsam mit ihrer Freundin Jolie tritt sie eine Reise mit ungewissem Ausgang an, gabeln unterwegs den alten Witwer Ludwig Gruber auf und machen sich auf den Weg ans Meer. Ihr neues Domizil ist eine Künstlervilla in Italien, die einem alten Kumpel von Ludwig gehört. Schon bald blüht Caja dort auf, stellt ihr altes Leben in Frage und sucht für sich nach einem Neuanfang, der sie glücklich macht.
Franziska Fischer hat mit „Und das Meer vor uns“ einen unterhaltsamen Roman vorgelegt, mit dem sie den Leser nicht nur einlädt, einen abenteuerlichen Kurztrip mit einer ungewöhnlichen Truppe zu unternehmen, sondern auch Zaungast zu sein, wenn Caja ihr Leben reflektiert und nach Lösungsmöglichkeiten sucht. Begleitet von einem flüssigen und gefühlvollen Erzählstil folgt der Leser dem zusammengewürfelten Trio nicht nur nach Italien, sondern bekommt gleichzeitig einen Einblick in Cajas Seelenleben, wo einiges an Durcheinander herrscht. Interessant sind auch die Tagebucheinträge auf dem gefundenen Smartphone, die Caja regelrecht in den Bann ziehen und sie von einem anderen Leben träumen lassen. Was zuerst noch neugierig macht, entwickelt sich aber immer mehr zur Besessenheit und Flucht in eine Traumwelt, um bloß nicht über die eigenen Probleme nachzudenken, das nervt auf Dauer und kostet Caja einige Sympathiepunkte. Jeder Mensch findet sich irgendwann an einem Punkt, wo er Selbstzweifel verspürt oder Entscheidungen treffen muss, die schwer fallen. In dieser Geschichte jedoch entwickelt sich das zu einer Endlosschleife und stellt die Geduld des Lesers auf die Probe. Dagegen ist Jolie ein ganz anders Kaliber und man fragt sich im Stillen, wie die beiden überhaupt befreundet sein können.
Ein bunter Strauß von Protagonisten ist schön gestaltet und überzeugt mit glaubhaften menschlichen Eigenschaften, die sie authentisch wirken lassen. Der Leser fungiert als stiller Beobachter, denn eine Nähe zu den Charakteren will sich einfach nicht einstellen. Caja ist eine Frau, die mit ihrem Leben völlig unzufrieden ist, der es aber an Willenskraft und Entschlussfreudigkeit fehlt, diesen Makel abzuschaffen. Ihre ständigen Zweifel sowie ihr mangelndes Selbstvertrauen gehen schon bald an die Nerven, und man möchte ihr einmal fest in den Hintern treten, damit sie aus ihrer Traumwelt hervorkommt und die Dinge etwas pragmatischer angeht. Jolie ist eine tolle Freundin, mit ihrer quirligen und positiven Ausstrahlung ist sie die nötige Medizin für Caja, um endlich aus dem Quark zu kommen. Ludwig hat das Herz am rechten Fleck und ist wirklich ein toller Typ, offen, freundlich und warmherzig. Aber auch Juran und weitere Nebendarsteller tragen ihren Teil zur Geschichte bei.
„Und das Meer vor uns“ erzählt von Liebe, Freundschaft, einer Traumreise und die Suche nach dem eigenen Ich. Aufgrund einer nervigen, im Schritttempo denkenden Hauptprotagonistin etwas langatmig. Eingeschränkte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 17.10.2020

Die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges

Das Vermächtnis der Winzerin
0

1918. Während Philippe und Sara Lemieux sich im kalifornischen Napa Valley um ihr Weingut kümmern und sich immer mehr der in Amerika verhängten Prohibition gegenüber sehen, wütet der Erste Weltkrieg in ...

1918. Während Philippe und Sara Lemieux sich im kalifornischen Napa Valley um ihr Weingut kümmern und sich immer mehr der in Amerika verhängten Prohibition gegenüber sehen, wütet der Erste Weltkrieg in Europa. Dort kämpft Neffe Luc in Südfrankreich inmitten des Kriegsgeschehens um das familieneigene Weingut und betätigt sich nebenher als Spion für die französische Infanterie. Währenddessen macht sich seine Halbschwester Adeline im Lazarett nützlich und kümmert sich um die Verletzten. Dort begegnet sie dem deutschen Sanitäter Heinrich, schon bald sind die beiden ein Paar und müssen ihre Liebe geheim halten…
Kristen Harnisch hat mit „Das Vermächtnis der Winzerin“ den dritten Band ihrer historischen Winzer-Reihe vorgelegt, der an Dramatik und Spannung allerdings mit den beiden Vorgängern nicht ganz mithalten kann. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lädt den Leser zu einer Zeitreise in die Vergangenheit ein, wobei dieser sich im Wechsel mal auf amerikanischem Boden, mal in Europa aufhält, um die Geschicke der Lemieux-Familie und ihrer Angehörigen hautnah mitzuverfolgen, während der Erste Weltkrieg tobt. So erlebt der Leser in Amerika die Zeit der Prohibition mit und welche Schwierigkeiten sie den Winzern bereitet. Ebenso taucht er in das Kriegsgeschehen auf dem europäischen Kontinent ein, wo die Lemieuxs nicht nur um ihr Weingut kämpfen, sondern sich auch im Verborgenen politisch engagieren oder sich im Lazarett um die Verwundeten kümmern. Dramaturgisch inszeniert die Autorin den Spannungsbogen auf beiden Schauplätzen, wo die Akteure gebeutelt werden, sich teils bewusst in Gefahr begeben oder durch ihr Handeln diese heraufbeschwören. Doch die sehr detailreichen Kriegsberichte lassen die eigentliche Familiengeschichte in den Hintergrund treten und so Langeweile aufkommen. Bestimmten Liebe, Familienprobleme und Intrigen noch die ersten beiden Teile, so können die ständigen Perspektiv- und Schauplatzwechsel den Leser diesmal leider nicht mehr so fesseln, denn der Spannungsbogen geht dabei leider verloren.
Die Charaktere sind gut in Szene gesetzt und besitzen glaubhafte menschliche Eigenschaften, die den Leser überzeugen. Trotzdem steht er in diesem Roman am Rand als Beobachter des Geschehens. Sara ist eine willensstarke und fleißige Frau, die immer für ihre Familie und das Weingut da ist. Philippe liebt seine Frau und stellt seine eigenen Bedürfnisse immer wieder hinter denen seiner Frau zurück. Luc ist eine Kämpfernatur, der sich nicht nur um das Weingut kümmert, sondern auch für sein Vaterland alles tun würde. Adeline ist eine liebevolle und hilfsbereite junge Frau, die zwischen Freund und Feind keinen Unterschied macht und sich fürsorglich um andere kümmert. Aber auch Pippa, Ondine, Michel, Harriet und andere sorgen in der Geschichte mit ihren Episoden für einigen Input.
„Das Vermächtnis der Winzerin“ ist der letzte Teil der Winzer-Trilogie, die sich über ein ganzes Jahrhundert zieht und das Schicksal der Familie Lemieux erzählt. Geheimnisse, Liebe, Verrat, Hoffnung und Verlust durchziehen diese Familiengeschichte. Man sollte die Bücher in der richtigen Reihenfolge lesen, um den Überblick zu behalten. Dieser Abschlussband ist leider mangels Spannung weniger gelungen als die beiden Vorgänger, trotzdem gibt es eine Empfehlung für unterhaltsame sowie kurzweilige Lesestunden.

Veröffentlicht am 10.10.2020

Allenfalls Mittelmaß

Bündnis der Herzen
0

1945 Süddeutschland. Der Krieg treibt viele Menschen zum Äußersten, so auch Helene mitsamt ihren Töchtern Gertrude und Klara. Helene betreibt mit ihren Töchtern den familieneigenen Hof und kümmert sich ...

1945 Süddeutschland. Der Krieg treibt viele Menschen zum Äußersten, so auch Helene mitsamt ihren Töchtern Gertrude und Klara. Helene betreibt mit ihren Töchtern den familieneigenen Hof und kümmert sich um die Landwirtschaft, solange ihr Mann im Krieg an der Front kämpft. Die drei Frauen werden nur von dem französischen Zwangsarbeiter Gilbert unterstützt. Als ein Polizist sich Helene gegenüber Frechheiten herausnimmt und sie missbrauchen will, greift die jüngere Tochter Gertrud zum Gewehr und erschießt ihn. Gilbert, der verdeckt für die Resistance arbeitet und schon eine Weile in Klara verliebt ist, unterstützt die Frauen dabei, sich der Leiche zu entledigen. Dann kommt die SS ins Dorf…
Sibel Daniel hat mit „Bündnis der Herzen“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der nicht nur eine Gemeinschaft von Dorfbewohnern und Zwangsarbeitern im letzten Kriegsjahr beleuchtet, sondern sich vornehmlich mit der Geschichte über Helene und ihre Töchter beschäftigt, die ungewollt in eine sehr prekäre Situation geraten, die sie alle in Gefahr bringt. Der flüssige und bildhafte Schreibstil gibt dem Leser die Möglichkeit, nicht nur in der Zeit zurückzureisen, sondern auch Teil der Dorfgemeinschaft zu werden, um die dortige Lage und die zwischenmenschlichen Beziehungen untereinander zu beobachten. Die Autorin beschreibt anhand der kleinen Dorfgemeinschaft, wie bedrohlich und gefährlich das gegenseitige Misstrauen ist, dass das Zusammenleben nicht nur schwierig macht, sondern alle regelrecht an die Grenzen der Belastbarkeit bringt. Hier geht es nicht nur um Gewissensfragen, Neid und Missgunst, auch die Frage, wem man noch vertrauen kann und welche Entscheidungen man in der jeweiligen Situation selbst treffen würde, stehen im Raum. Dass die Geschichte sich auf zwei Bände erstrecken würde, ist nirgendwo erwähnt und umso mehr ärgerlich, da das Ende eher unbefriedigend ist und man sich eigentlich genötigt sieht, noch den zweiten Teil zu lesen, um die Handlung bis zum Ende zu verfolgen. Der Spannungsbogen liegt eher im Mittelfeld und steigert sich auch nicht wesentlich bis zum Schluss.
Die Charaktere sind mit menschlichen Ecken und Kanten ausstaffiert, die sie glaubwürdig wirken lassen. Trotzdem fehlt das gewisse Etwas, das den Leser an sie bindet und die Nähe erzeugt, um mit ihnen gemeinsam zu fiebern und zu fühlen. Helene ist eine hart arbeitende Frau, die sich und ihre Kinder unversehrt durch den Krieg bringen will. Doch ein Erlebnis zerstört ihre Welt von heute auf morgen, so dass sie in Angst um sich und ihre Lieben leben muss. Klara und die jüngere Gertrud unterstützen ihre Mutter, so gut es geht, die drei halten fest zusammen. Gilbert ist ein sympathischer Kerl mit einigen Geheimnissen, der das Herz am rechten Fleck hat. Aber auch die weiteren Protagonisten sind relevant für den Handlungsverlauf.
„Bündnis der Herzen“ ist ein durchaus lesbarer historischer Roman, dem es etwas an Spannung mangelt. Gegenüber anderen Büchern dieses Genres ist diese Handlung allerdings nur durchschnittlich zu nennen. Eingeschränkte Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 04.10.2020

Einführungsgeschichte für die "wunderbaren Jahre"

Winter der Hoffnung
0

Altena 1946. Die Deutschen leiden noch immer unter den Kriegsfolgen, nicht nur die Städte sind zerstört und müssen erst mühsam wieder aufgebaut werden. Sie haben kaum etwas zum Leben und die Kälte des ...

Altena 1946. Die Deutschen leiden noch immer unter den Kriegsfolgen, nicht nur die Städte sind zerstört und müssen erst mühsam wieder aufgebaut werden. Sie haben kaum etwas zum Leben und die Kälte des Winters trifft sie besonders hart. Da fällt es schwer, hoffnungsvoll in die Zukunft zu sehen. So geht es auch dem Metallwarenfabrikanten Eduard Wolf und seiner Familie, die sich früher um diese Dinge keine Sorgen zu machen brauchten. Aber nun sieht es so aus, als wenn seine Fabrik von den britischen Besatzern demontiert wird und er vor dem Nichts steht. Das kommende Weihnachtsfest könnte zu einer sehr traurigen Angelegenheit werden, aber dann bringt Tochter Ulla mit Tommy Weidner ihre erste Liebe ins Haus, und auch Gundel trifft auf ihr Herzblatt. Vielleicht gibt es doch noch Hoffnung und das Blatt wendet sich?
Peter Prange hat mit „Winter der Hoffnung“ die Vorgeschichte seines Romans „Unsere wunderbaren Jahre“ vorgelegt. Mit flüssig- und empathischem Erzählstil lässt der Autor den Hungerwinter 1946 lebendig werden und zeichnet mit bildhaften Worten das Leid der Menschen nach, die neben Hunger vor allem unter der Kälte leiden, weil vieles nur noch unter schwierigsten Bedingungen gegen Wertsachen auf dem Schwarzmarkt zu bekommen ist. Auch politisch ist Deutschland erledigt, der Nationalsozialismus gescheitert, was sich in den Köpfen der Menschen aber erst manifestieren muss. Wer „Unsere wunderbaren Jahre“ bereits gelesen hat, der hätte sich gewünscht, diese Vorgeschichte zuerst präsentiert zu bekommen, da er den nachfolgenden Verlauf und die zu erwartenden Schicksale der einzelnen Protagonisten schon kennt. Die unterhaltsame und atmosphärische Erzählweise des Autors kann dafür leider nicht entschädigen, dass bei dieser Geschichte wenig Spannungsgefühl aufkommt und sich zeitweise sogar Langeweile breit macht, weil man das Gefühl hat, die Geschichte „rückwärts“ zu lesen.
„Winter der Hoffnung“ ist für Neueinsteiger zu Pranges Werken bestimmt, die sich erst danach an „Unsere wunderbaren Jahre“ heranwagen. Genau in dieser Reihenfolge sollte man es auch lesen, damit alles nicht nur einen Sinn ergibt, sondern auch das Gefühl von aufglimmender Hoffnung in der frühesten Nachkriegszeit mit hinüber getragen in das Nachfolgewerk. Hier verpufft die Wirkung völlig und wirkt leider eher aufgesetzt und aus dem Hut gezaubert. Kurzweilig zu lesen, für bereits „Eingeweihte“ jedoch zu spät lanciert. Eingeschränkte Empfehlung!